-
Die Erfindung bezieht sich auf eine Auswerteeinrichtung für eine hörgeschädigte Person zur umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses nach Anspruch 1. Ferner bezieht sich die Erfindung auf eine Verwendung einer erfindungsgemäßen Auswerteeinrichtung in einem tragbaren Computersystem, vorzugsweise in einem Smartphone oder in einem an einem Arm und/oder Kopf getragenen Miniaturcomputer, und/oder in einem Hörgerät nach Anspruch 6. Außerdem bezieht sich die Erfindung auf eine Vorrichtung für eine hörgeschädigte Person zur umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses nach Anspruch 7. Des Weiteren bezieht sich die Erfindung auf ein Verfahren zur Unterstützung einer hörgeschädigten Person in der umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses nach Anspruch 9. Die Erfindung bezieht sich auch auf ein Computerprogrammprodukt zur Unterstützung einer hörgeschädigten Person in der umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses nach Anspruch 10.
-
Aufgrund einer Hörschädigung besteht die Gefahr, dass hörgeschädigte Personen akustische Signale aus ihrer Umgebung nicht wahrnehmen können. Gefahrensituationen und Warnungen werden mit verschiedenen akustischen Signalen kommuniziert. Beispiele sind Fahrzeughupen, Sondersignaltöne von Hilfs- und Rettungsfahrzeugen, Signale von Fahrradklingeln oder Signale von Rauch- und/oder Feuermeldern. Hörgeschädigte Personen sind wegen der eingeschränkten Wahrnehmung ihrer Umgebung zusätzlicheren Gefahren ausgesetzt als nicht-hörgeschädigte Personen. Wegen des eingeschränkten Hörvermögens können diese akustischen Signale nur mit Hör-Hilfsmitteln für hörgeschädigte Personen wahrgenommen werden. Außerdem werden hörgeschädigte Personen oftmals sozial ausgegliedert.
-
Aus dem Stand der Technik bekannte Hör-Hilfsmittel für schwerhörige Menschen sind zum Beispiel Hörgeräte. Allerdings filtern und/oder verstärken die bekannten Hör-Hilfsmittel lediglich die akustisches Signale aus der Umgebung der hörgeschädigten Personen. Stand der Technik ist zum Beispiel offenbart in
US 2013 0 343 584 A1 .
-
-
Eine Interpretation einer Bedeutung eines akustischen Signals in Abhängigkeit der jeweiligen Umgebung, das heißt eine situationsabhängige Interpretation, ist mit den bekannten Hör-Hilfsmitteln nicht möglich.
-
Hier setzt die Erfindung an. Der Erfindung hat die Aufgabe zugrunde gelegen, akustische Signale abhängig von einer jeweiligen Umgebung zu interpretieren, um hörgeschädigten Personen die Bedeutung der akustischen Signale in der Umgebung wahrnehmbar zu vermitteln. Damit einher geht die Aufgabe, eine soziale Eingliederung von hörgeschädigten Personen wiederherzustellen.
-
Die Aufgabe wird gelöst durch eine Auswerteeinrichtung für eine hörgeschädigte Person zur umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Ferner wird die Aufgabe gelöst durch eine Verwendung einer erfindungsgemäßen Auswerteeinrichtung in einem tragbaren Computersystem, vorzugsweise in einem Smartphone oder in einem an einem Arm und/oder Kopf getragenen Miniaturcomputer, und/oder in einem Hörgerät gemäß Anspruch 6. Außerdem wird die Aufgabe gelöst durch eine Vorrichtung für eine hörgeschädigte Person zur umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses mit den Merkmalen des Anspruchs 7. Des Weiteren wird die Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur Unterstützung einer hörgeschädigten Person in der umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses mit den Merkmalen des Anspruchs 9. Die Aufgabe wird auch gelöst durch ein Computerprogrammprodukt zur Unterstützung einer hörgeschädigten Person in der umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses mit den Merkmalen des Anspruchs 10.
-
Weiterbildungen und vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen angegeben.
-
Die erfindungsgemäße Auswerteeinrichtung für eine hörgeschädigte Person zur umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses ist ausgeführt, während einer Verwendung von der hörgeschädigten Person getragen zu werden. Die Auswerteeinrichtung umfasst eine erste Eingangsschnittstelle, um wenigstens ein zu dem Schallereignis aus einer Umgebung der Auswerteeinrichtung gehörendes erstes Signal zu erhalten. Ferner umfasst die Auswerteeinrichtung eine zweite Eingangsschnittstelle, um wenigstens ein zu einer Eigenschaft der Umgebung gehörendes zweites Signal zu erhalten. Die Auswerteeinrichtung ist ausgeführt, das erste Signal in Abhängigkeit des zweiten Signals auszuwerten. In Abhängigkeit dieser Auswertung erhält die Auswerteeinrichtung eine von der Umgebung abhängige Bedeutung des ersten Signals. Die Auswerteeinrichtung umfasst eine Ausgangsschnittstelle. Die Ausgangsschnittstelle ist ausgeführt, die Bedeutung des ersten Signals für die hörgeschädigte Person wahrnehmbar auszugeben.
-
Die nachfolgenden Definitionen gelten für die erfindungsgemäße Auswerteeinrichtung, Vorrichtung, das erfindungsgemäße Verfahren und Computerprogrammprodukt gleichermaßen.
-
Eine Auswerteeinrichtung ist eine Vorrichtung, die eingehende Informationen verarbeitet und ein aus dieser Verarbeitung resultierendes Ergebnis ausgibt. Insbesondere ist eine Auswerteeinrichtung eine elektronische Schaltung, wie z.B. eine zentrale, vorzugsweise eine mobile Prozessoreinheit.
-
Hörschädigung bezeichnet eine Beeinträchtigung der akustischen Wahrnehmung durch einen Menschen. Hörschädigung umfasst die Beeinträchtigung in Bezug auf bestimmte Lautstärken, und die Beeinträchtigung in Bezug auf bestimmte Frequenzbereiche. Grade der Hörschädigung sind
- • Schwerhörigkeit, das heißt ein Hörverlust bei einer Lautstärke von im Wesentlichen 50 Dezibel,
- • Resthörigkeit, definiert über einen Hörverlust ab Lautstärken von im Wesentlichen 90 Dezibel und
- • Gehörlosigkeit oder Taubheit, das heißt ein Hörverlust von Lautstärken von mehr als 120 Dezibel.
-
Ein Schallereignis ist ein Vorgang, der durch physikalische Parameter bestimmt ist und objektiv existiert, unabhängig davon, ob oder wie es wahrgenommen wird. Ein Schallereignis wird durch Schallfeldgrößen, wie zum Beispiel Schallquelle, Schallquellenentfernung, Schallereignisrichtung und Frequenzspektrum, bestimmt. Das Schallereignis breitet sich in der Regel über Schallwellen aus, die als Schallsignale detektiert werden können. Ein Hörereignis, zum Beispiel ein Geräusch, ist das tatsächlich akustisch Wahrgenommene.
-
Während einer Verwendung von der hörgeschädigten Person getragen zu werden bedeutet insbesondere, dass die Auswerteeinrichtung und/oder eine Vorrichtung, in welche die Auswerteeinrichtung integriert ist, für ein Tragen entsprechend dimensioniert ist und ein Gewicht aufweist, das ein Tragen ohne große Anstrengung ermöglicht. Außerdem weist die Auswerteeinrichtung und/oder die Vorrichtung, in die die Auswerteeinrichtung integriert ist, vorzugsweise Anbringungsmittel auf, um an dem Körper der hörgeschädigten Person angebracht zu werden. Die Anbringung stellt sicher, dass die Auswerteeinrichtung und/oder eine Vorrichtung, in welche die Auswerteeinrichtung integriert ist, während der Verwendung sich nicht vom Körper der hörgeschädigten Person löst und verlorengeht.
-
Eine Schnittstelle ist eine Einrichtung zwischen wenigstens zwei Funktionseinheiten, an der ein Austausch von logischen Größen, z.B. Daten oder physikalischen Größen, z.B. elektrischen Signalen erfolgt, entweder nur unidirektional oder bidirektional. Der Austausch kann analog oder digital erfolgen. Der Austausch kann ferner drahtgebunden oder drahtlos erfolgen. Zum Beispiel ist eine WLAN-Schnittstelle oder eine Bluetooth-Schnittstelle eine Schnittstelle im Sinne der Erfindung. Insbesondere die zweite Eingangsschnittstelle ist vorzugsweise eine online-Schnittstelle zu dem Internet. Damit können zum Beispiel online Kartendaten abgerufen werden zur Bestimmung einer Position der Auswerteeinrichtung.
-
Vorteilhafterweise umfasst die Auswerteeinrichtung mehr als zwei Eingangsschnittstellen. Zum Beispiel bei einer Anordnung von zwei Mikrofonen pro Mikrofon eine erste Eingangsschnittstelle und/oder bei einer Anordnung mit mehreren Sensoren eine zweite Eingangsschnittstelle pro Sensor.
-
Eine Umgebung bezeichnet einen Bereich eines Raumes, innerhalb dem Objekte in dem Raum auf die Auswerteeinrichtung einwirken und einen Zustand der Auswerteeinrichtung und/oder der hörgeschädigten Person, die die Auswerteeinrichtung trägt, beeinflussen können. Eine Umgebung ist zum Beispiel ein Kreis, dessen Mittelpunkt die Auswerteeinrichtung ist. Der Radius dieses Kreises ist abhängig von einer jeweiligen Situation. Eine Umgebung bezeichnet auch einen situativen Kontext, das heißt Faktoren, die eine Beziehung der Auswerteeinrichtung und/oder der hörgeschädigten Person in einer jeweiligen Situation beeinflussen, wie zum Beispiel Anzahl von Schallquellen oder räumliche und/oder zeitliche Gegebenheiten. Für die Beschreibung der Erfindung bezieht sich der Begriff Umgebung auf einen Raum und auf einen situativen Kontext.
-
Ein Signal trägt eine Information. Sensoren erfassen Eigenschaften ihrer Umgebung qualitativ oder als Messgröße quantitativ. Die Erfassung wird in der Regel in ein weiterverarbeitbares elektrisches Signal umgeformt.
-
Eine Eigenschaft der Umgebung ist ein Merkmal, das die Umgebung kennzeichnet. Physikalische Eigenschaften sind zum Beispiel Wärmemenge, Temperatur, Feuchtigkeit, Druck, Schallfeldgrößen, Helligkeit, Beschleunigung. Chemische Eigenschaften sind zum Beispiel pH-Wert. Eigenschaften der Umgebung können mit Sensoren erfasst werden.
-
Durch die Auswertung des ersten Signals in Abhängigkeit des zweiten Signals, das heißt in Abhängigkeit einer Eigenschaft einer Umgebung, wird das Schallereignis für die hörgeschädigte Person abhängig von der Umgebung interpretiert. Die Auswerteeinrichtung ist insbesondere für eine Signalfusion ausgeführt, das heißt das erste Signal mit dem zweiten Signal zu fusionieren. Dies bedeutet, dass die Information des ersten Signals mit der Information des zweiten Signals verknüpft wird. Aus dieser Verknüpfung resultiert dann eine Information besserer Qualität mit mehr Informationsgehalt, nämlich der Bedeutung des ersten Signals. Dies ist insbesondere für Geräusche vorteilhaft, deren Bedeutung von der jeweiligen Umgebung abhängt. Die hörgeschädigte Person nimmt nicht nur das Schallereignis an sich wahr, sondern auch dessen situative Bedeutung. Damit kann die hörgeschädigte Person ihre Umgebung verbessert wahrnehmen und ihren Zustand in dieser Umgebung situationsabhängig begreifen.
-
Vorteilhafterweise ist die Auswerteeinrichtung ausgeführt, das erste Signal in Abhängigkeit von einer Position einer Schallquelle des Schallereignisses und/oder einer Bewegung der Schallquelle relativ zu der hörgeschädigten Person zu klassifizieren.
-
Vorzugsweise enthält das zweite Signal eine Eigenschaft der Auswerteeinrichtung. Zum Beispiel kann das zweite Signal einen Bewegungszustand der Auswerteeinrichtung enthalten. Wenn die Auswerteeinrichtung am Körper der hörgeschädigten Person getragen wird, beschreibt das zweite Signal beispielsweise, ob die hörgeschädigte Person stillsteht, mit Schrittgeschwindigkeit geht, läuft oder in einem Fahrzeug fährt. Der Bewegungszustand kann mit einem Beschleunigungssensor erfasst werden.
-
Das zweite Signal umfasst erfindungsgemäß ein Helligkeits- und/oder Bildsignal, vorteilhafterweise ein Temperatur-, Bewegungs-, Richtungs-, und/oder Positionssignal. Mit diesen Signalen kann das erste Signal vorteilhaft umgebungsabhängig ausgewertet werden. In der Situation eines aktiven Rauchmelders erhält die Auswerteeinrichtung zum Bespiel als erstes Signal einen Warnton des Rauchmelders und als zweites Signal ein Helligkeitssignal eines Helligkeitssensors. Wenn das Helligkeitssignal ergibt, dass die Umgebung relativ dunkel ist, hat das erste Signal die Bedeutung, dass die Umgebung relativ verraucht ist und eine erhöhte Gefahr besteht. Das erste Signal alleine sagt noch nichts über den aktuellen Zustand der Umgebung hinsichtlich eines Vorhandenseins von Rauch aus.
-
Bevorzugt ist die Auswerteeinrichtung ausgeführt, in Abhängigkeit der Bedeutung des ersten Signals ein drittes Signal zu erzeugen. Die Ausgangsschnittstelle ist ausgeführt, das dritte Signal für die hörgeschädigte Person wahrnehmbar auszugeben. Das dritte Signal ist eine besonders einfache Möglichkeit, die Bedeutung des ersten Signals der hörgeschädigten Person wahrnehmbar zu machen. Das dritte Signal ist zum Beispiel ein Bildsignal oder ein elektrisches Signal, das eine taktile Wahrnehmung ansteuert. Taktil Wahrnehmung bedeutet Wahrnehmung aufgrund von Oberflächensensibilität mit einem Tastsinn.
-
Besonders bevorzugt ist die Ausgangsschnittstelle ausgeführt, die Bedeutung des ersten Signals zur akustischen, visuellen und/oder taktilen Wahrnehmung auszugeben. Diese Sinneswahrnehmungen sind auch von einer hörgeschädigten Person wahrnehmbar. Die visuelle und/oder taktile Wahrnehmung ist insbesondere für taube Personen von Vorteil. Insbesondere für Schwerhörige ist auch eine akustische Wahrnehmung vorteilhaft. Damit kann der Schwerhörige Geräusche hören, die er ohne die Auswerteeinrichtung nicht mehr akustisch wahrnehmen würde. Die akustische Ausgabe kann zum Beispiel über einen Kopfhörer erfolgen. Das dritte Signal umfasst einfacherweise eine Verstärkung der Lautstärke des ersten Signals.
-
Erfindungsgemäß ist die Auswerteeinrichtung ausgeführt, in Abhängigkeit der Bedeutung des ersten Signals eine Handlungsanweisung für die hörgeschädigte Person zur Abwehr oder Minderung einer Gefahrensituation zu erzeugen. Außerdem ist die Auswerteeinrichtung ausgeführt, die Handlungsanweisung für die hörgeschädigte Person wahrnehmbar auszugeben. Damit nimmt die hörgeschädigte Person nicht nur die Bedeutung des ersten Signals wahr. Vielmehr erhält die hörgeschädigte Person auch eine situationsabhängige Handlungsanweisung. Zum Beispiel erhält die hörgeschädigte Person für den Fall, dass sich außerhalb des Blickbereiches der hörgeschädigten Person ein Rettungsfahrzeug nähert, nicht nur die Information eines Signaltons des Rettungsfahrzeuges und dessen Bedeutung, sondern auch die Handlungsanweisung, einen Weg für das Rettungsfahrzeug frei zu machen. Im Falle eines verrauchten Raumes erhält die hörgeschädigte Person die Handlungsanweisung, den Raum zu verlassen. Damit wird auch ein Mittel bereitgestellt, Gefahrensituationen wenigstens zu mindern.
-
In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ist die Auswerteeinrichtung ausgeführt, einen intelligenten Algorithmus auszuführen, mit dem die Bedeutung des ersten Signals erhalten wird, wenn der intelligente Algorithmus auf der Auswerteeinrichtung ausgeführt wird.
-
Intelligenter Algorithmus bedeutet, dass der Algorithmus Mittel der künstlichen Intelligenz, dem Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens und dem Maschinenlernen befasst, umfasst. Ein intelligenter Algorithmus ist zum Beispiel ein künstliches neuronales Netzwerk.
-
Erfindungsgemäß ist die Auswerteeinrichtung ausgeführt, ein künstliches neuronales Netzwerk mit dem ersten Signal und dem zweiten Signal zu speisen. Das künstliche neuronale Netzwerk ist trainiert, das erste Signal zu klassifizieren. Ferner ist das künstliche neuronale Netzwerk trainiert, die Bedeutung des ersten Signals und/oder eine Handlungsanweisung für die hörgeschädigte Person zur Abwehr oder Minderung einer Gefahrensituation in Abhängigkeit des ersten Signals und des zweiten Signals zu erzeugen.
-
Ein künstliches neuronales Netzwerk ist ein Algorithmus, der auf einer elektronischen Schaltung ausgeführt wird und am Vorbild des neuronalen Netzwerks des menschlichen Gehirns programmiert ist. Funktionseinheiten eines künstlichen neuronalen Netzwerks sind künstliche Neuronen, deren Output sich im Allgemeinen als Wert einer Aktivierungsfunktion ausgewertet über eine gewichtete Summe der Inputs plus einem systematischen Fehler, dem sogenannten Bias, ergibt.
-
Durch Testen von mehreren vorbestimmten Inputs mit verschiedenen Gewichtungsfaktoren und/oder Aktivierungsfunktionen werden künstliche neuronale Netzwerke, ähnlich dem menschlichen Gehirn, trainiert. Das Trainieren eines künstlichen neuronalen Netzwerks mit Hilfe von vorbestimmten Inputs wird maschinelles Lernen genannt. Eine Teilmenge des maschinellen Lernens ist das tiefgehende Lernen, das sogenannte deep learning, bei dem eine Reihe hierarchischer Schichten von Neuronen, sogenannten hidden layers, genutzt wird, um den Prozess des maschinellen Lernens durchzuführen. Ein künstliches neuronales Netzwerk mit mehreren hidden layers ist ein deep neural network.
-
Beispiele künstlicher neuronaler Netzwerke sind Perzeptrons, konvolutionale oder rekurrente neuronale Netzwerke.
-
Mit Gewichtungsfaktoren werden Verbindungen zwischen Neuronen bewertet. Vorwärtsspeisen, im Englischen als forward propagation bezeichnet, bedeutet, dass eine Information in die Eingangsschicht des künstlichen neuronalen Netzwerks eingespeist wird, die folgenden Schichten durchläuft und in der Ausgabeschicht ausgegeben wird. Rückwärtsspeisen, im Englischen als backward propagation bezeichnet, bedeutet, dass eine Information in die Ausgabeschicht eingegeben wird und in der Eingangsschicht ausgegeben wird. Durch sukzessives Rückwärtsspeisen des Fehlers aus der Ausgabeschicht in die jeweils vorherige Schicht bis hin zur Eingangsschicht werden die Fehler der jeweiligen Schichten erhalten. Die Fehler sind eine Funktion der Gewichtungsfaktoren. Durch Minimierung des Fehlers in der Trainingsphase werden damit die Gewichtungsfaktoren geändert. Dadurch wird bei erneutem Einspeisen Eingabe eine Annäherung an die gewünschte Ausgabe erreicht. Die Rückwärtsspeisung ist ausführlich in Michael A. Nielsen, Neural Networks and Deep Learning, Determination Press, 2015, beschrieben.
-
Ein trainiertes künstliches neuronales Netz hat den Vorteil, dass es zweckgerichtet auf neue Informationen reagiert. Das trainierte künstliche neuronale Netz kennt die Bedeutung und eine damit verbundene Gefahrensituation der ersten und zweiten Signale. Wird zum Beispiel ein Warnton eines Feuermelders als erstes Signal erfasst, weiß das trainierte künstliche neuronale Netz, dass das erste Signal der Warnton eines Feuermelders ist.
-
Erfindungsgemäß wird die erfindungsgemäße Auswerteeinrichtung in einem tragbaren Computersystem, vorzugsweise in einem Smartphone oder in einem an einem Arm und/oder Kopf getragenen Miniaturcomputer, und/oder in einem Hörgerät verwendet.
-
Ein tragbares Computersystem, im Englischen auch als wearable bezeichnet, ist während der Verwendung am Körper des Benutzers angebracht oder in die Kleidung integriert. Tragbare Computersysteme umfassen insbesondere Sensoren, Soft- und Hardware, mit denen ein Zustand des Benutzers und/oder Eigenschaften der Umgebung des Benutzers verfolgt werden können. Diese bereits eingebauten Sensoren, Soft- und Hardware können dann für eine hörgeschädigte Person zur umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses verwendet werden. Insbesondere können tragbare Computersysteme auch Mikrofone umfassen.
-
Ein Hörgerät ist ein Gerät zum Ausgleich eines Funktionsdefizits des Hörorgans. Hörgeräte dienen der Verbesserung des Sprachverständnisses und der sozialen Eingliederung hörgeschädigter Personen. Verschiedene Bauformen von Hörgeräten sind bekannt, wie zum Beispiel Hinter-dem-Ohr-Geräte, Ex-Hörer-Geräte, Im-Ohr-Geräte, Hörbrille, Knochenleitungshörgeräte, und Hörhilfen mit Implantaten.
-
Ein Computer ist ein Daten verarbeitendes System. Software ist ein Sammelbegriff für Programme und zugehörigen Daten. Das Komplement zu Software ist Hardware. Hardware bezeichnet die mechanische und elektronische Ausrichtung eines Daten verarbeitenden Systems.
-
Ein Smartphone ist ein besonders einfach zu tragendes mobiles Computersystem. Ein weiteres mobiles Computersystem ist zum Beispiel ein Laptop. Ein an einem Arm getragener Miniaturcomputer ist zum Beispiel eine Smartwatch, das heißt eine Armbanduhr mit Computerfunktionalitäten. Eine Smartwatch kann zum Beispiel die Bedeutung des ersten Signals einfach durch Vibrationen ausgeben. Die Vibrationen sind dann am Arm der hörgeschädigten Person wahrnehmbar. Ein an einem Kopf getragener Miniaturcomputer ist zum Beispiel eine Smartglass, das heißt eine Brille mit Computerfunktionalitäten. Tragbare Computersysteme zeichnen sich durch einfaches Tragen während der Verwendung aus.
-
Die erfindungsgemäße Vorrichtung für eine hörgeschädigte Person zur umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses ist ausgeführt, während einer Verwendung von der hörgeschädigten Person getragen zu werden. Die Vorrichtung umfasst wenigstens ein erstes Mikrofon, um wenigstens ein zu dem Schallereignis aus einer Umgebung der Vorrichtung gehörendes erstes Signal zu erhalten. Ferner umfasst die Vorrichtung wenigstens einen Sensor, um wenigstens ein zu einer Eigenschaft der Umgebung gehörendes zweites Signal zu erhalten. Außerdem umfasst die Vorrichtung eine erfindungsgemäße Auswerteeinrichtung, um eine Bedeutung des ersten Signals zu erhalten. Des Weiteren umfasst die Vorrichtung eine Benutzungseinrichtung, die ausgeführt ist, die Bedeutung des ersten Signals für die hörgeschädigte Person wahrnehmbar auszugeben.
-
Das Mikrofon kann ein Mikrofon eines Headsets sein. Das Mikrofon kann auch ein Mikrofon eines Fahrzeuges sein. Vorteilhafterweise umfasst die Vorrichtung mehrere Mikrofone, um eine Schallquelle zu lokalisieren.
-
Eine Benutzungsschnittstelle, im Englischen als human machine interface bezeichnet, ist die Stelle oder Handlung, mit der ein Mensch mit einer Maschine in Kontakt tritt. Der Kontakt erfolgt dann mit der Benutzungseinrichtung. Die Benutzungseinrichtung ist beispielsweise ein Schalter, eine Taste oder ein Bildschirm sein.
-
Damit stellt die Erfindung nicht nur eine Auswerteeinrichtung bereit, sondern auch ein System, in das die Auswerteeinrichtung integriert ist, wobei die Auswerteeinrichtung über ihre Schnittstellen mit dem System kommuniziert.
-
Vorzugsweise umfasst der Sensor einen Temperatursensor, einen Feuchtigkeitssensor, einen Helligkeitssensor, einen bildgebenden Sensor, einen Beschleunigungssensor, einen Positionsbestimmungssensor, einen Kompass und/oder ein Gyroskop. Mit derartigen Sensoren können physikalische Eigenschaften der Umgebung einfach bestimmt werden. Besonders vorzugsweise umfasst die Vorrichtung mehrere derartiger Sensoren und die Auswerteeinrichtung ist ausgeführt, die Signale der einzelnen Sensoren zu fusionieren.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Unterstützung einer hörgeschädigten Person in der umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses umfasst die Verfahrensschritte
- • Erhalten wenigstens eines zu dem Schallereignis aus einer Umgebung der Auswerteeinrichtung gehörendes erstes Signal,
- • Erhalten wenigstens eines zu einer Eigenschaft der Umgebung gehörendes zweites Signal,
- • Auswerten des ersten Signals in Abhängigkeit des zweiten Signals,
- • Erhalten einer von der Umgebung abhängigen Bedeutung des ersten Signals in Abhängigkeit dieser Auswertung und
- • Ausgeben der Bedeutung des ersten Signals derart, dass die Bedeutung des ersten Signals für die hörgeschädigte Person wahrnehmbar ist. Damit stellt die Erfindung neben einer Auswerteeinrichtung und einer Vorrichtung auch ein Verfahren bereit, akustische Signale abhängig von einer jeweiligen Umgebung zu interpretieren, um hörgeschädigten Personen die Bedeutung der akustischen Signale in der Umgebung wahrnehmbar zu vermitteln.
-
Erfindungsgemäß wird zur Durchführung des Verfahrens eine erfindungsgemäße Auswerteeinrichtung oder eine erfindungsgemäße Vorrichtung verwendet.
-
Das erfindungsgemäße Computerprogrammprodukt zur Unterstützung einer hörgeschädigten Person in der umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses ist ausgeführt, in einen Speicher eines Computers geladen zu werden. Das Computerprogrammprodukt umfasst Softwarecodeabschnitte, mit denen die Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgeführt werden, wenn das Computerprogrammprodukt auf dem Computer läuft.
-
Computerprogrammprodukte umfassen in der Regel eine Folge von Befehlen, durch die die Hardware bei geladenem Programm veranlasst wird, ein bestimmtes Verfahren durchzuführen, das zu einem bestimmten technischen Ergebnis führt. Wenn das Programm auf einem Computer zum Einsatz kommt, ruft das Computerprogrammprodukt einen technischen Effekt hervor, nämlich die Erzeugung einer Bedeutung eines ersten Signals in Abhängigkeit einer Eigenschaft einer Umgebung zur Unterstützung einer hörgeschädigten Person in der umgebungsabhängigen Wahrnehmung eines Schallereignisses.
-
In diesem Zusammenhang ist ein Speicher ist ein Medium für die Sicherung von Daten.
-
Das erfindungsgemäße Computerprogrammprodukt ist zum Beispiel eine Applikation, kurz App, die auf einem Smartphone ausgeführt wird. In einem Smartphone sind in der Regel bereits ein Mikrofon und weitere Sensoren zur Messung von Eigenschaften der Umgebung, zum Beispiel Beschleunigungssensoren und Bildsensoren, integriert. Die App kann auf ein bereits vorhandenes Smartphone geladen werden. Die hörgeschädigte Person braucht dann lediglich die App auf ihr Smartphone zu laden. Damit erhält die hörgeschädigte Person besonders schnell und einfach ein Mittel zur Interpretation von akustischem Signale abhängig von einer jeweiligen Umgebung.
-
Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Figuren erläutert. Es zeigen:
- 1 ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Auswerteeinrichtung,
- 2 ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Vorrichtung,
- 3 ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Verwendung einer Auswerteeinrichtung in einer Smartwatch,
- 4 ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Computerprogrammprodukts und
- 5 ein Ablaufbeispiel eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
-
In den Figuren bezeichnen gleiche Bezugszeichen gleiche oder funktionsähnliche Bezugselemente. In den jeweiligen Figuren sind die jeweils relevanten Bezugszeichen angegeben.
-
1 zeigt eine Auswerteeinrichtung 10. Die Auswerteeinrichtung 10 ist eine elektronische Schaltung, die eingehende Informationen auswertet. Die Auswerteeinrichtung 10 kann in einem Gehäuse verbaut sein, durch das die Auswerteeinrichtung 10 witterungsbeständig und stoßsicher ist. Das Gehäuse hat vorzugsweise Abmessungen und ein Gewicht von aktuellen Smartphones. Damit kann die Auswerteeinrichtung einfach von einer hörgeschädigten Person 1, insbesondere an deren Körper, getragen werden.
-
Über eine erste Eingangsschnittstelle 11 erhält die Auswerteeinrichtung 10 ein erstes Signal 2. Die erste Eingangsschnittstelle 11 ist eine drahtgebundene Schnittstelle zu einem ersten Mikrofon 21, siehe 2. Das erste Signal 2 stammt von einem Schallereignis in einer Umgebung 3 der hörgeschädigten Person 1. Über eine zweite Eingangsschnittstelle 12 erhält die Auswerteeinrichtung 10 ein zweites Signal 4. Die zweite Eingangsschnittstelle 12 ist eine drahtlose Schnittstelle zu einem Sensor 22, siehe 2. In der Ausführung einer drahtlosen Schnittstelle kann die zweite Schnittstelle 12 auch eine Schnittstelle zu einem von der Auswerteeinrichtung 10 oder der in 2 gezeigten Vorrichtung 20 entfernten Sensor sein. Die zweite Eingangsschnittstelle 12 kann auch eine online-Schnittstelle zu dem Internet sein. Das zweite Signal 4 trägt eine Eigenschaft der Umgebung 3. Zum Beispiel stammt das zweite Signal 4 von einem Beschleunigungssensor und trägt die aktuelle Beschleunigung der Auswerteeinrichtung 10 und damit der hörgeschädigten Person 1, welche die Auswerteeinrichtung 10 trägt. Das Beschleunigungssignal gibt Auskunft über einen Bewegungszustand der hörgeschädigten Person 1, beispielsweise ob diese stillsteht, geht, rennt oder fährt.
-
Die Auswerteeinrichtung 10 speist ein künstliches neuronales Netzwerk 14 mit dem ersten Signal 2 und dem zweiten Signal 4. Das künstliche neuronale Netzwerk 14 weist in einer ersten Schicht drei, in einer zweiten Schicht zwei und in einer dritten Schicht ein Neuron 15 auf. Das künstliche neuronale Netzwerk 14 kann in einer Schicht auch mehrere hunderte Neuronen 15 umfassen. Verbindungen 16 zwischen den Neuronen sind durch Gewichtungsfaktoren vorbewertet. Durch diese Vorbewertung ist das künstliche neuronale Netzwerk 14 trainiert, das erste Signal 2 in Abhängigkeit des zweiten Signals 4 auszuwerten, um eine umgebungsabhängige Bedeutung des ersten Signals 2 auszugeben.
-
Die Ausgabe der umgebungsabhängigen Bedeutung des ersten Signals 2 erfolgt mittels eines dritten Signals 5 über die Ausgangsschnittstelle 13. Über die Ausgangsschnittstelle 13 nimmt die hörgeschädigte Person 1 das dritte Signal wahr.
-
In 2 ist die Auswerteeinrichtung 10 in eine Vorrichtung 20 integriert.
-
Die Vorrichtung 20 umfasst ein erstes Mikrofon 21, das über die erste Eingangsschnittstelle 11 mit der Auswerteeinrichtung 10 verbunden ist. Das Mikrofon 21 ist ausgeführt, Schall eines Schallereignisses in ein elektrisches erstes Signal 2 umzuwandeln. Bei der Schallwandlung verstärkt das Mikrofon 21 bestimmte Schallspektren. Das Mikrofon 21 kann auch Schallfilter umfassen, um bestimmte Schallspektren herauszufiltern.
-
Ferner umfasst die Vorrichtung 20 einen Sensor 22, der über die zweite Eingangsschnittstelle 12 mit der Auswerteeinrichtung 10 verbunden ist. Der Sensor 22 misst eine Eigenschaft der Umgebung und wandelt seine Messung in ein elektrisches zweites Signal 4 um.
-
Die Vorrichtung 20 gibt das von der Auswerteeinrichtung 10 erzeugte dritte Signal 5 über eine Benutzungseinrichtung 23 wahrnehmbar an die hörgeschädigte Person 1 aus. Die Benutzungseinrichtung 23 ist beispielsweise ein Bildschirm, eine Leuchtdiode oder eine vibrationsfähige Oberfläche.
-
In 3 ist die Verwendung der in 1 gezeigten Auswerteeinrichtung 10 in einer Smartwatch dargestellt. Über ein Display der Smartwatch sieht die hörgeschädigte Person die Bedeutung des ersten Signals 2.
-
4 zeigt schematisch ein Computerprogrammprodukt 30. Das Computerprogrammprodukt 30 führt das in 5 gezeigte Verfahren aus, wenn das Computerprogrammprodukt 30 in einem Speicher 31 eines Computers 32 ausgeführt wird. Das Computerprogrammprodukt 30 kann mit verschiedenen Computerarchitekturen und verschiedenen Betriebssystemen ausgeführt werden.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren ist in 5 dargestellt. In einem ersten Verfahrensschritt V1 wird wenigstens ein zu einem Schallereignis aus der Umgebung 3 der Auswerteeinrichtung 10 gehörendes erstes Signal 2 erhalten. In einem zweiten Verfahrensschritt V2 wird wenigstens ein zu einer Eigenschaft der Umgebung 3 gehörendes zweites Signal 4 erhalten. Das erste Signal 2 wird in Abhängigkeit des zweiten Signals 4 in einem dritten Verfahrensschritt V3 ausgewertet. In einem vierten Verfahrensschritt V4 wird eine von der Umgebung 3 abhängige Bedeutung des ersten Signals 2 in Abhängigkeit dieser Auswertung erhalten. Die Bedeutung des ersten Signals 2 wird in einem fünften Verfahrensschritt V5 derart ausgegeben, dass die Bedeutung des ersten Signals 2 für die hörgeschädigte Person 1 wahrnehmbar ist. Zum Beispiel erfolgt die Ausgabe visuell oder taktil.
-
Dieses Verfahren eignet sich zur Unterstützung der hörgeschädigten Person 1 in der umgebungsabhängigen Wahrnehmung des Schallereignisses.
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- Person
- 2
- erstes Signal
- 3
- Umgebung
- 4
- zweites Signal
- 5
- drittes Signal
- 10
- Auswerteeinrichtung
- 11
- erste Eingangsschnittstelle
- 12
- zweite Eingangsschnittstelle
- 13
- Ausgangsschnittstelle
- 14
- künstliches neuronales Netzwerk
- 15
- Neuron
- 16
- Verbindung
- 17
- tragbares Computersystem
- 20
- Vorrichtung
- 21
- erstes Mikrofon
- 22
- Sensor
- 30
- Computerprogrammprodukt
- 31
- Speicher
- 32
- Computer
- V1-V5
- Verfahrensschritte