-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung eines autonomen Druckaufbaus in einem hydraulischen Bremssystem eines Fahrzeugs sowie ein Steuergerät.
-
Ein solches hydraulische Bremssystem besteht in der Regel aus zwei Bremskreisen mit jeweils zwei Radbremsen, die über den jeweiligen Bremskreis mit einem mittels eines Bremspedals betätigbaren Hauptbremszylinder hydraulisch verbindbar ist. Jeder Radbremse sind ein stromlos offenes Einlassventil und ein stromlos geschlossenes Auslassventil zur Regulierung des hydraulischen Drucks an den Radbremsen zugeordnet. Mit einem Trennventil eines Bremskreises werden die Radbremsen von dem Hauptbremszylinder hydraulisch getrennt, um autonom oder aktiv mittels einer bspw. als Kolbenpumpe ausgebildeten Druckbereitstellungseinrichtung, einen Bremsdruck an den Radbremsen zu erzeugen, also unabhängig von einer Bremspedalbetätigung durch den Fahrer. Mit einem solchen autonomen Druckaufbau werden viele Funktionalitäten, wie ABS-, ESC-, TCS-Funktionen usw. realisiert.
-
Bei einer solchen aktiven Bremsdruckerhöhung, die ausschließlich mittels der Kolbenpumpe erzeugt wird, besteht die Gefahr eines unter Umständen starken Rückschlagventilverschleißes der Einlassventile. Ein solches Rückschlagventil ist in Richtung der Radbremse schließend einem Einlassventil hydraulisch parallel geschaltet.
-
Der Verschleiß entsteht, nachdem durch einen Pumpenhub Bremsflüssigkeitsvolumen durch das Einlassventil in den Bremssattel der Radbremse geschoben wurde und es dann während der folgenden Pumpensaugphase durch Druckschwingung zu einem geringen Rückströmen der Bremsflüssigkeit vom Bremssattel in den Raum zwischen der Kolbenpumpe und dem Einlassventil kommt. Dadurch wird das Rückschlagventil geöffnet und durch den nächsten Pumpenhub mit hoher Dynamik, insbesondere bei einem hohen Druckgradienten wieder geschlossen. Dies führt zu Verschleiß, da insbesondere bei Wegfall von dämpfenden Elementen (Dämpferkammer und Dämpferkammerblende) der Druckgradient besonders hoch ist.
-
Diese Situation ist in den Zeit-Druck-Diagrammen gemäß 3 detaillierter dargestellt.
-
Das Zeit-Druck-Diagramm nach 3a) zeigt den Bremsdruck p_Rad an einem Bremssattel einer Radbremse und den Pumpendruck p_Sys.
Das Zeit-Druck-Diagramm nach 3b) zeigt die berechnete Differenz dp dieser beiden Drücke, nämlich die Differenz aus dem Pumpendruck p_Sys und dem Bremsdruck p_Rad an einem Bremssattel der Radbremse. Wenn der Differenzdruck negativ ist, öffnet das Rückschlagventil. Eine positive Druckdifferenz bedeutet, dass das Rückschlagventil geschlossen ist. Jeder Druckwechsel „negativ“ zu „positiv“ bedeutet ein Schließen des Rückschlagventils. Ein Druckwechsel „positiv“ zu „negativ“ bedeutet entsprechend ein Öffnen.
-
Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Verfahren zur Steuerung eines autonomen Druckaufbaus in einem hydraulischen Bremssystem eines Fahrzeugs anzugeben, bei welchem ein Rückschlagventilverschleiß von Einlassventilen bei einem autonomen Druckaufbau vermieden, zumindest aber reduziert wird. Zudem ist die Aufgabe, eine entsprechende Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens bereitzustellen.
-
Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche.
-
Bei dem Verfahren zur Steuerung eines autonomen Druckaufbaus in einem hydraulischen Bremssystem eines Fahrzeugs mit wenigstens einer Radbremse wird
- - mittels einer Druckbereitstellungseinrichtung über ein mit einer Radbremse hydraulisch verbundenes elektrisch betätigbares Einlassventil ein radindividueller Bremsdruck an der Radbremse erzeugt,
- - dem Einlassventil ein in Richtung der Radbremse schließendes Rückschlagventil hydraulisch parallel geschaltet, und
- - das Einlassventil mit einem Steuerstrom derart angesteuert, dass die Druckdifferenz zwischen der stromaufwärtigen Seite und der stromabwärtigen Seite des Einlassventils während des autonomen Druckaufbaus positiv ist.
-
Dieses erfindungsgemäße Verfahren stellt eine einfache Maßnahme dar, um das Rückschlagventil des Einlassventils vor Verschleiß zu schützen, indem während eines autonomen Druckaufbaus das Einlassventil mit „geringer Kraft“ geschaltet wird, wodurch lediglich der Systemdruck im Bremssystem quasi „künstlich“ erhöht wird. Hierbei stellt der Druck auf der stromaufwärtigen Seite des Einlassventils den Systemdruck p_Sys und der Druck auf der stromabwärtigen Seite den Bremsdruck p_Rad an der Radbremse dar, so dass der Differenzdruck zwischen dem Systemdruck p_Sys und dem Bremsdruck p_Rad immer positiv ist, also p_Sys > p_Rad gilt.
-
Dieses erfindungsgemäße Verfahren führt zu keinem relevanten Einfluss auf den gewünschten autonomen Druckaufbau in der Radbremse und lässt sich in einfacher Weise durch eine softwaremäßige Änderung der Ansteuerlogik im Steuergerät realisieren.
-
Eine besonders vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung besteht darin, dass durch Versuch ein Haltestromwert für den Steuerstrom des Einlassventils ermittelt wird, bei welchem eine positive Druckdifferenz zwischen der stromaufwärtigen Seite und der stromabwärtigen Seite des Einlassventils erreicht wird. Vorzugsweise wird ein solcher Haltestromwert in einem Steuergerät des Bremssystems abgelegt.
-
Die Erfindung betrifft weiterhin ein Steuergerät für ein Fahrzeug, wobei das Steuergerät Mittel zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens aufweist. Bevorzugt sind diese Mittel als eine Ansteuerlogik ausgebildet. Besonders bevorzugt weist die Ansteuerlogik eine Software auf, mittels welcher das Verfahren durchführbar ist.
-
In einer bevorzugten Weiterbildung des Steuergeräts weist dieses eine Speicher auf, um den Haltestromwert zu speichern.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren beschreiben. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines hydraulischen Bremssystems eines Fahrzeugs zur Erläuterung eines Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens,
- 2 eine Darstellung von Zeit-Druck-Diagrammen zu Erläuterung des erfindungsgemäßen Verfahrens, und
- 3 eine Darstellung von Zeit-Druck-Diagrammen zur Erläuterung des Rückschlagventilverschleißes von Einlassventilen bei einem autonomen Druckaufbau eines Bremssystems.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren wird am Beispiel eines hydraulischen Bremssystems 1 eines Fahrzeugs gemäß 1 beschrieben, welches einen aus dem Stand der Technik bekannten Aufbau aufweist.
-
Das in 1 dargestellte Bremssystem 1 zeigt nur einen einzigen an einen Bremszylinder (Tandem-Hauptzylinder, THZ) 9 angeschlossenen Bremskreis für ein vorderes linkes Rad 10 und ein hinteres rechtes Rad 11, der zweite Bremskreis ist entsprechend aufgebaut und ebenfalls an den Bremszylinder 9 über eine mit einem Ventilblock 12 verbundene Hydraulikleitung angeschlossen. An den Ventilblock 12 sind auch die Radbremsen 2.1 und 2.2 der Räder 10 und 11 mit einem Bremssattel über eine Hydraulikleitung angeschlossen.
-
Das Bremssystem 1 weist einen mit dem Bremszylinder 9 verbundenen Bremskraftverstärker 13 und einen Vorratsbehälter 5 für die Bremsflüssigkeit bzw. die Hydraulikflüssigkeit auf. Der Bremszylinder 9 erzeugt auslassseitig einen Bremsdruck entsprechend eines mit dem Bremskraftverstärker 13 verbundenen Bremspedals (nicht dargestellt), das von einem Fahrer betätigbar ist. Dieser Bremsdruck wird über ein geöffnetes Trennventil 15 jeweils einem stromlos offenen Einlassventil 7.1 und 7.2 einlassseitig zugeführt, damit sich ein entsprechender Bremsdruck an den Radbremsen 2.1 und 2.2 der Räder 10 und 11 aufbauen kann.
-
Die beiden Einlassventile 7.1 und 7.2 sind bei einer Bremspedalbetätigung durch den Fahrer offen.
-
Den beiden Einlassventilen 7.1 und 7.2 ist jeweils ein in Richtung der Radbremse 2.1 bzw. 2.2 schließendes Rückschlagventil 7.10 und 7.20 hydraulisch parallel geschaltet.
-
Ein in der Regel stromlos geschlossenes Auslassventil 8.1 und 8.2 verbindet die Radbremsen 2.1 und 2.2 mit einem Niederdruckspeicher 14, der seinerseits mit einer Hydraulikpumpe 3 ansaugseitig verbunden ist und über ein Umschaltventil 6 mit dem Bremszylinder 9 verbunden werden kann.
-
Die Hydraulikpumpe 3 ist für die Radbremsen 2.1 und 2.2 vorgesehen, um im Falle eines ABS- oder ESP-Eingriffs das bei einem autonomen Druckabbau in den Niederdruckspeicher 14 verschobene Bremsmedium wieder heraus zu fördern.
-
Die Hydraulikpumpe 3, bspw. eine im oder am Ventilblock 12 angeordnete Kolbenpumpe wird durch einen Elektromotor 4 angetrieben, der seinerseits von einem Bremssteuergerät als Steuereinheit (nicht dargestellt) pulsweitenmoduliert (PWM) angesteuert wird. Dabei wird der Elektromotor 4 derart angesteuert, dass die Hydraulikpumpe 3 durch ansaugseitiges Ansaugen von Bremsflüssigkeit einen autonomen Bremsdruck auf der Hochdruckseite aufbauen kann.
-
Bei einem autonomen Bremsdruckaufbau zur Realisierung einer Fahrerassistenzfunktion, wie bspw. einer ABS- oder ESP-Funktion, d. h. unabhängig von einer Bremspedalbetätigung des Fahrers, wird das Trennventil 15 geschlossen und mittels der Hydraulikpumpe 3 Bremsflüssigkeit entweder aus dem Niederdruckspeicher 14 oder bei geöffnetem Umschaltventil 6 aus dem Vorratsbehälter 5 in eine die Druckseite der Hydraulikpumpe 3 mit der Radbremse 2.1 und 2.2 verbindenden Bremsleitung L gefördert.
-
Um den eingangs beschriebenen Rückschlagventilverschleiß an den Rückschlagventilen 7.10 und 7.20 der Einlassventile 7.1 und 7.2 zu verhindern oder zumindest zu reduzieren, wird eine positive Druckdifferenz zwischen der stromaufwärtigen Seite und der stromabwärtigen Seite des Einlassventils 7.1 bzw. 7.2 während des autonomen Druckaufbaus mittels der Hydraulikpumpe 3 erzeugt, wodurch es zu keinem Öffnen des Rückschlagventils 7.10 bzw. 7.20 kommt.
-
Hierzu werden die Einlassventile 7.1 und 7.2 von dem Bremssteuergerät geschlossen, so dass es mit Beginn der Bremsdruckerhöhung mittels der Hydraulikpumpe 3 während eines Pumpenhubes zu dieser Druckerhöhung in der Bremsleitung L zwischen der Druckseite der Hydraulikpumpe 3 und dem geschlossenen Einlassventil 7.1 bzw. 7.2 kommt.
-
Wenn die Druckdifferenz dp zwischen der stromaufwärtigen Seite des Einlassventils 7.1 bzw. 7.2, also dem Systemdruck p_Sys in der Bremsleitung L und der stromabwärtigen Seite des Einlassventils 7.1 bzw. 7.2, also dem Bremsdruck p_Rad der Radbremse 2.1 bzw. 2.2 die Haltekraft des Einlassventils 7.1 bzw. 7.2 übersteigt, wird dieses Einlassventil aufgedrückt und damit kann das Volumen des Pumpenhubes in den Bremssattel der Radbremse 2.1 bzw. 2.2 strömen. Wird anschließend diese Druckdifferenz dp nach dem Pumpenhub wieder kleiner als die Haltekraft des Einlassventils 7.1 bzw. 7.2, schließt dieses Einlassventil und der pumpenseitige Druck, also der Systemdruck p_Sys wird auf einem erhöhten Druckniveau gehalten.
-
Das Einlassventil
7.1 bzw.
7.2 wird mit einem Steuerstrom angesteuert, dessen Wert, im folgenden Haltestromwert genannt so gewählt ist, dass die Druckdifferenz dp während des autonomen Druckaufbaus immer positiv ist, dass also gilt
Damit kommt es an dem Rückschlagventil
7.10 bzw.
7.20 zu keiner Rückströmung, da das Rückschlagventil nicht öffnet.
-
Hierbei wird der Systemdruck p_Sys durch einen kleinen Haltestromwert des Steuerstroms des Einlassventils 7.1 bzw. 7.2 erhöht.
-
Die 2a) zeigt den Verlauf des Systemsdrucks p_Sys und des Bremsdruckes p_Rad während eines autonomen Bremsdruckaufbaus, bei welchem das Einlassventil 7.1 bzw. 7.2 mit einem Haltestromwert des Steuerstroms bestromt wird. Bspw. wird dieses Einlassventil 7.1 bzw. 7.2 mit einem Haltestromwert des Steuerstroms entsprechend einer Druckdifferenz dp von 55 bar bestromt. Sobald dieser Differenzdruck dp mittels der Hydraulikpumpe 3 überschritten wird, öffnet das Einlassventil 7.1 bzw. 7.2, so dass Bremsflüssigkeit in den Bremssattel der Radbremse 2.1 bzw. 2.2 strömen kann. Wenn dieser Differenzdruck dp wieder unterschritten wird, wird das Einlassventil 7.1 bzw. 7.2 geschlossen.
-
Die 2b) zeigt den Verlauf der Druckdifferenz dp, wobei klar ersichtlich ist, dass diese Druckdifferenz dp ständig größer Null ist, also dp > 0 gilt.
-
Der Haltestromwert des Steuerstroms für das Einlassventil 7.1 bzw. 7.2 wird durch Versuch ermittelt und ist in dem Bremssteuergerät abgelegt.
-
Dieses erfindungsgemäße Verfahren zur Vermeidung bzw. Reduzierung eines Rückschlagventilverschleißes ist kostengünstig und schnell umsetzbar, da keine Änderung der Hardware erforderlich ist, sondern lediglich die Ansteuerung der Ansteuerlogik anzupassen ist. Auf hardwaremäßige Dämpfungsmaßnahmen, wie bspw. Dämpferkammern oder Dämpferkammerblenden kann vollständig verzichtet werden.
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- Bremsanlage
- 2.1
- Radbremse des vorderen linken Rades VL
- 2.2
- Radbremse des hinteren rechten Rades HL
- 3
- Hydraulikpumpe
- 4
- Elektromotor
- 5
- Vorratsbehälter für Bremsflüssigkeit
- 6
- Umschaltventil
- 7.1
- Einlassventil
- 7.10
- Rückschlagventil
- 7.2
- Einlassventil
- 7.20
- Rückschlagventil
- 8.1
- Auslassventil
- 8.2
- Auslassventil
- 9
- Bremszylinder
- 10
- vorderes linkes Rad VL
- 11
- hinteres rechtes Rad HL
- 12
- Ventilblock
- 13
- Bremskraftverstärker
- 14
- Niederdruckspeicher
- 15
- Trennventil
- L
- Bremsleitung