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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum automatischen Erfassen eines Fahrzeugschadens bei einem Unfall eines Fahrzeugs. Die Erfindung betrifft außerdem ein nichtflüchtiges, computerlesbares Speichermedium mit darauf abgespeicherten Befehlen, die bei ihrer Ausführung auf einem Bordcomputer ein solches Verfahren bewirken. Ferner betrifft die Erfindung ein Fahrzeug mit einem Bordcomputer, der zur Durchführung eines solchen Verfahrens eingerichtet ist.
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Heutzutage hergestellte Kraftfahrzeuge weisen regelmäßig eine Fahrdynamikregelung auf. Diese Fahrdynamikregelung wird auch als „Electronic Stability Control“ (ESC) oder „Elektronisches Stabilitätsprogramm“ (ESP) bezeichnet. Dabei handelt es sich um ein elektronisch gesteuertes Fahrassistenzsystem für Kraftfahrzeuge, das durch gezieltes Abbremsen einzelner Räder dem Ausbrechen des Fahrzeugs in kritischen Fahrsituationen entgegenwirkt. Derartige Fahrdynamikregelungen stellen eine Erweiterung und Verknüpfung des Antiblockiersystems (ABS) mit einer Antriebsschlupfregelung (ASR) und einer elektronischen Bremskraftverteilung sowie mit einem Bremsassistenten dar. Seit 2014 müssen alle in der EU neu zugelassenen Kraftfahrzeuge mit einer derartigen Fahrdynamikregelung ausgestattet sein. Die Funktionsweise dieser Regelung beruht darauf, dass das System permanent den Fahrerwunsch mit dem Fahrzeugzustand vergleicht. Dazu weisen die Kraftfahrzeuge Sensoren auf, mit denen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte sowie Gierratenwerte bestimmt werden können. Darüber hinaus werden heutzutage in Kraftfahrzeugen auch Sensoren verbaut, um damit Unfallereignisse detektieren zu können, um automatisch aktive oder passive Schutzsysteme, wie Airbags, Gurtstraffer, Notrufsysteme usw. auslösen zu können. Diese Sensoren können grundsätzlich auch für zusätzliche Funktionen verwendet werden.
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Konkret wird gemäß der
DE 41 17 811 A1 zur Crash-Erkennung ein Verfahren verwendet, mit dessen Hilfe kontinuierlich die Fahrzeuggeschwindigkeitsänderung innerhalb eines zurückliegenden begrenzten Zeitraums gemessen und bewertet wird, insbesondere die partielle Geschwindigkeitsdifferenz. Als Untermenge kann mit Hilfe dieses Verfahrens die Beschleunigung herausdifferenziert und bewertet werden, falls bei Hoch- und Niedriggeschwindigkeits-Crashs keine ausreichende Unterscheidungsmöglichkeit mit Hilfe der partiellen Geschwindigkeitsdifferenz möglich sein sollte. Als weitere Untermenge können verschiedene partielle Geschwindigkeitsdifferenzen durch verschieden große Beobachtungszeiträume gemessen und vergleichend bewertet werden, um bei langsameren, z.B. schrägen Crashs nur innerhalb eines begrenzten Zeitfensters in der Anfangsphase der Crashs eine Zündung zuzulassen.
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In der
DE 10 2007 027 649 A1 werden ein Steuergerät und ein Verfahren zur Ansteuerung von Personenschutzmitteln vorgeschlagen, wobei ein Merkmalsvektor mit mindestens zwei Merkmalen aus wenigstens einem Signal einer Unfallsensorik gebildet wird. Durch einen Kernalgorithmus werden Personenschutzmittel in Abhängigkeit von dem Merkmalsvektor oder einem ersten Teilmerkmalsvektor angesteuert. Der Merkmalsvektor oder ein zweiter Maschine klassifiziert und der Kernalgorithmus durch diese Klassifizierung beeinflusst.
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Die
EP 2 854 112 A1 beschreibt ein Detektionssystem für Crashs mit relativ geringem Aufprall, sogenannte Low-Impact-Crashs, für ein Fahrzeug, umfassend eine Beschleunigungssensorvorrichtung, aus welcher horizontale Komponenten einer Beschleunigung hergeleitet werden, einen Datenprozessor mit einem Bandpassfilter, und eine Kommunikationsvorrichtung zum Übertragen von Crash-Warnung-Informationen, wobei der Bandpassfilter ausgelegt ist, gefilterte horizontale Komponenten der Beschleunigung in einem Frequenzbereich von 2,5 bis 7,5 Hz zu erzeugen und der Datenprozessor ausgelegt ist, die Amplitude der gefilterten horizontalen Komponenten zu quadrieren und diese zu kombinieren, um ein Aufprallenergiesignal zu erzeugen, um das Aufprallenergiesignal mit einem vorbestimmten Schwellenwert zu vergleichen, um festzustellen, ob ein Crash stattgefunden hat, und um eine Crash-Warnung zur Übertragung durch die Kommunikationsvorrichtung zu erzeugen, falls der Schwellenwert überschritten ist.
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Außerdem ist in der
DE 10 2015 212 923 A1 beschrieben, dass zur Erkennung eines Fahrzeugunfalls, bei dem ein Fahrzeug und ein Objekt aufeinanderprallen, vorgesehen ist, dass zu dem Aufprallereignis mittels Sensoren des Fahrzeugs gebildete Signale und/oder Daten derart verarbeitet werden, dass die Signale und/oder Daten gefiltert werden, auf Basis der gefilterten Signale und/oder Daten Merkmalsdaten gebildet werden und mittels der Merkmalsdaten eine Zuordnung des Aufprallereignisses zu einer Klassifikation erfolgt, wobei eine Klassifikationsdatenbank verwendet wird. Dabei soll auch eine Bewertung des Unfalls, insbesondere zur Bestimmung des dabei entstandenen Schadens an einem Fahrzeug möglich sein.
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Die aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren erlauben es bisher jedoch noch nicht, eine konkrete Aussage darüber zu treffen, in welcher Form das Fahrzeug bei dem Unfall beschädigt worden ist. Insbesondere können bisher in automatisierter Weise noch keine defekten Zonen und Bauteile des Fahrzeugs angegeben werden, um z.B. eine konkrete Kostenabschätzung für eine Reparatur des Fahrzeugs abzugeben und/oder eine Teileliste für die Bauteile des Fahrzeugs zu generieren, die ausgetauscht bzw. repariert werden müssen.
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Es ist daher die Aufgabe der Erfindung, ein derartiges Verfahren zum automatischen Erfassen eines Fahrzeugschadens bei einem Unfall anzugeben, das in automatisierter Form die Abgabe eines konkreten Schadenberichts erlaubt.
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Diese Aufgabe wird durch die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen beschrieben.
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Erfindungsgemäß ist somit ein Verfahren zum automatischen Erfassen eines Fahrzeugschadens bei einem Unfall eines Fahrzeugs vorgesehen, das folgende Verfahrensschritte aufweist:
- kontinuierliches Erfassen von Beschleunigungswerten, Geschwindigkeitswerten und Gierratenwerten während des Fahrens des Fahrzeugs,
- Abspeichern der erfassten Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte,
- Auslesen der Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte, die im Zeitraum eines Unfalls erfasst worden sind, und
- Ermitteln des Fahrzeugschadens anhand der ausgelesenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte, wobei
- die Ermittlung des Fahrzeugschadens die Ermittlung der defekten Zonen und/oder Bauteile des Fahrzeugs umfasst.
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Es ist somit ein maßgeblicher Punkt der Erfindung, dass aufgrund der kontinuierlich erfassten Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte während des Fahrens des Fahrzeugs auch derartige Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte erfasst und abgespeichert werden, die im Zeitraum eines Unfalls auftreten. Aufgrund dieser erfassten Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte aus dem Zeitraum des Unfalls ermöglicht die Erfindung die Ermittlung des Fahrzeugschadens, indem die defekten Zonen des Fahrzeugs sowie die defekten Bauteile des Fahrzeugs angegeben werden.
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Eine wesentliche bevorzugte Weiterbildung der Erfindung liegt darin, dass anhand der ausgelesenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte ein Aufprallpunkt und ein Aufprallvektor bestimmt werden und die Ermittlung der defekten Zonen und/oder Bauteile des Fahrzeugs anhand des Aufprallpunktes und des Aufprallvektors erfolgt. Der Aufprallvektor gibt dabei an, aus welcher Richtung die Resultierende aller Kräfte bei dem Unfall auf das Fahrzeug gewirkt hat und wie groß der Impulsübertrag auf das Fahrzeug insgesamt war. Außerdem gibt der Aufprallpunkt den Bereich am Fahrzeug an, in dem die Resultierende aller Kräfte bei dem Unfall auf das Fahrzeug gewirkt hat.
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Wie eingangs dargestellt, weisen Kraftfahrzeuge heutzutage zumindest für eine Fahrdynamikregelung regelmäßig Sensoren auf, mit denen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte sowie Gierratenwerte bestimmt werden können. Die Erfassung derartiger Werte ist aus dem Stand der Technik also gut bekannt. Diese ohnehin vorhandenen Sensoren werden vorzugsweise verwendet, um den Fahrzeugschaden zu ermitteln. Die Erfindung macht sich bei dieser Ausgestaltung die Tatsache zu Nutze, dass, wie eingangs dargestellt, Kraftfahrzeuge heutzutage zumindest für eine Fahrdynamikregelung regelmäßig Sensoren aufweisen, mit denen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte sowie Gierratenwerte bestimmt werden können.
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Gemäß einer alternativen Weiterbildung der Erfindung ist jedoch ein separates Sensormodul vorgesehen, das in das Fahrzeug integriert wird. Dieses Sensormodul wird also zusätzlich zu den ohnehin vorhandenen Sensoren im Fahrzeug installiert. Vorzugsweise wird das Sensormodul fest im Fahrzeug, z.B. in der Mittelkonsole, platziert, vorzugsweise mittels einer Haltevorrichtung. Die Mittelkonsole eignet sich hier besonders zur Platzierung des Sensormoduls, da die Sensoren dann in der Nähe des Fahrzeugschwerpunkts platziert werden können.
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Die Hauptbauteile des Sensormoduls sind ein Beschleunigungssensor, ein Gyroskop und ein Bordcomputer zum Auslesen, Weiterverarbeiten und Speichern der Daten. Die Sensoren sind dabei per Kabel mit dem Bordcomputer verbunden. Mit Hilfe des Beschleunigungssensors wird die Beschleunigung des Fahrzeugs und mit Hilfe des Gyroskops die Gierrate (Winkelbeschleunigung) des Fahrzeugs jeweils bzgl. der x-, y- und z-Richtung gemessen, d.h. es werden jeweils sechs Messwerte aufgenommen, nämlich drei Beschleunigungswerte und drei Gierratenwerte. Die Abtastrate zur Aufnahme der Beschleunigungswerte und Gierraten beträgt 50 Hz. Zudem wird die Geschwindigkeit des Fahrzeugs über ein OBD2-Modul ausgelesen, das mit dem Bordcomputer vorzugsweise über eine Funkverbindung kommuniziert, ganz besonders bevorzugt über eine Bluetooth-Schnittstelle. Die beiden Sensoren sind vorzugsweise ausgerichtet, kalibriert und fest verankert und zusammen mit dem Bordcomputer und weiterer Elektronik in eine kleine Box integriert, vorzugsweise in eine Kunststoffbox. Das gesamte Sensormodul kann mittels einer Haltevorrichtung fest im Fahrzeug platziert werden, wie oben angesprochen, z.B. in der Mittelkonsole.
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Wenn vorliegend einerseits von defekten Zonen des Fahrzeugs und andererseits von defekten Bauteilen des Fahrzeugs gesprochen wird, so ist damit gemeint, dass ein Kraftfahrzeug typischerweise einerseits einzelne Bauteile aufweist, die im Falle eines Defektes einzeln austauschbar sind, andererseits aber auch Zonen aufweist, die z.B. durch die Bereiche „Heck“, „Front“, „Motorhaube“, „linke vordere Seitentür“ usw. bezeichnet sein können. Bei einem Defekt in einem derartigen Bereich des Fahrzeugs kann es somit sein, dass ganze mit diesem Bereich zusammenhängende Bauteilgruppen ersetzt werden müssen.
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Grundsätzlich ist das Ermitteln des Fahrzeugschadens anhand der ausgelesenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte auf unterschiedliche Weisen möglich. Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist jedoch vorgesehen, dass das Ermitteln des Fahrzeugschadens anhand der ausgelesenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte mit Hilfe eines mathematischen Modells erfolgt. Darüber hinaus ist gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung vorgesehen, dass das mathematische Modell statistische Informationen enthält, gemäß derer die Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte einerseits mit möglichen Fahrzeugschäden andererseits verknüpft sind.
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Die Entwicklung eines derartigen mathematischen Modells lässt sich einerseits aufgrund von Simulationen bewerkstelligen. Andererseits kann ein derartiges mathematisches Modell auch auf Erfahrungswerten basieren, die im Rahmen früherer Unfälle und der dabei erfassten Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte ermittelt worden sind. Jedenfalls beruht ein derartiges mathematisches Modell immer auf physikalischen Gesetzen. Insbesondere können mittels eines separaten, im Fahrzeug anzuordnenden Sensormoduls, das einen Beschleunigungssensor und ein Gyroskop zur Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Beschleunigungs- und Gierraten aufweist, im Vorfeld Crashtests durchgeführt werden, wodurch realistische Daten generiert werden können. Vorzugsweise wird ein derartiges Sensormodul im Schwerpunkt des Fahrzeugs angeordnet.
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Alternativ ist gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung vorgesehen, dass das Ermitteln des Fahrzeugschadens anhand der ausgelesenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte mit Hilfe eines künstlichen neuronalen Netzwerks erfolgt. Dies hat den Vorteil, dass es keiner vorab entwickelter Modelle für die Verknüpfung von Defekten am Kraftfahrzeug mit den erfassten Beschleunigungswerten, Geschwindigkeitswerten und Gierratenwerten während des Unfalls bedarf. Vielmehr handelt es sich hier um ein System, das für das Ermitteln des Fahrzeugschadens anhand der ausgelesenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte trainiert worden ist. Entsprechende Trainingsdaten sind vorzugsweise entweder durch frühere Unfälle gesammelt und/oder durch Crash-Tests und Simulationen generiert worden.
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Grundsätzlich ist es im Rahmen der vorliegenden Erfindung möglich, dass die erfassten Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte für eine unbegrenzte Zeitdauer abgespeichert werden. Letztlich ist die Zeitdauer der Abspeicherung nur begrenzt durch den zur Verfügung stehenden Speicherplatz. Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung gilt jedoch, dass das Abspeichern der erfassten Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte nur für eine jeweilige vorbestimmte Zeitdauer erfolgt. Dabei genügt es, dass diese Zeitdauer im Wesentlichen der maximalen Zeitdauer eines typischen Unfalls entspricht. Vorzugsweise beträgt die Zeitdauer weniger als 1 Minute, ganz besonders bevorzugt beträgt die Zeitdauer weniger als 30 Sekunden.
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Weiterhin umfasst das kontinuierliche Erfassen von Beschleunigungswerten, Geschwindigkeitswerten und Gierratenwerten während des Fahrens des Fahrzeugs das Erfassen von Zeitreihen diskreter Messwerte. Dabei weisen die Zeitreihen vorzugsweise wenigstens 50 Messwerte pro Sekunde und ganz besonders bevorzugt wenigstens 100 Messwerte pro Sekunde auf. Es hat sich nämlich gezeigt, dass ein geringerer Zeitabstand zwischen den Messwerten zu einer genaueren Schadensabschätzung führen kann.
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Die Erfindung ermöglicht nicht nur die Angabe defekter Zonen und/oder Bauteile des Fahrzeugs bei dem Unfall. Vielmehr ist gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung auch vorgesehen, dass auf der Grundlage der ermittelten defekten Zonen und/oder Bauteile des Fahrzeugs die Reparaturkosten zur Wiederherstellung des Fahrzeugs ermittelt werden. Dies ist von besonderem Vorteil bei der Verwendung des vorliegenden Verfahrens im Rahmen einer Schadensabwicklung, z.B. durch ein Versicherungsunternehmen. Das Verfahren erlaubt nämlich, auf besonders effiziente und kostengünstige Weise, die Unfallkosten abzuschätzen und den Schadensfall abzuwickeln. Im Übrigen ist gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung auch vorgesehen, dass ermittelt und ausgegeben wird, ob das Fahrzeug noch fahrtüchtig ist.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung erfolgt eine Weiterverarbeitung der Reparaturkosten im Rahmen der Abwicklung des Schadensfalls durch das Versicherungsunternehmen unter Verwendung einer Blockchain. Dies hat den Vorteil, dass eine derartige Weiterverfolgung dezentral und automatisiert erfolgen kann, wobei gleichwohl ein Schutz gegen Manipulation sichergestellt ist. Zusätzlich kann eine hohe Transparenz gegenüber dem Fahrzeughalter bzw. -fahrer erzielt werden, da z.B. gespeicherte Daten einzusehen sein können.
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Grundsätzlich ist es möglich, die Ermittlung des Fahrzeugschadens anhand der ausgelesenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte in dem Kraftfahrzeug selbst durchzuführen. In diesem Zusammenhang ist gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung jedoch eine Funkübertragung der Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte, die im Zeitraum eines Unfalls erfasst worden sind, an eine außerhalb des Fahrzeugs liegende, vorzugsweise zentrale Auswertestelle, wie eine IoT-Plattform, vorgesehen, in der der Fahrzeugschaden anhand der übertragenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte ermittelt wird. Insbesondere kann eine derartige zentrale Auswertestelle von einem Versicherungsunternehmen oder von einer neutralen Stelle betrieben werden, z.B. mit Hilfe einer Blockchain, so dass von dort aus eine vollständig automatisierte Schadensabwicklung erfolgen kann.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels der Erfindung unter Bezugnahme auf die Zeichnungen weiter im Detail beschrieben.
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In den Zeichnungen zeigen
- 1 schematisch ein Fahrzeug, das mit einem Sensormodul gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung ausgerüstet ist,
- 2 schematisch das Sensormodul gemäß dem bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung mit seinen einzelnen Komponenten und
- 3 schematisch ein Ablaufdiagramm für ein Verfahren zum automatischen Erfassen eines Fahrzeugschadens bei einem Unfall.
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Aus 1 ist schematisch ein Fahrzeug 1 ersichtlich, das mit einem Sensormodul 2 gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung ausgerüstet ist. Dieses Sensormodul 2 ist ein separates Sensormodul, das in das Fahrzeug 1 zusätzlich zu den Sensoren integriert worden ist, die in dem Fahrzeug 1 ohnehin vorhanden sind, z B. für Fahrerassistenzsystem. Das Sensormodul 2 ist fest im Fahrzeug 1 installiert, vorliegend in der Mittelkonsole mittels einer nicht weiter dargestellten Haltevorrichtung, an der das Sensormodul 2 lösbar befestigt ist. Die Mittelkonsole eignet sich hier besonders zur Platzierung des Sensormoduls 2, da die in dem Sensormodul 2 vorgesehenen Sensoren auf diese Weise in der Nähe des Schwerpunkts des Fahrzeugs 1 platziert werden.
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Wie schematisch aus 2 ersichtlich, sind die Hauptbauteile des Sensormoduls 2 ein Beschleunigungssensor 5, ein Gyroskop 6 und ein Bordcomputer 4 zum Auslesen, Weiterverarbeiten und Speichern der Daten. Der Beschleunigungssensor 5 und das Gyroskop 6 sind mittels nicht weiter dargestellter Kabel mit dem Bordcomputer 4 verbunden. Mit Hilfe des Beschleunigungssensors 5 wird die Beschleunigung des Fahrzeugs 1 und mit Hilfe des Gyroskops 6 die Gierraten des Fahrzeugs 1 jeweils bezüglich der x-, y- und z-Richtung gemessen, d.h. es werden zu jedem Messzeitpunkt jeweils sechs Messwerte aufgenommen. Die Abtastrate zur Aufnahme der Beschleunigungswerte und der Gierraten beträgt 50 Hz. Der Beschleunigungssensor 5 und das ein Gyroskop 6 sind ausgerichtet, kalibriert und fest verankert und zusammen mit dem Bordcomputer 4 und weiterer nicht im Einzelnen dargestellter Elektronik in eine kleine Kunststoffbox integriert.
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Wie wiederum aus 1 ersichtlich, ist außerdem in dem Fahrzeug 1 ein OBD2-Modul 3 angeordnet, mit dem die Geschwindigkeiten des Fahrzeugs 1 ausgelesen werden kann. Das OBD2-Modul 3 kommuniziert mit dem Bordcomputer 4 über eine Funkverbindung, nämlich über eine im Sensormodul 2 vorgesehene Bluetooth-Schnittstelle 7.
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Die während der Fahrt des Fahrzeugs 1 erfassten Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte werden nun für eine vorbestimmte Zeitdauer in dem Bordcomputer 4 abgespeichert. Dabei genügt es grundsätzlich, diese Werte für einen relativ kurzen Zeitraum von weniger als einer Minute abzuspeichern und ältere Werte wieder zu überschreiben, da für das vorliegende Verfahren ja nur die Werte erforderlich sind, die mit einem Unfall zu tun haben oder diesem zumindest unmittelbar vorausgegangen sind. Dazu werden kontinuierlich Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwertn während des Fahrens des Fahrzeugs 1 erfasst, und zwar in Form von Zeitreihen diskreter Messwerte, die im Bordcomputer abgespeichert werden. Diese Erfassung erfolgt vorliegend mit 50 Hz.
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Damit wird folgendes schematisch in 3 gezeigtes Verfahren 10 zum automatischen Erfassen des Fahrzeugschadens bei einem Unfall mit einem Fahrzeug 1 möglich:
- Wie schon angesprochen, werden in einem Verfahrensschritt 11 während der Fahrt des Fahrzeugs 1 kontinuierlich Beschleunigungswerten, Geschwindigkeitswerten und Gierratenwerten erfasst, und zwar mit dem Beschleunigungssensor 5 und dem Gyroskop 6, die beide im Sensormodul 2 vorgesehen sind, sowie mit dem OBD2-Modul 3, das mit dem Bordcomputer 4 über die Bluetooth-Schnittstelle 7 verbunden ist. In Verfahrensschritt 12 erfolgt - ebenfalls kontinuierlich - ein Abspeichern der erfassten Beschleunigungswerte,
- Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte im Bordcomputer 4. Diese werden dort so lange abgespeichert, dass sie auf jeden Fall auch nach einem Unfall noch zur Verfügung stehen und nicht bereits durch jüngere Werte überschrieben worden sind. Dazu kann auch vorgesehen sein, dass ab einem Erfassen von derartigen Beschleunigungswerten, Geschwindigkeitswerten und Gierratenwerten, die auf einen Unfall schließen lassen, kein Überschreiben bisheriger im Bordcomputer 4 abgespeicherter Daten mehr erfolgt.
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Ist es nun tatsächlich zu einem Unfall gekommen, so können in Verfahrensschritt 13 nach dem Unfall die Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte, die im Zeitraum eines Unfalls erfasst worden sind, ausgelesen werden. Diese Werte erlauben dann in Verfahrensschritt 14 das Ermitteln des Fahrzeugschadens, wobei die Ermittlung des Fahrzeugschadens die Ermittlung der defekten Zonen und/oder Bauteile des Fahrzeugs 1 umfasst. Gemäß dem hier beschriebenen bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung ist dazu vorgesehen, in Schritt 15 eine Liste der Teile des Fahrzeugs 1 zu generieren, die ausgetauscht bzw. repariert werden müssen. Damit verbunden ist auch die Möglichkeit, die Kosten für die Wiederherstellung des Fahrzeugs anzugeben, nämlich aufgrund der Kosten für die zu reparierenden bzw. auszutauschenden Teile sowie aufgrund der Kosten der damit verbundenen Arbeitszeit.
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Konkret werden vorliegend anhand der ausgelesenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte, wie in 1 dargestellt, ein Aufprallpunkt 8 und ein Aufprallvektor 9 bestimmt, wobei die Ermittlung der defekten Zonen und/oder Bauteile des Fahrzeugs 1 anhand des Aufprallpunktes 8 und des Aufprallvektors 9 erfolgt. Der Aufprallvektor 9 gibt an, aus welcher Richtung die Resultierende aller Kräfte bei dem Unfall auf das Fahrzeug 1 gewirkt hat und wie groß der Impulsübertrag auf das Fahrzeug 1 insgesamt war. Außerdem gibt der Aufprallpunkt 8 den Bereich am Fahrzeug 1 an, in dem die Resultierende aller Kräfte bei dem Unfall auf das Fahrzeug 1 gewirkt hat. In 1 ist der Aufprallpunkt 8 schematisch mit Hilfe eines ihn umgebenden, gestrichelt dargestellten Kreises gezeigt und der Aufprallvektor 9 ist mittels eines schräg von vorne rechts auf das Fahrzeug 1 wirkenden Pfeils gezeigt.
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Für das Ermitteln des Fahrzeugschadens anhand der ausgelesenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte gibt es nun verschiedene Möglichkeiten:
- Gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung erfolgt die Ermittlung mit Hilfe eines mathematischen Modells. Dazu sind vorab mittels eines hier nicht dargestellten separaten, in einem jeweiligen Fahrzeug angeordneten Sensormodul zur Aufnahme,
- Verarbeitung und Speicherung von Beschleunigungs-, Geschwindingkeits- und Gierraten im Vorfeld Crash-Tests durchgeführt worden. Außerdem weist das mathematische Modell statistische Informationen auf, gemäß derer die Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte einerseits mit möglichen Fahrzeugschäden andererseits verknüpft sind.
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Die Bestimmung des Aufprallvektors 9 und des Aufprallpunktes 8 basiert vorliegend also auf einer Kombination von mathematisch-physikalischen und statistischen Modellen, um mittels der von den Sensoren des Sensormoduls 2 erfassten Werte und der von dem ODB2-Modul 3 erfassten Geschwindigkeit des Fahrzeugs 1 beim Unfall auf den Aufprallvektor 9 und den Aufprallpunkte 8 schließen zu können. Die Modelle basieren auf den in den Zeitreihen der aufgenommenen Daten enthaltenen Informationen. Grundsätzlich können die benötigten Zeitreihendaten aus historischen Unfällen gewonnen. Hier stehen bisher jedoch nur wenige Daten zur Verfügung. Deswegen werden vorliegend diese Daten durch Crash-Tests und durch zusätzliche Simulationen ergänzt, die auf den mathematisch-physikalischen Modellen basieren. Zukünftig ist es grundsätzlich auch möglich, das Modell dann auch mit realen Crashdaten weiter zu trainieren und so kontinuierlich zu verbessern. Mit Hilfe dieser Daten können die bestehenden Modelle weiter verbessert und getestet werden. Mit Hilfe des Aufprallpunktes 8 und des Aufprallvektors 9 können schließlich die fahrzeugspezifischen beschädigten Bauteile bestimmt werden.
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Alternativ ist es auch möglich, das Ermitteln des Fahrzeugschadens anhand der ausgelesenen Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte mit Hilfe eines künstlichen neuronalen Netzwerks durchzuführen. Dabei ist das künstliche neuronale Netzwerk für das Ermitteln des Fahrzeugschadens anhand von Trainingsdaten, umfassend Beschleunigungswerte, Geschwindigkeitswerte und Gierratenwerte, vorab trainiert worden. Derartige Trainingsdaten sind durch frühere Unfälle gesammelt und/oder durch Crash-Tests und Simulationen generiert worden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- Sensormodul
- 3
- OBD2-Modul
- 4
- Bordcomputer
- 5
- Beschleunigungssensor
- 6
- Gyroskop
- 7
- Bluetooth-Schnittstelle
- 8
- Aufprallpunkt
- 9
- Aufprallvektor
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 4117811 A1 [0003]
- DE 102007027649 A1 [0004]
- EP 2854112 A1 [0005]
- DE 102015212923 A1 [0006]