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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Überwachen eines Bordnetzes eines Kraftfahrzeugs, insbesondere eines Kraftfahrzeugs mit automatisierter Fahrfunktion, und eine Anordnung zum Durchführen des Verfahrens.
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Stand der Technik
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Unter einem Bordnetz ist im automotiven Einsatz die Gesamtheit aller elektrischen Komponenten in einem Kraftfahrzeug zu verstehen. Somit sind davon sowohl elektrische Verbraucher als auch Versorgungsquellen, wie bspw. Batterien, umfasst. Man unterscheidet dabei zwischen dem Energiebordnetz und dem Kommunikationsbordnetz, wobei hierin vor allen Dingen auf das Energiebordnetz eingegangen wird, das dafür zuständig ist, die Komponenten des Kraftfahrzeugs mit Energie zu versorgen. Zur Steuerung des Bordnetzes ist üblicherweise ein Mikrocontroller vorgesehen, der neben Steuerungsfunktionen auch Überwachungsfunktionen ausführt.
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In einem Kraftfahrzeug ist darauf zu achten, dass elektrische Energie so verfügbar ist, dass das Kraftfahrzeug jederzeit gestartet werden kann und während des Betriebs eine ausreichende Stromversorgung gegeben ist. Aber auch im abgestellten Zustand sollen elektrische Verbraucher noch für einen angemessenen Zeitraum betreibbar sein, ohne dass ein nachfolgender Start beeinträchtigt wird.
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Aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung von Aggregaten sowie der Einführung von neuen Fahrzeugfunktionen, wie bspw. einem automatischen, hochautomatischen oder autonomen Fahren, steigt die Anforderung an die Zuverlässigkeit der elektrischen Energieversorgung im Kraftfahrzeug. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Anzahl an leistungselektrischen Systemen stetig anwächst. Wenn eines dieser Systeme ausfällt, kann es dazu kommen, dass die Bordnetzspannung außerhalb des normalen Betriebsbereichs gerät, was zu einer Beeinträchtigung des Komforts und der Sicherheit der Fahrzeuginsassen führen kann.
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Ein Energiebordnetz, das hierin auch als Fahrzeugbordnetz bezeichnet wird, hat somit die Aufgabe, die elektrischen Verbraucher mit Energie zu versorgen. Fällt die Energieversorgung aufgrund eines Fehlers, bspw. aufgrund von Alterung, im Bordnetz bzw. in einer Bordnetzkomponente in heutigen Fahrzeugen aus, so entfallen wichtige Funktionen, wie bspw. die Servolenkung. Da die Lenkfähigkeit des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt, sondern nur schwergängig wird, ist der Ausfall des Bordnetzes in heutigen in Serie befindlichen Fahrzeugen allgemein akzeptiert, da der Fahrer als Rückfallebene zur Verfügung steht.
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Zur Erhöhung der Verfügbarkeit und Sicherheit wurden zweikanalige Bordnetz-Strukturen vorgeschlagen, wie diese bspw. in der der Druckschrift
WO 2015/135729 A1 beschrieben sind. Diese Druckschrift beschreibt eine Anordnung zum Versorgen eines Kraftfahrzeugs mit elektrischer Energie, wobei das Kraftahrzeug ein Energiebordnetz mit zwei Teilbordnetzen umfasst, wobei die Teilbordnetze über ein Kopplungselement miteinander verbunden sind, wobei die Anordnung eine Reservebatterie umfasst, die mindestens einem der Teilbordnetze zugeordnet ist.
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Derartige Bordnetze werden auch benötigt, um Systeme für den hoch- oder vollautomatischen Fahrbetrieb fehlertolerant zu versorgen. Um den Ausfall von Komponenten prognostizieren zu können, wurden zuverlässigkeitstechnische Ansätze zur Überwachung von Fahrzeugkomponenten erarbeitet. Dazu werden die Bordnetz-Komponenten während des Betriebs überwacht und deren Schädigung ermittelt. Ein solches Verfahren ist bspw. in der Druckschrift
DE 10 2013 203 661 A1 beschrieben.
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Diese Druckschrift beschreibt ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs mit einem elektrischen Bordnetz, das wenigstens einen Halbleiterschalter aufweist, der mit Belastungsereignissen belastet wird. Es werden eine Istbelastung des Halbleiterschalters auf Grundlage einer Feststellung zurückliegender Belastungsereignisse und ein Nennbelastungsanteil ermittelt, wobei die Istbelastung und der Nennbelastungsanteil miteinander verglichen werden.
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Es werden weiterhin Verfahren beschrieben, die dazu dienen, eine Klemmspannung einer Batterie bzw. eine Spannung an einem Verbraucher bei eintretendem Fehlerfall für Safe-Stop-Szenarien zu prognostizieren. Hierdurch wird die Sicherheit des Fahrzeuges erhöht, wozu verschiedene automatisierte Fahrfunktionengesperrt oder freigegeben werden. Diese sogenannten Funktionszustände bzw. SOFs (SOF: State of Function) für automatisierte Fahrfunktionen dienen als Eingang für die Betriebsstrategie des Fahrzeugs.
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Die Druckschrift
DE 199 59 019 A1 beschreibt ein Verfahren zur Erkennung eines Zustands eines Energiespeichers, dessen Istgrößen einer Schätzroutine zuführbar sind.
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Durch die vorstehend beschriebenen Maßnahmen wird die Sicherheit von automatisierten Fahrzeugen erhöht. Sobald die SOFs prädizieren, dass unter den aktuellen Bedingungen und beim Auftreten eines Fehlers im Bordnetz kein sicheres Anhalten bzw. kein sicheres Safe-Stop-Manöver mehr möglich ist, wird das Fahrzeug in einen sicheren Zustand gebracht. Dies kann bei teilautomatisierten Fahrzeugen bspw. die Übergabe an den Fahrer sein oder bei einer Vollautomatisierung das sichere Anhalten des Fahrzeugs am Fahrbahnrand.
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Ein Anliegen des vorgestellten Verfahrens liegt darin, dieser Verminderung der Funktionsverfügbarkeit von automatisierten Fahrzeugen entgegenzuwirken, wozu entsprechende Maßnahmen zu treffen sind, um bspw. das Fahrzeug autonom bis zur nächsten Werkstatt weiter betreiben zu können.
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Offenbarung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund werden ein Verfahren zum Überwachen eines Kraftfahrzeugs gemäß Anspruch 1 und eine Anordnung zum Durchführen des Verfahrens mit den Merkmalen des Anspruchs 12 vorgestellt. Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und der Beschreibung.
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Das vorgestellte Verfahren dient zum sicheren Betrieb von Fahrzeugen durch in Ausgestaltung die Vorhersage bzw. Prädiktion des zu erwartenden Spannungseinbruchs an den sicherheitsrelevanten Verbrauchern und den Abgleich mit den minimalen Spannungsanforderungen der sicherheitsrelevanten Verbrauchern.
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Das vorgestellte Verfahren kann zur Bewertung und Steuerung von Bordnetzmaßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit und Verfügbarkeit von insbesondere autonomen Fahrfunktionen eingesetzt werden. Diese Maßnahmen können umfassen:
- - Vorspannung des Bordnetzes durch eine Energiequelle,
- - Abschalten von Basislasten,
- - Degradierung von Verbrauchern,
- - Absenkung der Auslöseschwellen elektronischer Sicherungsmaßnahmen zur Reduktion der maximal vorzuhaltenden Belastungsreserve und/oder
- - eine Kombination der vorstehend genannten Maßnahmen.
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Das beschriebene Verfahren erhöht die Funktionsverfügbarkeit durch die Kombination der SOF für die Safe-Stop-Funktion mit geeigneten Maßnahmen im Bordnetz. Dies führt zu einer Verminderung von Liegenbleibern von insbesondere automatisierten Fahrzeugen.
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Das vorgestellte Verfahren zeichnet sich insbesondere durch die Kombination der Maßnahmen und deren Auswirkung auf die Freigabe der Funktion aus. Dem liegt zugrunde, dass, wenn bspw. alle SOFs für die Safe-Stop-Funktion nicht mehr verfügbar sind, das vorgestellte Verfahren überprüfen kann, ob und mit welcher Maßnahme das Fahrzeug dennoch weiter betrieben werden kann. Dies kann bspw. dazu eingesetzt werden, um ein autonom fahrendes Fahrzeug wenigstens noch bis zur nächsten Werkstatt zu bringen. Die Bewertung der Auswirkung und der Maßnahme sind wichtige Merkmale des beschriebenen Verfahrens. Hieraus ergibt sich u. a. eine erhöhte Funktionsverfügbarkeit.
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Die beschriebene Anordnung dient zum Durchführen des Verfahrens und ist bspw. in Hardware und/oder Software implementiert. Die Anordnung kann in einem Steuergerät eines Kraftfahrzeugs vorliegen oder als solches ausgebildet sein. Die Software kann in einem Computerprogramm, das ebenfalls Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist, vorliegen. Das Computerprogramm wiederum kann auf einem maschinenlesbaren Speichermedium abgelegt sein.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und den beiliegenden Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Figurenliste
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- 1 zeigt eine SOF für ein automatisiertes Fahren.
- 2 zeigt eine Erweiterung der Funktion SOF um Bordnetzmaßnahmen.
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Ausführungen der Erfindung
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsformen in den Zeichnungen schematisch dargestellt und wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnungen ausführlich beschrieben.
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1 zeigt in einem Blockschaltbild 10 einen Widerstand Ri 12, eine Kapazität C0 14, eine Kapazität Ck 16, einen Widerstand Rk 18, eine Kapazität CDp 20, einen Widerstand RDp 22 und einen Widerstand RDn 24. Weiterhin angezeigt sind der Batteriestrom Ibat 26 und die Batteriespannung Ubat 28.
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Das Blockschaltbild 10 beschreibt ein elektrisches Ersatzschaltbild. Mit diesem Ersatzschaltbild wird simuliert, welcher Spannungseinbruch für ein vorgegebenes Lastprofil unter den gegebenen Rahmenbedingungen, wie bspw. Ladezustand der Batterie, Temperatur der Batterie, Alterungszustand der Batterie usw., zu erwarten ist. Dieses Verhalten ist in einem ersten Graphen 30 dargestellt.
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Die Darstellung zeigt den ersten Graphen 30, an dessen Abszisse 32 die Zeit und an dessen Ordinate 34 die Spannung u(t) aufgetragen ist, sowie einen zweiten Graphen 40, an dessen Abszisse 42 die Zeit und an dessen Ordinate 44 der Strom i(t) aufgetragen ist. Gezeigt sind ein Verlauf 36 der Spannung u(t) und ein Verlauf 46 des Stroms i(t) jeweils für die Vergangenheit 50 und die Zukunft 52.
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1 stellt die prinzipielle Funktionsweise der SOFs für automatisierte Fahrfunktionen dar. Hierbei wird simulativ überprüft, welches Safe-Stop-Szenario unter dem aktuellen Batterie- und Bordnetzzustand, bspw. einem erhöhten Kabelbaumwiderstand, verfügbar ist. Hierbei werden die Stromprofile der unterschiedlichen Safe-Stop-Szenarien, wie bspw. Same Lane Stop (SLS) 60, Emergency Lane Stop (ELS) 62, Emergency Stop (ES) 64, verwendet, um die Klemmenspannung an den sicherheitsrelevanten Verbrauchern zu prognostizieren. Durch einen Vergleich mit den zulässigen Spannungslevels der sicherheitsrelevanten Verbraucher kann eine Aussage getroffen werden, welches Manöver verfügbar ist.
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Das hierin beschriebene Verfahren erweitert diese um entsprechende Maßnahmen im Bordnetz und die Analyse der direkten Auswirkung dieser Maßnahmen auf die Verfügbarkeit der Safe-Stop-Szenarien. Diese Maßnahmen können beispielsweise umfassen:
- - Eine Vorspannung des Bordnetzes durch eine Energiequelle, z. B. Generator oder Gleichspannungswandler: Hierbei wird der Ausgang des Gleichspannungswandlers auf ein höheres Spannungsniveau gesetzt, so dass bei einem auftretenden Fehler und der Durchführung des Safe-Stop-Manövers der zu erwartende Spannungseinbruch geringer ausfällt.
- - Ein Abschalten von Basislastverbrauchern: Hierbei werden nicht sicherheitsrelevante Verbraucher abgeschaltet, um die Basislast während des Safe-Stop-Manövers zu verringern. Hierdurch wird sich der zu erwartende Spannungseinbruch ebenfalls verringern.
- - Eine Degradierung von Verbrauchern: Hierbei wird die benötigte Leistung von Verbrauchern während des Safe-Stop-Manövers reduziert. Dies führt zu einer Verringerung des benötigten Stroms und somit wiederum zu einer Verringerung des Spannungseinbruchs.
- - Eine Absenkung der Auslöseschwellen elektronischer Sicherungsmaßnahmen zur Reduktion der maximal vorzuhaltenden Belastungsreserve im Energiebordnetz. Dies verringert den zu erwartenden Spannungseinbruch.
- - Eine Kombination der vorstehend genannten Maßnahmen: Durch eine Kombination der vorstehend genannten Maßnahmen ergibt sich eine weitere Verringerung des zu erwartenden Spannungseinbruchs während der Safe-Stop-Manöver
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2 zeigt die Erweiterung der SOF-Funktion für automatisiertes Fahren um die entsprechenden Bordnetzmaßnahmen.
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Die Darstellung zeigt das Blockschaltbild 10 aus 1 und den ersten Graphen 30 und den zweiten Graphen 40 entsprechend 1.
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Hierbei wird für jedes relevante Safe-Stop-Manöver neben dem „normalen“ SOF für dieses Manöver zusätzlich ein SOF für jede der Maßnahmen ausgegeben.
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Hierdurch kann direkt bewertet werden, wie tief der zu erwartende SOF bei welcher der getroffenen Maßnahmen ausfällt. Auch hierbei wird wieder der jeweilige zu erwartende Spannungseinbruch mit den minimalen Spannungsanforderungen der sicherheitsrelevanten Verbraucher verglichen und somit eine Aussage getroffen, welches der Safe-Stop-Manöver mit welcher entsprechenden Bordnetzmaßnahem möglich ist. Ausgewählt wird dann die Maßnahme, die erstens die minimalen Spannungsanforderungen nicht verletzt und zweitens den geringsten Einfluss auf das Betriebsverhalten des Kraftfahrzeugs hat. Hierdurch wird neben einer weiteren Erhöhung der Sicherheit auch die Verfügbarkeit von autonom fahrenden Fahrzeugen erhöht.
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Die Darstellung zeigt SOF_ELS 70, SOF_ELS M1 72, SOF_ELS M2 74, SOF_ELS M3 76 und SOF_ELS M4 78 sowie SOF_ES 80, SOF_ES M1 82, SOF_ES M2 84, SOF_ES M3 86 und SOF_ES M4 88.
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M1 bis M4 steht für Maßnahme 1 bis Maßnahme 4.
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Das beschriebene Verfahren ist nicht auf autonome Fahrzeuge beschränkt, sondern ist auch bei manuellen Fahrfunktionen, wie bspw. bei Spannungsanforderungen von sicherheitsrelevanten Verbrauchern, anwendbar.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2015/135729 A1 [0006]
- DE 102013203661 A1 [0007]
- DE 19959019 A1 [0010]