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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft ein ophthalmologisches Implantat mit einer superhydrophilen Oberfläche und ein Verfahren zum Herstellen eines solchen ophthalmologischen Implantats.
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Stand der Technik
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Der graue Star (Katarakt) ist nach wie vor die häufigste Ursache für Erblindung weltweit. Zu seiner Behandlung wird die trübe natürliche Linse entfernt und durch ein ophthalmologisches Implantat (Intraokularlinse, IOL) ersetzt. Die gebräuchlichste Methode zum Einsetzen einer IOL besteht darin, das Implantat zu falten und durch einen kleinen Schnitt in der Hornhaut mit einem Injektor einzuführen. Nach der Injektion entfaltet sich das Implantat im Kapselsack, bis es den gewünschten Endzustand erreicht hat. In dieser Position übernimmt das Implantat die Funktion der ursprünglichen Linse und ermöglicht dem Patienten wieder das Sehen. Eine sehr wichtige Anforderung an ophthalmologische Implantate besteht darin, dass die Entfaltung nach dem Einsetzen zuverlässig und vorhersehbar erfolgt. Wenn diese Anforderung nicht erfüllt ist, kann ein fehlerhaftes Entfalten zu Schäden im Kapselsack führen oder den Operateur dazu zwingen, zusätzliche manuelle Anpassungen vorzunehmen. Ein Hauptproblem bei der Entfaltung stellen regelmäßig die haptischen Teile, die zusammenfassend auch als Haptik bezeichnet werden, dar, da sie als Teil des Grundkörpers nach außen ragen. In der Regel werden die haptischen Teile beim Einsetzen in den Injektor nach innen auf den optischen Teil (Optik) gefaltet und das Implantat zu einem Tubus aufgerollt, so dass die haptischen Teile beim Entfalten den größten Weg innerhalb des Kapselsacks zurücklegen müssen.
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Ein Faktor, der zu einer nicht-optimalen Entfaltung beiträgt, ist die Oberflächenklebrigkeit. Insbesondere bei Implantaten aus Acrylmaterialien wurde in manchen Fällen beobachtet, dass die Haptik dazu neigt, während der Entfaltung über einen längeren Zeitraum auf der Optik zu kleben, was die weitere Entfaltung unzuverlässig macht oder ein Eingreifen des Chirurgen erfordert. Man unterscheidet dabei Fälle, bei denen eine Haptik nach dem manuellen Falten an der Optik haftet, Fälle, bei denen zwei Haptiken aneinander haften (sog. „Handshake“) und Fälle, bei denen sich nach der Injektion nur eine von zwei oder mehr Haptiken vollständig entfaltet. Insbesondere der letzte Fall erfordert meistens einen manuellen Eingriff des behandelnden Arztes. Aber auch bei ophthalmologischen Implantaten, die keine Trennung zwischen optischen und haptischen Teilen besitzen, können entsprechende Entfaltungsprobleme auftreten.
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Eine Möglichkeit, dieses Problem anzugehen, besteht in der Modifikation der Oberflächenklebrigkeit des Implantats. Hierzu wird insbesondere ein Teil der Oberfläche mit einer Polymerschicht aus Heparin beschichtet. Dies führt in der Regel zu einer reduzierten Oberflächenklebrigkeit und letztlich zu einer verbesserten Entfaltung des Implantats nach dem Einsetzen in den Kapselsack. Allerdings weisen auch Heparinbeschichtete Implantate eine für viele Anwendungen zu hohe Klebrigkeit auf. Darüber hinaus ist Heparin biologischen Ursprungs und daher vergleichsweise aufwändig und teuer in der Aufbereitung, um als sichere Beschichtung für medizinische Implantate eingesetzt werden zu können.
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Nach der Kataraktoperation schrumpft der Kapselsack und verbindet sich mit der Oberfläche des Implantats. Gleichzeitig vermehren sich Epithelzellen zwischen dem Implantat und der Kapselsackoberfläche. Im Laufe der Zeit kann diese Zellproliferation zu einer posterioren Kapseltrübung (posterior capsule opacification, PCO, Cataracta secundaria) führen und erfordert schließlich ein Eingreifen des Operateurs, um das Sehvermögen wiederherzustellen. Es gibt verschiedene Ansätze, um den Beginn von PCO zu verzögern, wie z.B. die Implementierung einer scharfen Kante um den optischen Teil eines Implantats herum, die die Zellmigration auf die Optik verlangsamt, oder die Modifikation der Oberfläche des Implantats, um die Zellproliferation auf dieser Oberfläche zu beeinflussen.
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Darstellung der Erfindung
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein ophthalmologisches Implantat zu schaffen, welches sich beim Implantieren zuverlässig entfaltet und die Zellproliferation nach der Implantierung vorteilhaft beeinflusst. Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Herstellung eines solchen ophthalmologischen Implantats anzugeben.
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Die Aufgaben werden erfindungsgemäß durch ein ophthalmologisches Implantat mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 sowie durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 8 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen mit zweckmäßigen Ausbildungen der Erfindung sind in den jeweiligen Unteransprüchen angegeben, wobei vorteilhafte Ausgestaltungen jedes Erfindungsaspekts als vorteilhafte Ausgestaltungen des jeweils anderen Erfindungsaspekts anzusehen sind.
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Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein ophthalmologisches Implantat mit einem Grundkörper, der zumindest bereichsweise eine Schicht mit einer superhydrophilen Oberfläche mit einem Wasserkontaktwinkel <20° aufweist. Mit anderen Worten ist es erfindungsgemäß vorgesehen, dass die Oberfläche des ophthalmologischen Implantats bereichsweise oder vollständig beschichtet ist, wobei die Schicht ihrerseits eine superhydrophile Oberfläche aufweist. Unter einer superhydrophilen Oberfläche ist vorliegend eine Oberfläche zu verstehen, die unter Standardbedingungen (SATP-Bedingungen, Standard Ambient Temperature and Pressure, 25 °C Umgebungstemperatur, 1,013 bar Umgebungsdruck) einen Wasserkontaktwinkel von weniger als 20°, also beispielsweise einen Wasserkontaktwinkel von 19°, 18°, 17°, 16°, 15°, 14°, 13°, 12°, 11°, 10°, 9°, 8°, 7°, 6°, 5°, 4°, 3°, 2°, 1° oder 0° besitzt. Die Messung des Wasserkontaktwinkels kann beispielsweise mit Hilfe eines Kontaktwinkel-Goniometers erfolgen. Mit Hilfe einer superhydrophilen Oberfläche werden die Oberflächenhaftung bzw. die Klebrigkeit der Oberfläche reduziert und die Zellproliferation nach der Implantation vorteilhaft beeinflusst. Durch die verringerte Klebrigkeit kann das Implantat gefaltet oder gerollt werden, ohne dass Teile des Grundkörpers aneinander haften. Das Implantat kann sich dadurch während der chirurgischen Anwendung korrekt entfalten, wodurch auch die Wahrscheinlichkeit eines Nachstars erheblich reduziert wird. Der Grundkörper des Implantats kann grundsätzlich nur bereichsweise oder vollständig mit der Schicht versehen sein. Beispielsweise kann die Schicht 1 %, 2 %, 3 %, 4 %, 5 %, 6%, 7%, 8%, 9%, 10%, 11 %, 12%, 13%, 14%, 15%, 16%, 17%, 18%, 19%, 20 %, 21 %, 22 %, 23 %, 24 %, 25 %, 26 %, 27 %, 28 %, 29 %, 30 %, 31 %, 32 %, 33 %, 34 %, 35 %, 36 %, 37 %, 38 %, 39 %, 40 %, 41 %, 42 %, 43 %, 44 %, 45 %, 46 %, 47 %, 48 %, 49 %, 50 %, 51 %, 52 %, 53 %, 54 %, 55 %, 56 %, 57 %, 58 %, 59 %, 60 %, 61 %, 62 %, 63 %, 64 %, 65 %, 66 %, 67 %, 68 %, 69 %, 70 %, 71 %, 72 %, 73 %, 74 %, 75 %, 76 %, 77 %, 78 %, 79 %, 80 %, 81 %, 82 %, 83 %, 84 %, 85 %, 86 %, 87 %, 88 %, 89 %, 90 %, 91%, 92%, 93%, 94%, 95 %, 96%, 97%, 98%, 99 % oder 100 % der Oberfläche des Grundkörpers bedecken. Generell sind „ein/eine“ im Rahmen dieser Offenbarung als unbestimmte Artikel zu lesen, also ohne ausdrücklich gegenteilige Angabe immer auch als „mindestens ein/mindestens eine“. Umgekehrt können „ein/eine“ auch als „nur ein/nur eine“ verstanden werden.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Schicht ein plasmabehandeltes Parylen umfasst. Unter Parylenen werden Polymere mit Poly-p-xylylen-Struktureinheiten verstanden, die substituiert oder unsubstituiert sein können. Parylene können durch chemische Gasphasenabscheidung erzeugt werden. Das Ausgangsmaterial bzw. der Prekursor ist p-Xylol oder ein entsprechendes Derivat davon. Das Ausgangsmaterial wird verdampft und durch eine Hochtemperaturzone geleitet. Dabei bilden sich reaktive Zwischenstufen, die zum 1,4-Chinondimethan bzw. einem entsprechenden Derivat davon zerfallen. Das 1,4-Chinondimethan bzw. sein Derivat polymerisiert auf der Oberfläche zum kettenförmigen Poly-p-xylylen (Parylen). Parylene besitzen den Vorteil, dass sie mechanisch robust, biokompatibel, elektrisch isolierend, chemisch inert und optisch transparent sind. Bei Parylenen handelt es sich zunächst um hydrophobe Verbindungen, die in der Regel eine geringe Benetzbarkeit mit Wasserkontaktwinkeln >70° aufweisen. Durch eine anschließende Plasmabehandlung ist es jedoch überraschenderweise möglich, Parylene derart zu modifizieren, dass eine superhydrophile Oberfläche entsteht. Mit anderen Worten ist eine plasmabehandelte Parylen-Schicht lediglich im Bereich ihrer Oberfläche superhydrophil, im Schichtinneren und auf der dem Grundkörper zugewandten Seite der Schicht jedoch hydrophob ausgebildet. Parylene erlauben es, dünne Schichten mit guten optischen Eigenschaften zu erzeugen, wodurch eine Parylen-Schicht die optischen Eigenschaften des Implantats sowie die Materialsteifigkeit und damit die Entfaltbarkeit des Implantats nicht negativ beeinflussen. Darüber hinaus können Parylen-basierte Schichten mit reproduzierbaren, präzise einstellbaren Schichtdicken hergestellt werden. Zusätzlich eröffnet eine Parylen-Schicht weitere Möglichkeiten zur PCO-Prävention, da die superhydrophile Oberflächeneigenschaften aufgrund der hervorragenden Benetzbarkeit die Bindung der Implantat-Oberfläche an den Kapselsack positiv beeinflusst. Es versteht sich, dass auch Mischungen aus zwei oder mehr unterschiedlichen Parylenen vorgesehen sein können, um die Schicht auszubilden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass das Parylen wenigstens ein Strukturelement mit der allgemeinen Formel (I)
aufweist, in welcher n eine natürliche Zahl größer 0 bezeichnet und die Reste R unabhängig voneinander aus einer Gruppe gewählt sind, die H, F, Cl, Br und I umfasst bzw. aus diesen Elementen besteht. Hierdurch können die chemischen, mechanischen, biologischen und optischen Eigenschaften der Schicht optimal an den jeweiligen Einsatzzweck des Implantats angepasst werden.
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Weitere Vorteile ergeben sich, indem das Parylen wenigstens ein Strukturelement aufweist, das aus einer Gruppe ausgewählt ist, die
umfasst. Mit anderen Worten ist es vorgesehen, dass das Parylen ein oder mehrere Strukturelemente aus der Gruppe Poly(p-xylylen) (Parylen N), Poly(chlor-p-xylylen) (Parylen-C), Poly(dichlor-p-xylylen) (Parylen D) und/oder Poly(tetrafluor-p-xylylen) (Parylen-F) enthält oder eines der genannten Parylene ist. Es versteht sich, dass zumindest im Bereich der Oberfläche der Parylen-Schicht durch die Plasmabehandlung abweichende Strukturelemente erzeugt werden. Die genannten Strukturelemente führen zu besonders vorteilhaften optischen und mechanischen Eigenschaften der Schicht.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist das Implantat als Intraokularlinse, insbesondere akkommodierende Intraokularlinse, Ring, insbesondere Kapselspannring, oder Schlauch ausgebildet. Hierdurch können die erfindungsgemäß realisierbaren Vorteile im Rahmen unterschiedlicher Augenoperationen und Implantattypen realisiert werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass der Grundkörper wenigstens einen optischen Teil und wenigstens einen haptischen Teil umfasst, wobei die Schicht mit der superhydrophilen Oberfläche auf dem optischen Teil und/oder auf dem haptischen Teil angeordnet ist. Hierdurch kann wahlweise die Klebrigkeit des optischen und/oder des haptischen Teils reduziert werden. Die Schicht kann dabei grundsätzlich den gesamten optischen Teil und/oder den gesamten haptischen Teil bedecken oder lediglich einen oder mehrere Teilbereiche des optischen und/oder haptischen Teils bedecken. Alternativ oder zusätzlich ist vorgesehen, dass der Grundkörper eine elektronische Schaltung, insbesondere ein Mikrogerät, umfasst, auf welcher die Schicht mit der superhydrophilen Oberfläche angeordnet ist. Hierdurch können etwaige vorhandene elektronische Schaltungen, durch die das Implantat mit zusätzlichen Funktionen versehen werden kann, vor Korrosion und sonstigen Beeinträchtigungen durch die okulare Umgebung geschützt sowie elektrisch isoliert und vor Kurzschlüssen und dergleichen geschützt werden.
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Weitere Vorteile ergeben sich, indem die Schicht mit der superhydrophilen Oberfläche eine maximale Dicke von 1000 nm, das heißt beispielsweise eine Dicke von 1000 nm, 950 nm, 900 nm, 850 nm, 800 nm, 750 nm, 700 nm, 650 nm, 600 nm, 550 nm, 500 nm, 450 nm, 400 nm, 350 nm, 300 nm, 250 nm, 200 nm, 150 nm, 100 nm, 99 nm, 98 nm, 97 nm, 96 nm, 95 nm, 94 nm, 93 nm, 92 nm, 91 nm, 90 nm, 89 nm, 88 nm, 87 nm, 86 nm, 85 nm, 84 nm, 83 nm, 82 nm, 81 nm, 80 nm, 79 nm, 78 nm, 77 nm, 76 nm, 75 nm, 74 nm, 73 nm, 72 nm, 71 nm, 70 nm, 69 nm, 68 nm, 67 nm, 66 nm, 65 nm, 64 nm, 63 nm, 62 nm, 61 nm, 60 nm, 59 nm, 58 nm, 57 nm, 56 nm, 55 nm, 54 nm, 53 nm, 52 nm, 51 nm, 50 nm, 49 nm, 48 nm, 47 nm, 46 nm, 45 nm, 44 nm, 43 nm, 42 nm, 41 nm, 40 nm, 39 nm, 38 nm, 37 nm, 36 nm, 35 nm, 34 nm, 33 nm, 32 nm, 31 nm, 30 nm, 29 nm, 28 nm, 27 nm, 26 nm, 25 nm, 24 nm, 23 nm, 22 nm, 21 nm, 20 nm, 19 nm, 18 nm, 17 nm, 16 nm, 15 nm, 14 nm, 13 nm, 12 nm, 11 nm, 10 nm, 9 nm, 8 nm, 7 nm, 6 nm, 5 nm, 4 nm, 3 nm, 2 nm oder 1 nm besitzt, wobei entsprechende Zwischenwerte als mitoffenbart anzusehen sind. Hierdurch können die mechanischen und optischen Eigenschaften der Schicht optimal an den jeweiligen Einsatzzweck angepasst werden. Dabei kann grundsätzlich vorgesehen sein, dass die Schicht zumindest im Wesentlichen eine gleichmäßige Schichtdicke besitzt. Alternativ kann die Schichtdicke lokal variieren.
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Ein zweiter Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines ophthalmologischen Implantats, bei welchem ein Grundkörper bereitgestellt und zumindest bereichsweise eine Schicht mit einer superhydrophilen Oberfläche mit einem Wasserkontaktwinkel <20° auf dem Grundkörper hergestellt wird. Mit Hilfe einer superhydrophilen Oberfläche werden die Oberflächenhaftung bzw. die Klebrigkeit der Oberfläche reduziert und die Zellproliferation nach der Implantation vorteilhaft beeinflusst. Durch die verringerte Klebrigkeit kann das Implantat gefaltet oder gerollt werden, ohne dass Teile des Grundkörpers aneinander haften. Das Implantat kann sich dadurch während der chirurgischen Anwendung korrekt entfalten, wodurch auch die Wahrscheinlichkeit eines Nachstars erheblich reduziert wird. Weitere Vorteile sind den Beschreibungen des ersten Erfindungsaspekts zu entnehmen, wobei vorteilhafte Ausgestaltungen des ersten Erfindungsaspekts als vorteilhafte Ausgestaltungen des zweiten Erfindungsaspekts anzusehen sind. Umgekehrt sind vorteilhafte Ausgestaltungen des zweiten Erfindungsaspekts als vorteilhafte Ausgestaltungen des ersten Erfindungsaspekts anzusehen.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die superhydrophile Schicht hergestellt wird, indem der Grundkörper durch physikalische und/oder chemische Gasphasenabscheidung mit wenigstens einem Parylen und/oder einem Parylen-Prekursor beschichtet wird, wonach die Schicht mit einem Plasma beaufschlagt wird. Durch die physikalische und/oder chemische Gasphasenabscheidung können die Dicke und Beschaffenheit der resultierenden Schicht optimal gesteuert werden. Mit Hilfe der anschließenden Plasmabehandlung kann nicht nur die superhydrophile Oberfläche hergestellt, sondern grundsätzlich auch die Schichtdicke der Schicht sowie die Geometrie der Schicht eingestellt bzw. modifiziert werden. Über die geeignete Wahl der Parameter der Plasmabehandlung, das heißt beispielsweise durch Wahl der Temperatur, der Frequenz, des Plasmatyps (z. B. O2, CO2 usw.), der Dauer und der Gaszusammensetzung kann die jeweils gewünschte superhydrophile Oberfläche erzeugt werden, ohne das Implantat oder die Schicht zu beschädigen. Vorzugsweise wird das Implantat, wenn es nur teilweise beschichtet ist, nur im Bereich der Schicht mit Plasma beaufschlagt, aber nicht in unbeschichteten Bereichen.
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Weitere Vorteile ergeben sich, indem die Schicht mit wenigstens einem pharmakologischen Wirkstoff versehen wird. Hierdurch kann die superhydrophile Schicht zusätzlich als Wirkstoffabgabesystem fungieren und im implantierten Zustand des ophthalmologischen Implantats den wenigstens einen pharmakologischen Wirkstoff abgeben. Ein Wirkstoff im Sinne der vorliegenden Offenbarung kann generell ein pharmakologisch wirksamer Stoff, der gegebenenfalls in Form seines Salzes, als Konjugat etc. vorliegt, und/oder eine Vorläufersubstanz („Prodrug“) sein, die erst nach Metabolisierung aktiv wird. Der wenigstens eine Wirkstoff kann beispielsweise ausgewählt sein aus einer Gruppe, die steroidale und nicht-steroidale Entzündungshemmer, insbesondere COX-2-Hemmer, Prostaglandine und/oder Prostamide, Antibiotika und Betablocker umfasst. Hierdurch kann die pharmakologische Wirkung des Implantats optimal an unterschiedliche zu erwartende körpereigene Reaktionen und potenzielle Komplikationen, beispielsweise an Entzündungsreaktionen und/oder PCO, angepasst werden.
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Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen, den Figuren und der Figurenbeschreibung. Die vorstehend in der Beschreibung genannten Merkmale und Merkmalskombinationen, sowie die nachfolgend in der Figurenbeschreibung genannten und/oder in den Figuren alleine gezeigten Merkmale und Merkmalskombinationen sind nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen verwendbar, ohne den Rahmen der Erfindung zu verlassen. Es sind somit auch Ausführungen von der Erfindung als umfasst und offenbart anzusehen, die in den Figuren nicht explizit gezeigt und erläutert sind, jedoch durch separierte Merkmalskombinationen aus den erläuterten Ausführungen hervorgehen und erzeugbar sind. Es sind auch Ausführungen und Merkmalskombinationen als offenbart anzusehen, die somit nicht alle Merkmale eines ursprünglich formulierten unabhängigen Anspruchs aufweisen. Es sind darüber hinaus Ausführungen und Merkmalskombinationen, insbesondere durch die oben dargelegten Ausführungen, als offenbart anzusehen, die über die in den Rückbezügen der Ansprüche dargelegten Merkmalskombinationen hinausgehen oder von diesen abweichen. Dabei zeigt:
- 1 eine schematische Darstellung eines Verfahrens zum Herstellen eines erfindungsgemäßen ophthalmologischen Implantats mit einer superhydrophilen Schicht;
- 2 ein Diagramm mit der durchschnittlichen Verweildauer zweier haptischer Teile, die zuvor auf einen optischen Teil unterschiedlich beschichteter Implantate gedrückt wurden; und
- 3 ein Diagramm der relativen Anzahl von Malen, bei denen während einer Beobachtungszeit von 30 Sekunden keine Ablösung der zwei haptischen Teile festgestellt wurde.
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Bevorzugte Ausführung der Erfindung
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1 zeigt eine schematische Darstellung eines Verfahrens zum Herstellen eines erfindungsgemäßen ophthalmologischen Implantats
1 mit einer oberflächlich superhydrophilen Schicht
2. Zunächst wird in Schritt a) ein Grundkörper
3 bereitgestellt und mittels eines chemischen Gasphasenabscheidungsverfahrens (Chemical vapor deposition, CVD) mit Parylen-Präkursoren
4 beschichtet, welche eine Parylen-Schicht
5 auf der Oberfläche des Grundkörpers
3 bilden. Die erzeugten Parylene weisen exemplarisch ein oder mehrere Strukturelemente aus der Gruppe
sowie eine geringe Benetzbarkeit mit Wasserkontaktwinkeln von >70° auf (siehe Tabelle 1, Implantat D).
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Die Parylen-Schicht 5 wird dann in Schritt b) mit einem Plasma 6, beispielsweise einem O2-, CO2- und/oder Ar-Plasma beaufschlagt. Dadurch entstehen chemische Gruppen mit hoher Affinität für Wasser an der Parylengrenzfläche, die zu der Schicht 2 mit der superhydrophilen Oberfläche mit einem Wasserkontaktwinkel von 0° führen. Der Grundkörper 3 kann dabei grundsätzlich auf seiner gesamten Oberfläche mit der Schicht 2 versehen werden. Alternativ können auch nur bestimmte Oberflächenbereiche mit der Schicht 2 beschichtet werden. Im gezeigten Ausführungsbeispiel wird die Schicht 2 exemplarisch auf einer konvexen Seite eines optischen Teils des Grundkörpers 3 erzeugt.
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Die Schicht 2 kann eine Dicke < 100 nm aufweisen, beispielsweise 18 nm. Eine derartige Schicht 2 weist eine relativ hohe Robustheit, Biokompatibilität, elektrische Passivierung und gute optische Eigenschaften auf. Diese Eigenschaften machen Parylene zu einem idealen Material für die Herstellung von beschichteten Implantaten 1 mit geringer Klebrigkeit und helfen, eine fehlerhafte Entfaltung zu vermeiden. Generell wird man versuchen, die Schicht 2 so dünn wie möglich auszubilden, solange die vorteilhaften Anti-Klebrigkeitseigenschaften erhalten bleiben und die Langzeitstabilität der Schicht 2 nicht beeinträchtigt wird. Die Parameter der Plasmabehandlung (Temperatur, Frequenz, Plasmatyp (z. B. O2, CO2), Dauer, Gaszusammensetzung) müssen so gewählt werden, dass die gewünschte superhydrophile Oberfläche erzeugt wird, ohne den Grundkörper 3 oder die Schicht 2 bzw. 5 zu beschädigen.
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Die Fähigkeit, dünne Schichten 2 mit guten optischen Eigenschaften zu erzeugen, stellt einen vernachlässigbaren Einfluss der Schicht 2 auf die optischen Eigenschaften des Implantats 1 sicher, wodurch nicht nur haptische Teile, sondern auch optische Teile beschichtet werden können. Da CVD-Prozesse Parylen-Schichten 2, 5 mit gleich bleibender Dicke erzeugen können, ist es möglich, das optische Design des Implantats 1 zuverlässig auf die Schicht 2 abzustimmen. Darüber hinaus beeinflussen Schichten 2 mit geringer Dicke die Materialsteifigkeit des Grundkörpers nicht nennenswert und beeinflussen daher dessen Entfaltung nicht negativ.
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Die superhydrophile Oberfläche der Schicht 2 kann mit Bindungsstellen der nach einer Kataraktoperation im Kapselsack verbleibenden Zellen interagieren und deren Adhäsion und Proliferation an der Oberfläche des Implantats 1 und damit die Notwendigkeit einer postoperativen Kataraktoperation reduzieren. Auf diese Weise entsteht eine Oberfläche, die die Entfaltung des Implantats 1 nach der chirurgischen Umsetzung verbessert und die PCO-Raten für dieses Implantat 1 senkt.
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Die Fähigkeit, das Anhaften von Haptiken an Optiken für Grundkörper
3 aus einem hydrophoben Material zu reduzieren, wurde mit einer Reihe von Messungen nachgewiesen. Zu diesem Zweck wurden hydrophobe Intraokularlinsen vom Typ „Lucia 611“ der Carl Zeiss Meditec AG mit und ohne Heparinbeschichtung hergestellt. Auf je fünf Linsen wurde eine hydrophobe Parylen-Schicht und eine erfindungsgemäße, superhydrophile, Parylen-basierte Schicht
5 aufgebracht. Alle Beschichtungen wurden jeweils nur auf den optischen Teil des IOL-Grundkörpers
3 aufgebracht und wiesen jeweils eine Dicke von etwa 500 nm auf. Dadurch entstanden Oberflächen mit unterschiedlichen Wasserkontaktwinkeln, die in Tabelle 1 angegeben sind.
Tabelle 1: Wasserkontaktwinkel von unterschiedlich beschichteten „Lucia 611“ IOLs
Probe | Beschichtung | Wasserkontaktwinkel [°] unter SATP-Bedingungen |
A | Unbeschichtet | 43 |
B | Heparin | 21 |
C | Parylen mit Plasmabehandlung (erfindungsgemäß) | 0 |
D | Parylen ohne Plasmabehandlung | 86 |
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Die Klebrigkeit wurde bewertet, indem zwei haptische Teile (nicht gezeigt), also ein erster haptischer Teil und ein zweiter haptischer Teil des als Intraokularlinse ausgebildeten Implantats 1, manuell für 30 Sekunden auf den optischen Teil des Grundkörpers 3 gedrückt wurden. Nach Ablauf dieser 30 Sekunden wurde die Zeit aufgezeichnet, die benötigt wurde, bis sich der erste haptische Teil und der zweite haptische Teil jeweils von der Oberfläche des optischen Teils des Grundkörpers 3 gelöst hatten. Zusätzlich wurde die Anzahl der Male gezählt, bei denen sich die haptischen Teile nicht innerhalb von 30 Sekunden von der Optik gelöst hatten. Die Ergebnisse sind in 2 und 3 dargestellt. 2 zeigt dabei ein Diagramm mit der durchschnittlichen Verweildauer t in Sekunden (t [s]) der jeweils zwei haptischen Teile (erster haptischer Teil jeweils linker Balken, zweiter haptischer Teil jeweils rechter Balken), die wie beschrieben auf den optischen Teil der unterschiedlich beschichteten Implantate A bis D gedrückt wurden. Die durchschnittliche Verweildauer wurde jeweils anhand von 50 Versuchen mit einer jeweiligen Beobachtungszeit von maximal 30 Sekunden ermittelt. 3 zeigt ein Diagramm der relativen Anzahl von Malen (RA), bei denen während der Beobachtungszeit von 30 Sekunden keine Ablösung der jeweils zwei haptischen Teile (erster haptischer Teil jeweils linker Balken, zweiter haptischer Teil jeweils rechter Balken) der unterschiedlich beschichteten Implantate A bis D festgestellt wurde.
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Die Ergebnisse zeigen, dass das erfindungsgemäße Implantat C mit der Schicht 2 aus plasmabehandeltem Parylen sogar besser abschneidet als das mit Heparin beschichtete Implantat B. Daher sind superhydrophile Schichten 2 ein geeignetes Mittel, um die Klebrigkeit des Grundkörpers 3 zu reduzieren und die Entfaltung von an sich hydrophoben Grundkörpern 3 zu verbessern.
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Generell können alle geeigneten Arten von Parylen sowie weitere geeignete Verbindungen zur Beschichtung verwendet werden, sofern sie sich zur Herstellung einer superhydrophilen Oberfläche mit geringer Klebrigkeit eignen. Die Parameter der Plasmabehandlung (z. B. Temperatur, Frequenz, Plasmatyp, Dauer, Gaszusammensetzung) können bedarfsweise variiert werden. Andere Behandlungen, die die Oberfläche der Schicht 5 bzw. 2 verändern, sind ebenfalls möglich (z. B. Bindung von Proteinen oder Medikamenten, um die Zelladhäsion weiter zu beeinflussen und die Anti-PCO-Fähigkeiten zu verbessern), solange die geringe Klebrigkeit, Superhydrophilie, optische Eigenschaften, Langzeitstabilität oder Biokompatibilität nicht beeinträchtigt werden. Dazu gehören auch mögliche kooperative PVD/CVD-Prozesse mit anderen möglichen Materialien.
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Da Parylen ein elektrischer Isolator und chemisch inert ist, kann es auch verwendet werden, um Implantate 1 mit Mikroelektronik herzustellen. In einem ersten Schritt können elektrische Schaltungen oder andere elektrische Mikrovorrichtungen in oder auf den Grundkörper 3 angebracht werden. In einem zweiten Schritt können Parylen-basierte Schichten 5 oder auf anderen Polymeren basierende Schichten 5 wie beschrieben abgeschieden und plasmabehandelt werden, um diese Schaltkreise vor Korrosion zu schützen und einen Kurzschluss oder anderweitige Beschädigungen innerhalb der okularen Umgebung zu verhindern.
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Die in den Unterlagen angegebenen Parameterwerte zur Definition von Prozess- und Messbedingungen für die Charakterisierung von spezifischen Eigenschaften des Erfindungsgegenstands sind auch im Rahmen von Abweichungen - beispielsweise aufgrund von Messfehlern, Systemfehlern, Einwaagefehlern, DIN-Toleranzen und dergleichen - als vom Rahmen der Erfindung mitumfasst anzusehen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Ophthalmologisches Implantat
- 2
- superhydrophile Schicht
- 3
- Grundkörper
- 4
- Präkursor
- 5
- Schicht
- 6
- Plasma