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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft eine erste fahrzeugseitige Steuereinheit, ein erstes Kraftfahrzeug, ein Verfahren zum Betreiben einer ersten fahrzeugseitigen Steuereinheit, eine zweite fahrzeugseitige Steuereinheit, ein zweites Kraftfahrzeug und ein Verfahren zum Betreiben einer zweiten fahrzeugseitigen Steuereinheit.
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Offenbarung der Erfindung
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Ein erster Aspekt dieser Beschreibung betrifft eine erste fahrzeugseitige Steuereinheit für ein erstes Kraftfahrzeug einer Gruppe von Kraftfahrzeugen, wobei die erste fahrzeugseitige Steuereinheit mindestens einen Prozessor, mindestens einen Speicher mit Computerprogrammcode, mindestens ein Kommunikationsmodul und mindestens eine Antenne umfasst, wobei der Computerprogrammcode so konfiguriert ist, dass er mit dem mindestens einen Prozessor, dem mindestens einen Kommunikationsmodul und der mindestens einen Antenne bewirkt, dass die erste fahrzeugseitige Steuereinheit einen Bremszeitpunkt für eine zeitsynchronisierte Bremsung wenigstens eines Teils der Kraftfahrzeuge der Gruppe ermittelt, eine Nachricht, welche den Bremszeitpunkt indiziert, in Richtung einer zweiten Steuereinheit eines zweiten Kraftfahrzeugs versendet, den ermittelten Bremszeitpunkt als einen gültigen Bremszeitpunkt auswählt, und eine Bremsung des ersten Kraftfahrzeugs nur dann einleitet, wenn der gültige Bremszeitpunkt erreicht ist.
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Vorteilhaft wird durch die zeitsynchronisierte Bremsung erreicht, dass die gesamte Gruppe von Kraftfahrzeugen oder ein Teil davon in einen sicheren Zustand d. h. stehenden Zustand überführt wird. Bei einer Störung der Kommunikation oder bei einer beabsichtigen Bremsung der Gruppe von Fahrzeugen bleibt der Empfang weiterer Nachrichten aus und die Bremsung wird zu dem aktuell gültigen Bremszeitpunkt eingeleitet, womit die kolonnefahrenden Kraftfahrzeuge automatisch eine Notbremsung durchführen. Es wird also verhindert, dass das Folgefahrzeug auf das erste Kraftfahrzeug auffährt. Zwar verlängert das Abwarten bis zum Eintritt des Bremszeitpunktes den tatsächlichen Bremsweg. Auf der anderen Seite ist es möglich, dass durch die zeitsynchrone Einleitung der Bremsung insbesondere einer Notbremsung die Distanz zwischen den Kraftfahrzeugen während einer Kolonnenfahrt weiter reduziert werden kann. Dies ist möglich, da Reaktionszeit der Steuereinheit bzw. des Fahrers weniger oder überhaupt nicht bei der Ermittlung und Einhaltung der Distanz zum voranfahrenden Fahrzeug eingerechnet werden muss. Vielmehr bewirkt die Reduktion der Distanz einen Gewinn an Windschatten, welcher mit einem reduzierten Kraftstoffverbrauch für die folgenden Kraftfahrzeuge einhergeht. Folglich wird ein vorteilhafter Kompromiss zwischen Bremswegverlängerung und Reduzierung des Abstands zwischen den Kraftfahrzeugen bei gleichzeitig sichergestellter Notbremsmöglichkeit bereitgestellt.
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Eine vorteilhafte Ausführungsform ist dadurch gekennzeichnet, dass die erste fahrzeugseitige Steuereinheit einen weiteren Bremszeitpunkt für die zeitsynchronisierte Bremsung wenigstens eines Teils der Kraftfahrzeuge der Gruppe ermittelt, wobei der weitere Bremszeitpunkt weiter in der Zukunft liegt als der zuvor ermittelte Bremszeitpunkt, eine weitere Nachricht, welche den weiteren Bremszeitpunkt indiziert, in Richtung der zweiten Steuereinheit versendet, und als gültigen Bremszeitpunkt den ermittelten weiteren Bremszeitpunkt auswählt. Vorteilhaft wird der gültige Bremszeitpunkt damit in die Zukunft verschoben und keine Bremsung eingeleitet. Durch eine Wiederholung dieser Schritte wird die Gruppe von Kraftfahrzeugen bzw. Steuereinheiten durch die erste Steuereinheit stets mit neuen Bremszeitpunkten versorgt, um die Bremsung der gesamten Gruppe von Kraftfahrzeugen solange zu verhindern wie Nachrichten mit neuen Bremszeitpunkten vorliegen.
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Eine vorteilhafte Ausführungsform ist dadurch gekennzeichnet, dass die erste fahrzeugseitige Steuereinheit eine Bremsindikation zur Herbeiführung einer Bremsung ermittelt, und in Abhängigkeit von der Ermittlung der Bremsindikation einen Versand von Nachrichten, welche einen weiteren Bremszeitpunkt indizieren, unterlässt. Durch das Unterlassen des Versands weiterer Nachrichten mit einem jeweiligen Bremszeitpunkt wird der gültige Bremszeitpunkt nicht mehr verlängert und die synchrone Bremsung der Gruppe von Kraftfahrzeugen wird bei Erreichen des gültigen Bremszeitpunkts durchgeführt.
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Ein weiterer Aspekt dieser Beschreibung betrifft ein erstes Kraftfahrzeug mit der ersten fahrzeugseitigen Steuereinheit gemäß einem der vorstehenden Aspekte und mit einer ersten Bremsanlage, wobei die erste fahrzeugseitige Steuereinheit die Bremsung des ersten Kraftfahrzeugs mittels der ersten Bremsanlage durchführt.
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Ein weiterer Aspekt dieser Beschreibung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer ersten fahrzeugseitigen Steuereinheit für ein Funkkommunikationsnetzwerk und für ein erstes Kraftfahrzeug einer Gruppe von Kraftfahrzeugen, wobei das Verfahren umfasst: Ermitteln eines Bremszeitpunkts für eine zeitsynchronisierte Bremsung wenigstens eines Teils der Kraftfahrzeuge der Gruppe, Versenden einer Nachricht, welche den Bremszeitpunkt indiziert, in Richtung einer zweiten Steuereinheit, Auswählen des ermittelten Bremszeitpunkts als einen gültigen Bremszeitpunkt, und Einleiten einer Bremsung des ersten Kraftfahrzeugs nur dann, wenn der gültige Bremszeitpunkt erreicht ist.
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Ein weiterer Aspekt dieser Beschreibung betrifft eine zweite fahrzeugseitige Steuereinheit für ein zweites Kraftfahrzeug, wobei die zweite fahrzeugseitige Steuereinheit mindestens einen Prozessor, mindestens einen Speicher mit Computerprogrammcode, mindestens ein Kommunikationsmodul und mindestens eine Antenne umfasst, wobei der Computerprogrammcode so konfiguriert ist, dass er mit dem mindestens einen Prozessor, dem mindestens einen Kommunikationsmodul und der mindestens einen Antenne bewirkt, dass die zweite fahrzeugseitige Steuereinheit eine Nachricht, welche einen Bremszeitpunkt für eine zeitsynchronisierte Bremsung wenigstens eines Teils der Kraftfahrzeuge der Gruppe indiziert, ausgehend von einer ersten fahrzeugseitigen Steuereinheit empfängt, als gültigen Bremszeitpunkt den empfangenen Bremszeitpunkt auswählt, und eine Bremsung des zweiten Kraftfahrzeugs nur dann einleitet, wenn der gültige Bremszeitpunkt erreicht ist.
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Vorteilhaft wird durch die zeitsynchronisierte Bremsung erreicht, dass die gesamte Gruppe von Kraftfahrzeugen oder ein Teil davon in einen sicheren Zustand d. h. stehenden Zustand überführt wird. Bei einer Störung der Kommunikation oder bei einer beabsichtigen Bremsung der Gruppe von Fahrzeugen bleibt der Empfang weiterer Nachrichten aus und die Bremsung wird zu dem aktuell gültigen Bremszeitpunkt eingeleitet, womit die kolonnefahrenden Kraftfahrzeuge automatisch eine Notbremsung durchführen. Es wird also verhindert, dass das Folgefahrzeug auf das erste Kraftfahrzeug auffährt. Zwar verlängert das Abwarten bis zum Eintritt des Bremszeitpunktes den tatsächlichen Bremsweg. Auf der anderen Seite ist es möglich, dass durch die zeitsynchrone Einleitung der Bremsung insbesondere einer Notbremsung die Distanz zwischen den Kraftfahrzeugen während einer Kolonnenfahrt weiter reduziert werden kann. Dies ist möglich, da Reaktionszeit der Steuereinheit bzw. des Fahrers weniger oder überhaupt nicht bei der Ermittlung und Einhaltung der Distanz zum voranfahrenden Fahrzeug eingerechnet werden muss. Vielmehr bewirkt die Reduktion der Distanz einen Gewinn an Windschatten, welcher mit einem reduzierten Kraftstoffverbrauch für die folgenden Kraftfahrzeuge einhergeht. Folglich wird ein vorteilhafter Kompromiss zwischen Bremswegverlängerung und Reduzierung des Abstands zwischen den Kraftfahrzeugen bei gleichzeitig sichergestellter Notbremsmöglichkeit bereitgestellt.
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Eine vorteilhafte Ausführungsform ist dadurch gekennzeichnet, dass die zweite fahrzeugseitige Steuereinheit eine weitere Nachricht, welche einen weiteren Bremszeitpunkt für die zeitsynchronisierte Bremsung wenigstens eines Teils der Kraftfahrzeuge der Gruppe indiziert, von der ersten Steuereinheit empfängt, wobei der weitere Bremszeitpunkt weiter in der Zukunft liegt als der zuvor empfangene Bremszeitpunkt, und als gültigen Bremszeitpunkt den empfangenen weiteren Bremszeitpunkt auswählt. Vorteilhaft wird der gültige Bremszeitpunkt damit in die Zukunft verschoben und keine Bremsung eingeleitet. Durch eine Wiederholung dieser Schritte wird die Gruppe von Kraftfahrzeugen bzw. Steuereinheiten durch die erste Steuereinheit stets mit neuen Bremszeitpunkten versorgt, um die Bremsung der gesamten Gruppe solange zu verhindern wie Nachrichten mit neuen Bremszeitpunkten vorliegen.
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Eine vorteilhafte Ausführungsform ist dadurch gekennzeichnet, dass die zweite fahrzeugseitige Steuereinheit eine andere Nachricht, welche den empfangenen Bremszeitpunkt indiziert, in Richtung einer dritten fahrzeugseitigen Steuereinheit versendet. Vorteilhaft wird durch das Versenden der anderen Nachricht umfassend den Bremszeitpunkt ein Hop-by-Hop-Verfahren umgesetzt, bei dem jede Steuereinheit ihre Position im Platoon / der Kolonne kennt und ausgehend von dem vorausfahrenden ersten Kraftfahrzeug jeden von dem unmittelbar vorfolgenden Kraftfahrzeug empfangenen Bremszeitpunkt an das unmittelbar nachfolgende Kraftfahrzeug versendet. Auch jedes nachfolgende Kraftfahrzeug bzw. dessen Steuergerät kann es unterlassen, die empfangenen Bremszeitpunkte weiterzuleiten, um damit eine Bremsung der hinterherfahrenden Kraftfahrzeuge zu erreichen.
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Ein weiterer Aspekt dieser Beschreibung betrifft ein zweites Kraftfahrzeug mit der zweiten fahrzeugseitigen Steuereinheit gemäß einem der vorangehenden Aspekte und mit einer zweiten Bremsanlage, wobei die zweite fahrzeugseitige Steuereinheit die Bremsung des zweiten Kraftfahrzeugs mittels der zweiten Bremsanlage durchführt.
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Ein weiterer Aspekt dieser Beschreibung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer zweiten fahrzeugseitigen Steuereinheit für ein Funkkommunikationsnetzwerk und für ein zweites Kraftfahrzeug einer Gruppe von Kraftfahrzeugen, wobei das Verfahren umfasst: Empfangen einer Nachricht, welche einen Bremszeitpunkt für eine zeitsynchronisierte Bremsung wenigstens eines Teils der Kraftfahrzeuge der Gruppe indiziert, ausgehend von einer ersten fahrzeugseitigen Steuereinheit, Auswählen des empfangenen Bremszeitpunktes als gültigen Bremszeitpunkt, und Einleiten einer Bremsung des zweiten Kraftfahrzeugs nur dann, wenn der gültige Bremszeitpunkt erreicht ist.
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Weitere Merkmale und Vorteile sind der nachfolgenden Beschreibung und den Figuren der Zeichnung entnehmbar. In Zeichnung zeigen:
- 1 eine Verkehrssituation in schematischer perspektivischer Ansicht; und
- 2 bis 4 jeweils ein schematisches Sequenzdiagramm zum Betreiben eines Funkkommunikationsnetzwerks.
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1 zeigt eine schematische perspektivische Ansicht einer beispielhaften Verkehrssituation. Jedes Kraftfahrzeug V1, V2, V3 umfasst eine fahrzeugseitige Steuereinheit NN1, NN2, NN3, welche gemeinsam ein Funkkommunikationsnetzwerk 2 bilden. Das jeweilige Kraftfahrzeug V1, V2, V3 ist insbesondere ein Lastkraftwagen bzw. ein Lastzug bzw. Sattelzug.
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Jede der Steuereinheiten NN1, NN2, NN3 umfasst einen Datenbus B1, B2, B3, welcher wenigstens einen Prozessor P1, P2, P3, einen Speicher M1, M2, M3 und ein Funkmodul C1, C2, C3 miteinander verbindet. An das Funkmodul C1, C2, C3 ist wenigstens eine Antenne A1, A2, A3 angeschlossen. Das jeweilige Funkmodul C1, C2, C3 ist zum Senden und Empfangen von Funksignalen gemäß dem Adhoc-Funkkommunikationsnetz 2 über die Antenne A1, A2, A3 konfiguriert. Auf dem Speicher M1, M2, M3 ist ein Computerprogramm im Sinne eines Computerprogrammprodukts abgelegt. Das Computerprogramm ist dazu ausgebildet, um insbesondere mit Hilfe des wenigstens einen Prozessors P1, P2, P3, des wenigstens einen Speichers M1, M2, M3 und des wenigstens einen Funkmoduls C1, C2, C3, die in dieser Beschreibung dargelegten Verfahrensschritte auszuführen und über die wenigstens eine Antenne A1, A2, A3 mit weiteren Steuereinheiten zu kommunizieren. Alternativ oder zusätzlich sind die Prozessoren P1, P2, P3 als ASIC implementiert, um die beschriebenen Verfahrensschritte auszuführen. Die jeweilige Steuereinheit NN1, NN2, NN3 umfasst ein Zeitmodul G1, G2, G3, mittels dessen die jeweilige Steuereinheit NN1, NN2, NN3 seine interne Uhr zu einer globalen Zeit synchronisiert. Das Zeitmodul G1, G2, G3 ist beispielsweise ein GPS-Modul (GPS: Global Positioning System). Diese zur globalen Zeit synchronisierte interne Uhr wird zur Koordination der Aktionen der fahrzeugseitigen Steuereinheiten NN1 bis NN3 genutzt. Das jeweilige Kraftfahrzeug V1, V2, V3 umfasst eine Bremsanlage BR1, BR2, BR3. Die jeweilige Steuereinheit NN1, NN2, NN3 leitet eine Bremsung insbesondere eine Notbremsung mittels eines Signals S1, S2, S3, ein, wobei das Signal S1, S2, S3 an die jeweilige Bremsanlage BR1, BR2, BR3 übermittelt wird.
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Die jeweilige Steuereinheit NN1, NN2, NN3 besteht in einem Ausführungsbeispiel aus mehreren Einzelkomponenten - wie beispielsweise ein Funkkommunikationsnetzwerk-Endgerät und ein Steuergerät, die wiederum wenigstens einen Prozessor, einen Speicher, einen Datenbus und wenigstens eine Kommunikationsschnittstelle umfassen. Das Endgerät empfängt und sendet beispielsweise Kontrollnachrichten, wobei die in den Kontrollnachrichten enthaltenen Informationen von dem wenigstens einen Steuergerät verarbeitet werden, wobei das wenigstens eine Steuergerät das Signal S1 ermittelt.
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Das Funkkommunikationsnetzwerk 2 stellt beispielsweise zumindest einen Adhoc-Funkkanal im Sinne von Radio-Ressourcen bzw. Funkbetriebsmitteln bereit. Jede der Steuereinheiten NN1, NN2, NN3 ist beispielsweise gemäß dem Standard IEEE 802.11p, insbesondere IEEE 802.11p-2010 vom 15. Juli 2010, konfiguriert, der durch Bezugnahme in diese Beschreibung aufgenommen ist. Die IEEE 802.11p PHY- und MAC-Funktionen stellen Dienste für Protokolle der oberen Schicht für dedizierte Kurzstrecken-Kommunikation, DSRC, in den USA und für kooperative ITS, C-ITS, in Europa bereit. Die Steuereinheiten NN1, NN2, NN3 kommunizieren über den Adhoc-Funkkanal im nicht lizenzierten Frequenzbereich direkt miteinander. Auf den Adhoc-Funkkanal wird mittels eines CSMA / CA-Protokolls (Carrier Sense Multiple Access / Collision Avoidance) durch die Funkmodule C1, C2, C3 zugegriffen. Der Adhoc-Funkkanal und das Funkkommunikationsnetz 2 sind beispielsweise durch den IEEE-Standard „802.11p-2010 - IEEE Standard for Information Technology - Local and Metropolitan Area Networks-“ Specific Part 11: Wireless LAN Medium Access Control (MAC) and Physical Layer (PHY) Specifications Amendment 6: Wireless Access in Vehicular Environments“ spezifiziert, der durch Bezugnahme aufgenommen ist. IEEE 802.11p ist ein Standard zur Erweiterung des WLAN-Standards IEEE 802.11. Das Ziel von IEEE 802.11p ist es, Funktechnologie in Personenkraftwagen zu etablieren und eine zuverlässige Schnittstelle für Intelligent Transport Systems (ITS)-Anwendungen bereitzustellen. IEEE 802.11p ist auch die Basis für Dedicated Short Range Communication (DSRC) im Bereich von 5,85 bis 5,925 GHz. Alternativ bilden die fahrzeugseitigen Steuereinheiten NN1, NN2, NN3 ein Kommunikationsnetzwerk nach dem LTE-V-Standard oder einem anderen Standard. Um auf den Adhoc-Funkkanal zuzugreifen, wenden die Steuereinheiten NN1, NN2 und NN3 beispielsweise ein Listen-Before-Talk-Verfahren an. Das LBT umfasst eine Backoff-Prozedur, welche vor dem Senden auf dem Adhoc-Funkkanal dessen Belegung prüft.
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Das Dokument „ETSI EN 302 663 V1.2.0 (2012-11)“, das hierin durch Bezugnahme aufgenommen ist, beschreibt die beiden untersten Schichten der ITS-G5-Technologie (ITS G5: Intelligente Transportsysteme, die im 5 GHz-Frequenzband arbeiten), die physikalische Schicht und die Datensicherungsschicht. Die Funkmodule C1, C2, C3 realisieren beispielsweise diese beiden untersten Schichten und entsprechende Funktionen gemäß „ETSI TS 102 687 V1.1.1 (2011-07)“, um den Adhoc-Funkkanal zu verwenden. Für die Nutzung des Adhoc-Funkkanals, der Teil des nicht lizenzierten Frequenzbandes NLFB ist, stehen in Europa folgende nicht lizenzierte Frequenzbänder zur Verfügung: 1) ITS-G5A für sicherheitsrelevante Anwendungen im Frequenzbereich 5,875 GHz bis 5,905 GHz; 2) ITS-G5B für nicht sicherheitsrelevante Anwendungen im Frequenzbereich 5.855 GHz bis 5.875 GHz; und 3) ITS-G5D für den Betrieb von ITS-Anwendungen im Frequenzbereich 5,055 GHz bis 5,925 GHz. ITS-G5 ermöglicht die Kommunikation zwischen den Steuereinheiten NN1, NN2, NN3 außerhalb des Kontexts einer Basisstation. Der Standard ITS-G5 ermöglicht den sofortigen Austausch von Datenrahmen und vermeidet den Aufwand, der beim Aufbau eines zellbasierten Netzwerkes benötigt wird.
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Das Dokument „ETSI TS 102 687 V1.1.1 (2011-07)“, das hier durch Bezugnahme aufgenommen wird, beschreibt für ITS-G5 einen „Decentralized Congestion Control Mechanism“. Der Adhoc-Funkkanal dient unter anderem dazu, Verkehrssicherheits- und Verkehrseffizienzdaten auszutauschen. Die Funkmodule C1, C2, C3 realisieren beispielsweise die Funktionen, wie sie im Dokument „ETSI TS 102 687 V1.1.1 (2011-07)“ beschrieben sind. Die Anwendungen und Dienste von ITS-G5 basieren auf dem kooperativen Verhalten der Steuereinheiten NN1, NN2, NN3, die das Funkkommunikationsnetzwerk 2 bilden. Das Funkkommunikationsnetzwerk 2 ermöglicht zeitkritische Anwendungen im Straßenverkehr, die einen schnellen Informationsaustausch erfordern, um den Fahrer und / oder das Fahrzeug rechtzeitig zu alarmieren und zu unterstützen. Um das reibungslose Funktionieren des Funkkommunikationsnetzwerks 2 zu gewährleisten, wird für den Adhoc-Funkkanal von ITS-G5 „Decentral Congestion Control“ (DCC) verwendet. DCC verfügt über Funktionen, die sich auf mehreren Schichten der ITS-Architektur befinden. Die DCC-Mechanismen basieren auf Wissen über den Funkkanal. Die Kanalzustandsinformation wird durch Kanalsondierung erhalten.
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In der gezeigten Verkehrssituation fährt das Fahrzeug V1 vor dem Fahrzeug V2 und das Fahrzeug V2 fährt vor dem Fahrzeug V3. Die Fahrzeuge V1 bis V3 bilden eine Kolonne, einen sogenannten Platoon. Die Kraftfahrzeuge V2 und V3 passen ihren jeweiligen Abstand zum vorausfahrenden Kraftfahrzeug V1 und V2 selbstständig an, um eine Notbremsung durchführen zu können, ohne dass auf das voranfahrende Kraftfahrzeug aufgefahren wird.
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Im gezeigten Beispiel wird eine jeweilige signierte Kontrollnachricht N1, N2, N3 von der Steuereinheit NN1, NN2, NN3 an die Steuereinheit NN2, NN3 des unmittelbar nachfolgenden Kraftfahrzeugs versendet, wobei die Steuereinheit NN2, NN3 die Herkunft der Kontrollnachricht anhand einer enthaltenen Signatur überprüft. In einer Weiterbildung ist eine Verschlüsselung der Kontrollnachricht N1, N2, N3 vorgesehen beispielsweise mit einem Gruppenschlüssel, sodass die Kraftfahrzeuge der Gruppe Zugriff auf die Kontrollnachricht N1, N2, N3 haben.
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2 zeigt ein schematisches Sequenzdiagramm zum Betreiben des Funkkommunikationsnetzwerks 2. Die erste fahrzeugseitige Steuereinheit NN1 ermittelt in einem Schritt 202 einen Bremszeitpunkt t1, welcher in einem Schritt 204 an die Steuereinheit NN2 übermittelt wird. In einem Schritt 206 wählt die Steuereinheit NN1 den ermittelten Bremszeitpunkt t1 als gültigen Bremszeitpunkt aus.
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In einem Schritt 208 wählt die Steuereinheit NN2 den empfangenen Bremszeitpunkt t1 als gültigen Bremszeitpunkt aus. In einem Schritt 210 wird der empfangene Bremszeitpunkt t1 an die Steuereinheit NN3 übermittelt. Die Steuereinheit NN3 wählt in einem Schritt 212 den empfangenen Bremszeitpunkt t1 als gültigen Bremszeitpunkt aus.
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Vor Eintritt des gültigen Bremszeitpunktes t1 wird durch keine der Steuereinheiten NN1-NN3 eine Bremsung im Sinne einer Notbremsung durchgeführt. Ein zuvor ermittelter bzw. empfangener Bremszeitpunkt t0 verliert somit seine Gültigkeit für die Einleitung einer Bremsung im Sinne einer Notbremsung bei Eintritt des Bremszeitpunktes t0.
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Um weiterhin keine Notbremsung einzuleiten ist es erforderlich, den gültigen Bremszeitpunkt t1 durch einen weiteren Bremszeitpunkt t2, der weiter in der Zukunft liegt als der Bremszeitpunkt t1, zu ersetzen. Folglich muss noch vor einem Eintritt des Bremszeitpunktes t1 dieser weitere Bremszeitpunkt t2 im Funkkommunikationsnetzwerk 2 an die Steuereinheiten NN1 bis NN3 verteilt werden. Hierzu ermittelt die Steuereinheit NN1, welches den Platoon anführt, in einem Schritt 232 den weiteren Bremszeitpunkt t3 und übermittelt diesen in einem Schritt 234 an die Steuereinheit NN2. In einem Schritt 236 wählt die erste Steuereinheit NN1 den ermittelten Bremszeitpunkt t2 als gültigen Bremszeitpunkt aus, womit der Bremszeitpunk t1 durch den Bremszeitpunkt t2 als gültigen Bremszeitpunkt ersetzt wird. In einem Schritt 238 wählt die zweite Steuereinheit NN2 den empfangenen weiteren Bremszeitpunkt t2 als gültigen Bremszeitpunkt aus. In einem Schritt 240 übermittelt die zweite Steuereinheit NN2 den empfangenen weiteren Bremszeitpunkt t2 an die dritte Steuereinheit NN3, welches in einem Schritt 242 den empfangenen Bremszeitpunkt t2 als gültigen Bremszeitpunkt auswählt.
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Die Schritte 252-262 ergeben sich analog zu den Schritten 232-242 für einen weiteren Bremszeitpunkt t3.
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Die Kraftfahrzeuge NN2, NN3 aktualisieren ihren jeweils gültigen Bremszeitpunkt nur in Abhängigkeit von Nachrichten, welche vom unmittelbar voranfahrenden Kraftfahrzeug NN1, NN2 stammen. Damit wird sichergestellt, dass bei einem Kommunikationsverlust bzw. einer Störung der Kommunikation sämtliche Fahrzeuge hinter dem Kraftfahrzeug NN2, NN3 zu dem jeweils gültigen Bremszeitpunkt synchronisiert zum Stillstand gebracht werden können.
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In einem weiteren Beispiel wird der ermittelte Bremszeitpunkt von der ersten Steuereinheit NN1 in sich wiederholenden Nachrichten an die zweite Steuereinheit NN2 versendet, welches wiederum den ermittelten Bremszeitpunkt in sich wiederholenden Nachrichten an die dritte Steuereinheit NN 3 übermittelt. Hierdurch können Paketverluste kompensiert werden und unnötige Notbremsungen werden verhindert.
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Die bei diesem Verfahren mögliche reduzierte Distanz zwischen den Kraftfahrzeugen im Platoon muss bei einem Übergang zu einem anderen Verfahren zur Einleitung einer Notbremsung vergrößert werden, bevor dieses andere Verfahren zur Anwendung kommt. Des Weiteren sind Mechanismen vorgesehen, um sicherzustellen, dass Platoon-weit dasselbe Notbremsverfahren verwendet wird.
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Die Bremszeitpunkte t1, t2, t3 werden beispielsweise im Nachrichteninhalt explizit - beispielsweise in Form eines Zeitstempels - mitgeteilt. In einem anderen Beispiel umfasst die jeweilige Nachricht eine Kennung, welche den jeweiligen Bremszeitpunkt t1, t2, t3 eindeutig referenziert.
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3 zeigt ein schematisches Sequenzdiagramm zum Betreiben des Funkkommunikationsnetzwerks 2. Im Unterschied zu 2 ermittelt die erste Steuereinheit NN1 in einem Schritt 302 eine Bremsindikation zur Herbeiführung einer Notbremsung. Diese Bremsindikation wird beispielsweise in Abhängigkeit von einem Erkennen eines Hindernisses auf der Fahrbahn vor dem ersten Kraftfahrzeug V1 ermittelt. Die erste Steuereinheit NN1 verhindert einen Versand weiterer Bremszeitpunkte in Abhängigkeit von der Bremsindikation. In einem Beispiel wird umgehend ein Versand weiterer Nachrichten unterbunden. In einem anderen Beispiel werden weiterhin Nachricht übermittelt, aber nicht mit neuen Bremszeitpunkten, sondern dem Hinweis, dass eine Notbremsung unmittelbar bevorsteht. Dann könnte sich das nachfolgende Kraftfahrzeug auf die Bremsung zum gültigen Bremszeitpunkt vorbereiten und z. B. den Gurtstraffer für den LKW-Fahrer fester in den Sitz ziehen, um das Verletzungsrisiko bei der Notbremsung zu reduzieren.
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Der zuletzt im Platoon verteilte Bremszeitpunkt t2 wird damit beim Eintreten des Bremszeitpunktes t2 wirksam und eine jeweilige der Netzwerkeinheiten NN1, NN2, NN3 leitet in einem jeweiligen Schritt 304, 306, 308 eine Bremsung des jeweiligen Kraftfahrzeugs V1, V2, V3 ein. Es erfolgt also eine synchrone Bremsung aller am Platoon beteiligten Kraftfahrzeuge V1, V2, V3 zu dem Zeitpunkt t2. Um dies zu ermöglichen, muss die erste Steuereinheit NN1 eine Zeitdauer T2 zwischen dem Erkennen einer notwendigen Notbremsung im Schritt 302 und dem tatsächlichen Einleiten der Notbremsung im Schritt 304 abwarten.
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4 zeigt ein schematisches Sequenzdiagramm zum Betreiben des Funkkommunikationsnetzwerks 2. Im Unterschied zu 2 wird die Kommunikation bei der Übertragung des weiteren Bremszeitpunkts t2 im Schritt 234 gestört, womit die Steuereinheiten NN2 und NN3 den weiteren Bremszeitpunkt t2 nicht erhalten. Folglich leitet die jeweilige Steuereinheit NN2, NN3 in einem Schritt 402, 404 eine Bremsung insbesondere eine Notbremsung ein. Das erste Kraftfahrzeug V1 hingegen fährt weiter, womit es zu einer Auftrennung des Platoons bestehend aus den Kraftfahrzeugen V1 bis V3 kommt.