-
Die Erfindung betrifft ein Antriebssystem zum elektromechanischen Antreiben eines mehrspurigen Fahrzeugs sowie ein entsprechendes mehrspuriges Fahrzeug.
-
Seit Anfang der 2000er Jahre hat Elektromobilität deutlich an Bedeutung gewonnen. Insbesondere in dicht besiedelten Gegenden bestehen zunehmende Bestrebungen, schadstoffausstoßende Fahrzeuge durch Elektrofahrzeuge zu ersetzen. Dies betrifft den Bereich der Personenkraftfahrzeuge ebenso wie Busse, Lastkraftwagen oder landwirtschaftliche Fahrzeuge. Derartige Elektrofahrzeuge weisen einen Speicher auf, der elektrische Energie bereitstellt. Bei rein elektrischen Fahrzeugen ist dieser Speicher üblicherweise ein Batteriesystem. Andere Systeme nutzen aber auch die Energie aus Brennstoffzellen oder Verbrennungsmotoren mit gekoppeltem Generator oder nutzen ergänzend Solarzellen. Auch Kombinationen verschiedener Technologien werden eingesetzt. Die entnommene elektrische Energie versorgt Elektromotoren, die wiederum Antriebsräder antreiben.
-
Einige Elektrofahrzeuge sind ähnlich aufgebaut wie Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, indem ein zentraler Elektromotor den Verbrennungsmotor ersetzt und der mechanische Antriebsstrang ansonsten im Wesentlichen identisch zu einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor aufgebaut ist.
-
In der jüngeren Vergangenheit kommen jedoch verstärkt einzelne Motoren zum Einsatz, die jeweils ein Antriebsrad antreiben. Dies betrifft sowohl Personenkraftwagen als auch größere Fahrzeuge wie Lastkraftwagen, Busse oder landwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge. Bei einem Fahrzeug mit einer Antriebsachse sind dann zwei Elektromotoren vorhanden, von denen einer das linke Rad und einer das rechte Rad der Antriebsachse antreiben. Aufgrund der hohen Leistungsdichte finden sehr häufig permanenterregte Synchronmaschinen (PMSM) Verwendung; aufgrund ihrer Kostenvorteile häufig auch Asynchronmaschinen (ASM). Bei einem derartigen Antriebssystem muss auf unterschiedlich schnell drehende Räder reagiert werden. Dies ist insbesondere dadurch begründet, dass bei einer Kurvenfahrt die Räder an der Kurveninnenseite langsamer drehen als die Räder an der Kurvenaußenseite. Bei klassischen Antrieben wird diesem Problem durch ein Differenzialgetriebe begegnet. Dies scheidet bei direkt angetriebenen Rädern jedoch aus. Daher, und um die korrekte Drehmomentregelung jedes Motors zu gewährleisten, wird bei derartigen Antriebssystemen für jeden Elektromotor ein separater Umrichter eingesetzt, der ein Speisesignal für den jeweils zugeordneten Elektromotor erzeugt. Da bei den genannten Elektromotoren die Drehzahl der Motorwelle von der Frequenz des Speisesignals abhängig ist, muss der Umrichter eine von der Solldrehzahl des Elektromotors abhängige Frequenz des Speisesignals einstellen können. Dies bietet den Vorteil, dass sehr flexibel auf unterschiedliche Betriebssituationen der einzelnen Räder reagiert werden kann. Allerdings entsteht dadurch der erhebliche Nachteil, dass relativ aufwändige und teure Umrichter notwendig sind.
-
Eine konzeptionell ähnliche Ausgestaltung ist in der
DE 41 34 240 C2 offenbart. Dort wird die durch eine Verbrennungsmotor-Generator-Einheit erzeugte elektrische Energie einem Energieverteiler zugeführt. Der Energieverteiler steuert die Elektromotoren auf der linken und rechten Seite des Fahrzeugs individuell an, wobei hierbei der Lenkradwinkel berücksichtigt wird.
-
Insbesondere bei der Verwendung von permanenterregten Synchronmaschinen besteht zudem der Nachteil, dass für die Permanentmagnete seltene Erden benötigt werden, die teuer und nicht in unbegrenzter Menge verfügbar sind. Darüber hinaus haben permanent erregte Synchronmaschinen eine inhärente funktionale Sicherheitsproblematik. Das Induzieren von Spannungen in dem Stator durch den sich drehenden Permanentmagneten kann nicht verhindert werden, wodurch in einem Fehlerfall ein erhöhtes Risiko besteht, beispielsweise eine erhöhte Brandgefahr. Ferner weisen permanenterregte Synchronmaschinen eine starke Materialabhängigkeit auf, was ein Risiko in der Preisentwicklung am Markt mit sich bringt. Zudem verlieren Permanentmagnete bei Überschreiten der Curie-Temperatur, was durch die Erwärmung der Wicklungen leicht auftreten kann, ihre magnetischen Eigenschaften schlagartig, so dass aufwändige Vorkehrungen getroffen werden müssen um die besonderen Sicherheitsanforderungen im Straßenverkehr zu gewährleisten.
-
Die Verwendung einer anderen Motortechnologie in Fahrzeuganwendungen ist in dem Artikel von Ming Cheng und Peng Han: „A dual-stator brushless doubly-fed induction motor for EV/HEV applications“ (Taipee, 2014, Seite 1 bis 6, IEEE Xplore) offenbart. Hier wird ein bürstenloser doppeltgespeister Induktionsmotor mit zwei Statoren verwendet. Dieser Motor weist einen inneren Stator, einen äußeren Stator und einen zwischen den beiden Statoren angeordneten Rotor auf. Zwei getrennte 3-Phasen-Wechselrichter speisen die jeweiligen Statoren mit Strom. Die Drehzahl des Rotors ergibt sich dabei aus den Frequenzen der Speiseströme für die beiden Statoren. Je nach Ansteuerung der Statoren ist die Differenz der Frequenzen oder die Summe der Frequenzen für die Drehzahl relevant.
-
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Antriebssystem sowie ein mehrspuriges Fahrzeug der eingangs genannten Art derart auszugestalten und weiterzubilden, dass ein sicherer Betrieb des Antriebssystems bei gleichzeitig geringen Kosten möglich ist. Ferner soll ein entsprechendes Verfahren zum Ansteuern eines Antriebssystems angegeben werden.
-
Erfindungsgemäß wird die voranstehende Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Danach umfasst das in Rede stehende Antriebssystem:
- einen ersten und einen zweiten Elektromotor, wobei der erste Elektromotor zum Erzeugen eines Drehmoments an einem Rad einer ersten Spur des Fahrzeugs und der zweite Elektromotor zum Erzeugen eines Drehmoments an einem Rad einer zweiten Spur des Fahrzeugs ausgebildet ist und wobei der erste Elektromotor und der zweite Elektromotor jeweils ein doppelgespeister Induktionsmotor mit einem ersten Satz von Wicklungen und einem zweiten Satz von Wicklungen ist,
- einem Hauptumrichter und
- einen ersten und einen zweiten Hilfsumrichter,
- wobei der Hauptrichter mit dem ersten Satz von Wicklungen des ersten Elektromotors und mit dem ersten Satz von Wicklungen des zweiten Elektromotors verbunden ist,
- wobei der erste Hilfsumrichter mit dem zweiten Satz von Wicklungen des ersten Elektromotors und der zweite Hilfsumrichter mit dem zweiten Satz von Wicklungen des zweiten Elektromotors verbunden ist und
- wobei der Hauptumrichter zum Hervorrufen einer Grunddrehzahl (nnat) des ersten und zweiten Elektromotors und der erste und zweite Hilfsumrichter jeweils zum Hervorrufen einer Drehzahldifferenz (Δn) relativ zu der Grunddrehzahl (nnat) ausgebildet ist.
-
Hinsichtlich eines Fahrzeugs ist die voranstehende Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 10 gelöst. Danach umfasst das in Rede stehende Fahrzeug ein erfindungsgemäßes Antriebssystem, wobei der erste und der zweite Elektromotor jeweils die einzelnen Räder einer Antriebsachse des Fahrzeugs antreiben.
-
Hinsichtlich eines Verfahrens ist die voranstehende Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 14 gelöst. Danach umfasst das in Rede stehende Verfahren die Schritte:
- Erfassen einer Solldrehzahl durch Auslesen einer Geschwindigkeitssteuereinrichtung,
- Erfassen eines Lenkwinkels des Fahrzeugs,
- Erzeugen eines Hauptspeisesignals durch den Hauptumrichter, wobei das Hauptspeisesignal den ersten und zweiten Elektromotor zu einer Drehung mit der Grunddrehzahl (nnat) veranlasst, wobei die Grunddrehzahl auf die Solldrehzahl geregelt wird, und
- Erzeugen eines ersten und zweiten Hilfsspeisesignals durch den ersten und zweiten Hilfsumrichter, wobei das erste und zweite Hilfsspeisesignal bei dem ersten und zweiten Elektromotor basierend auf dem erfassten Lenkwinkel eine Drehzahldifferenz (Δn) relativ zu der Grunddrehzahl (nnat) hervorruft.
-
Des Weiteren wird die voranstehende Aufgabe durch die Verwendung eines doppeltgespeisten Induktionsmotors entsprechend der Merkmale des Anspruchs 15 gelöst.
-
In erfindungsgemäßer Weise ist zunächst erkannt worden, dass Umrichter zum Ansteuern einzelner Elektromotoren in einem mehrspurigen Fahrzeug insbesondere dadurch teuer und aufwendig werden, da jeder einzelne Umrichter über eine vollständige Regellogik verfügen muss, um den zugeordneten Elektromotor bzw. das mit dem Elektromotor verbundene Rad in gewünschter Weise antreiben zu können. Da zudem jeder Umrichter die volle Leistung, die in dem Elektromotor umgesetzt wird, aufbringen muss, werden leistungsfähige Halbleiterelemente benötigt. Diese Kombination ist maßgeblich für die hohen Kosten des Umrichters verantwortlich.
-
Erfindungsgemäßer Weise ist ferner erkannt worden, dass diese Problematiken dadurch behoben werden können, wenn für den Antrieb doppeltgespeiste Induktionsmaschinen verwendet werden. Doppeltgespeiste Induktionsmaschinen in Form von doppeltgespeisten Asynchronmaschinen sind als Generatoren in Windkraftanlagen weit verbreitet. Wenn die doppeltgespeiste Induktionsmaschine durch eine Kaskadenmaschine gebildet ist, wird diese meist ebenso in Windkraftanlagen verwendet. Ein motorischer Betrieb ist jedoch weniger üblich. Eine doppeltgespeiste Induktionsmaschine weist einen ersten Satz von Wicklungen und einen zweiten Satz von Wicklungen auf, die unabhängig voneinander mit Speisesignalen gespeist werden können. Die Felder, die mit dem ersten und dem zweiten Satz von Wicklungen erzeugt werden, überlagern sich im Motor und ergeben ein resultierendes Feld. Dieses resultierende Feld ist wiederum für die Drehzahl des Elektromotors verantwortlich. Durch geschicktes Ausnutzen dieses Prinzips ist es möglich, eine Grunddrehzahl n
nat über ein Hauptspeisesignal an dem ersten Satz von Wicklungen einzustellen, während Abweichungen Δn der Drehzahl von dieser Grunddrehzahl n
nat durch ein Hilfsspeisesignal an dem zweiten Satz von Wicklungen eingestellt werden können. Bei einer Ausgestaltung der doppeltgespeisten Induktionsmaschine durch eine Kaskadenmaschine ergibt sich die resultierende Drehzahl n wie folgt:
Dabei ist f
s1 die Frequenz des Hauptspeisesignals, f
s2 die Frequenz des Hilfsspeisesignals, p
s1 die Polpaarzahl des ersten Satzes von Wicklungen und p
s2 die Polpaarzahl des zweiten Satzes von Wicklungen. Bei einer Kaskadenmaschine wird die Grunddrehzahl n
nat meist auch als natürliche Drehzahl bezeichnet.
-
Darüber hinaus ergibt sich betragsmäßig folgender (idealisierter) Zusammenhang für das Verhältnis der aufgenommenen Leistung:
Dabei ist P
S1 die in dem ersten Satz von Wicklungen aufgenommene Leistung und P
S2 die in dem zweiten Satz von Wicklungen aufgenommene Leistung. Da bei Kraftfahrzeugen in vielen Betriebssituationen die Drehzahldifferenz Δn relativ klein gegenüber der Grunddrehzahl n
nat ist, kann ein wesentlicher Anteil der in dem Motor umgesetzten elektrischen Leistung über das Hauptspeisesignal aufgebracht werden. Es hat sich gezeigt, dass bei typischen Fahrzeuganwendungen ein das Hauptspeisesignal erzeugender Hauptumrichter eine Leistung in der Größenordnung von 80 % der Gesamtleistung aufbringen muss. Der verbleibende Anteil der Gesamtleistung kann von allen die Hilfsspeisesignale erzeugenden Hilfsumrichtern aufgebracht werden. Dies hat zur Folge, dass der Hauptumrichter zwar relativ viel Leistung bereitstellen muss. Da das Hauptspeisesignal jedoch für alle Antriebsmotoren verwendet werden kann, reduziert sich der Regelungsaufwand in dem Hauptumrichter erheblich. Im Prinzip muss der Hauptumrichter lediglich basierend auf eine Solldrehzahl ein mehrphasiges Spannungssystem mit veränderlicher Frequenz erzeugen. Der Großteil der notwendigen Regelung, beispielsweise eine Drehmomentregelung, kann in den Hilfsumrichter implementiert werden. Entsprechende Ausführungen gelten bei anderen Ausgestaltungen doppeltgespeister Induktionsmaschinen, beispielsweise einer doppeltgespeisten Asynchronmaschine. So ändert sich beispielsweise in der voranstehenden Gleichung zur Drehzahl lediglich, dass im Nenner statt „p
S1 - p
S2“ lediglich die Polpaarzahl „p“ der doppeltgespeisten Asynchronmaschine steht.
-
Um diese Vorzüge nutzen zu können, weist das erfindungsgemäße Antriebssystem einen ersten und einen zweiten Elektromotor auf. Dabei ist die Welle des ersten Elektromotors mit einem Rad einer ersten Spur und die Welle des zweiten Elektromotors mit einem Rad einer zweiten Spur gekoppelt. Auf diese Weise kann der erste Elektromotor ein Drehmoment an dem Rad der ersten Spur und der zweite Elektromotor ein Drehmoment an dem Rad der zweiten Spur erzeugen. Jeder der beiden Elektromotoren weist einen ersten Satz von Wicklungen und einen zweiten Satz von Wicklungen auf. Das erfindungsgemäße Antriebssystem weist ferner einen Hauptumrichter und zwei Hilfsumrichter auf. Der Hauptumrichter ist dabei mit dem ersten Satz von Wicklungen des ersten Elektromotors und gleichzeitig mit dem ersten Satz von Wicklungen des zweiten Elektromotors verbunden und kann dadurch ein Hauptspeisesignal an die ersten Sätze von Wicklungen der beiden Elektromotoren ausgeben. Der erste Hilfsumrichter ist mit dem zweiten Satz von Wicklungen des ersten Elektromotors verbunden, während der zweite Hilfsumrichter mit dem zweiten Satz von Wicklungen des zweiten Elektromotors verbunden ist. Auf diese Weise können die Hilfsumrichter ein erstes und ein zweites Hilfsspeisesignal an die zweiten Sätze von Wicklungen der jeweils verbundenen Elektromotoren abgeben. Dabei ist der Hauptumrichter zum Hervorrufen einer Grunddrehzahl des ersten und des zweiten Elektromotors ausgebildet, während der erste und zweite Hilfsumrichter jeweils zum Hervorrufen einer Drehzahldifferenz an dem jeweils verbundenen Elektromotor relativ zu der Grunddrehzahl ausgebildet ist. Prinzipiell bedeutet dies, dass der Hauptumrichter für die Geschwindigkeit des Fahrzeugs verantwortlich ist (definiert durch die Grunddrehzahl und den Durchmesser der Räder), während die Hilfsumrichter bei Kurvenfahrten die jeweils notwendigen Drehzahldifferenzen zwischen den Rädern der ersten und der zweiten Spur einstellen können.
-
Durch die Kombination eines Hauptumrichters mit mehreren Hilfsumrichtern und die Verwendung von doppeltgespeisten Induktionsmaschinen reduzieren sich die Kosten des Gesamtsystems deutlich. Es kann auf Permanentmagnete verzichtet werden, was zudem die Sicherheit des Betriebs des Antriebssystems verbessert. Da doppeltgespeiste Induktionsmaschinen sehr einfach aufgebaut sind, steht mit dem erfindungsgemäßen Antriebssystem ein robustes System zur Verfügung. Darüber hinaus kann bei einem derartigen Antriebssystem auch bei Ausfall eines Hilfsumrichters noch in reduziertem Maße eine Bewegung des Rotors bewirkt werden, da der Hauptumrichter immer noch Leistung in den Motor einspeisen kann. Auf diese Weise ist zumindest ein Notbetrieb möglich. Ferner können die Hilfsumrichter auf Kleinspannung dimensioniert werden wodurch sich die Kosten für die Hilfsumrichter weiter reduzieren.
-
Als mehrspuriges Fahrzeug im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre können die verschiedensten Fahrzeuge mit zwei oder mehr Spuren betrachtet werden. Wichtig ist, dass das Fahrzeug keine starren Achsen aufweist, d.h. dass sich die Räder einer Achse unabhängig voneinander drehen können. Diese Anforderung ist jedoch bei den meisten kurvengängigen Fahrzeugen erfüllt. Beispielhaft, jedoch nicht auf diese Aufzählung beschränkend sei auf Personenkraftwagen, Flughafenfahrzeuge, Busse, landwirtschaftliche Fahrzeuge, Baufahrzeuge, Bergbau- und Minenfahrzeuge, Lastkraftwagen, etc. verwiesen. Dabei kommen die Vorzüge der doppeltgespeisten Induktionsmaschinen insbesondere bei Bussen und Nutzfahrzeugen zur Geltung, da die Vorteile der Robustheit, der kostengünstigen Materialien und Fertigung sowie der Systemvorteile im Verbund mit der Elektronik und Regelung dort besonders hervortreten können.
-
Ferner sei darauf hingewiesen, dass das Antriebssystem nicht zwangsläufig lediglich zwei Elektromotoren pro Antriebsachse aufweisen muss. Sollte das Fahrzeug, in dem das Antriebssystem zum Einsatz kommt, beispielsweise vierspurig aufgebaut sein, etwa in einem Schwerlastfahrzeug, so wäre denkbar, dass jede der einzelnen Spuren angetriebene Räder aufweist und das Antriebssystem damit vier Elektromotoren umfasst. Die Ausführungen bezüglich zweier Elektromotoren sind in dieser Ausgestaltung entsprechend anwendbar.
-
Vorzugsweise ist der Hauptumrichter zum Ausgeben eines mehrphasigen Hauptspeisesignal ausgebildet. Da in der Praxis Elektromotoren meist für ein dreiphasiges Spannungssystem ausgelegt sind, kann der Hauptumrichter besonders bevorzugter Weise ein dreiphasiges Hauptspeisesignal ausgeben, wobei das Hauptspeisesignal dann ein einfaches Drehstromsystem bilden würde. Der konkrete Aufbau des Hauptumrichters ist weitgehend unerheblich, solange dieser zum Ausgeben einer ausreichend großen elektrischen Leistung in der Lage ist und alle mit dem Hauptumrichter verbundenen ersten Sätze von Windungen mit dem Hauptspeisesignal versorgen kann. Wesentlich ist, dass die Frequenz des Hauptspeisesignals anpassbar ist, so dass die Drehzahl der Elektromotoren verändert werden kann. Üblicherweise sollte dazu die Frequenz zwischen 0 Hz und einer Maximalfrequenz kontinuierlich oder quasikontinuierlich änderbar sein. Derartige Umrichter sind aus der Praxis jedoch hinlänglich bekannt. Bei einer quasikontinuierlichen Änderung der Frequenz werden insbesondere die Anforderungen an das Fahrverhalten für die Höhe der Frequenzstufen wichtig sein. Es sollten für Fahrzeuginsassen keine ruckartigen Änderungen spürbar werden. Dankbar wären beispielsweise Stufen von 0,01 Hz, 0,1 Hz, 0,5 Hz oder 1 Hz. Die Vorgabe der auszugebenden Frequenz dürfte in den meisten Fällen von einer Geschwindigkeitssteuereinrichtung stammen.
-
Der erste und der zweite Hilfsumrichter erzeugt vorzugsweise jeweils ein mehrphasiges Hilfsspeisesignal, das in seiner Frequenz anpassbar ist. Dieses erste und zweite Hilfsspeisesignal wird dann an den ersten bzw. den zweiten Elektromotor ausgegeben, d. h. der erste Hilfsumrichter erzeugt ein erstes Hilfsspeisesignal für den ersten Elektromotor und der zweite Hilfsumrichter ein zweites Hilfsspeisesignal für den zweiten Elektromotor. Dabei kann der erste und der zweite Hilfsumrichter jeweils dazu ausgebildet zu sein, das Verhalten des angeschlossenen Elektromotors in einer vorgegebenen Art und Weise zu beeinflussen. So können die Hilfsumrichter derart gesteuert werden, dass der mit dem jeweiligen Hilfsumrichter verbundene Elektromotor ein Solldrehmoment abgibt. Auch hier sind entsprechende Umrichter und geeignete Regelungsverfahren aus der Praxis bekannt. Aus diese Weise ist es trotz eines gemeinsamen Hauptumrichters für mehrere Elektromotoren möglich, unterschiedliche Drehmomente an unterschiedlichen Rädern einzuprägen und damit flexibel das Fahrverhalten des Fahrzeugs zu beeinflussen.
-
In einer Weiterbildung weist das Antriebssystem eine Steuereinheit auf, die über Steuersignale den Hauptumrichter und gegebenenfalls die Hilfsumrichter steuern kann. Bei einer Ansteuerung des Hauptumrichters würde die Steuereinheit Steuersignale an den Hauptumrichter ausgeben, die den Hauptumrichter zum Ausgeben eines Hauptspeisesignals an den ersten und den zweiten Elektromotor veranlasst. Dabei würde das Hauptspeisesignal die Bedingungen erfüllen, die durch die Steuersignale vorgegeben werden. Eine derartige Bedingung kann beispielsweise eine Solldrehzahl der Elektromotoren sein. Die Solldrehzahl bzw. die korrespondierende Frequenz des Hauptspeisesignals kann durch eine Geschwindigkeitssteuereinrichtung vorgegeben sein. Als Geschwindigkeitssteuereinrichtung kann jede Einrichtung angesehen werden, die - direkt oder indirekt - einen Einfluss auf die Geschwindigkeit des Fahrzeugs nimmt. Die Geschwindigkeitssteuereinrichtung kann damit beispielsweise ein Gaspedal, ein Tempomat oder ein Steuercomputer für autonomes Fahren sein. Tempomat oder Steuercomputer werden dabei als übergeordnete Regeleinrichtungen direkt eine Geschwindigkeit vorgeben können, während das Gaspedal - streng genommen - ein Drehmoment vorgibt. Da die Drehmomentvorgabe aber einen Einfluss auf die Geschwindigkeit hat, ist das Gaspedal auch eine Geschwindigkeitssteuereinrichtung im weiteren Sinne.
-
Wenn die Steuereinheit zusätzlich Steuersignale an den ersten und den zweiten Hilfsumrichter ausgibt, so können diese Steuersignale den ersten und/oder den zweiten Hilfsumrichter dazu veranlassen, eine Drehzahldifferenz zwischen dem ersten und dem zweiten Elektromotor hervorzurufen. Dabei kann die Drehzahldifferenz basierend auf einem Lenkwinkel und/oder basierend auf einer gemessenen Lenkkraft vorgegeben werden. Unter Lenkwinkel kann der Winkel verstanden werden, der für die Stellung der gelenkten Räder bei Kurvenfahrt repräsentativ ist. Wenn die Lenkung durch eine Ackermann-Lenkung gebildet ist, bei der das Rad an der Kurveninnenseite stärker eingeschlagen wird als das Rad an der Kurvenaußenseite, so kann der Lenkwinkel durch die Radstellung eines Ein-Spur-Modells definiert sein. In diesem Fall wäre ein Mittelwert der beiden Radstellungen für den Lenkwinkel repräsentativ. Prinzipiell kann der Lenkwinkel durch eine Lenkradstellung vorgegeben werden. Allerdings sind auch andere Vorgaben von Lenkwinkel denkbar, beispielsweise über einen Steuerknüppel oder aus einem Steuercomputer für autonomes Fahren.
-
Unter gemessener Lenkkraft kann die Kraft verstanden werden, die für das Ändern des aktuellen Lenkwinkels aufgebracht wird. Wenn beispielsweise ein Lenkrad im Uhrzeigersinn bewegt wird, kann dies durch entsprechende Sensoren detektiert und eine Drehzahldifferenz zwischen dem ersten und dem zweiten Elektromotor hervorgerufen werden, wodurch das Lenkrad in den Uhrzeigersinn gezogen wird. Bei geeigneter Dimensionierung der Drehzahldifferenz kann auf diese Weise eine Lenkunterstützung realisiert werden und die normalerweise dazu vorhandene hydraulische Lenkunterstützung wegfallen.
-
Prinzipiell kann der doppeltgespeiste Induktionsmotor durch verschiedene Motortechnologien gebildet sein. Wichtig ist lediglich, dass zwei Sätze von Wicklungen vorhanden sind, die weitgehend unabhängig voneinander gespeist werden können und die das Erzeugen einer Drehzahldifferenz bezogen auf eine Grunddrehzahl einstellen können. In einer bevorzugten Ausgestaltung ist der erste und der zweite Elektromotor jeweils durch eine doppeltgespeiste Asynchronmaschine gebildet.
-
Dabei ist der erste Satz von Wicklungen durch Statorwicklungen gebildet, während der zweite Satz von Wicklungen durch Rotorwicklungen gebildet ist. In die Statorwicklungen wird das Hauptspeisesignal eingegeben, das Hilfsspeisesignal ist über einen Schleichring und Schleifkontakte auf die Rotorwicklungen beaufschlagt.
-
In einer ganz besonders bevorzugten Ausgestaltung ist der erste und der zweite Elektromotor durch eine Kaskadenmaschine gebildet (englisch: Brushless Doubly-Fed Induction Machine; BDFM). Ein großer Vorteil der Kaskadenmaschine besteht darin, dass sie eine doppeltgespeiste Induktionsmaschine ist, die keinen Schleifring- oder Schleifkontakte aufweist. Dadurch ist die Kaskadenmaschine ein besonders robuster und wartungsarmer Motor. Der erste Satz von Wicklungen ist durch Primärwicklungen, der zweite Satz von Wicklungen durch Sekundärwicklungen gebildet. Dabei sind Primärwicklung und Sekundärwicklung jeweils Statorwicklungen und derart ausgebildet, dass die beiden Wicklungen magnetisch im Wesentlichen nicht gekoppelt sind. Es sind zwar Kaskadenmaschinen bekannt, bei denen die Primär- und Sekundärwicklungen teilweise gemeinsame Leiterstrukturen verwenden, was zu galvanisch verbundenen Primär- und Sekundärwicklungen führt. Vorzugsweise verfügt die Kaskadenmaschine aber über zwei voneinander isolierte Statorwicklungssysteme, die Primärstatorwicklungen und die Sekundärstatorwicklungen oder kurz Primärwicklungen und Sekundärwicklungen. Beide Statorwicklungssysteme sind vorzugsweise als Dreiphasensysteme ausgebildet, wobei die Wicklungen der Primär- und Sekundärwicklungen in den gleichen Statorlamellen angeordnet sind und unterschiedliche Polpaarzahlen aufweisen. Zum Vermeiden einer direkten, transformatorartigen Kopplung zwischen den Statorwicklungen können die Polpaarzahlen derart gewählt werden, dass die Flussdichteverteilungen keine gemeinsamen Harmonischen aufweisen.
-
Der Rotor der Kaskadenmaschine ist durch eine Rotorwicklung gebildet, die damit eine dritte Wicklung der Kaskadenmaschine bildet. Die Rotorwicklung ist in sich geschlossen und kann aus gewickelten Drähten oder als massiver Kurzschluss-Käfig (ähnlich der Rotorwicklung einer Käfigläufer-Asynchronmaschine) aufgebaut sein. Dabei ist der Rotor vorzugsweise als verschachtelte Schleifenwindung (auch als „Nested-Loop Winding“ bekannt) aufgebaut, wie durch A. R. W. Broadway und L. Burbridge in dem Artikel „Self-cascaded machine: a low-speed motor or highfrequency brushless alternator“ im Jahre 1970 beschrieben. Der Rotor ist derart auf die Primär- und Sekundärwicklung abgestimmt, dass eine magnetische Kopplung zwischen Primärwicklung, Sekundärwicklung und Rotor entsteht. Auf diese Weise entsteht ein Motor, dessen Drehzahl über die Speisesignale an den Primär- und Sekundärwicklungen gesteuert werden kann und sich an seinen äußeren Schnittstellen sehr ähnlich zur doppeltgespeisten Asynchronmaschine verhält. Die Sekundärstatorwicklung der Kaskadenmaschine übernimmt die Rolle der Rotorwicklung der doppeltgespeisten Asynchronmaschine.
-
Wie bereits angeführt, kann das mehrspurige Fahrzeug mehrere Antriebsachsen aufweisen. In diesem Fall kann das Fahrzeug mehrere erfindungsgemäße Antriebssysteme mit jeweils einem ersten und einem zweiten Elektromotor aufweisen. Dabei können die Antriebssysteme identisch aufgebaut sein. Allerdings wäre auch denkbar, dass eine Achse über leistungsstärkere Motoren verfügt als eine andere. So könnten beispielsweise die Motoren der Hinterachse leistungsstärker sein als die der Vorderachse. Dies bietet sich beispielsweise dann an, wenn die Hinterachse Zwillingsräder aufweist und die Elektromotoren bei einer Ausgestaltung als Radnabenantrieb in den Zwillingsrädern mehr Platz finden als bei den Vorderrädern.
-
Prinzipiell können die Antriebssysteme bei einem Fahrzeug mit mehreren Antriebsachsen weitgehend unabhängig voneinander sein. Die Koordinierung der einzelnen Antriebsachsen könnte dann durch eine übergeordnete Steuereinheit erfolgen. Um die Vorzüge der Antriebssysteme aber besonders gut nutzen zu können, empfiehlt es sich, den Hauptumrichter zur Versorgung aller ersten Sätze von Wicklungen der Elektromotoren einzusetzen. Zudem ist es denkbar, dass eine gemeinsame Steuereinheit den Hauptumrichter und die Hilfsumrichter ansteuert.
-
Auch ein rekuperativer Betrieb, bei dem während Bremsvorgängen Energie in eine Batterie zurückgespeist wird, kann mit dem erfindungsgemäßen Antriebssystem und dem erfindungsgemäßen Fahrzeug umgesetzt werden. Dabei wird der Leistungsfluss in der Primärwicklung umgekehrt, und der Hauptumrichter speist in die Batterie zurück. In Abhängigkeit von der Drehzahl der betrachteten Maschine wirkt die Sekundärwicklung entweder ebenfalls generatorisch (n>nnat) oder motorisch (n<nnat). Seitens der Hardware (Umrichter, Motoren) werden hierfür keine weiteren Bauteile benötigt, lediglich in der Software der Umrichter muss der Betriebsmodus implementiert und mit den bekannten Sicherheitsabfragen (z.B. Überspannungsüberwachung der Batterie) ausgestattet sein.
-
Vorzugsweise sind die Elektromotoren des Antriebssystems radnah angeordnet oder als Radnabenantrieb ausgebildet. Bei einem Radnabenantrieb ist ein wesentlicher Teil des Elektromotors in der Felge des jeweils angetriebenen Rades angeordnet und nutzt damit einen sonst weitgehend ungenutzten Platz aus. Dies bietet den Vorteil, dass die Elektromotoren innerhalb des Fahrzeugs wenig oder keinen Platz verbrauchen und daher beispielsweise mehr Platz für Batterien entsteht. Zudem wird beispielsweise bei Bussen eine Niederflurbauform begünstigt. Ein radnah angeordneter Elektromotor bedeutet, dass der Elektromotor in der Nähe des anzutreibenden Rades angeordnet ist und lediglich über eine kurze Welle (eventuell über ein Gelenk oder sonstige Umlenkmechaniken) mit dem Rad verbunden ist. Der Elektromotor kann dann an dem Unterboden des Fahrzeugs meist zwischen den anzutreibenden Rädern befestigt sein. Dies bietet den Vorteil, dass die an den Rädern zu dämpfende Masse deutlich reduziert ist, wodurch die Dämpfer des Fahrwerks kleiner dimensioniert werden können. In beiden Fällen treibt der Elektromotor vorzugsweise das jeweils angetriebene Rad direkt an, d.h. es wird kein Getriebe zur Unter- oder Übersetzung eingesetzt.
-
Es gibt nun verschiedene Möglichkeiten, die Lehre der vorliegenden Erfindung in vorteilhafter Weise auszugestalten und weiterzubilden. Dazu ist einerseits auf die den nebengeordneten Ansprüchen jeweils nachgeordneten Ansprüche und andererseits auf die nachfolgende Erläuterung bevorzugter Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Zeichnung zu verweisen. In Verbindung mit der Erläuterung der bevorzugten Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Zeichnung werden auch im Allgemeinen bevorzugte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Lehre erläutert. In der Zeichnung zeigen
- 1 eine schematische Darstellung eines mehrspurigen Fahrzeugs mit einem Antriebssystem gemäß Stand der Technik,
- 2 eine schematische Darstellung eines mehrspurigen Fahrzeugs mit einem erfindungsgemäßen Antriebssystem,
- 3 eine schematische Darstellung bezüglich Lenkwinkel und Dimensionierung eines mehrspurigen Fahrzeugs,
- 4 eine Fahrsituation eines erfindungsgemäßen Fahrzeugs bei Durchfahren eines Kreisverkehrs,
- 5 ein Diagramm mit den unterschiedlichen Raddrehzahlen bei der Fahrsituation gemäß 4,
- 6 ein Diagramm mit dem Verhältnis der Leistungsaufnahmen bei der Fahrsituation gemäß 4 und
- 7 ein Diagramm mit einem prinzipiellen Verlauf der Spannungen in den Sekundärwindungen eines der Elektromotoren.
-
1 zeigt ein zweispuriges Fahrzeug A, das zwei Vorderräder B und zwei Hinterräder C aufweist, wobei die Hinterräder C jeweils als Zwillingsräder ausgebildet sind. In den Hinterrädern C ist jeweils ein als Radnabenantrieb ausgestalteter Elektromotor, beispielsweise ein permanenterregter Synchronmotor, angeordnet (nicht separat dargestellt). Für jeden der Elektromotoren ist ein eigener Umrichter D vorgesehen, der eine aus einem Energiespeicher E bezogene Gleichspannung in ein dreiphasiges Spannungssystem für den jeweils verbundenen Elektromotor umwandelt.
-
2 zeigt ein erfindungsgemäßes mehrspuriges Fahrzeug 1 mit einem erfindungsgemäßen Antriebssystem. Das Fahrzeug 1 ist ein Bus und weist zwei Spuren auf, wobei eine erste Spur 2 hier als die in 2 dargestellte linke Spur und eine zweite Spur 3 als die in 2 dargestellte rechte Spur bezeichnet werden kann. Das Fahrzeug 1 weist zwei Vorderräder 4 und zwei Hinterräder 5, 6 auf, wobei das Hinterrad 5 ein Rad der ersten Spur im Sinne der angehängten Ansprüche und das Hinterrad 6 ein Rad der zweiten Spur bildet. Die Vorderräder sind mit einer hier nicht dargestellten Lenkung verbunden und können in der Stellung geändert werden. Das Fahrzeug 1 weist eine Antriebsachse 7 auf, nämlich die in 2 unten dargestellte Hinterachse.
-
In den als Zwillingsräder ausgebildeten Hinterrädern 5, 6 ist jeweils ein als Nabenantrieb ausgestalteter doppeltgespeister Induktionsmotor angeordnet, wobei ein erster Elektromotor mit den Hinterrad 5 und ein zweiter Elektromotor mit dem Hinterrad 6 gekoppelt ist und an dem jeweils gekoppelten Rad ein Drehmoment erzeugen kann. In diesem bevorzugten Ausführungsbeispiel ist der erste und er zweite Elektromotor jeweils durch eine Kaskadenmaschine gebildet.
-
Zum Ansteuern der Elektromotoren ist ein Hauptumrichter 8, ein erster Hilfsumrichter 9 und ein zweiter Hilfsumrichter 10 vorgesehen, die jeweils eine aus einem Batteriesystem 11 bezogene Gleichspannung in ein dreiphasiges Speisesignal wandeln. Der Hauptumrichter erzeugt ein dreiphasiges Hauptspeisesignal 12, das an den ersten Satz von Wicklungen des ersten Elektromotors und an den ersten Satz von Wicklungen des zweiten Elektromotors ausgegeben wird. Der erste Hilfsumrichter 9 gibt ein erster Hilfsspeisesignal 13 an den zweiten Satz von Wicklungen des ersten Elektromotors aus; der zweite Hilfsumrichter gibt ein zweites Hilfsspeisesignal 14 an den zweiten Satz von Wicklungen des zweiten Elektromotors aus.
-
Anhand
3 werden nachfolgend verschiedene Begrifflichkeiten bezüglich des Lenkverhaltens des Fahrzeugs näher erläutert. Das Fahrzeug 1 ist nur noch vereinfacht als Rechteck dargestellt. Das Fahrzeug 1 weist eine Gesamtbreite bges und eine Gesamtlänge l
ges auf. Der Abstand zwischen den Vorderrädern 4 und den Hinterrädern 5, 6 bildet den Radstand L. Der Abstand zwischen Vorderrad 4 und Front des Fahrzeugs 1 wird als Überhang l
v bezeichnet. Da die Hinterräder 5, 6 starr ausgerichtet sind, bilden diese eine Bezugslinie. Die Vorderräder 4 sind maximal eingeschlagen, wobei die Vorderräder 4 mit einer Ackermann-Lenkung verbunden sind, so dass das linke Vorderrad an der Kurveninnenseite (in
3 links) stärker eingeschlagen ist als das rechte Vorderrad an der Kurvenaußenseite (in
3 rechts). Bei einer Kurvenfahrt bildet sich so ein Radius r
wk des Wendekreises aus. Das Hinterrad 5 bewegt sich auf einer Kreisbahn mit dem Radius r
hi, das Hinterrad 6 auf einer Kreisbahn mit dem Radius rha. Dabei gilt für die Radien:
und
wobei b
R die Breite der Reifen ist. Ebenso können die Radien der Kreisbahnen der Vorderräder und der Einschlagwinkel bei einer Ackermann-Lenkung berechnet werden:
und
-
Dabei ist rva der Radius des vorderen rechten Rades und rvi der Radius des vorderen linken Rades. Der Einschlagwinkel des vorderen rechten Rades ist mit αva, der Einschlagwinkel des vorderen linken Rades mit αvi bezeichnet.
-
Zur Vereinfachung kann auch ein Ein-Spur-Modell betrachtet werden, bei dem die mehreren Spuren auf eine Spur zurückgerechnet werden. In
3 ist ein Rad des Ein-Spur-Modells gestrichelt eingezeichnet. Im Ein-Spur-Modell ergibt sich der Radius r
hm des hinteren Rades zu:
der Radius r
vm des vorderen Rades zu
und der Lenkwinkel am zu
Nimmt man nun im Ein-Spur-Modell an, dass sich das Fahrzeug 1 mit einer Geschwindigkeit v
m (in m/s) auf einer Ein-Spur-Kreisbahn des Hinterrades befindet, so ergeben sich folgende Raddrehzahlen (in min
-1) für das innere und äußere Hinterrad mit dem Rad-Radius r
Rad wobei n
hm die Drehzahl des Ein-Spur-Modell, n
hi die Drehzahl des inneren Hinterrades 5 und nha die Drehzahl des äußeren Hinterrades 6 ist.
-
Wie sich dies auswirkt, sei anhand der 4 bis 7 näher betrachtet. 4 zeigt eine schematische Darstellung eines Kreisverkehrs, der bei einer Einfahrt befahren und drei Abfahrten später wieder verlassen wird. Bei dieser beispielhaften Kreisfahrt ergeben sich mehrere Phasen. In Phase a sind die Vorderräder für eine Geradeausfahrt ausgerichtet. In Phase b wird der Lenkwinkel erhöht, während in Phase c der maximale Lenkwinkel erreicht ist. In Phase d wird der Lenkwinkel wieder reduziert und in Phase e sind die Vorderräder wieder für eine Geradeausfahrt ausgerichtet.
-
Der Einfachheit wegen wird in den 4 bis 7 davon ausgegangen, dass die Änderungen linear erfolgen und dass der maximale Lenkwinkel in Phase c nicht verändert wird. Die einzelnen Phasen a bis e der Kreisfahrt sind mit Linien abgegrenzt. In den 5 und 6 ist das Verhalten des linken Hinterrades 5 jeweils mit einer durchgezogenen Linie, das Verhalten des rechten Hinterrades 6 jeweils mit einer gestrichelten Linie dargestellt.
-
In 5 ist der Verlauf der Drehzahlen (Beschriftung links; durchgezogene und gestrichelte Linie) bzw. des aufgebrachten Drehmoments (Beschriftung rechts; gepunktete Linie) dargestellt. Die angegebenen Zahlenwerte dienen lediglich der Veranschaulichung, wobei auch andere Werte und Verläufe möglich sind. Es sei ferner darauf hingewiesen, dass die Diagramme das Verhalten von Kaskadenmaschinen wiedergeben. Bei anderen doppeltgespeisten Induktionsmotoren werden die Diagramme teilweise identisch, teilweise jedoch für die jeweilige Motortechnologie spezifisch sein.
-
In Phase a (Geradeausfahrt) haben beide Hinterräder 5, 6 dieselbe Drehzahl, so dass die Linien aufeinander fallen. Wenn die Kreisfahrt in Phase b beginnt, steigt die Drehzahl des äußeren Hinterrades 6 stetig an (durchgezogene Linie), während die Drehzahl des inneren Hinterrades 5 stetig abnimmt (gestrichelte Linie). Bei maximalem Lenkwinkel in Phase c sind die Drehzahlen konstant. In Phase d nehmen die Drehzahlen wieder zu bzw. ab, um in Phase e bei erneuter Geradeausfahrt wieder gleich zu sein. Es ist zu erkennen, dass die Drehzahlen zwischen den beiden Hinterrädern bei maximalem Lenkwinkel und bei dem dargestellten Beispiel um annähernd 70 Umdrehungen pro Minute abweichen. Das Drehmoment (gepunktete Linie) ist in dem betrachteten Beispiel für beide Hinterräder konstant gehalten, obgleich es für eine Lenkunterstützung oder für das Erzielen eines bestimmten Kurvenverhaltens vorteilhaft sein könnte, die Drehmoment-Aufteilung unterschiedlich vorzunehmen. In 6 ist das Verhalten der Leistung PS2 des Hilfsspeisesignals bezogen auf die Gesamtleistung PS1 + PS2 dargestellt. Für eine Geradeausfahrt wird ebenso ein Hilfsspeisesignal benötigt, so dass das Verhältnis zwischen Leistung PS2 und Gesamtleistung in den Phasen a und e ca. 0,08 ist. Bei maximalem Lenkwinkel wird ca. 17% der Gesamtleistung durch den ersten Hilfsumrichter aufgenommen, während ca. 22% der Gesamtleistung durch den zweiten Hilfsumrichter aufgenommen wird. Dies zeigt deutlich, dass ein Großteil der aufgenommenen Leistung durch den Hauptumrichter geliefert werden kann und die Hilfsumrichter deutlich kleiner dimensioniert sein können. Da der maximale Lenkwinkel für jedes Fahrzeug bekannt ist, lassen sich die Hilfsumrichter einfach dimensionieren.
-
In 7 sind Spannungsverläufe (USA, USB, USC) der drei Phasen eines Hilfsspeisesignals dargestellt. Es ist zu erkennen, dass das Hilfsspeisesignal bei dem dargestellten Beispiel bei Geradeausfahrt eine Gleichspannung ist. Bei zunehmenden Lenkwinkel steigt die Frequenz an und nimmt bei maximalem Lenkwinkel eine maximale Frequenz an. Die dargestellten Frequenzen sind jedoch lediglich zur Veranschaulichung gedacht und nicht als tatsächliche Zahlenwerte zu verstehen.
-
Nachfolgend werden einige Aspekte eines besonders bevorzugten Ausführungsbeispiels mit Kaskadenmaschinen nochmals näher beleuchtet:
- Die angetriebenen Räder werden vorzugsweise in radnaher oder Radnaben-Bauweise mit Kaskadenmaschinen direkt (ohne Getriebe) angetrieben. Dafür wird ein Hauptumrichter verwendet, der ein mehrphasiges Spannungssystem bereitstellt, welches von allen Kaskadenmaschinen im System gemeinsam verwendet wird (Anschluss an Primärwicklung), und zusätzlich ein Hilfsumrichter pro Kaskadenmaschine (Anschluss an Sekundärwicklung).
-
Bei diesem Konzept muss zwar immer noch die gesamte Leistung der Summe der Kaskadenmaschinen (KM1 und KM2) über die Umrichter gewandelt werden, jedoch ändert sich die Aufteilung: in diesem Beispiel für einen typischen Bus stellt der Hauptumrichter ca. 80 % der Gesamtleistung, während die beiden Hilfsumrichter je nur ca. 10 % der Gesamtleistung liefern müssen. Pro Motor bedeutet dies, dass sich das Verhältnis PS2/PS1 zu etwa 0,2 ergibt, was auch dem Verhältnis der Differenzdrehzahl zur natürlichen Drehzahl entspricht.
-
Bei der in 4 dargestellten Kreisfahrt (Wendekreis mit maximalem Lenkeinschlag) kommen die höchsten Drehzahldifferenzen der einzelnen Räder zustande. Dabei beträgt die Drehzahl des inneren hinteren Reifens etwa 61,5 % der Drehzahl des äußeren hinteren Reifens, während die Drehzahl des Hinterrades im Ein-Spur-Modell etwa 81 % der Drehzahl des äußeren hinteren Reifens entspricht. Für diese Kurvenfahrten existiert ein günstiger Betriebspunkt im System mit einer Kaskadenmaschine: der Hauptumrichter wird bei der elektrischen Frequenz betrieben, die dazu führt, dass die natürliche Drehzahl der Maschine der benötigten Drehzahl des Hinterrades im Ein-Spur-Modell entspricht. Die beiden Hilfsumrichter der Kaskadenmaschinen müssen nun die Frequenzen einstellen, die zu Differenzdrehzahlen von ca. ±19 % führen, damit sich das innere Hinterrad langsamer und das äußere Hinterrad schneller als das Ein-Spur-Modell-Hinterrad dreht. Dies führt dazu, dass die Sekundärwicklung mit etwa 20 % der Gesamtmaschinenleistung beansprucht wird. Im System betrachtet muss jeder Hilfsumrichter dementsprechend etwa 10 % der gesamten System-Antriebsleistung führen. Da es bei der Auslegung der Wicklungen der Maschinen Freiheitsgrade gibt, kann es günstig sein, die Sekundärwicklung für Kleinspannung zu dimensionieren - dadurch können beispielsweise Vorteile bei der funktionalen Sicherheit und bei den Kosten der Umrichter entstehen.
-
Die Kostenvorteile werden umso größer, desto mehr angetriebene Räder nach dieser Methodik betrieben werden: Bleiben die Drehzahlverhältnisse gleich, so wird bei vier mit Kaskadenmaschinen angetriebenen Rädern ebenfalls ein großer Umrichter für 80 % der Gesamtleistung benötigt, und vier Hilfsumrichter mit je 5 % der Gesamtleistung.
-
Die Drehmomentregelung der einzelnen Maschinen geschieht über den jeweiligen Hilfsumrichter, sodass der Hauptumrichter nur ein einfaches Drehstromsystem stellen muss, welches abhängig von der mittleren Reifendrehzahl ist (Ein-Spur-Modell).
-
Als weiteres Anwendungsbeispiel für das vorgestellte Konzept ist auch die Anwendung auf einen oder eine Vielzahl von gleichzeitig betriebenen Oberleitungsbussen denkbar. Wenn die herkömmliche Gleichspannungsoberleitung durch eine Drehstromoberleitung mit fester Spannung und Frequenz ersetzt wird, könnte die Primärwicklungen der Kaskadenmaschinen direkt an das Drehstromnetz der Oberleitung angeschlossen werden. Dann entsteht eine gänzlich andere Aufteilung der Leistungen, da nun nicht mehr die gesamte Leistung über verschiedene Umrichter geführt werden muss, sondern nur noch die Sekundärwicklung einen Umrichter benötigt. Für den Betrieb der Sekundärwicklung eines jeden Radantriebes würde dann jeweils ein Umrichter der halben Maschinenleistung im Fahrzeug benötigt, um das Fahrzeug vom Stillstand bis zur doppelten natürlichen Drehzahl betreiben zu können (und auch für Kurvenfahrten). Insgesamt würde damit in vorteilhafter Weise nur noch die halbe Fahrzeuggesamtleistung über Umrichter im Fahrzeug geführt werden müssen. Natürlich wäre auch ein äquivalenter Einsatz in Straßenbahnen oder Zügen möglich.
-
Hinsichtlich weiterer vorteilhafter Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Lehre wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den allgemeinen Teil der Beschreibung sowie auf die beigefügten Ansprüche verwiesen.
-
Schließlich sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die voranstehend beschriebenen Ausführungsbeispiele lediglich zur Erörterung der beanspruchten Lehre dienen, diese jedoch nicht auf die Ausführungsbeispiele einschränken.
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- Fahrzeug
- 2
- Erste Spur
- 3
- Zweite Spur
- 4
- Vorderräder
- 5
- Rad der ersten Spur
- 6
- Rad der zweiten Spur
- 7
- Antriebsachse
- 8
- Hauptumrichter
- 9
- Erster Hilfsumrichter
- 10
- Zweiter Hilfsumrichter
- 11
- Batteriesystem
- 12
- Hauptspeisesignal
- 13
- Erstes Hilfsspeisesignal
- 14
- Zweites Hilfsspeisesignal