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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs mit einer aktiv steuerbaren Hinterachslenkung und mit einer aktiv steuerbaren Fahrwerkvorrichtung. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Kraftfahrzeug mit einer Steuerungs-/Regelungseinrichtung, die zur Durchführung dieses Verfahrens eingerichtet/programmiert ist.
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Unter dem Begriff „Active Body Control (ABC)“ sind elektro-hydraulisch aktive Fahrwerkssysteme bekannt, welche neben einer herkömmlichen Federungs- und Dämpfungsfunktion auch die Möglichkeit des gezielten Einstellens von Nick- und Wankwinkeln erlauben. Als Wanken bezeichnet man dabei eine Drehbewegung eines Kraftfahrzeugs um seine Längsachse. Eine solche Wankbewegung kann sich insbesondere beim Befahren eines kurvenförmigen Fahrbahnabschnitts durch das Kraftfahrzeug ergeben, wenn sich das Kraftfahrzeug aufgrund der auftretenden Fliehkräfte um einen bestimmten Wankwinkel nach außen neigt. Der sich dabei einstellende Wankwinkel hängt u.a. von einer Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs, dessen Schwerpunkthöhe, dem Fahrwerksaufbau des Kraftfahrzeugs sowie von dessen Geschwindigkeit ab.
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Die beim Befahren des kurvenförmigen Fahrbahnabschnitts auftretenden Zentrifugalkräfte werden von Insassen des Kraftfahrzeugs häufig als unangenehm empfunden und können daher zu einer erheblichen Reduzierung des Fahrkomforts führen. Eine Möglichkeit, die komfort-mindernde Wirkung von solchen unerwünschten Querkräften auf die Insassen des Kraftfahrzeugs zu reduzieren, besteht darin, in dem Kraftfahrzeug mittels „Active Body Control (ABC)“ eine Neigetechnik zu realisieren, wie sie schon seit geraumer Zeit bei Schienenfahrzeugen zum Einsatz kommt. Durch Verwendung einer derartigen Neigetechnik ist es möglich, dass sich das Kraft- bzw. Schienenfahrzeug beim Befahren eines kurvenförmigen Fahrbahn- bzw. Schienenabschnitts nicht fliehkraftbedingt nach außen, sondern durch entsprechende Ansteuerung eines Fahrwerks des Kraftfahrzeugs in die entgegengesetzte Richtung, also nach innen, neigt. Hierzu kann das Fahrwerk mit geeigneten Aktoren, beispielsweise in der Art von höhenverstellbaren Federbeinen, versehen sein, welche den Fahrzeugrahmen jeweils mit den Rädern des Kraftfahrzeugs höhenverstellbar verbinden, so dass ein bestimmter Wankwinkel des Kraftfahrzeugs eingestellt werden kann.
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Da die beim Befahren des kurvenförmigen Fahrbahnabschnitts auftretenden Fliehkräfte von verschiedenen Faktoren wie z.B. einer Fahrbahnkrümmung des Fahrbahnabschnitts oder der momentanen Geschwindigkeit abhängen, muss auch der im Sinne einer Neigetechnik an dem Fahrwerk des Kraftfahrzeugs einzustellende Wankwinkel in Abhängigkeit von diesen Parametern bestimmt werden, um bei den Insassen des Kraftfahrzeugs einen möglichst hohen Fahrtkomfort sicherzustellen.
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Kraftfahrzeuge, die neben einem solchen, aktiv steuerbaren Fahrwerk auch mit einer aktiv steuerbaren Hinterachslenkung ausgestattet sind, erlauben eine Manipulation der Giergeschwindigkeit sowie der Quergeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs durch Verstellen des in den Hinterrädern des Kraftfahrzeugs eingestellten, sogenannten Lenkwinkels.
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Vor diesem Hintergrund behandelt die
WO 2005/044650 A1 eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Bestimmung eines Drehpunkts eines Kraftfahrzeugs um eine Fahrzeughochachse. Die Vorrichtung ist dabei derart konfiguriert, dass sie den Drehpunkt in Abhängigkeit von einer momentanen Giergeschwindigkeit und einem momentanen Schwimmwinkel des Kraftfahrzeugs bestimmt.
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Das Verhältnis der genannten beiden Zustandsgrößen, also von Quergeschwindigkeit zu Giergeschwindigkeit, kann durch die momentane Position des Drehpunkts des Kraftfahrzeugs um seine Hochachse entlang der Mittellängsachse des Kraftfahrzeugs beschrieben werden. Besagte Position kann aber gerade bei Kurvenfahrten des Kraftfahrfahrzeugs und bei hierfür erforderlichen Lenkeingriffen durch den Fahrer des Kraftfahrzeugs entlang der Mittellängsachse variieren. Hinzu kommt, dass äußere Störeinflüsse wie beispielsweise Seitenwind zu unerwünschten Querabweichungen beim Befahren einer kurvenförmigen Trajektorie führen, die dann manuell vom Fahrer korrigiert werden müssen.
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Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, bei der Entwicklung von Verfahren zur Steuerung von Kraftfahrzeugen mit aktiver Hinterachslenkung und steuerbarerem Fahrwerk neue Wege aufzuzeigen und insbesondere ein Verfahren zu schaffen, mittels welchem sicherheitskritischen Fahrsituationen entgegengewirkt werden kann.
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Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der abhängigen Patentansprüche.
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Grundgedanke der Erfindung ist demnach, bei der Kurvenfahrt eines Kraftfahrzeugs die momentane Position des Drehpunkts und den momentanen Wankwinkel des Kraftfahrzeugs aufeinander abzustimmen. Dabei wird besagter Drehpunkt um eine Hochachse des Kraftfahrzeugs entlang der Mittellängsachse berechnet und mit einem tatsächlich gemessenen Wert verglichen. Auf diese Weise kann eine durch äußere Umgebungseinflüsse erzeugte Querabweichung beim Befahren der kurvenförmigen Trajektorie ermittelt werden, sodass geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden können. Solche Gegenmaßnahmen umfassen erfindungsgemäß einen aktiven Lenkeingriff, der mittels der aktiv steuerbaren Hinterachslenkung des Kraftfahrzeugs umgesetzt wird. Außerdem wird erfindungsgemäß eine Fahrwerkvorrichtung des Kraftfahrzeugs angesteuert, um das Wankverhalten des Kraftfahrzeugs zu steuern und an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen.
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Mit dem hier vorgestellten, erfindungsgemäßen Verfahren, bei welchem Drehpunkt und Wankwinkel des Kraftfahrzeugs simultan aneinander angepasst werden, geht eine erhöhte Stabilität des Kraftfahrzeugs beim Befahren einer kurvenförmigen Trajektorie einher, auch wenn dieses äußeren Störeinflüssen wie beispielsweise Seitenwind ausgesetzt ist.
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Beim erfindungsgemäßen Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs mit einer aktiv steuerbaren Hinterachslenkung und mit einer aktiv steuerbaren Fahrwerksvorrichtung, mittels welcher ein momentaner Wankwinkel des Fahrzeugs einstellbar ist, wird bei einer Kurvenfahrt des Kraftfahrzeugs die Position eines momentanen Drehpunkts des Kraftfahrzeugs um seine Hochachse modell-gestützt berechnet und mit der Position eines tatsächlich mittels Messung ermittelten Drehpunkts verglichen. Dabei ist besagter Drehpunkt als derjenige Punkt auf der Mittellängsachse des Kraftfahrzeugs definiert, in welchem die momentane Quergeschwindigkeit bei der Kurvenfahrt einen Null-Wert aufweist. Erfindungsgemäß wird sowohl die Hinterachslenkung also auch die Fahrwerksvorrichtung in Abhängigkeit von diesem Vergleich angesteuert.
Das hier vorgestellte Verfahren ist aber nicht nur auf Kurvenfahrten des Kraftfahrzeugs beschränkt. So kann bei einer Geradeausfahrt des Kraftfahrzeugs mithilfe des hier vorgestellten Verfahrens anhand einer Änderung der Position des Drehpunkts auf einen äußeren Störeinfluss geschlossen werden, welcher wiederum durch aktive Lenkeingriffe kompensiert werden kann. In einem solchen Szenario, also bei einer reinen Geradeausfahrt des Kraftfahrzeugs, ist die momentane Position des Drehpunkts nicht definiert. Ändert bzw. ergibt sich ein Drehpunkt ohne einen Fahrer-Lenkeingriff und ohne einen aktiven Lenkeingriff, so lässt sich daraus ableiten, dass eine äußere Störung, beispielsweise hervorgerufen durch Fahrbahnunebenheiten, Seitenwind o.ä. vorliegen muss.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird als Ergebnis des Vergleichs zwischen berechnetem und gemessenem Drehpunkt mit Hilfe der Hinterachslenkung ein Lenkeingriff erzeugt, wenn die Differenz zwischen dem berechneten und dem gemessenen Drehpunkt bzw. dessen Abstand zum Schwerpunkt einen vorbestimmten Schwellwert überschreitet. Auf diese Weise wird durch einen aktiven Lenkeingriff der steuerbaren Hinterachslenkung einer zu hohen Querabweichung des Kraftfahrzeugs beim Befahren der Trajektorie entgegengewirkt.
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Gemäß einer anderen bevorzugten Ausführungsform wird als Ergebnis des Vergleichs zwischen berechnetem und gemessenem Drehpunkt durch entsprechende Ansteuerung der Fahrwerkvorrichtung der Wankwinkel verändert. Dieser Ausführungsform erlaubt es, dass Wank-Verhalten des Kraftfahrzeugs gezielt in Abhängigkeit vom momentanen Drehpunkt des Kraftfahrzeugs festzulegen. Auf diese Weise kann die Agilität des Kraftfahrzeugs verbessert werden. Außerdem kann Sicherheitskritischen Fahrsituationen - hervorgerufen durch das Wankverhalten des Kraftfahrzeugs - entgegengewirkt werden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird als Ergebnis des Vergleichs die Fahrwerkvorrichtung derart angesteuert, dass sie einer durch den Lenkeingriff in der Hinterachslenkung hervorgerufenen Änderung des Wankwinkels entgegenwirkt. Einem in Verbindung mit dem Lenkeingriff zur Drehpunkts-Variation unerwünschte Änderung des Fahrzeug-Wankwinkels - insbesondere ein damit einhergehendes, zu starkes Wanken des Kraftfahrzeugs - kann auf diese Weise entgegengewirkt werden.
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Besonders bevorzugt kann als Ergebnis des Vergleichs zwischen gemessenem und berechnetem Drehpunkt die Fahrwerkvorrichtung derart angesteuert werden, dass sich der Wankwinkel des Fahrzeugs aufgrund des Lenkeingriffs in der Hinterachslenkung nicht ändert.
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Gemäß einer anderen bevorzugten Ausführungsform wird der als Ergebnis des Vergleichs zwischen berechnetem und ermitteltem Drehpunkt zu erzeugende Lenkeingriff in der Hinterachslenkung modifiziert. Besonders bevorzugt wird der Lenkeingriff abgeschwächt. Eine zu starke Änderung des Wankwinkels kann auf diese Weise vermieden werden.
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Besonders bevorzugt wird die Ansteuerung der Hinterachslenkung, derart begrenzt, dass die mit einem solchen Lenkeingriff einhergehende Änderung des Wankwinkels einen maximal zulässigen Grenzwert nicht überschreitet. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass aufgrund einer zu starken Änderung des momentanen Wankwinkels sicherheitskritische Fahrsituationen entstehen.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung wird der momentane Wankwinkel des Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der momentanen Querbeschleunigung berechnet. Die Querbeschleunigung wiederum wird bei dieser Weiterbildung aus der Fahrbahnkrümmung des momentan vom Kraftfahrzeug befahrenen Fahrbahnabschnitts ermittelt. Hierzu dazu kann die Berechnung des momentanen Wankwinkels als Funktion der Querbeschleunigung modell-basiert erfolgen. Als einfachstes Modell kann hierbei der Zusammenhang zwischen Wankwinkel und dessen beiden zeitlichen Ableitungen als Verzögerungsglied zweiter Ordnung beschrieben werden.
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Zweckmäßig wird die momentane Querbeschleunigung aus der Fahrbahnkrümmung des momentan vom Kraftfahrzeug befahrenen Fahrbahnabschnitts ermittelt. Die genaue Bestimmung der momentanen Fahrbahnkrümmung erlaubt eine besonders präzise Bestimmung der Querbeschleunigung und aus dieser ein besonders präzise Ermittlung des momentanen Wankwinkels.
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Besonders bevorzugt wird die Fahrbahnkrümmung mittels eines im Kraftfahrzeug vorhandenen optischen Prädiktionssystems, insbesondere einer Kamera, bestimmt. Ein solches optisches Prädiktionssystem, insbesondere in Form einer Kamera, erlaubt eine besonders präzise Bestimmung der Fahrbahnkrümmung und somit auch des Wankwinkels.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird anstelle der Position des Drehpunkts ein Abstand zum Schwerpunkt des Kraftfahrzeugs berechnet bzw. gemessen. Da besagter Abstand das Verhältnis der Quergeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs zu seiner Giergeschwindigkeit wiedergibt, kann auf diese Weise eine ungewünschte Querabweichung des Kraftfahrzeugs beim Befahren der Trajektorie ermittelt werden.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung wird als Ergebnis des Vergleichs ein Fehlersignal erzeugt, wenn die Differenz zwischen dem berechneten und dem gemessenen Drehpunkt bzw. dessen Abstand zum Schwerpunkt des Kraftfahrzeugs einen vorbestimmten Schwellwert überschreitet. Bei dieser Weiterbildung kann besagtes Fehlersignal dazu herangezogen werden, durch den aktiven Lenkeingriff, der in der steuerbaren Hinterachslenkung ausgeführt wird, einer zu hohen Querabweichung des Kraftfahrzeugs beim Befahren der Trajektorie entgegenzuwirken.
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Die Erfindung betrifft weiterhin ein Kraftfahrzeug mit einer Vorderachslenkung, mittels welcher durch Betätigung eines im Kraftfahrzeug vorhandenen Handlenkrads ein momentaner Lenkwinkel der Vorderräder des Kraftfahrzeugs einstellbar ist. Weiterhin umfasst das Kraftfahrzeug eine Hinterachslenkung, mittels welcher von der Steuerungs-/Regelungseinrichtung des Kraftfahrzeugs ein momentaner hinterer Lenkwinkel der beiden Hinterräder des Kraftfahrzeugs einstellbar ist. Außerdem umfasst das Kraftfahrzeug eine aktiv steuerbare Fahrwerkvorrichtung, mittels welcher ein momentaner Wankwinkel des Fahrzeugs eingestellt werden kann bzw. im Fahrbetrieb des Kraftfahrzeugs eingestellt wird. Das Kraftfahrzeug umfasst ferner mit eine Steuerungs-/Regelungseinrichtung, mittels welcher die Hinterachslenkung und die Fahrwerkvorrichtung angesteuert werden können. Das Kraftfahrzeug ist ferner zur Durchführung des vorangehend vorgestellten Verfahrens eingerichtet/programmiert. Die vorangehend erläuterten Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens übertragen sich daher auch auf das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug.
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Weitere wichtige Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, aus den Zeichnungen und aus der zugehörigen Figurenbeschreibung anhand der Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert, wobei sich gleiche Bezugszeichen auf gleiche oder ähnliche oder funktional gleiche Bauteile beziehen.
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Dabei zeigen, jeweils schematisch:
- 1 ein Beispiel eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs in einer Seitenansicht,
- 2 das Kraftfahrzeug der 1 in einer Draufsicht während einer Kurvenfahrt,
- 3 das Kraftfahrzeug der 1 in einer Rückansicht.
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1 zeigt ein Beispiel eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs 1 in einer Seitenansicht beim Befahren eines kurvenförmigen Fahrbahnabschnitts 31. Die 2 zeigt das Kraftfahrzeug 1 in einer Draufsicht. Die Trajektorie der Kurvenfahrt ist in 2 durch einen Pfeil mit dem Bezugszeichen 13 angedeutet. Der vom Kraftfahrzeug 1 befahrene kurvenförmige Fahrbahnabschnitt 31 ist demnach eine Linkskurve.
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Das Kraftfahrzeug 1 umfasst einen in 1 nur grobschematisch dargestellten Fahrzeugrahmen 2 sowie Vorderräder 3 und Hinterräder 4. Wie die Draufsicht der 2 erkennen lässt, sind die Vorderräder 3 an einer Vorderachse 5 des Kraftfahrzeugs 1 und die Hinterräder 4 an einer Hinterachse 6 des Kraftfahrzeugs 1 angeordnet. An der Vorderachse 5 ist eine Vorderachslenkung 7 ausgebildet, die in 2 nur grobschematisch angedeutet ist. Mittels der Vorderachslenkung 7 kann der Fahrer des Kraftfahrzeugs 1 durch Betätigung eines ebenfalls nur schematisch angedeuteten Handlenkrads 8 den momentanen Lenkwinkel der Vorderräder 3 verstellen. An der Hinterachse 6 ist eine aktive Hinterachslenkung 9 ausgebildet, mittels welcher der momentane hintere Lenkwinkel der beiden Hinterräder 4 des Kraftfahrzeugs 1 einstellbar ist.
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Das Kraftfahrzeug 10 umfasst gemäß 3, die eine Rückansicht des Kraftfahrzeugs 1 zeigt, ferner eine aktiv steuerbaren Fahrwerkvorrichtung 15, mittels welcher ein momentaner Wankwinkel w des Kraftfahrzeugs 1 eingestellt bzw. geändert werden kann. Die Fahrwerkvorrichtung 15 kann ein elektrohydraulisches oder ein luftfeder-basiertes Fahrwerk mit geschlossener Druckversorgung sein. In ersterem Fall umfasst die Fahrwerkvorrichtung 15 vier als höhenverstellbare Federbeine ausgebildete Aktoren 30, wobei jedem Rad 3 bzw. 4 des Kraftfahrzeugs ein jeweiliger Aktor 30 zugeordnet ist. Durch ein individuelles Einstellen der Stellhöhe der Aktoren 30 kann der momentane Wankwinkel des Kraftfahrzeugs 10 variiert und eingestellt werden. In einem luftfederbasierten Fahrwerk wird zum Verstellen der Federbeine in analoger Weise die Luft in einem geschlossenen Kreislauf von einem Luftspeicher in die Luftfeder und umgekehrt gepumpt, was ein sehr schnelles Ein- und Ausfahren der Federbeine zum Einstellen des Wankwinkels w in der Fahrwerkvorrichtung 15 des Kraftfahrzeugs 1 ermöglicht.
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Sowohl die aktive Hinterachslenkung 9 als auch die Fahrwerkvorrichtung 15 werden von einer im Kraftfahrzeug 1 vorgesehenen Steuerungs-/Regelungseinrichtung 10, die als herkömmliches Steuergerät ausgebildet sein kann, angesteuert.
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Wie die Draufsicht auf das Kraftfahrzeug gemäß 2 illustriert, kann zusätzlich zur aktiven Hinterachslenkung 9 auch die Vorderachslenkung 7 als aktive Lenkung ausgelegt sein, die nicht nur mittels des Handlenkrads 8, sondern auch von der Steuerungs-/Regelungseinrichtung 10 gesteuert werden kann. Dies kann dazu genutzt werden, die vom Kraftfahrzeug 1 während der Kurvenfahrt tatsächlich befahrene Trajektorie 13 dynamisch zu beeinflussen und aktuellen Gegebenheiten anzupassen.
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Die Steuerungs-/Regelungseinrichtung 10 kann eine Steuerungseinheit 11 und eine Speichereinheit 12 umfassen, in welcher das erfindungsgemäße Verfahren in Form eines geeigneten Algorithmus und als Computerprogrammcode abgelegt ist, sodass die Steuerungseinheit 11 das erfindungsgemäße Verfahren während der Kurvenfahrt des Kraftfahrzeugs 1 ausführen kann.
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Gemäß diesem Verfahren wird bei der in 2 gezeigten Kurvenfahrt entlang der Trajektorie 13 die Position eines momentanen Drehpunkts 14 des Kraftfahrzeugs 1 um seine Hochachse modell-gestützt berechnet und mit der Position des tatsächlich gemessenen Drehpunkts 14 verglichen.
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Bei der modell-gestützten Berechnung der Position des Drehpunkts 14 werden fahrerinduzierte Lenkeingriffe sowie Stelleingriffe aktiver, im Kraftfahrzeug vorhandener Systeme berücksichtigt. Entsprechende Modell-Daten können in der in der Steuerungs-/Regelungseinrichtung 10 vorhandenen Speichereinheit 12 abgelegt sein. Bei der modell-gestützten Berechnung des Drehpunkts 14 können verschiedene Umgebungsparameter des Kraftfahrzeugs 1 berücksichtigt. Auf diese Weise kann eine besonders genaue Regelung der Differenz zwischen dem berechneten und dem gemessenen Drehpunkt 14 erreicht werden. Besagte Umgebungsparameter können mit Hilfe geeigneter im Kraftfahrzeug 1 verbauter Sensoren ermittelt werden. Beispielsweise ermöglicht ein im Kraftfahrzeug verbauter Windsensor (nicht gezeigt) eine Bestimmung des auf das Kraftfahrzeug 1 wirkenden Seitenwinds. Dies erlaubt eine präzise Ermittlung des Seitenwinds, so dass dieser bei der modell-gestützten Berechnung der Drehpunkts-Position 14 berücksichtigt werden kann.
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Der Drehpunkt 14 ist dabei als derjenige Punkt auf der Mittellängsachse M definiert, in welchem die momentane Quergeschwindigkeit vq bei der Kurvenfahrt einen Null-Wert aufweist. Durch die Mittellängsachse M wird eine Längsrichtung L Kraftfahrzeugs 1 definiert, die sich parallel zu dessen Mittellängsachse M erstreckt. Eine Querrichtung Q des Kraftfahrzeugs 1 verläuft senkrecht zur Längsrichtung und auch senkrecht zu einer Hochrichtung H des Kraftfahrzeugs 1. Durch den Drehpunkt 14 ist also eine momentane Gierachse entlang der Hochrichtung H des Kraftfahrzeugs 1 festgelegt, um welche das Kraftfahrzeug 1 eine Drehbewegung ausführt. Beim Befahren der Trajektorie 13 in Form einer Linkskurve kann aufgrund des Lenkeingriffs mittels der Vorderachslenkung 7 durch den Fahrer die Position des Drehpunkts 14 entlang der Mittellängsachse M variieren.
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Die Ermittlung der tatsächlichen Position des Drehpunktes 14 kann durch Messung der momentanen Quergeschwindigkeit vq und der momentanen Giergeschwindigkeit d/dt ψ geschehen. Hierzu kann das Kraftfahrzeug 1 einen Gierratensensor 16 zur Bestimmung der momentanen Giergeschwindigkeit d/dt ψ des Kraftfahrzeugs 1 sowie einen Geschwindigkeitssensor 17 zur Bestimmung der momentanen Quergeschwindigkeit vq des Kraftfahrzeugs 1 quer zur Mittellängsachse M umfassen.
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Anstelle der Position des Drehpunkts 14 kann beim erfindungsgemäßen Verfahren auch ein entlang der Mittellängsachse M gemessener Abstand A der Position des Drehpunkts 14 zum Schwerpunkt SP des Kraftfahrzeugs 1 berechnet bzw. gemessen werden. Da besagter Abstand A dem negierten Verhältnis von Giergeschwindigkeit d/dt ψ zur Quergeschwindigkeit vq entspricht, lässt sich der Abstand A mit Hilfe des Gierratensensors 16 zur Bestimmung der momentanen Giergeschwindigkeit d/dt ψ des Kraftfahrzeugs 1 sowie des Geschwindigkeitssensors 17 zur Bestimmung der momentanen Quergeschwindigkeit vq des Kraftfahrzeugs 1 besonders einfach und präzise ermitteln.
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Unabhängig davon, ob ein Vergleich der Drehpunkts-Position 14 oder des Abstands A zwischen Drehpunkt 14 und Schwerpunkt SP erfolgt, kann als Ergebnis dieses Vergleichs ein Fehlersignal erzeugt werden, wenn die Differenz zwischen dem berechneten und dem gemessenen Drehpunkt 14 bzw. dessen Abstand A zum Schwerpunkt SP einen vorbestimmten Schwellwert überschreitet. Als Ergebnis des Vergleichs oder in Reaktion auf das Fehlersignal kann von der Steuerungs-/Regelungseinrichtung 10 durch entsprechende Ansteuerung der Hinterachslenkung 9 ein Lenkeingriff erzeugt werden, um der mit der Schwellwert-Überschreitung einhergehenden Querabweichung des Kraftfahrzeugs beim Befahren der Trajektorie 13 entgegenzuwirken.
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Als Ergebnis des oben erläuterten Vergleichs zwischen berechnetem und gemessenem Drehpunkt 14 wird durch Ansteuerung der Fahrwerkvorrichtung 15 außerdem der momentane Wankwinkel w des Kraftfahrzeugs 1 angepasst. Hierzu wird zunächst der momentane Wankwinkel w des Kraftfahrzeugs 1 berechnet. Hierfür umfasst das Kraftfahrzeug 1 eine Kamera, also ein optisches Detektionssystem 32, von welchem ein Fahrzeugvorfeld des Kraftfahrzeugs 1 überwacht wird. Mit Hilfe des optischen Detektionssystems 32 wird die Fahrbahnkrümmung K der Linkskurve, also des kurvenförmigen Fahrbahnabschnitts 31, bestimmt und an die Steuerungseinheit 11 der Steuerungs-/Regelungseinrichtung 10 übermittelt.
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In der Darstellung der 3 ist das Kraftfahrzeug 1 beim Befahren der Linkskurve in einer Rückansicht gezeigt. Die Steuerungs-/Regelungseinrichtung 10 steht mit dem Geschwindigkeitssensor 17 in Kommunikationsverbindung, welcher die momentane Längsgeschwindigkeit vx des Kraftfahrzeugs 1 an die Steuerungs-/Regelungseinrichtung 10 übermittelt. Aus der Fahrbahnkrümmung K und der momentanen Längsgeschwindigkeit vx des Kraftfahrzeugs 1 wird die momentane Querbeschleunigung ay berechnet. Die momentane Querbeschleunigung ay berechnet sich dabei in bekannter Weise gemäß der Formel ay = K . vx 2. Durch die Verwendung verschiedener Indizes y und x soll hier zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Richtungsvektor der momentanen Querbeschleunigung ay (in Y-Richtung) in eine zu dem entsprechenden Richtungsvektor der momentanen Längsgeschwindigkeit vx des Kraftfahrzeugs 1 orthogonale Richtung (also in X-Richtung) weist (vgl. 3).
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Aus der vorangehend bestimmten momentanen Querbeschleunigung ay wird der gesuchte Wankwinkel w = w(ay) berechnet. Die funktionale Abhängigkeit der momentanen des gesuchten Wankwinkels w(ay ) von der momentanen Querbeschleunigung ay kann beispielsweise in einem Kennfeld festgelegt sein. Alternativ dazu kann aber auch ein analytischer Zusammenhang zwischen dem momentanen Wankwinkel w(ay ) und der momentanen Querbeschleunigung ay definiert sein.
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Nach Berechnung des Wankwinkels w wird die Fahrwerkvorrichtung 15 derart angesteuert wird, dass sie der durch den Lenkeingriff in der Hinterachslenkung 9 hervorgerufenen Änderung des Wankwinkels w entgegenwirkt. Dabei kann die Fahrwerkvorrichtung 15 derart angesteuert werden, dass sich der Wankwinkel w des Fahrzeugs in Folge des Lenkeingriffs in der Hinterachslenkung 9 nicht ändert.
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Alternativ oder zusätzlich kann der als Ergebnis des Vergleichs zwischen berechnetem und ermitteltem Drehpunkt zu erzeugende Lenkeingriff in der Hinterachslenkung 9 in Abhängigkeit von dem ermittelten momentanen Wankwinkel w modifiziert, insbesondere abgeschwächt, werden. Insbesondere kann die Ansteuerung der Hinterachslenkung 9 derart begrenzt werden, dass die mit dem Lenkeingriff in der Hinterachslenkung 9 einhergehende Änderung des Wankwinkels einen maximal zulässigen Grenzwert nicht überschreitet.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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