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Die Erfindung betrifft einen Sensor und ein System zur Ermittlung der Körperhaltung sowie ein Verfahren zur Beeinflussung der Körperhaltung eines Nutzers.
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Rückenprobleme stellen ein zahlenmäßig sehr häufiges und kostspieliges Gesundheitsproblem in den westlichen Industrienationen dar. Obwohl in den jeweiligen Ländern hohe Ausgaben zur Beseitigung oder zumindest Linderung von Rückenbeschwerden getätigt werden, bleiben die Ausfälle, die auf Rückenprobleme zurückzuführen sind, relativ konstant. Ein Grund hierfür ist die zunehmende Arbeit an Schreibtischen und Computern.
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Ein neues Krankheitsbild entsteht durch die zunehmende Verwendung von mobilen Endgeräten. Die Nutzer nehmen bei der Nutzung derartiger mobiler Endgeräte eine ungewöhnliche Haltung ein, die zu einem sog. „tech neck“ führt.
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Ausgehend hiervon ist es Aufgabe der Erfindung, eine Sensoreinheit anzugeben, die eine Messung der Körperhaltung mit hinreichender Genauigkeit ermöglicht, damit basierend auf den dadurch gewonnenen Messwerten eine Art virtueller Haltungstrainer geschaffen werden kann.
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Die Aufgabe wird durch eine Sensoreinheit gemäß den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche. Ein System zur Ermittlung der Körperhaltung ist Gegenstand des Patentanspruchs 12 und ein Verfahren zur Beeinflussung der Körperhaltung ist Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 18.
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Gemäß einem ersten Aspekt bezieht sich die Erfindung auf eine Sensoreinheit zur Messung der Körperhaltung eines Nutzers. Die Sensoreinheit umfasst einen flexiblen Sensorabschnitt, der zur flächigen Anlage an einem Körperabschnitt eines Nutzers ausgebildet ist. „Flexibel“ bedeutet hierbei, dass der Sensorabschnitt bei einer Beugung oder Wölbung des Körperabschnitts dieser Beugung bzw. Wölbung folgen kann. Der Sensorabschnitt umfasst zumindest einen Sensor, der zur Messung der Beugung bzw. Wölbung des Körperabschnitts ausgebildet ist, an dem der flexible Sensorabschnitt angeordnet ist. Die Sensoreinheit umfasst eine Auswerteeinheit zum Empfang von Messinformationen des Sensors, wobei die Auswerteeinheit derart ausgebildet ist, dass eine Messreihe mit einer Vielzahl von zeitlich aufeinanderfolgenden Messwerten gebildet wird. Die Auswerteeinheit ist ferner dazu ausgebildet, die Messreihe mittels eines Auswertemodells zu analysieren oder die Messreihe an ein mit der Sensoreinheit über eine Kommunikationsverbindung gekoppeltes Endgerät, das zur Analyse der Messreihe mittels eines Auswertemodells ausgebildet ist, zu übertragen.
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Der technische Vorteil der Sensoreinheit besteht darin, dass die Sensoreinheit sich sehr genau an den Körperabschnitt, insbesondere an die Haut des Körperabschnitts, anlegen kann und damit eine hochgenaue Messung des Beugungs- bzw. Wölbungszustands möglich ist. Die Bildung einer Messreihe, die anschließend ausgewertet wird, hat den technischen Vorteil, dass nicht einzelne Messwerte sondern Muster in den Messwerten der Messreihe erkannt und ausgewertet werden können, was wiederum zu einer höheren Messgenauigkeit führt.
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Gemäß einer Ausführungsform ist die Auswerteeinheit dazu ausgebildet, basierend auf im Rahmen einer Auswertung der Messreihe erhaltener Auswerteinformationen über ein Nutzerinterface eine optische, akustische und/oder haptische Nutzeranweisung zur Beeinflussung der Körperhaltung an den Nutzer auszugeben. Dadurch kann die Sensoreinheit selbst Nutzeranweisungen, die den Nutzer zu einer Änderung der Körperhaltung auffordern, abgeben, was eine autarke Verwendung der Sensoreinheit ohne Kopplung mit einem Endgerät ermöglicht.
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Gemäß einer Ausführungsform weist der flexible Sensorabschnitt eine Klebefläche auf, um den Sensorabschnitt klebend an der Haut des Nutzers im Bereich des Körperabschnitts zu fixieren. Die Klebefläche ist dabei vorzugsweise vollflächig oder im Wesentlichen vollflächig an der Unterseite des Sensorabschnitts vorgesehen. Dadurch kann der Sensorabschnitt sicher an dem Körperabschnitt befestigt werden und den Haltungsänderungen, insbesondere unterschiedlichen Beugungszuständen mit hoher Genauigkeit folgen.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst der Sensor zumindest einen Biegesensor oder der Sensorabschnitt weist mehrere in einer Reihe entlang einer Längsachse des Sensorabschnitts angeordnete Winkelsensoren auf. Der Biegesensor kann beispielsweise länglich und plättchenartig ausgebildet sein, so dass dieser flexibel den Beugungsänderungen des Körperabschnitts folgen kann. Die Länge des Biegesensors kann beispielsweise mehr als 8cm, vorzugsweise mehr als 10 cm betragen, damit dieser Beugungsänderungen beispielsweise im Bereich der Wirbelsäule geeignet aufnehmen kann. Der Biegesensor kann vorzugsweise ein resistiver Biegesensor sein. Dadurch wird eine hochgenaue Erfassung von Messwerten ermöglicht.
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Gemäß einer Ausführungsform weist der Sensorabschnitt eine Schicht aus biokompatiblem Material, insbesondere eine Polyurethan-Schicht auf, die zur Trennung des zumindest einen Sensors von der Haut des Nutzers ausgebildet ist, an der die Sensoreinheit befestigbar ist. Dadurch wird zum einen ein hochflexibler Träger für den Sensor und die Auswerteeinheit geschaffen, zum anderen zeichnet sich dieser Träger durch eine hohe Hautverträglichkeit aus, so dass die Sensoreinheit auch über einen längeren Zeitraum von einem Nutzer getragen werden kann, ohne dass Hautreizungen entstehen.
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Gemäß einer Ausführungsform ist die Sensoreinheit zweiteilig ausgebildet, und zwar derart, dass die Auswerteeinheit lösbar an dem Sensorabschnitt angeordnet ist. Dadurch kann die Auswerteeinheit von dem Sensorabschnitt abgenommen werden, ohne dass der Sensorabschnitt selbst von dem Körperabschnitt des Nutzers abgenommen werden muss. Dies kann beispielsweise zum Baden bzw. Duschen oder zum Aufladen des Akkus der Auswerteeinheit vorteilhaft sein.
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Gemäß einer Ausführungsform ist die Auswerteeinheit zumindest abschnittsweise formschlüssig in dem Sensorabschnitt festlegbar, insbesondere mittels eines Rastmechanismus oder eines Steckmechanismus. Dadurch kann trotz einer lösbaren Halterung der Auswerteeinheit an dem Sensorabschnitt eine gegen unerwünschtes Lösen sichere Fixierung der Auswerteeinheit erreicht werden.
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Gemäß einer Ausführungsform weist die Auswerteeinheit zumindest einen Mikrokontroller, eine Speichereinheit, eine Energieversorgungseinheit und Kontaktflächen zur elektrischen Kopplung mit dem zumindest einen Sensor des Sensorabschnitts auf. Die Speichereinheit kann dabei Bestandteil des Mikrokontrollers sein oder eine davon getrennte Speichereinheit. Eine derart ausgebildete Auswerteeinheit kann Messwerte von dem zumindest einen Sensor erfassen, diese Verarbeiten (beispielsweise mittels einer Analog/Digital-Wandlung) und ggf. eine Auswertung einer Messreihe, die eine Vielzahl von Messwerten aufweist, vornehmen.
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Gemäß einer Ausführungsform weist der Sensorabschnitt eine Ausnehmung auf, in die die Auswerteeinheit einsetzbar ist. Dadurch lässt sich eine sichere Halterung der Auswerteeinheit am Sensorabschnitt erzielen.
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Gemäß einer Ausführungsform weist der Sensorabschnitt einen Positionierungsabschnitt auf, mittels dem sich der Sensorabschnitt relativ zu einem ertastbaren Körperfunktionspunkt (z.B. der „vertebus prominens“) ausrichten lässt. Der Positionierungsabschnitt kann beispielsweise durch eine Öffnung gebildet sein, durch die hindurch ein Körperfunktionspunkt erstastbar ist. Alternativ kann der Positionierungsabschnitt durch eine Vertiefung, Erhebung oder sonstige Markierung gebildet werden, die durch den Nutzer ertastbar ist. Dadurch lässt sich die Sensoreinheit bzw. der Sensorabschnitt von einem Nutzer selbst ohne Unterstützung durch eine weitere Person an dem Körperabschnitt relativ zu dem Körperfunktionspunkt ausrichten und fixieren.
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Gemäß einer Ausführungsform ist der Positionierungsabschnitt im Bereich der Ausnehmung vorgesehen, in die die Auswerteeinheit einsetzbar ist. Vorzugsweise ist die Ausnehmung des Sensorabschnitts ringartig ausgebildet und umschließt eine Öffnung, durch welche hindurch der Körperfunktionspunkt ertastbar ist. Dadurch wird erreicht, dass der Positionierungsabschnitt nach dem Einsetzen der Auswerteeinheit durch diese überdeckt bzw. verschlossen wird.
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Gemäß einer Ausführungsform ist die Auswerteeinheit zur zumindest teilweisen Auswertung der Messreihe basierend auf einem Auswertemodell ausgebildet. Insbesondere kann das Auswertemodell dazu ausgebildet sein, die Messreihe mit vorgegebenen Referenzmustern oder Schwellwerten zu vergleichen und basierend auf diesem Vergleich gezielt Nutzeranweisungen abzugeben. Dadurch kann ein zumindest teilweise autarker Betrieb der Sensoreinheit ohne Kopplung mit einem Endgerät, beispielsweise einem Smartphone oder einem Tablet-PC ermöglicht werden.
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Gemäß einer Ausführungsform ist die Auswerteeinheit zur Anpassung des Auswertemodells basierend auf Anpassungsinformationen vorgesehen, die über eine Datenkommunikationsverbindung empfangen werden. Die Anpassungsinformationen können dabei entweder modifizierte Parameter des Auswertemodells oder ein gänzlich modifiziertes Auswertemodell sein. Damit kann das Auswertemodell über die Nutzungsdauer der Sensoreinheit an dem jeweiligen Körperabschnitt an den Nutzer angepasst werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein System zur Ermittlung der Körperhaltung eines Nutzers. Das System umfasst eine Sensoreinheit, die zur Anordnung an einem Körperabschnitt eines Nutzers ausgebildet ist und zumindest eine Rechnereinheit, die mit der Sensoreinheit über zumindest eine Datenverbindung gekoppelt ist, wobei:
- - die Sensoreinheit dazu ausgebildet ist, eine Messreihe mit einer Vielzahl von zeitlich aufeinanderfolgenden Messwerten zu ermitteln, wobei die Messwerte jeweils Informationen bezüglich der Beugung des Körperabschnitts zu einem bestimmten Zeitpunkt enthalten;
- - die Rechnereinheit dazu ausgebildet ist, die Messreihe oder davon abgeleitete Informationen auszuwerten, um Anpassungsinformationen mittels eines maschinellen Lernverfahrens bereitzustellen, basierend auf denen ein Auswertemodell, das zur Ermittlung von Körperhaltungsinformationen verwendet wird, an den jeweiligen Nutzer anpassbar ist.
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Der Vorteil des Systems besteht darin, dass ein selbstlernendes System geschaffen wird, das basierend auf ermittelten Messreihen, ausgegebenen Nutzeranweisungen und der Veränderung der zeitlich nachfolgend ermittelten Messreihen eine Anpassung des Auswertemodells an den jeweiligen Nutzer und dabei durch die Anpassung des Auswertemodells eine Verbesserung der Körperhaltung des Nutzers ermöglicht.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Systems ist die Sensoreinheit entweder direkt mit der Rechnereinheit über eine Datenverbindung gekoppelt oder über ein Endgerät, das zum einen über eine erste Kommunikationsverbindung mit der Sensoreinheit und über eine zweite Kommunikationsverbindung mit der Rechnereinheit gekoppelt ist. Im ersten Fall ist die Sensoreinheit selbst zur Durchführung des Auswertemodells ausgebildet und die Modellanpassung wird durch direkte Interaktion mit der Rechnereinheit (d.h. ohne ein zwischengeschaltetes Endgerät) erreicht. Im zweiten Fall kann das Auswertemodell auf dem Endgerät durchgeführt werden, so dass die Sensoreinheit selbst lediglich Messreihen an das Endgerät übermittelt und dieses Endgerät die Auswertung der Messreihe basierend auf dem Auswertemodell vornimmt.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Systems ist die Sensoreinheit zum Empfang der Anpassungsinformationen und zur Ermittlung von Körperhaltungsinformationen mittels eines Auswertemodells ausgebildet, das basierend auf den Anpassungsinformationen an den jeweiligen Nutzer angepasst wird. Dadurch kann die Sensoreinheit ohne Kopplung mit einem Endgerät betrieben werden.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Systems ist das Endgerät zum Empfang der Anpassungsinformationen und zur Ermittlung von Körperhaltungsinformationen mittels eines Auswertemodells ausgebildet, das basierend auf den Anpassungsinformationen an den jeweiligen Nutzer angepasst ist. Dadurch wird die Auswertung der Messreihen durch das Endgerät vorgenommen, was die Hardware der Sensoreinheit vereinfacht, da keine Ressourcen für die Auswertung der Messreihen nötig sind.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Systems ist die Sensoreinheit und/oder das Endgerät zur Generierung einer Nutzeranweisung ausgebildet, die über ein Nutzerinterface der Sensoreinheit oder ein Interface des Endgeräts ausgegeben wird. Dadurch können Nutzeranweisungen an den Nutzer abgegeben werden, die diesen zu einer gezielten Veränderung der Körperhaltung auffordern. Die Nutzeranweisungen können in haptischer Form beispielsweise als Vibrationssignal, in akustischer Form, beispielsweise als Sprachanweisung oder in optischer Form, beispielsweise als Anweisung am Display eines Endgeräts oder in Form jeglicher Kombination ausgegeben werden.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Systems ist die Sensoreinheit oder das Endgerät dazu ausgebildet ist, die Auswertung der Messreihe unter Berücksichtigung der zuvor dem Nutzer bereitgestellten Nutzeranweisung vorzunehmen. Dadurch kann die Reaktion des Nutzers auf eine bestimmte Nutzeranweisung bewertet und damit der Nutzen dieser Nutzeranweisung für die Verbesserung der Körperhaltung beurteilt werden. Abhängig davon können zu einem späteren Zeitpunkt abzugebende Nutzeranweisungen ausgewählt werden, beispielsweise diejenigen, die zu einer hinreichend hohen Verbesserung der Körperhaltung geführt haben.
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Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Beeinflussung der Körperhaltung eines Nutzers. Das Verfahren umfasst dabei die folgenden Schritte:
- - Erfassen einer Messreihe mit einer Vielzahl von zeitlich aufeinanderfolgenden Messwerten mittels einer Sensoreinheit, wobei die Messwerte jeweils Informationen bezüglich der Beugung des Körperabschnitts an einem bestimmten Zeitpunkt enthalten;
- - Übertragen der Messreihe oder davon abgeleiteter Informationen an eine Rechnereinheit;
- - Auswerten der Messreihe oder davon abgeleiteter Informationen die durch die Rechnereinheit;
- - Erzeugen von Anpassungsinformationen mittels eines maschinellen Lernverfahrens basierend auf den in der Messreihe enthaltenen Informationen;
- - Auswerten der Messreihe mittels eines Analysemodells, das unter Berücksichtigung der Anpassungsinformationen modifiziert wurde; und
- - Beeinflussen der Körperhaltung eines Nutzers basierend auf der durch das Analysemodell vorgenommenen Auswertung durch Ausgeben einer optischen, akustischen und/oder haptischen Nutzeranweisung an den Nutzer.
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Der Vorteil des Verfahrens besteht u.a. darin, dass die Körperhaltung des Nutzers basierend auf einem selbstlernenden Analysemodell beeinflusst wird, das sich an die jeweilige Ausgangssituation des Nutzers und den anschließenden nutzerabhängigen Trainingserfolg adaptieren kann.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Verfahrens wird zu Beginn eines Nutzertrainings eine Messreihe ermittelt und basierend darauf werden nutzerspezifische Körperhaltungs-Ausgangsinformationen abgeleitet. Dadurch startet das Verfahren nicht an irgendeiner fiktiv angenommenen Ausgangssituation sondern an einer Ausgangssituation, die nutzerspezifisch ermittelt wurde.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Verfahrens wird basierend auf den nutzerspezifischen Körperhaltungs-Ausgangsinformationen zumindest eine Nutzeranweisung an den Nutzer zur Änderung der Körperhaltung abgegeben. Basierend auf zumindest einer Messreihe, die aufgrund der Nutzeranweisung ermittelt wird, wird anschließend ein nutzerspezifisches Analysemodell bereitgestellt. Insbesondere kann dadurch der aktuelle Körperhaltungszustand und die Veränderung der Körperhaltung auf unterschiedliche Nutzeranweisungen analysiert werden. Basierend darauf kann dann das Analysemodell angepasst werden, und zwar derart, dass versucht wird, den Nutzer ausgehend von seinem aktuellen Körperhaltungszustand schrittweise an einen verbesserten Körperhaltungszustand heranzuführen.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Verfahrens wird das Analysemodell durch Ausgeben von Nutzeranweisungen an den Nutzer und durch die Auswertung der Messreihe, die nach dem Ausgeben der Nutzeranweisungen an den Nutzer erfasst wird, an den jeweiligen Nutzer und dessen aktuelle Körperhaltung adaptiert. Dadurch kann das Auswertemodell sukzessive an den durch das Training veränderten Körperhaltungszustand bzw. die Reaktion des Nutzers auf Nutzeranweisungen angepasst werden.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Verfahrens werden Nutzeranweisungen an den Nutzer ausgegeben, die daraufhin ermittelten Messreihen analysiert und die Nutzeranweisungen basierend auf den ermittelten Messreihen hinsichtlich einer Erzielung einer Verbesserung der Körperhaltung ausgewertet. Dadurch lassen sich -bezogen auf den jeweiligen Nutzer - effektive Nutzeranweisungen von weniger effektiven Nutzeranweisungen unterscheiden, so dass die sich als wirksam erweisenden Nutzeranweisungen bevorzugt verwendet werden können.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Verfahrens wird die Messreihe basierend auf Referenzmustern des Analysemodells ausgewertet, wobei die Referenzmuster unterschiedlichen Körperhaltungen, Bewegungsmustern und/oder Körperaktivitäten zugeordnet sind und basierend auf der Erkennung eines Referenzmusters in der Messreihe auf eine Körperhaltung, ein Bewegungsmuster und/oder eine Körperaktivität rückgeschlossen wird. Dadurch lässt sich durch Auswerten der Messreihe mittels einer Mustererkennung detektieren, wann der Nutzer eine bestimmte Körperhaltung einnimmt bzw. ein bestimmtes Bewegungsmuster und/oder eine Körperaktivität vollzieht. Die Referenzmuster können dabei ebenfalls durch maschinelles Lernen an den Nutzer adaptiert werden.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel des Verfahrens werden bei der Auswertung der Messreihe basierend auf Referenzmustern des Analysemodells Wahrscheinlichkeitswerte berechnet, die angeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Übereinstimmung zwischen der Messreihe und dem jeweiligen Referenzmuster vorliegt und dass basierend auf einem Vergleich der Wahrscheinlichkeitswerte auf eine bestimmte Körperhaltung, ein bestimmtes Bewegungsmuster und/oder eine bestimmte Körperaktivität rückgeschlossen wird. Dadurch kann auch bei nicht eindeutig erkennbaren Referenzmustern mit einer hinreichenden Genauigkeit auf eine Körperhaltung, ein Bewegungsmuster und/oder eine Körperaktivität rückgeschlossen werden.
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Unter „maschinelles Lernverfahren“ im Sinne der vorliegenden Erfindung wird jegliches Verfahren verstanden, das durch eine Rechnereinheit durchgeführt werden kann und dazu in der Lage ist, Muster bzw. Gesetzmäßigkeiten in Messreihen zu erkennen. Ein maschinelles Lernverfahren kann beispielsweise auf einem neuronalen Netz beruhen.
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Unter „Nutzer“ im Sinne der vorliegenden Erfindung wird insbesondere ein menschlicher Nutzer verstanden.
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Unter „Sensor“ im Sinne der vorliegenden Erfindung wird sowohl ein einzelner Sensor verstanden als auch eine Einheit, die eine Gruppe von mehreren Sensoren enthält.
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Unter „Körperhaltung“ im Sinne der vorliegenden Erfindung wird die relative Ausrichtung und/oder die Position von Körperteilen oder Körperabschnitten zueinander verstanden.
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Unter „Beeinflussung der Körperhaltung“ im Sinne der vorliegenden Erfindung wird jegliche Einflussnahme auf die Haltung des gesamten Körpers oder lediglich eines Körperabschnitts verstanden, insbesondere die Haltungsänderung im Bereich der Wirbelsäule und/oder an den Extremitäten.
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Unter „Anpassungsinformationen“ im Sinne der vorliegenden Erfindung werden entweder einzelne Parameter oder ein Satz von Parametern verstanden, die eine Modifizierung des Analysemodells bewirken oder ein modifiziertes, komplettes Analysemodell.
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Unter „Nutzeranweisung“ im Sinne der vorliegenden Erfindung wird eine Anweisung an den Nutzer verstanden, die haptisch, auditiv und/oder visuell abgegeben werden kann. Diese kann beispielsweise eine Vibration, eine gesprochene Anweisung, eine visuelle Ausgabe an einem Endgerät (beispielsweise durch eine schematische Körperdarstellung auf einem Display des Endgeräts) oder aber eine Übungsanweisung sein, die beispielsweise eine Kombination aus haptischen, auditiven oder visuellen Anweisungen ist.
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Die Ausdrücke „näherungsweise“, „im Wesentlichen“ oder „etwa“ bedeuten im Sinne der Erfindung Abweichungen vom jeweils exakten Wert um +/- 10%, bevorzugt um +/- 5% und/oder Abweichungen in Form von für die Funktion unbedeutenden Änderungen.
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Weiterbildungen, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung ergeben sich auch aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen und aus den Figuren. Dabei sind alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten Merkmale für sich oder in beliebiger Kombination grundsätzlich Gegenstand der Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder deren Rückbeziehung. Auch wird der Inhalt der Ansprüche zu einem Bestandteil der Beschreibung gemacht.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand der Figuren an Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 beispielhaft und grob schematisch eine Sensoreinheit in einer seitlichen Schnittdarstellung, wobei die Auswerteeinheit vom Sensorabschnitt abgenommen ist;
- 2 beispielhaft und grob schematisch eine Sensoreinheit in einer Draufsichtdarstellung, wobei die Auswerteeinheit vom Sensorabschnitt abgenommen ist;
- 3 beispielhaft und grob schematisch ein System zur Beeinflussung der Körperhaltung; und
- 4 beispielhaft ein Blockdiagramm zur Veranschaulichung der Schritte eines Verfahrens zur Beeinflussung der Körperhaltung.
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1 und 2 zeigen beispielhaft und schematisch eine Sensoreinheit 1 in unterschiedlichen Ansichten. Die Sensoreinheit 1 ist dazu ausgebildet, an einem Körperabschnitt eines Nutzers, insbesondere eines menschlichen Nutzers, angebracht zu werden, um Informationen über die Beugung dieses Körperabschnitts aufnehmen zu können. Der Körperabschnitt kann beispielsweise ein Bereich am Rücken des Nutzers, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule sein, um die Beugung der Wirbelsäule in einem von der Sensoreinheit 1 überspannten Bereich aufnehmen zu können. Alternativ kann die Sensoreinheit auch an anderen Körperabschnitten, beispielsweise dem Ellbogen, dem Knie, der Hüfte etc. angeordnet werden.
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Die Sensoreinheit 1 umfasst einen Sensorabschnitt 2, an der zumindest ein Sensor 3 vorgesehen ist, und eine Auswerteeinheit 4. Der Sensorabschnitt 2 ist flexibel ausgebildet, um bei einer Beugung des Körperabschnitts dieser Beugung flexibel folgen zu können.
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Der Sensorabschnitt 2 kann vorzugsweise zur klebenden Befestigung an der Haut des Nutzers vorgesehen sein. Beispielsweise kann an der dem Körperabschnitt zugewandten Unterseite des Sensorabschnitts 2 eine Klebefläche 2.3 vorgesehen sein, mittels der der Sensorabschnitt 2 an der Haut des Nutzers im Bereich des zu vermessenden Körperabschnitts festlegbar ist.
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Der Träger 2.4 des Sensorabschnitts 2, an dem die Klebefläche 2.3 und der Sensor 3 vorgesehen ist, kann aus einem flexiblen Material bestehen, das sich gut an die Körperabschnitt auch bei dessen Beugung anpasst und zudem hautverträglich ist. Dieses Trägermaterial kann insbesondere Polyurethan oder ein Polyurethan-haltiges Material sein.
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Der Sensorabschnitt 2 kann insbesondere länglich ausgebildet sein, um eine gewisse Strecke am Körperabschnitt des Nutzers zu überspannen und damit die Beugung des Körperabschnitts geeignet aufnehmen zu können. Die Länge l des Sensorabschnitts 2 kann beispielsweise mindestens 8 cm, vorzugsweise mindestens 10 cm betragen.
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Der zumindest eine Sensor 3 ist beispielsweise an dem Sensorabschnitt 2 vorgesehen, und zwar entweder an der Oberseite des Trägers 2.4 festgelegt oder aber in den Träger 2.4 integriert. Auch eine Anordnung zwischen der Klebefläche 2.3 und dem Träger 2.4 ist möglich. Der Sensor 3 kann beispielsweise ein flexibler Biegesensor sein, dessen Biegegrad den elektrischen Widerstandswert beeinflusst (resistiver Biegesensor). Auch andere Arten von Sensoren, mittels denen eine Beugung eines Körperabschnitts messbar ist, sind grundsätzlich denkbar, beispielsweise eine Kette von Winkelsensoren, mittels denen die Messung der Beugung des Körperabschnitts durch aneinander anschließende Sensorbereiche und die Winkelmessung zwischen diesen Sensorbereichen möglich ist.
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Wie in 1 und 2 ersichtlich, erstreckt sich der Sensor 3 entlang der Längsachse LA des Sensorabschnitts. Der Sensor 3 kann dabei gleichlang oder im Wesentlichen gleichlang wie der Sensorabschnitt 2 ausgebildet sein.
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Der Sensor 3 kann leistenartig geformt sein und mit dessen Breitseite an dem Träger 2.4 festgelegt bzw. in diesen integriert sein. Dadurch wird eine Beugung des Trägers 2.4 auf den Sensor 3 übertragen, so dass die Beugung in ein Messsignal umgewandelt werden kann.
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Die Sensoreinheit 1 ist im gezeigten Ausführungsbeispiel zweiteilig ausgebildet und kann eine vom Sensorabschnitt 2 abnehmbare Auswerteeinheit 4 aufweisen. In anderen Worten ist die Auswerteeinheit 4 als eigenständiges Modul ausgebildet, das aus dem Sensorabschnitt 2 herausgelöst werden kann, beispielsweise zum Duschen, Baden etc. Dadurch kann der Sensorabschnitt 2 an dem Körperabschnitt verbleiben und die Sensoreinheit 1 muss nicht in Gänze vom Körper abgenommen werden, was nachteilig für die erneute Findung derselben Fixierstelle am Körper des Nutzers wäre.
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Zur lösbaren Fixierung der Auswerteeinheit 4 an dem Sensorabschnitt 2 weist der Sensorabschnitt 2 eine Aufnahme 2.1 auf, in die die Auswerteeinheit 4 einsetzbar ist. Die Aufnahme 2.1 kann beispielsweise eine zumindest abschnittsweise formschlüssige Verbindung mit einem Gehäuse der Auswerteeinheit 4 herstellen. Diese formschlüssige Verbindung kann beispielsweise über einen Rastmechanismus oder eine Steckverbindung erfolgen, so dass das Gehäuse der Auswerteeinheit 4 in die Aufnahme 2.1 des Sensorabschnitts 2 einklickbar ist. Auch andere Befestigungsmechanismen, beispielsweise eine Schraubverbindung, sind grundsätzlich denkbar.
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Zur Herstellung einer elektrischen Verbindung zwischen dem Sensorabschnitt 2 und der Auswerteeinheit 4 sind an dem Sensorabschnitt Kontaktabschnitte 2.5 vorgesehen, die mit an der Auswerteeinheit 4 vorgesehenen Kontaktabschnitten korrespondieren. Bei der Anordnung der Auswerteeinheit 4 in der Aufnahme 2.1 wird ein elektrischer Kontakt zwischen den Kontaktabschnitten des Sensorabschnitts 2 und der Auswerteeinheit 4 hergestellt, so dass die von dem Sensor 3 ermittelten Messwerte an die Auswerteeinheit 4 übertragbar sind.
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Die Auswerteeinheit 4 weist vorzugsweise einen Mikrokontroller 4.1, eine Speichereinheit 4.2 und eine Energieversorgungseinheit 4.3, beispielsweise in Form eines wiederaufladbaren Akkus auf. Über den Mikrokontroller 4.1 können die von dem Sensor 3 ermittelten Messwerte empfangen und verarbeitet, ggf. auch basierend auf einem nachfolgend näher beschriebenen Analysemodell analysiert werden. Die Speichereinheit 4.2 dient beispielsweise der Zwischenspeicherung der Daten und ggf. der Speicherung von Informationen eines Analysemodells.
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Bevorzugt weist der Sensorabschnitt 2 einen Positionierungsabschnitt 2.2 auf, über den eine Positionierung der Sensoreinheit 1 gegenüber einem Körperfunktionspunkt erreichbar ist. Der Positionierungsabschnitt 2.2 kann beispielsweise durch eine Ausnehmung oder eine Vertiefungsstelle am Träger des Sensorabschnitts gebildet werden. Im gezeigten Ausführungsbeispiel wird der Positionierungsabschnitt 2.2 durch einen ringartigen mittleren Abschnitt des Sensorabschnitts 2 erreicht, in dessen Innenbereich eine Ausnehmung bzw. Öffnung vorgesehen ist, um einen Körperfunktionspunkt manuell erspüren zu können, auch wenn dieser für einen Nutzer nicht sichtbar liegt. Ein solcher Körperfunktionspunkt kann beispielsweise der sog. „vertebus prominens“ sein, der am Übergang zwischen der Hals- und Brustwirbelsäule liegt. Über diesen Positionierungsabschnitt 2.2 lässt sich der Sensorabschnitt 2 durch den Nutzer selbst lagegenau an dem Körperabschnitt fixieren, ohne dass hierzu eine weitere Person nötig ist.
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Die Auswerteeinheit 4 ist dazu ausgebildet eine Messreihe mit einer Vielzahl von zeitlich aufeinanderfolgenden Messwerten zu empfangen, wobei jeder Messwert eine Information über den Beugungszustand des Körperabschnitts, beispielsweise eines Abschnitts der Wirbelsäule, beinhaltet. Die Messreihe und darin enthaltene Muster werden anschließend basierend auf einem adaptiven Analysemodell ausgewertet, um dadurch Informationen über die Körperhaltung des Nutzers zumindest in dem Körperabschnitt, an dem die Sensoreinheit vorgesehen ist, vorzugsweise aber darüber hinausgehend zu ermitteln.
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Um die Körperhaltung des Nutzers basierend auf den ermittelten Körperhaltungsinformationen beeinflussen zu können, kann die Auswerteeinheit 4 ein Nutzerinterface aufweisen, über das Nutzeranweisungen an den Benutzer ausgegeben werden können. Diese Nutzeranweisungen können beispielsweise haptische Nutzeranweisungen sein, beispielsweise in Form von Vibrationsimpulsen o.ä., akustische Nutzeranweisungen beispielsweise in Form von gesprochenen Therapieanweisungen oder aber auch optisch erfassbare Nutzeranweisungen.
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Nachfolgend wird ein System zur Beeinflussung der Körperhaltung näher beschrieben. Es sei darauf hingewiesen, dass die Sensoreinheit 1 vorzugsweise zumindest zeitweise autark, d.h. ohne Verbindung zu den übrigen Einheiten des Systems betrieben werden kann und in dieser autark arbeitenden Phase Messwerte aufnehmen, Messreihen verarbeiten und Nutzeranweisungen ausgeben kann.
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3 zeigt ein System 10 zur Beeinflussung der Körperhaltung eines Nutzers, das eine vorbeschriebene Sensoreinheit 1 beinhaltet. Das System umfasst zumindest eine Rechnereinheit 12 und vorzugsweise auch zumindest ein Endgerät 11, 11'. Das Endgerät 11, 11' kann ein dem Nutzer zugeordnetes Endgerät sein, beispielsweise ein Handy, Smartphone, Tablet-PC, PC etc. Insbesondere kann das Endgerät 11, 11' ein mobiles Endgerät sein. Auf dem Endgerät 11, 11' ist eine Applikation vorgesehen, die mit der Sensoreinheit 1 und der Rechnereinheit 11, wie nachfolgend beschrieben, zusammenwirkt.
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Die Sensoreinheit 1 kann über eine erste Kommunikationsverbindung mit einem Endgerät 11, 11' verbunden sein. Die erste Kommunikationsverbindung ist beispielsweise eine drahtlose Kommunikationsverbindung, beispielsweise eine Bluetooth-Verbindung o.ä. Das Endgerät 11, 11' kann mittels einer zweiten Kommunikationsverbindung, die über ein Kommunikationsnetz 13, beispielsweise das Internet verläuft, mit einer Rechnereinheit 12 verbunden sein. Die Rechnereinheit 12 kann beispielsweise ein zentraler Server oder aber ein Rechnernetz (sog. Cloud) sein, in der Datenverarbeitungsressourcen bereitgestellt werden.
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Alterativ hierzu kann die Sensoreinheit 1 auch zur direkten Verbindung zu der Rechnereinheit 12 ausgebildet sein, beispielsweise über eine WLAN-Verbindung oder eine Schnittstelle zu einem Mobilfunknetz.
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Die Rechnereinheit 12 ist dazu ausgebildet, basierend auf den Messreihen, die durch die Sensoreinheit 1 ermittelt werden, ein Analysemodell mittels eines maschinellen Lernverfahrens auf den jeweiligen Nutzer zu adaptieren, um dadurch eine nutzerspezifische Analyse der aktuellen Körperhaltung im Bereich des Körperabschnitts und ggf. darüber hinaus vornehmen und diese sukzessive verbessern zu können.
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Die Rechnereinheit 12 empfängt dabei vorzugsweise die Messreihen oder davon abgeleitete Informationen, wertet diese Messreihen bzw. davon abgeleitete Informationen aus und ermittelt basierend auf dem maschinellen Lernverfahren Anpassungsinformationen. Diese Anpassungsinformationen werden anschließend dazu verwendet, das Analysemodell nutzerspezifisch anzupassen.
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Das Analysemodell ist vorzugsweise dazu ausgebildet, eine Mustererkennung in Bezug auf die Messreihe durchzuführen. Dadurch kann festgestellt werden, ob die Messreihe einen Hinweis darauf liefert, dass der Nutzer eine bestimmte Körperhaltung (z.B. Hohlkreuz) einnimmt, ein ungünstiges Bewegungsmuster (z.B. ein krampfhaftes Gerade-Halten des Rückens) vollzieht oder eine sonstige, besondere Körperaktivität (z.B. ein flaches Atmen) vorliegt. Derartige Körperhaltungen/Bewegungsmuster/Körperaktivitäten lassen sich durch spezifische Verläufe der Messwerte einer Messreihe erkennen. Daher können derartigen Körperhaltungen/Bewegungsmustern/Körperaktivitäten etc. Referenzmuster zugeordnet sein. Für den Fall, dass ein derartiges Referenzmuster in der Messreihe erkannt wird, kann rückgeschlossen werden, dass der Nutzer eine diesem Referenzmuster zugeordnete Körperhaltung eingenommen hat, ein bestimmtes Bewegungsmuster vollzieht oder eine bestimmte Körperaktivität zeigt. Auf diese kann dann mit passenden Nutzeranweisungen reagiert werden. Beispielsweise kann für den Fall, dass ein krampfhaftes Gerade-Halten des Rückens erkannt wird, eine Nutzeranweisung „versuche deinen Rücken nicht zu verkrampfen“ ausgegeben werden.
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Die Nutzeranweisungen können beispielsweise typische aus der Physiotherapie bekannte Anweisungen beinhalten oder mit solchen korrespondieren, z.B. „lass deinen Hals frei sein“, „lass deine Nase leicht nach unten fallen“, etc.
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Die Nutzeranweisung kann über die Sensoreinheit 1 selbst oder aber durch ein mit dieser gekoppeltes Endgerät 11, 11' ausgegeben werden. Auch eine Kombination derartiger Ausgaben ist denkbar.
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Das System kann dazu ausgebildet sein, den initialen Körperhaltungszustand im Bereich des Körperabschnitts zu erfassen und basierend auf diesem initialen Körperhaltungszustand die Körperhaltung sukzessive zu verbessern.
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Dazu wird zunächst in einer Initialisierungsphase eine Messreihe aufgenommen, die beispielsweise die Wirbelsäulenwölbung im Bereich des „vertebus prominens“ zu Beginn der Trainingsphase widerspiegelt. Dadurch wird eine nutzerspezifische Ausgangslage für das Training erhalten.
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Anschließend werden nach dem Erfassen der Ausgangslage zumindest eine, vorzugsweise mehrere Nutzeranweisungen an den Nutzer ausgegeben. Daraufhin wird die aufgrund der zumindest einen Nutzeranweisung veränderte Körperhaltung des Nutzers ermittelt und eine im aktuellen Trainingszustand bestmögliche Körperhaltung festgelegt. Diese festgelegte bestmögliche Körperhaltung wird anschließend als Ausgangs-Referenzwert verwendet, basierend auf der das Training fußt.
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Vorzugsweise wird der Ausgangs-Referenzwert nachfolgend sukzessive modifiziert, um den Referenzwert durch spezifische Nutzeranweisungen an ein biomechanisches Optimum, das für den überwachten Körperabschnitt eine optimale Körperhaltung wiederspiegelt, heranzuführen. Dadurch wird der Nutzer zu Beginn der Trainingsphase an seinem aktuellen Körperhaltungszustand „abgeholt“ und die Körperhaltung durch eine langsame, kontinuierliche Haltungsanpassung verbessert, so dass keine Überforderung für den Nutzer entsteht.
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Wie zuvor bereits ausgeführt, kann das Auswertemodell sukzessive an die nutzerspezifischen Gegebenheiten bzw. nutzerspezifischen Bewegungsmuster angepasst werden. Dazu überträgt die Sensoreinheit 1 beispielsweise eine Messreihe über das Endgerät 11, 11' oder direkt über das Kommunikationsnetz 13 an die Rechnereinheit 12. Die Rechnereinheit 13 ist dazu ausgebildet, die empfangene Messreihe auszuwerten und über ein maschinelles Lernverfahren aus den Messreihen ein nutzerspezifisches Verhalten abzuleiten und dadurch das Auswertemodell sukzessive anzupassen. Dabei werden durch die Rechnereinheit 12 Anpassungsinformationen ermittelt, die anschließend zur nutzerbezogenen Anpassung des Auswertemodells herangezogen werden.
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Das Auswertemodell, basierend auf dem die Messreihen ausgewertet und Nutzeranweisungen abgeleitet bzw. nutzerspezifische Körperhaltungen/Bewegungsmustern/Körperaktivitäten ermittelt werden, kann auf einem Endgerät 11, 11' oder auf der Sensoreinheit 1 selbst ablaufen. Je nachdem, wo das Auswertemodell prozessiert wird, werden die Anpassungsinformationen entweder an das Endgerät 11, 11' oder die Sensoreinheit 1 selbst übertragen. Dabei werden die Anpassungsinformationen an dem Endgerät 11, 11' oder der Sensoreinheit 1 empfangen und das Auswertemodell durch Veränderung desselben basierend auf den Anpassungsinformationen an den jeweiligen Nutzer angepasst. Die Anpassungsinformationen können beispielsweise Schwellwerte oder Schwellwertverläufe, angepasste Referenzmuster, basierend auf denen die Messwertverläufe ausgewertet werden etc. sein. Alternativ können die Anpassungsinformationen ein komplettes, modifiziertes Auswertemodell umfassen.
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Zudem kann das Auswertemodell die Verbesserung der Körperhaltung basierend auf den jeweiligen Nutzeranweisungen beurteilen und auswerten, wie sich die jeweilige Nutzeranweisungen auf die Körperhaltung auswirken, beispielsweise wie stark die Haltungsverbesserung ist, wie lange die Haltungsverbesserung anhält, ob Überforderungszustände erkennbar sind etc. Abhängig vom Auswertungsergebnis kann das Auswertemodell dann die zukünftig abgegebenen Nutzeranweisungen entsprechend auswählen bzw. nichtwirksame Nutzeranweisungen verwerfen.
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Die vorbeschriebene adaptive Anpassung an den jeweiligen Nutzer kann durch ein maschinelles Lernverfahren, beispielsweise basierend auf einem neuronalen Netz, erfolgen. Dabei werden nutzertypische Verläufe in den Messreihen identifiziert und ggf. validiert. Vorzugsweise werden nicht nur die Messreihen selbst für die Auswertung herangezogen sondern sowohl die Messreihen als auch der Zeitpunkt und die Art der Nutzeranweisungen sowie ggf. die Zeit und Art von durchgeführten Haltungsverbesserungsübungen.
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Für den Fall, dass der Biegesensor an bestimmten Körperfunktionspunkten angebracht wird, beispielsweise dem „vertebus prominens“, kann auch bei einem sehr begrenzten Messbereich der Sensoreinheit 1, der beispielsweise nur einige cm beträgt, auf die Körperhaltung in einem wesentlich größeren Bereich rückgeschlossen werden, da die Haltungs- und Bewegungsmuster, die in dem Messbereich ermittelt werden, Rückschlüsse auf die Körperhaltung und Bewegung auch außerhalb dieses Messbereichs zulassen.
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Das Auswertemodell kann sich eines Inferenzmodells bedienen, bei dem Rückschlüsse auf eine bestimmte Körperhaltung, ein bestimmtes Bewegungsmuster oder bestimmte Körperaktivitäten nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (Inferenz) möglich ist. Vorzugsweise werden für die jeweiligen Referenzmuster, mit denen eine Messreihe verglichen wird, Wahrscheinlichkeitswerte durch das Auswertemodell berechnet, wobei die Wahrscheinlichkeitswerte angeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit das jeweilige Referenzmuster zu einem Bereich des Messwerteverlaufs der Messreihe passt. Ein Referenzmuster kann dabei einer bestimmten Körperhaltung, einem Bewegungsmuster oder einer bestimmten Körperaktivität zugeordnet sein. Basierend auf den Wahrscheinlichkeitswerten kann anschließend entschieden werden, auf welche Körperhaltung, welches Bewegungsmuster oder welche Körperaktivität die ermittelte Messreihe hindeutet. Insbesondere kann das Referenzmuster bestimmt werden, das zu dem größten Wahrscheinlichkeitswert geführt hat und damit auf die mit diesem Referenzmuster korrelierte Körperhaltung, das Bewegungsmuster oder die Körperaktivität rückgeschlossen werden. Korreliert eine Messreihe beispielsweise mit einer Wahrscheinlichkeit von 70% mit einem Referenzmuster, das einem Hohlkreuz zugeordnet ist und mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% mit einem Referenzmuster, das einem Verkrampfen zugeordnet ist, wird auf „Hohlkreuz“ rückgeschlossen.
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4 zeigt ein Diagramm, das Verfahrensschritte eines erfindungsgemäßen Verfahrens verdeutlicht.
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Zunächst wird mittels einer Sensoreinheit 1 eine Messreihe mit einer Vielzahl von Messwerten, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten ermittelt wurden, erfasst (S20). Die Messwerte können dabei jeweils Informationen über den Beugungszustand eines Körperabschnitts aufweisen, an dem die Sensoreinheit 1 angebracht ist.
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Anschließend wird die Messreihe oder davon abgeleitete Informationen an die Rechnereinheit 12 übertragen (S21). Die Übertragung kann über ein Endgerät 11, 11', das zum einen mit der Sensoreinheit 1 über eine erste Kommunikationsverbindung (insbesondere Nahfeldkommunikation, beispielsweise Bluetooth) und mit der Rechnereinheit 12 über eine zweite Kommunikationsverbindung gekoppelt ist, erfolgen. Alternativ kann die Übertragung auch direkt (d.h. ohne zwischengeschaltetes Endgerät 11, 11') von der Sensoreinheit 1 an die Rechnereinheit 12 erfolgen.
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Anschließend werden die empfangenen Informationen, d.h. die Messreihe oder davon abgeleitete Informationen, durch die Rechnereinheit 12 ausgewertet (S22). Insbesondere kann ermittelt werden, ob das zur Auswertung der Messreihe verwendete Auswertemodell aufgrund von nutzerspezifischen Eigenschaften in der Messreihe einer Anpassung bedarf.
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Für den Fall, dass eine derartige Anpassung notwendig ist, da beispielsweise die aktuell verwendeten Referenzmuster nicht mehr zu den nutzerspezifischen Messreihen passen, werden Anpassungsinformationen erzeugt (S23). Die Anpassungsinformationen können entweder ein Satz von Parametern, die zur Anpassung des Auswertemodells verwendet werden können, oder ein gänzlich modifiziertes Auswertemodell sein.
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Das Auswerten der empfangenen Informationen und/oder das Generieren der Anpassungsinformationen kann durch ein maschinelles Lernverfahren erfolgen, mittels dem nutzerspezifische Muster in den Messreihen erkannt und Referenzmuster bzw. Schwellwerte, die zur Erkennung von Körperhaltungen, Bewegungsmustern bzw. Körperaktivitäten und/oder zur Auslösung von Nutzeranweisungen verwendet werden, adaptiv angepasst werden.
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Anschließend wird das Analysemodell, das zur Auswertung der Messreihen in der Sensoreinheit 1 oder dem Endgerät 11, 11' abläuft, adaptiert bzw. modifiziert (S24). Dabei werden die Anpassungsinformationen über einen Rückkanal an das Endgerät 11, 11' bzw. die Sensoreinheit 1 (je nachdem, wo das Analysemodell abläuft) rückübertragen und das Analysemodell basierend auf den Aktualisierungsinformationen verfeinert oder gänzlich durch ein modifiziertes Analysemodell ersetzt.
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Nach dem Modifizieren des Analysemodells werden die Messreihen durch die Sensoreinheit 1 oder das Endgerät 11, 11' basierend auf dem aktuellen Analysemodell ausgewertet und Nutzeranweisungen erzeugt, um dadurch die Körperhaltung des Nutzers positiv zu beeinflussen (S25).
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Die Verbesserung des Analysemodells basierend auf dem maschinellen Lernverfahren läuft vorzugsweise zumindest teilweise parallel zu der Auswertung der durch die Sensoreinheit 1 bereitgestellten Messreihe ab. Dabei ist hervorzuheben, dass vorzugsweise die zur Verbesserung des Analysemodells notwendigen Verarbeitungsschritte auf der Rechnereinheit 12 und die Auswertung der Messreihe vollzogenen Verarbeitungsschritte entweder durch die Sensoreinheit 1 oder das Endgerät 11, 11' vollzogen werden.
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Das Verfahren kann eine Initialisierungsphase umfassen, in der eine individuelle, nutzerangepasste Ausgangssituation für die nachfolgende Beeinflussung der Körperhaltung vollzogen wird. Dabei wird die aktuelle „normale“, d.h. gewöhnlich durch den Nutzer, beispielsweise beim Sitzen am Computer, eingenommene Körperhaltung durch Ermittlung eines initialen Messwertverlaufs ermittelt.
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Zudem können eine oder mehrere Nutzeranweisungen an den Nutzer abgegeben werden, beispielsweise in haptischer Form durch die Sensoreinheit 1 selbst oder in optischer oder akustischer Form durch die Sensoreinheit 1 und/oder das Endgerät 11, 11'.
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Anschließend kann im Rahmen der Initialisierungsphase ermittelt werden, wie der Nutzer auf die Nutzeranweisungen reagiert. Insbesondere können die nach der Abgabe der Nutzeranweisungen aufgenommenen Messreihen analysiert und dadurch die Haltungsunterschiede ermittelt werden.
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Basierend auf dem initialen Messwertverlauf und den Messreihen, die nach der Abgabe der Nutzeranweisungen ermittelt wurden, kann eine Zielhaltung als Anfangs-Referenzwert definiert werden, auf die in einer ersten Trainingsphase nach der Initialisierungsphase der Nutzer hintrainiert werden soll. Anschließend wird, wenn sich der Nutzer zunehmend dem Anfangs-Referenzwert annähert, der Anfangs-Referenzwert sukzessive nachgeführt, so dass die Körperhaltung nach und nach weiter verbessert und vorzugsweise an ein biomechanisches Optimum herangeführt wird.
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Wie zuvor bereits ausgeführt, können zur Haltungsverbesserung unterschiedliche Arten von Nutzeranweisungen abgegeben werden. Da die Reaktionen unterschiedlicher Nutzer auf die jeweiligen Nutzeranweisungen verschieden sein können, werden vorzugsweise die unterschiedlichen Nutzeranweisungen jeweils hinsichtlich deren Wirkung beurteilt, d.h. es wird bewertet, wie gut sich eine bestimmte Nutzeranweisung zur Haltungsverbesserung bei dem jeweiligen Nutzer eignet. Basierend auf dieser Bewertung werden anschließend diejenigen Nutzeranweisungen bevorzugt verwendet, die eine hinreichende Haltungsverbesserung bei dem jeweiligen Nutzer bewirken.
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Voranstehend wurde eine Sensoreinheit 1, ein System 10 und ein Verfahren zur Beeinflussung der Körperhaltung eines Nutzers beschrieben. Hierbei kann eine Sensoreinheit 1 gemäß den vorbeschriebenen Ausführungsformen in dem System 10 zur Anwendung kommen und das System 1 kann zur Durchführung de beschriebenen Verfahrens verwendet werden. Zudem kann das Verfahren fußend auf einer Sensoreinheit 1 gemäß den vorbeschriebenen Ausführungsformen durchgeführt werden.
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Die Erfindung wurde voranstehend an Ausführungsbeispielen beschrieben. Es versteht sich, dass zahlreiche Änderungen sowie Abwandlungen möglich sind, ohne dass dadurch der durch die Patentansprüche definierte Schutzbereich verlassen wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Sensoreinheit
- 2
- Sensorabschnitt
- 2.1
- Aufnahme
- 2.2
- Positionierungsabschnitt
- 2.3
- Klebefläche
- 2.4
- Träger
- 2.5
- Kontaktfläche
- 3
- Sensor
- 4
- Auswerteeinheit
- 4.1
- Mikrokontroller
- 4.2
- Speichereinheit
- 4.3
- Energieversorgungseinheit
- 10
- System
- 11, 11'
- Endgerät
- 12
- Rechnereinheit
- 13
- Kommunikationsnetz
- l
- Länge
- LA
- Längsachse