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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Kompensation der Temperaturabhängigkeit mehrerer Abstandssensoren eines Wälzlagers. Ferner betrifft die Erfindung ein Wälzlagersystem mit einem ersten Lagerring, einem gegenüber dem ersten Lagerring bewegbaren zweiten Lagerring sowie mehreren Abstandssensoren zum Erfassen des Abstand zwischen verschiedenen Punkten des ersten und zweiten Lagerrings.
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Derartige Wälzlagersysteme mit mehreren Abstandssensoren werden auch als Sensorlager bezeichnet und sind beispielsweise unter der Bezeichnung FAG VARIOSENSE® bekannt. Bei diesen Wälzlagersystemen ist es möglich, die Lagerringe des Wälzlagers, insbesondere deren Abstand zu einander, zu erfassen und zu überwachen.
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Die verwendeten Abstandssensoren weisen eine Temperaturabhängigkeit auf, die von Abstandssensor zur Abstandssensor variieren kann. Durch diese Variation wird die Genauigkeit der Abstandsmessung beeinträchtigt.
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Vor diesem Hintergrund stellt sich die Aufgabe, die Abstandsmessung mit einer erhöhten Genauigkeit zu ermöglichen.
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Zur Lösung der Aufgabe wird ein Verfahren zur Kompensation der Temperaturabhängigkeit mehrerer Abstandssensoren eines Wälzlagers mit den folgenden Verfahrensschritten vorgeschlagen:
- a. Ermitteln jeweils eines Verlaufs eines Messwerts über der Temperatur für jeden der mehreren Abstandssensoren,
- b. Bestimmen eines approximierten Verlaufs des Messwerts über der Temperatur für jeden der mehreren Abstandssensoren basierend auf den ermittelten Verläufen,
- c. Bilden eines Mittelwertverlaufs über der Temperatur basierend auf den approximierten Verläufen,
- d. Ermitteln eines Offsets der einzelnen approximierten Verläufe basierend auf dem gebildeten Mittelwertverlauf,
- e. Ermitteln eines Drehwinkels der einzelnen approximierten Verläufe basierend auf dem gebildeten Mittelwertverlauf und
- f. Kompensieren eines ermittelten Messwerts anhand des ermittelten Offsets und des ermittelten Drehwinkels.
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Bei dem Verfahren wird zunächst für jeden der Abstandssensoren ein Verlauf eines Messwerts bei einer vorgegebenen Stellung des Wälzlagers in Abhängigkeit von der Temperatur bestimmt. Der Verlauf weist mindestens zwei Messwertpunkte, bevorzugt mehr als zwei Messwertpunkte auf. Für jeden der mehreren Abstandssensoren wird basierend auf dem jeweiligen ermittelten Verlauf ein approximierter Verlauf bestimmt. Der approximierte Verlauf ist dabei eine stetige Funktion, welche eine Abhängigkeit des Messwerts von der Temperatur definiert. In einem weiteren Verfahrensschritt wird anhand der approximierten Verläufe der einzelnen Abstandssensoren ein Mittelwertverlauf gebildet. Dieser Mittelwertverlauf ist eine stetige Funktion, welche eine Abhängigkeit eines über sämtliche Abstandssensoren gemittelten Messwerts von der Temperatur definiert. Nun wird in einem weiteren Schritt ein Offset, also ein Versatz, der einzelnen approximierten Verläufe von dem gebildeten Mittelwertverlauf ermittelt. Ferner wird ein Drehwinkel jedes einzelnen Verlaufs gegenüber dem gebildeten Mittelwertverlauf ermittelt. Anhand des ermittelten Offsets und des ermittelten Drehwinkels kann dann in einem weiteren Verfahrensschritt der jeweilige ermittelte Messwert kompensiert werden, d.h. es kann ein temperaturkompensierter Messwert bestimmt werden. Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht die Kompensation der Temperaturabhängigkeit mehrerer Abstandssensoren. Hierdurch wird eine Abstandsmessung mit einer erhöhten Genauigkeit zu ermöglicht.
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Bevorzugt sind die Abstandssensoren als Wirbelstromsensoren ausgebildet. Diese bringen der Vorteil mit sich, dass sie eine berührungsfreie und verschleißfreie Abstandsmessung ermöglichen. Bei derartigen Wirbelstromsensoren wird die Güte eines Resonanzschwingkreises dadurch verändert, dass diesem durch Wirbelstromverluste in einem elektrisch leitfähigen Material, beispielsweise eines Lagerrings, Energie entzogen wird. Der Wirbelstromsensor kann ein elektromagnetisches Feld erzeugen. Der Lagerring zu dem der Abstand erfasst werden soll wird bevorzugt im Wirkungsbereich des elektromagnetischen Felds angeordnet. In dem Lagerring entstehen Wirbelströme, welche dem Feld Energie entziehen und damit die Güte des Schwingkreises herabsetzen. Mittels einer Detektionsvorrichtung kann deine Änderung einer Schwingung des Schwingkreises detektiert werden, beispielsweise eine Änderung der Schwingungsamplitude.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die mehreren Abstandssensoren an einem gemeinsamen Wälzlager angeordnet sind. Somit kann durch das erfindungsgemäße Verfahren erreicht werden, dass sämtliche Abstandssensoren des Wälzlagers eine in gleicher Weise kompensierte Kennlinie aufweisen. Bevorzugt ist der Messwert abhängig von einem Abstand zwischen einem ersten und einem zweiten Lagerring des Wälzlagers. Über einen Abstandssensor mit einem derartigen Messwert ist es möglich, Bewegungen der Lagerringe gegeneinander messtechnisch zu erfassen.
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Eine bevorzugte Ausgestaltung sieht vor, dass zum Bestimmen des approximierten Verlaufs eine Approximation n-ter Ordnung des ermittelten Verlaufs berechnet wird, wobei n größer oder gleich 2 ist, bevorzugt n größter oder gleich 3 ist, insbesondere n gleich 4 oder 5 ist. Die Approximation n-ter Ordnung stellt eine vereinfacht berechenbare Funktion des Messwerts für eine vorgegebene Stellung der Lagerringe zueinander über der Temperatur dar.
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Vorteilhaft ist eine Ausgestaltung, bei welcher zum Ermitteln des Offsets der einzelnen approximierten Verläufe eine Differenz zwischen dem jeweiligen approximierten Verlauf und dem Mittelwertverlauf bei einer gemeinsamen vorgegebenen Temperatur, insbesondere bei 0 °C, berechnet wird. Der Offset kann für jeden einzelnen approximierten Verlauf, d.h. für jeden einzelnen Abstandssensor, zwischengespeichert werden, sodass dieser im weiteren Verlauf des Verfahrens zur Kompensation eingesetzt werden kann.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung ist vorgesehen, dass zum Ermitteln des Drehwinkels ein erster offsetkorrigierter Messwert berechnet wird, der bei einer vorgegebenen Temperatur identisch ist zu einem Wert des Mittelwertverlaufs, und ein zweiter offsetkorrigierter Messwert. Zum Ermitteln des Drehwinkels kann der approximierte Verlauf des jeweiligen Abstandssensors als Gerade durch den ersten offsetkorrigierten Messwert und den zweiten offsetkorrigierten Messwert angenähert werden.
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In diesem Zusammenhang ist es bevorzugt, wenn zum Ermitteln des Drehwinkels ein Winkel zwischen einer Geraden durch den ersten und den zweiten offsetkorrigierter Messwert und dem Mittelwertverlauf berechnet wird. Der ermittelte Winkel ist gleich dem Drehwinkel, der zur Kompensation der Temperaturabhängigkeit des jeweiligen Abstandssensors maßgeblich ist.
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Bevorzugt wird zum Kompensieren des ermittelten Messwerts, d.h. zum Bestimmen des temperaturkompensierten Messwerts, anhand des ermittelten Offsets und des ermittelten Drehwinkels eine Kompensationskennlinie bestimmt. Bevorzugt wird zum Bestimmen der Kompensationskennlinie der ermittelte Verlauf des jeweiligen Abstandssensors um den ermittelten Offset verschoben und um den ermittelten Drehwinkel gedreht. Die Kompensationskennlinie kann beispielsweise durch Parameter einer Approximationsfunktion sowie den ermittelten Offset und den ermittelten Drehwinkel eindeutig festgelegt sein. Bevorzugt werden die Parameter der Approximationsfunktion sowie der ermittelte Offset und der ermittelte Drehwinkel in einer Speichereinrichtung, insbesondere einer Speichereinrichtung des Wälzlagers, gespeichert.
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Eine alternative, vorteilhafte Ausgestaltung sieht vor, dass anhand des ermittelten Offsets und des ermittelten Drehwinkels eine Look-Up-Tabelle mit k Einträgen erzeugt wird. Bei der Verwendung einer Look-Up-Tabelle ist es nicht erforderlich, Parameter einer Approximationsfunktion zu speichern. Zur Kompensation im Betrieb des Wälzlagers ermittelter Messwerte eines Abstandssensors können entsprechende temperaturkompensierte Messwerte unmittelbar aus der Look-Up-Tabelle ausgelesen werden, ohne dass weitere Berechnungen erforderlich sind.
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Bevorzugt ist eine Ausgestaltung, bei welcher beim Kompensieren der ermittelten Messwerte zwei Werte aus der Look-Up-Tabelle ausgelesen werden und ein linearisierter Wert anhand der beiden ausgelesenen Werte berechnet wird. Bei einer derartigen Ausgestaltung ist es möglich, temperaturkompensierte Messwerte zu erhalten, indem zwischen zwei in der Look-up-Tabelle gespeicherten temperaturkompensierten Messwerten interpoliert wird.
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Zur Lösung der eingangs genannten Aufgabe wird ferner ein Wälzlagersystem mit einem ersten Lagerring, einem gegenüber dem ersten Lagerring bewegbaren zweiten Lagerring, mehrere Abstandssensoren zum Erfassen des Abstand zwischen verschiedenen Punkten des ersten und zweiten Lagerrings und einer Steuereinrichtung vorgeschlagen, die dazu eingerichtet ist, folgende Verfahrensschritte auszuführen:
- a. Ermitteln jeweils eines Verlaufs eines Messwerts (Abstandsmesswerts) über der Temperatur für jeden der mehreren Abstandssensoren,
- b. Bestimmen eines approximierten Verlaufs des Messwerts (Abstandsmesswerts) über der Temperatur für jeden der mehreren Abstandssensoren basierend auf den ermittelten Verläufen,
- c. Bilden eines Mittelwertverlaufs über der Temperatur basierend auf den approximierten Verläufen,
- d. Ermitteln eines Offsets der einzelnen approximierten Verläufe basierend auf dem gebildeten Mittelwertverlauf,
- e. Ermitteln eines Drehwinkels der einzelnen approximierten Verläufe basierend auf dem gebildeten Mittelwertverlauf und
- f. Kompensieren eines ermittelten Messwerts anhand des ermittelten Offsets und des ermittelten Drehwinkels.
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Bei dem Wälzlagersystem können dieselben Vorteile erreicht werden, die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben worden sind.
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Die im Zusammenhang mit dem Verfahren erläuterten vorteilhaften Ausgestaltungen und Merkmale können bei dem Wälzlagersystem allein oder in Kombination ebenfalls Anwendung finden.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung sollen nachfolgend anhand des in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiels erläutert werden. Hierin zeigt:
- 1 eine Darstellung der Verläufe der Messwerte mehrerer Abstandssensoren über der Temperatur;
- 2 eine Darstellung der approximierten Verläufe basierend auf den Verläufen aus 1;
- 3 eine Darstellung eines aus den approximierten Verläufen gemäß 2 ermittelten Mittelwertverlaufs sowie eines der approximierten Verläufe;
- 4 eine Darstellung des Mittelwertverlaufs sowie eines der approximierten Verläufe zur Verdeutlichung der Bestimmung des Offsets bei einer Temperatur gleich 0°;
- 5 eine Darstellung des Mittelwertverlaufs sowie eines der approximierten Verläufe zur Verdeutlichung der Bestimmung des Drehwinkels.
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In der 1 sind mehrere Verläufe 1-8 eines Messwerts M mehrerer Abstandssensoren über der Temperatur T aufgetragen, die bei einer definierten Stellung eines als Lagerring ausgebildeten Targets gegenüber dem jeweiligen Abstandssensor gemessen worden sind. Die Abstandssensoren sind als Wirbelstromsensoren ausgebildet. Mehrere dieser Abstandssensoren, bevorzugt alle Abstandssensoren sind als Teil eines gemeinsamen Wälzlagersystems vorgesehen, um den Abstand zwischen zwei Lagerringen des Wälzlagersystems an verschiedenen Positionen zu ermitteln. Die in 1 gezeigten Verläufe 1-8 der Messwerte M über der Temperatur T werden in einem ersten Verfahrensschritt für jeden der Abstandssensoren ermittelt, beispielsweise durch eine Kalibrierungsmessung. Die Messwerte M sind abhängig von dem Abstand zwischen den beiden Lagerringen an der Position des jeweiligen Abstandssensors. Beispielsweise können die Messwerte M proportional zu diesem Abstand sein.
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In der
2 sind mehrere approximierte Verläufe
1'-8' über der Temperatur R dargestellt, welche basierend auf den ermittelten Verläufen
1-8 der Messwerte
M aus
1 bestimmt worden sind. Die approximierten Verläufe
1'-8' können als Funktion in der nachfolgend beschriebenen Form beschrieben werden:
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Dabei ist T die Temperatur, P(T) der approximierte Messwert und a, b, c, d, e, f sind Parameter der Funktion.
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Die 3 zeigt eine Darstellung eines aus den approximierten Verläufen 1'-8' gemäß 2 ermittelten Mittelwertverlaufs 10 sowie eines der approximierten Verläufe 2'. Es ist erkennbar, dass der approximierte Verlauf 2' bei einer Temperatur T von 0°C einen Offset ΔM größer 0 von dem Mittelwertverlauf 10 aufweist. Dieser Offset ΔM wird in einem weiteren Verfahrensschritt ermittelt, beispielsweise durch Bildung der Differenz des Messwerts des approximierten Verlaufs 2' und des Mittelwertverlaufs 10 bei derselben Temperatur, hier bei 0 °C. Dieses Ermitteln des Offsets in ist 4 durch einen Pfeil angedeutet. Der approximierte Verlauf 2' kann um den ermittelten Offset ΔM verschoben werden, um den in 4 ebenfalls gezeigten offsetkorrigierten approximierten Verlauf 2'' zu erhalten.
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In einem weiteren Verfahrensschritt, der anhand der Darstellung in 5 erläutert werden soll, wird ein eines Drehwinkel der einzelnen approximierten Verläufe 1'-8' bzw. der offsetkorrigierten, approximierten Verläufe 2'' basierend auf dem gebildeten Mittelwertverlauf 10 ermittelt. Im vorliegenden Beispiel wird der Drehwinkel derart gewählt, dass der offsetkorrigierte, approximierte Verlauf 2' mittels des ermittelten Drehwinkels im Wesentlichen in Übereinstimmung mit dem Mittelwertverlauf 10 gebracht werden kann.
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Schließlich kann dann im Betrieb der Abstandssensoren ein ermittelter Messwert anhand des ermittelten Offsets und des ermittelten Drehwinkels kompensiert werden.
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Das vorstehend beschriebene Verfahren kann bei einem Wälzlagersystem mit einem ersten Lagerring, einem gegenüber dem ersten Lagerring bewegbaren zweiten Lagerring und mehreren Abstandssensoren zum Erfassen des Abstand zwischen verschiedenen Punkten des ersten und zweiten Lagerrings zur Anwendung kommen. Dabei ist eine Steuereinrichtung des Wälzlagersystems dazu eingerichtet, die vorstehend beschriebenen Verfahrensschritt auszuführen, insbesondere:
- a. Ermitteln jeweils eines Verlaufs 1-8 eines Messwerts M über der Temperatur T für jeden der mehreren Abstandssensoren,
- b. Bestimmen eines approximierten Verlaufs 1'-8' des Messwerts M über der Temperatur T für jeden der mehreren Abstandssensoren basierend auf den ermittelten Verläufen 1-8,
- c. Bilden eines Mittelwertverlaufs 10 über der Temperatur T basierend auf den approximierten Verläufen 1'-8',
- d. Ermitteln eines Offsets der einzelnen approximierten Verläufe 1'-8' basierend auf dem gebildeten Mittelwertverlauf 10,
- e. Ermitteln eines Drehwinkels der einzelnen approximierten Verläufe 1'-8' basierend auf dem gebildeten Mittelwertverlauf 10 und
- f. Kompensieren eines ermittelten Messwerts M anhand des ermittelten Offsets und des ermittelten Drehwinkels.