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Die Erfindung betrifft ein Verfahren, insbesondere ECM- oder PECM-Verfahren, zur elektrochemischen Bearbeitung zumindest eines metallischen Rohlings bei dem unter Stromfluss mittels einer Bearbeitungselektrode Material von dem Rohling abgetragen wird, wobei ein Raum zwischen der Bearbeitungselektrode und dem Rohling mit einer Elektrolytlösung gespült wird.
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Die Erfindung betrifft ferner eine Vorrichtung zur elektrochemischen Bearbeitung eines metallischen Rohlings, die eine Bearbeitungselektrode, mittels derer sich Material von dem eine Anode bildenden Rohling abtragen lässt, und eine Einrichtung zum Spülen eines Raums zwischen der Bearbeitungselektrode und dem Rohling mit einer Elektrolytlösung umfasst.
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Ein Verfahren der eingangs genannten Art ist als ECM-Verfahren (Electrochemical Machining) und PECM-Verfahren (Precise Electrochemical Machining) durch Benutzung bekannt. Um in den Rohling eine Formung, insbesondere eine eingesenkte Geometrie, einzubringen, wird er bei diesem Verfahren als Anode und die Bearbeitungselektrode als Kathode mittels einer Spannungs- oder einer Stromquelle polarisiert. Durch Belegung des Rohlings und der Bearbeitungselektrode mit einer Elektrolytlösung unter Spülung werden Metallionen aus dem Rohling gelöst und reagieren zu einem Metallhydroxid, das durch die Spülung entfernt wird.
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Bei der Bearbeitung werden die Bearbeitungselektrode und der Rohling derart im Verhältnis zueinander angeordnet, dass auf dem Rohling eine Formung der Bearbeitungselektrode bei der Bearbeitung abgebildet wird, wobei die Positionen der Bearbeitungselektrode und des Rohlings fest oder zueinander bewegbar sein können. Mit der Elektrolytlösung wird das abgetragene Material aus dem oftmals als „Bearbeitungsspalt“ bezeichneten Raum zwischen der Bearbeitungselektrode und dem Rohling bewegt. Das PECM-Verfahren zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass mit besonders geringer Spaltbreite und deshalb mit vergleichsweise großer Genauigkeit gearbeitet werden kann und dass der Strom nicht konstant anliegt, sondern gepulst angelegt wird.
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Problematisch ist, dass sich bei den elektrochemischen Bearbeitungsverfahren im Rohling enthaltene Chrombestandteile u.a. als sechswertige Chromionen in der Elektrolytlösung lösen und diese nicht nur giftig sind, sondern auch die Bearbeitung des Rohlings stören, wenn sie in einer zu großen Konzentration vorliegen.
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Zur Reduzierung des sechswertigen Chroms ist bisher Eisen(II)Sulfat verwendet worden, das nach der Reaktion Natriumsulfat bildet. Um den Sulfatgehalt stabil auf einem ausreichend niedrigen Niveau zu halten, in dem das Bearbeitungsverfahren nicht gestört wird, müssen in regelmäßigen Abständen Teile des Elektrolyten erneuert werden.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Handhabung der Elektrolytlösung bei Durchführung der elektrochemischen Bearbeitung zu vereinfachen.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe bzgl. des Verfahrens dadurch gelöst, dass in die Elektrolytlösung Hydrazin eingegeben wird.
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Hinsichtlich der Vorrichtung wird die Aufgabe dadurch gelöst, dass die Vorrichtung dazu eingerichtet ist, in die Elektrolytlösung Hydrazin einzugeben.
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Vorteilhaft lässt sich mittels des Hydrazins die Wertigkeit von Metallionen, die das elektrochemische Bearbeitungsverfahren stören können, verändern. Insbesondere reduziert das Hydrazin (N2H4) das oben genannte sechswertige Chrom zu dreiwertigem Chrom, wobei z.B. folgende Reaktion ablaufen kann:
4Na2Cr2O7 + 5N2H4 + 4H3O+ → 8Cr(OH)3 + 5N2 + 8NaOH
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Das dreiwertige Chrom fällt als Chromhydroxid aus, bildet einen Schlamm und lässt sich aus der Elektrolytlösung durch Filtrieren entfernen.
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Darüber hinaus hat die Behandlung der Elektrolytlösung mit Hydrazin Vorteile, wenn eine Elektrolytlösung, die Natriumnitrat aufweist, verwendet wird, da Natriumnitrit, das sich bei Elektrolyse von Nitratanionen bildet und ebenfalls die Rohlingbearbeitung mittels der elektrochemischen Verfahren stört, mit dem Hydrazin zu Stickstoff und Wasser reagiert.
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Ein weiterer Vorteil der Benutzung von Hydrazin im Vergleich zur Verwendung von Eisen(II)Sulfat ist, dass zur Reduzierung des sechswertigen Chroms bzw. zur Reaktion des Natriumnitrits wesentlich weniger Hydrazin benötigt wird als Eisen(II)Sulfat. So wird zur Reduzierung ein Molverhältnis von 1,6:1 (sechswertiges Chrom/Hydrazin) gegenüber 1:3 (sechswertiges Chrom/Eisen(II)Sulfat) benötigt.
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Ferner hat die Verwendung Hydrazin gegenüber derjenigen von Eisen(II)Sulfat den Vorteil, dass die Elektrolytlösung wesentlich seltener erneuert werden muss. Anders als bei der Verwendung von Eisen(II)Sulfat, bei der Sulfat nach der Reaktion in der Elektrolytlösung verbleibt und ab einer gewissen Konzentration die Überarbeitung stört, entstehen bei der Reaktion mit dem Hydrazin keine Reaktionsprodukte, die die Rohlingbearbeitung stören.
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Außerdem bilden sich bei Verwendung von Eisen(II)Sulfat wesentlich größere Mengen an Schlamm als bei der Benutzung von Hydrazin. Folglich muss weniger Aufwand für die Schlammentsorgung betrieben werden.
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Darüber hinaus lässt sich Hydrazin nicht nur einfacher lagern und ist länger haltbar, sondern auch wesentlich kostengünstiger als Eisen(II)Sulfat. Die Lager- und Prozesskosten und damit die Kosten zur Durchführung des Verfahrens können reduziert werden.
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In einer Ausgestaltung der Erfindung wird die Elektrolytlösung mittels einer Leitungseinrichtung der Vorrichtung, die vorzugsweise einen Kreislauf bildet, an dem Rohling und der Bearbeitungselektrode unter deren Spülung entlanggeführt. Das Hydrazin wird in die Leitungseinrichtung gegeben, wobei sich das Hydrazin mit der Elektrolytlösung vermischt.
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Die Leitungseinrichtung umfasst zweckmäßigerweise zumindest eine Leitung, mittels derer sich die Elektrolytlösung zu oder/und von einer Bearbeitungskammer, in welcher der Rohling und die Bearbeitungselektrode angeordnet sind, leiten lässt, und vorzugsweise zumindest ein Becken, in der die Elektrolytlösung, z.B. zum Filtrieren, gehandhabt werden kann. Die Vorrichtung kann ferner eine Pumpe umfassen, mittels derer die Elektrolytlösung durch die Leitungseinrichtung gepumpt werden kann. Es versteht sich, dass die Vorrichtung dazu vorgesehen sein kann, das Hydrazin direkt in die Leitungseinrichtung einzugeben.
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In einer Ausführungsform der Erfindung wird die Menge des Hydrazins, die während der Bearbeitung in die Elektrolytlösung eingegeben wird, geregelt. Die Regelung erfolgt zweckmäßigerweise in Abhängigkeit der Menge des mittels des Hydrazins zu behandelnden Stoffs in der Elektrolytlösung, insbesondere der Menge an Metallionen, vorzugsweise an sechswertigen Chromionen, oder/und an Natriumnitrit. Vorzugsweise wird die Menge des zu behandelnden Stoffs dazu, insbesondere kontinuierlich oder in zeitlichen Abständen, gemessen. Alternativ kann die Menge aus der Masse an Rohlingmaterial, das bei der elektrochemischen Bearbeitung vom Rohling abgetragen wird, ermittelt werden. Eine solche Ermittlung erfolgt vorzugsweise durch Berechnung aus einem Anteil des zu behandelnden Stoffs, den der Rohling enthält, der Menge des vom Rohling abgetragenen Materials.
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Die Vorrichtung weist zweckmäßigerweise eine Regelungseinrichtung auf, die dazu vorgesehen ist, die die Menge des Hydrazins, das in die Elektrolytlösung eingegeben wird, in Abhängigkeit der Menge des mittels des Hydrazins zu behandelnden Stoffs in der Elektrolytlösung zu regeln. Die Vorrichtung kann ferner eine Einrichtung zur Messung oder/und eine Einrichtung zur Ermittlung der Menge des zu behandelnden Stoffs in der Elektrolytlösung umfassen, wobei die Regelungseinrichtung vorzugsweise dazu vorgesehen ist, auf Ergebnisse der Messung oder/und der Ermittlung zuzugreifen.
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Zweckmäßigerweise wird als die Elektrolytlösung eine Natriumnitratlösung, die vorzugsweise 4 bis 25 Gew.-% Natriumnitrat enthält, eine Natriumsulfatlösung, die vorzugsweise 4 bis 15 Gew.-% Natriumsulfat enthält, oder eine Natriumchloridlösung, die vorzugsweise 3 bis 30 Gew.-% Natriumchlorid enthält, verwendet.
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In einer Ausgestaltung der Erfindung wird der pH-Wert der Elektrolytlösung durch Zugabe einer Säure oder einer Base geregelt. Zweckmäßigerweise wird der pH-Wert der Elektrolytlösung für die Regelung, bevorzugt kontinuierlich oder in zeitlichen Abständen, gemessen. Die Vorrichtung weist zweckmäßigerweise eine Einrichtung zur Regelung des pH-Werts der Elektrolytlösung und vorzugsweise ferner eine Einrichtung zur Messung des pH-Werts der Elektrolytlösung auf. Zur Regelung der Menge von in die Elektrolytlösung zu gebender Säure oder Base zur Einstellung des pH-Werts ist die Regelungseinrichtung zweckmäßigerweise zum Zugriff auf zumindest ein Ergebnis einer Messung der Messungseinrichtung vorgesehen.
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Bei Verwendung einer neutralen oder einer basischen Elektrolytlösung wird zweckmäßigerweise zunächst der pH-Wert der Elektrolytlösung, vorzugsweise mittels einer Säure, gesenkt und das Hydrazin anschließend mit der Elektrolytlösung vermischt. Der pH-Wert wird bei Verwendung von Natriumnitratlösung als Elektrolyt bevorzugt mittels Salpetersäure gesenkt.
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Wird eine saure Elektrolytlösung verwendet, wird zweckmäßigerweise zunächst das Hydrazin mit der Elektrolytlösung vermischt und der sich dadurch erhöhende pH-Wert der Elektrolytlösung vorzugsweise mittels einer Säure, vorzugsweise Salpetersäure, gesenkt.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels und der beigefügten Zeichnung, die sich auf das Ausführungsbeispiel bezieht, näher erläutert.
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In 1 ist schematisch eine erfindungsgemäße Vorrichtung 1 zur elektrochemischen Bearbeitung eines metallischen Rohlings gezeigt.
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Die Vorrichtung 1 weist eine Bearbeitungskammer 4 auf, in der ein metallischer Rohling und eine Bearbeitungselektrode angeordnet sind. Bei der elektrochemischen Bearbeitung wird in der Bearbeitungskammer 4 unter Stromfluss mittels der Bearbeitungselektrode, die eine Kathode bildet, von dem Rohling, der eine Anode bildet, Material abgetragen, wobei ein Spalt zwischen der Bearbeitungselektrode und dem Rohling mit einer Natriumnitratlösung als Elektrolytlösung durchspült wird. Abgetragenes Material wird durch die Elektrolytlösung aus dem Spalt heraus und von dem Rohling und der Bearbeitungselektrode weggespült.
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Die Vorrichtung 1 umfasst eine Leitungseinrichtung 2, mittels derer sich die Elektrolytlösung in einem Kreislauf zur und von der Bearbeitungskammer 4 bewegen lässt. Die Leitungseinrichtung 2 umfasst ein Elektrolytbecken 3, aus dem die Elektrolytlösung in die Bearbeitungskammer 4 geführt wird, und ein Reaktionsbecken 5, in dem die Elektrolytlösung nach Durchführung der elektrochemischen Bearbeitung gehandhabt werden kann. Darüber hinaus umfasst die Leitungseinrichtung 2 ein Absatz- und Filtrierbecken 10, mittels dessen sich bei dem Verfahren bildender Schlamm aus der Elektrolytlösung entfernern lässt. Das Elektrolytbecken 3, die Bearbeitungskammer 4, das Reaktionsbecken 5 und das Absatz- und Filtrierbecken 10 sind durch Rohrleitungen 11 miteinander verbunden. Um die Elektrolytlösung in der Leitungseinrichtung 2 in Richtung der in 1 gezeigten Pfeile zirkulieren zu lassen, umfasst die Vorrichtung 1 zumindest eine hier nicht gezeigte Pumpe.
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Die Vorrichtung 1 weist ferner eine Messeinrichtung 6 auf, mittels derer sich der Gehalt an sechswertigen Chromionen in der Elektrolytlösung sowie der pH-Wert der Elektrolytlösung in dem Reaktionsbecken 5 bzw. dem Elektrolytbecken 3 bestimmen lässt. Optional könnte die Messeinrichtung 6 in dem Fall, dass mit der Natriumnitratlösung als Elektrolytlösung gearbeitet wird, dazu vorgesehen sein, den Gehalt an Natriumnitrit in der Elektrolytlösung zu bestimmen.
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Mit dem Reaktionsbecken 5 ist eine Regelungseinrichtung 7 verbunden, mittels derer sich in das Reaktionsbecken 5 aus einem Reservoir 8 Hydrazin und aus einem Reservoir 9 Säure oder Base in das Reaktionsbecken 5 eingeben lässt. Die Regelungseinrichtung 7 regelt die Zugabe in Abhängigkeit von Messinformationen, welche die Messeinrichtung 6 zur Verfügung stellt und auf die die Regelungseinrichtung 7 über eine Datenverbindung zugreift.
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Optional kann eine weitere Messeinrichtung 12 vorgesehen sein, mittels derer sich der Gehalt an sechswertigen Chromionen und optional den Gehalt an Natriumnitrit und der pH-Wert der Elektrolytlösung im Elektrolytbecken 5 bestimmen lässt. Die Regelungseinrichtung 7 kann dann ebenfalls über eine Datenverbindung auf die Messergebnisse der Messeinrichtung 12 zugreifen.
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Bei Durchführung des Bearbeitungsverfahrens wird unter Speisung der Elektrolytlösung aus dem Elektrolytbecken 3 in der Bearbeitungskammer 4 der Spalt zwischen der Bearbeitungselektrode und dem Rohling gespült und Material aus dem Rohling gelöst, wobei sich in der Elektrolytlösung u.a. sechswertige Chromionen und ggf. Natriumnitrit bilden, die die Bearbeitung des Rohlings stören können.
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Aus der Bearbeitungskammer 4 wird die mit dem gelösten Material versetzte Elektrolytlösung in das Reaktionsbecken 5 gespült, dort mittels der Messeinrichtung 6 der Gehalt an sechswertigen Chromionen und ggf. an Natriumnitrit und der pH-Wert gemessen und Ergebnisse der Messung durch die Regelungseinrichtung 7 von der Messeinrichtung 6 abgerufen.
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Abhängig von den jeweiligen Messergebnissen gibt die Regelungseinrichtung 7 geeignete Mengen an Hydrazin, Säure oder Base, Wasser und/oder Elektrolyt aus den jeweiligen Reservoirs 8,9 in das Reaktionsbecken 5 ab, um die sechswertigen Chromionen bei Reaktion mit dem Hydrazin zu dreiwertigen Chromionen zu reduzieren, das Natriumnitrit mit dem Hydrazin zu Stickstoff und Wasser reagieren zu lassen und den pH-Wert mittels der Base oder der Säure derart zu ändern, dass er in dem zur Bearbeitung benötigten Bereich liegt.
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Die Elektrolytlösung wird gemeinsam mit Schlamm, der sich aus anfallenden Hydroxidionen bildet, durch die Leitungen 11 weitertransportiert derart, dass sich der Schlamm im Absatz- und Filtrierbecken 10 absetzen und dadurch aus der Elektrolytlösung entfernt werden kann. Die Elektrolytlösung wird nun weiter in das Elektrolytbecken 3 transportiert. Dort wird mittels der Messeinrichtung 12 ebenfalls der Gehalt an Chromionen und Natriumnitrit sowie der pH-Wert der Elektrolytlösung bestimmt. Die Messergebnisse werden dann ebenfalls durch die Regelungseinrichtung 7 abgerufen und bei der Regelung durch die Regelungseinrichtung 7 berücksichtigt.