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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Auswerten von Bilddaten eines Matrixdetektors, bei dem mehrere tote Pixel in der Bildmatrix des Matrixdetektors erkannt werden.
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Aus der
US 8 971 659 B2 ist ein Verfahren zur Detektion von Clustern schlechter Pixel bekannt. Ein Korrekturmodul bestimmt, ob zwei Testpixel Werte haben, die einen repräsentativen Wert einer Gruppe umgebender Pixel um einen gewissen Schwellwert übersteigen. Das Korrekturmodul kann dann bei Vorliegen eines Fehlersignals dazu eingerichtet sein, die Pixelwerte eines solchen Clusters zu modifizieren. Den schlechten Pixel kann bspw. der höchste Wert umgebender Pixel zugewiesen werden oder ein Mittelwert.
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Flugkörper mit einem Suchkopf enthalten meist einen Matrixdetektor mit einer matrixartigen Anordnung von Detektorelementen. Aus den Signalen der Detektorelemente wird ein Bild, das von der Optik des Suchkopfs auf den Matrixdetektor abgebildet wird, abgeleitet, und in diesem werden Objekte erkannt. Anhand der Lage der erkannten Objekte im Bild wird der Flugkörper in seinem Flug in Richtung zu einem erkannten Ziel gesteuert.
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein zuverlässiges Verfahren zum Auswerten von Bilddaten eines Matrixdetektors anzugeben.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß den Merkmalen von Patentanspruch 1 gelöst, bei dem ein Pfad um die toten Pixel gewählt wird, aus den Bildwerten der Pixel, über die der Pfad läuft, eine Funktion erzeugt wird und aus dem Wegintegral über diese Funktion entlang des Pfades ein fiktiver Bildwert für zumindest eines der toten Pixel im Innern des Pfades bestimmt wird.
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Die Erfindung geht von der Überlegung aus, dass während des Betriebs des Flugkörpers Bildelemente des Matrixdetektors ausfallen können. Wird der Suchkopf beispielsweise durch eine Gegenmaßnahme geblendet, so kann es sein, dass ein ganzer Cluster von Detektorelementen unzuverlässig wird oder nicht mehr funktioniert.
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Die Grauwerte der toten Pixel im Bild, das zur Flugsteuerung verwendet wird, sollten nun so definiert werden, dass keine künstlichen Gradienten auftreten. Durch tote Pixel erzeugte Bildgradienten können falsche Ziele simulieren, sodass der Flugkörper in seinem Flug fehlgelenkt wird. Es sollte also eine Grauwertverteilung für den Bereich der toten Pixel durch einen Algorithmus so definiert werden, dass die Grauwerte von intakten Pixeln aus der nahen Umgebung glatt in den Bereich der toten Pixel hinein fortgesetzt werden. Dadurch entsteht insgesamt eine glatte Grauwertverteilung auch über den Bereich der toten Pixel hinweg. Hierbei sollte vermieden werden, dass insbesondere an den Schnittstellen zu intakten Pixeln künstliche Gradienten auftreten, die zu Pseudo-Zielen führen können. Da die Lage, Größe und Geometrie von Clustern von toten Pixeln im Vorhinein nicht bekannt ist, sollte das Verfahren auch für verschiedene Größen und Geometrien solcher Cluster funktionieren.
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Der Matrixdetektor ist zweckmäßigerweise Teil eines Flugkörpers mit einem Suchkopf, dessen Suchoptik eine Umgebung des Flugkörpers auf den Matrixdetektor abbilden kann. Ein totes Pixel kann ein defektes Detektorelement sein, beziehungsweise durch dieses verursacht werden, wobei das Detektorelement keine Bildwerte ausgibt oder falsche Bildwerte ausgibt, beispielsweise durch seinen Defekt. Der Pfad um die toten Pixel verläuft zweckmäßigerweise zumindest überwiegend über intakte Pixel, also solche Pixel, die durch intakte Detektorelemente des Matrixdetektors erzeugt wurden.
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Der Pfad sollte geschlossen sein, wobei die Form des Pfads an die Lage und Größe des Clusters aus toten Pixeln angepasst werden kann. Gerade bei einem länglichen Cluster toter Pixel kann es vorteilhaft sein, den Pfad nur um einige der toten Pixel zu legen, wobei andere tote Pixel außerhalb des Pfads liegen.
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Entsprechend der Erfindung wird als Wegintegral die Cauchysche Integralformel verwendet.
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Die Erfindung nutzt dabei ein zentrales Theorem der Funktionentheorie, den sogenannten Cauchyschen Integralsatz für analytische Funktionen. Letztere sind im Komplexen definiert und beliebig oft differenzierbar. Diese Eigenschaft trägt dazu bei, dass die Fortsetzung der Grauwerte aus der Umgebung in den Bereich der toten Pixel hinein in besonders glatter Weise geschieht. Mit Hilfe des Cauchyschen Integralsatz kann der Funktionswert an jedem beliebigen Punkt innerhalb eines umrandeten Integrationsgebiets aus dem Umlaufintegral beziehungsweise Randintegral bestimmt werden. Aufgrund dieser Eigenschaft kann eine Fortsetzung der Grauwerte in den Bereich der toten Pixel hinein mit einem glatten Übergang ermittelt werden.
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Die erzeugte Funktion über den Pfad ist zweckmäßigerweise eine komplexe Funktion. Auf diese Weise wird eine komplexe Fortsetzung der ursprünglichen reellen Grauwertverteilung der Bildmatrix erreicht, sodass der Cauchysche Integralsatz anwendbar wird. Weiter ist die Funktion zweckmäßigerweise eine holomorphe Funktion, also eine beliebig oft differenzierbare Funktion.
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Zudem ist es vorteilhaft, wenn die Bildwerte der Pixel, über die der Pfad läuft, als Realteil der Funktion verwendet werden. Aus den Bildwerten der intakten Pixel, die nur als diskrete Werte vorliegen, kann zunächst die Funktion erzeugt werden. Zur Anwendung der Cauchyschen Integralformel ist es hierbei notwendig, aus der realen Grauwerteverteilung des Detektors eine komplexwertige Funktion zu bestimmen, die zusätzlich die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfüllt. Für diese komplexwertige Funktion ist das Cauchy Theorem dann anwendbar. Der komplexe Funktionswert f(z) mit
im Innern eines geschlossenen Integrationsgebiets ergibt sich durch das Randintegral über die selbige Funktion.
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Wenn also das Randintegral über die intakten Pixel in der Nachbarschaft der toten Pixel läuft, sagt der Cauchysche Satz den Wert der Funktionen in jedem beliebigen Punkt z im Innern des Integrationsgebiets voraus, mithin also da, wo die toten Pixel sind. Diese Fortsetzung ist glatt. Auf diese Weise werden Gradienten und dadurch Bildartefakte vermieden, sodass die Steuerung des Flugkörpers zuverlässiger durchgeführt werden kann.
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Das Ergebnis f(z), z im Innern des Integrationsbereichs, ist zunächst komplex. Durch Realteilbildung ergibt sich die reale Fortsetzung der Grauwerteverteilung der ursprünglichen Bildmatrix in den Bereich der toten Pixel hinein. Da die Ursprungsfunktion analytisch ist, das heißt komplex differenzierbar, ist die Fortsetzung für die toten Pixel eine glatte Funktion der intakten Pixel in der Umgebung.
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Bei Verwendung einer komplexen Funktion ist es vorteilhaft, wenn der Imaginärteil der Funktion aus dem Realteil entwickelt wird, zweckmäßigerweise durch Reihenentwicklung, wie eine Taylorentwicklung. Hierbei kann zur Einsparung von Rechenleistung nach der ersten Ordnung abgebrochen werden, spätestens nach der zweiten Ordnung. Die Koeffizienten der Reihenentwicklung können beispielsweise durch die Methode der geringsten quadratischen Abweichungen an die diskreten intakten Grauwerte längs des Integrationspfads bestimmt werden.
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Die Erfindung ist besonders vorteilhaft anwendbar, wenn die toten Pixel einen zusammenhängenden Cluster bilden. Ist der Cluster jedoch nur wenige Pixel groß, so kann bereits eine Mittelwertbildung über die Bildwerte des Pfads ausreichen, um einen im Wesentlichen glatten Übergang zu den toten Pixeln zu erreichen. Es kann hierdurch Rechenleistung eingespart werden. Es ist daher vorteilhaft, wenn aus der Größe und Form des Clusters entschieden wird, ob die fiktiven Bildwerte mittels Wegintegral oder einer anderen Methode bestimmt werden. Auch die Lage des Clusters in der Bildmatrix kann zu dieser Entscheidung herangezogen werden. Liegt der Cluster beispielsweise am Rand des Bilds, so kann eine möglichst gute Stetigkeit ohne Artefakterzeugung weniger wichtig sein, als wenn der Cluster in der Bildmitte liegt. Je nach Wichtigkeit kann die Rechenleistung, die zur Berechnung der fiktiven Bildwerte der toten Pixel notwendig ist, angepasst werden.
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Das Verfahren ist geeignet für viele, im Wesentlichen beliebige Formen von Clustern toter Pixel. Hierbei ist es zweckmäßig, die Pfadform des Pfads und die toten Pixel aus der Anzahl und der Lage der toten Pixel zueinander in der Bildmatrix festzulegen. Hierbei sollten möglichst wenig intakte Pixel innerhalb des Integrationspfads liegen, wobei die Lage von einigen intakten Pixeln darinnen nicht schädlich sein muss.
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Um einen Rechenaufwand möglichst gering zu halten, kann es vorteilhaft sein, als Pfadform des Pfads stets eine vorbestimmte Pfadform zu verwenden, beispielsweise ein Rechteck oder einen Kreis. Je nach Größe und Lage des Clusters, kann es hierbei auch vorteilhaft sein, dass ein Teil des Clusters außerhalb des Pfads liegt. Dieser Teil des Clusters kann beispielsweise mit einem zweiten Pfad um diesen Teil herum entstört werden. Es ist daher vorteilhaft, abzuwägen, einen großen und eventuell komplexen Pfad zu wählen oder mehrere Pfade in mehreren Rechenschritten nacheinander abzuarbeiten.
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Wie erwähnt, kann es zum Einfachhalten des Integrationspfads sinnvoll sein, den Pfad auch um ein oder mehrere intakte Pixel zu legen. Es ist dann zu entscheiden, ob der reale Bildwert dieses Pixels verwendet wird zur Bildauswertung oder ein fiktiver Bildwert, der sich durch das Randintegral ergibt. Diese Entscheidung wird zweckmäßigerweise anhand der Lage des intakten Pixels zu zumindest einem toten Pixel getroffen. Hierbei spielt die Entfernung zu einem oder mehreren der toten Pixel eine zentrale Rolle. Je größer die Entfernung ist, desto vorteilhafter ist es, den realen Grauwert zu verwenden.
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Es kann vorkommen, dass das Bild im Pfad sehr unregelmäßig ist, sodass die Bildwerte benachbarter Pixel zueinander sehr unterschiedlich sind. Je größer diese Unterschiede sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch der Übergang zu einem oder mehreren der toten Pixel springt, sodass hierdurch Falschziele erzeugt werden können. Es ist insofern vorteilhaft, wenn ein Bildwertegradient zwischen einem realen Bildwert eines intakten Pixels und einem fiktiven Bildwert eines benachbarten toten Pixels bei der Auswertung der Bilddaten unberücksichtigt bleibt. Die Entscheidung, ob ein solcher Bildwertgradient bei der Bildauswertung berücksichtigt wird oder nicht, kann von Bildwertegradienten zwischen Pixeln entlang des Integrationspfads abhängig gemacht werden.
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Besonders vorteilhaft ist die Anwendung des Verfahrens in einem Flugkörper während seines Flugs in Richtung auf ein Ziel.
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Die Erfindung ist ebenfalls gerichtet auf einen Flugkörper mit einer bildgebenden Optik, einem Matrixdetektor und einer Steuereinheit. Dieser ist gemäß der Erfindung dazu vorbereitet, das oben beschriebene Verfahren auszuführen.
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Die bisher gegebene Beschreibung vorteilhafter Ausgestaltungen der Erfindung enthält zahlreiche Merkmale, die teilweise in einigen abhängigen Ansprüchen zu mehreren zusammengefasst wiedergegeben sind. Die Merkmale können jedoch zweckmäßigerweise auch einzeln betrachtet und zu sinnvollen weiteren Kombinationen zusammengefasst werden, insbesondere bei Rückbezügen von Ansprüchen, so dass ein einzelnes Merkmal eines abhängigen Anspruchs mit einem einzelnen, mehreren oder allen Merkmalen eines anderen abhängigen Anspruchs kombinierbar ist. Außerdem sind diese Merkmale jeweils einzeln und in beliebiger geeigneter Kombination sowohl mit dem erfindungsgemäßen Verfahren als auch mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung gemäß den unabhängigen Ansprüchen kombinierbar. So sind Verfahrensmerkmale auch als Eigenschaften der entsprechenden Vorrichtungseinheit gegenständlich formuliert zu sehen und funktionale Vorrichtungsmerkmale auch als entsprechende Verfahrensmerkmale.
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Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich in Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert werden. Die Ausführungsbeispiele dienen der Erläuterung der Erfindung und beschränken die Erfindung nicht auf die darin angegebene Kombination von Merkmalen, auch nicht in Bezug auf funktionale Merkmale. Außerdem können dazu geeignete Merkmale eines jeden Ausführungsbeispiels auch explizit isoliert betrachtet, aus einem Ausführungsbeispiel entfernt, in ein anderes Ausführungsbeispiel zu dessen Ergänzung eingebracht und/oder mit einem beliebigen der Ansprüche kombiniert werden.
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Es zeigen:
- 1 einen Flugkörper mit einem Suchkopf und einem Matrixdetektor,
- 2 einen Bildbereich des Matrixdetektors mit einem Cluster toter Pixel,
- 3 einen rechteckigen Integrationspfad über intakte Pixel eines Bilds des Matrixdetektors,
- 4 eine Simulation eines toten Pixelclusters in einer Matrix aus Bildwerten, die eine schiefe Ebene aus Bildwerten erzeugen,
- 5 eine Simulation eines toten Pixelclusters in einer Matrix aus Bildwerten, die eine schiefe Ebene mit einer geringen sinusförmigen Störung aus Bildwerten erzeugen,
- 6 eine Simulation eines toten Pixelclusters in einer Matrix aus Bildwerten, die eine schiefe Ebene mit einer größeren sinusförmigen Störung aus Bildwerten erzeugen, und
- 7 einen den Cluster zeigenden Ausschnitt aus dem Bildbereich aus 2, bei dem der Cluster in verschiedene Approximationsregionen zerlegt ist.
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1 zeigt einen Lenkflugkörper 2 mit einem Suchkopf 4, der eine Optik 6 aufweist, die eine Umgebungsszenerie 16 vor dem Lenkflugkörper 2 auf einen Matrixdetektor 8 abbildet. Der Matrixdetektor 8 ist ein im infraroten Spektralbereich empfindlicher Matrixdetektor 8 und umfasst M x N Detektorelemente, die in Zeilen und Spalten, rechteckig, hexagonal oder auf eine andere Weise in einer Fläche angeordnet sind, auf die die Optik 6 abbildet. Die Art des Matrixdetektors ist ein Focal Plane Array (FPA). Die Signale der Detektorelemente des Matrixdetektors 8 werden von einer Steuereinheit 10 ausgewertet, die aus den Bildinhalten der vom Matrixdetektor 8 erzeugten Bilder einen Gegenstand als solchen erkennen. Der Gegenstand kann ein Hindernis oder ein Ziel sein, wobei die Steuereinheit 10 den Flug des Lenkflugkörpers 2 um das Hindernis herum beziehungsweise zum Ziel hin lenkt. Die Steuerung geschieht beispielsweise über auslenkbare Lenkflügel 12, mit denen der Flug des Lenkflugkörpers 2 gelenkt werden und beispielsweise ein Wirkkörper 14 in ein Ziel gebracht werden kann.
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Der Betrieb des IR-Flächendetektors 8 für militärische Anwendungen kann zu einem größeren kompakten Bereich toter Pixel führen, z.B. mit mehr als 20 toten Pixeln. Ein solcher Cluster ist beispielhaft in 2 dargestellt.
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2 zeigt schematisch eine Matrix 18 der Bildpunkte eines Bilds des Matrixdetektors 8, also m x n Pixel beziehungsweise Bildpunkte. Die schwarzen Pixel 20 stellen die Bildwerte von defekten Detektorelementen dar, im einfachsten Fall jeweils 0, da die Detektorelemente keine Signale mehr liefern. Es ist deutlich, dass ein Gegenstand, der auf diese toten Detektorelemente abgebildet wird, im Bild innerhalb dieses Clusters nicht sichtbar ist. Dies ist jedoch nicht schädlich, da der Gegenstand während des Flugs des Lenkflugkörpers 2 im Bild wandert und daher aus dem Cluster heraustritt und wieder sichtbar wird.
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Viel schädlicher für die Flugsteuerung des Lenkflugkörpers 2 wäre es, wenn die simulierten beziehungsweise fiktiven Grauwerte der toten Pixel 20 im Cluster einen Gegenstand darstellen würden. Dies kann bereits leicht dadurch entstehen, dass ein großer Gradient zwischen Grauwerten benachbarter Pixel 20 auftritt, also ein großer Grauwertunterschied zwischen diesen Pixeln 20. Der Steuereinheit 10 würde dann ein Objekt innerhalb des Clusters simuliert werden, das seine Position relativ zum Lenkflugkörper 2 beziehungsweise zur Ausrichtung der Optik 6 nicht verändern würde. Ein solches Objekt könnte die Steuerung des Lenkflugkörpers 2 deutlich behindern.
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Einem solchen Cluster toter Pixel 20 sollte daher eine Grauwertverteilung zugeordnet werden, die folgende Bedingungen erfüllt:
- 1. Eine möglichst glatte Anbindung an die gemessenen Grauwerte der intakten Pixel, die an die toten Pixel 20 anschließen, also ein möglichst geringer Bildwertgradient.
- 2. Keine Erzeugung von Falschobjekten innerhalb des toten Pixelclusters, d.h. die extrapolierte Grauwertverteilung sollte auch innerhalb des Clusters möglichst glatt sein.
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Hierdurch soll vermieden werden, dass die Grauwertverteilung im Cluster Falschobjekte simuliert und die Steuerung des Lenkflugkörpers 2 hierdurch gestört wird.
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Zum Erreichen der obigen Ziele kann eine Lösung aus der Funktionentheorie verwendet werden. Ein zentrales Theorem der Funktionentheorie ist der Cauchy Riemannsche Integralsatz für analytische oder holomorphe komplexe Funktionen:
mit z: Punkt oder Pixel innerhalb des vom Wegintegral umfahrenen kompakten Gebiets, wobei f(z) die komplexe Funktion der Grauwertverteilung innerhalb des Gebiets ist. Der Satz besagt, dass man den Wert einer analytischen Funktion im Inneren eines kompakten Gebietes findet, indem man die Funktion über einen beliebigen stetigen Pfad um dieses Gebiet integriert, beispielsweise im Gegenuhrzeigersinn, mit einem Kern, der gegeben ist durch:
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Damit der Satz Anwendung finden kann, muss zunächst die komplexe Funktion f(z) definiert werden. Ihr Realteil u(x,y) wird mit der reellen Grauwertverteilung g(x,y) auf den intakten Pixeln identifiziert. Der Imaginärteil v(x,y) ergibt sich aus den Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen:
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Die obigen Gleichungen implizieren, dass sowohl u(x,y) als auch v(x,y) harmonische Funktionen sind, also
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Zur Ableitung der komplexifizierten Grauwertverteilung G(x,y) = U(x,y) + i V(x,y) besteht der Ansatz darin, den Realteil der gesuchten Funktion G(x,y) mit der reellen Grauwertverteilung g(x,y) der intakten Pixel zu identifizieren. Es ist jedoch zu beachten, dass die Grauwertverteilung g(x,y) nur als Menge diskreter Werte gij vorliegt, mit x = i * Δx und y = j * Δy. Da beim Pfadintegral eine stetige Funktion gebraucht wird, ist es notwendig, die diskrete Grauwertverteilung g(x,y) durch eine harmonische Funktion gh(x,y) zu approximieren.
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Funktionen in der Form:
sind harmonisch, beispielweise in der Form einer Taylorreihenentwicklung. Die Koeffizienten g0, a, b, c können durch einen Least Square Fit an die diskreten Grauwerte längs des Integrationspfades angenähert werden.
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Eine andere Möglichkeit bestünde darin, das Pfadintegral durch eine diskrete Summe der G(i,j) längs des Integrationsweges zu bestimmen.
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Ist gh(x,y) einmal bekannt, so ist der Realteil von G(x,y) als differenzierbare Funktion gegeben.
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Zur Bestimmung von V(x,y) lässt sich die Funktion gh(x,y) ableiten, so dass für die partiellen Ableitungen von V(x,y) gilt:
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Mit dem Ansatz
verifiziert man, dass die Cauchy-Riemannsche Integralformen erfüllt sind. Damit liegt die gesuchte komplexifizierte Grauwertverteilung G(x,y) vor und ist gegeben durch
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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zunächst die reelle diskrete Grauwertverteilung der intakten Pixel auf dem Integrationspfad in eine differenzierbare harmonische Funktion gh(x,y) überführt wird, die sich ableiten lässt, so dass der Imaginärteil V(x,y) von G(x,y) gefunden werden kann.
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In dieser Form nun kann nun die Cauchy-Riemannsche Gleichung analytisch gelöst werden und es können die komplexen Grauwerte G(z) im Inneren des vom Pfadintegral umschlossenen Bereichs bestimmt werden.
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Zur Bildung der Cauchy-Riemannschen Gleichung ist der Pfad zu bestimmen, den das Integral entlanggeführt werden soll. Bei einem Matrixdetektor bietet sich hierbei ein Pfad entlang der Reihen und Spalten der intakten Pixel an, entsprechend des Beispiels aus 2 also ein Rechteck. Bei einem rechteckigen Pfad um den Bereich der toten Pixel 20 herum können vier Sätze von Koeffizienten bestimmt werden, für jeden Rechteckschenkel einer.
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Dies ist in
3 angedeutet.
3 zeigt einen rechteckigen Integrationspfad
22, der aus vier geraden Teilstücken besteht, die in
3 nummeriert sind. Zur Verdeutlichung der einzelnen Pfadintegrale sind zwei Pfadecken mit
A und
B gekennzeichnet. Die Cauchy-Riemannsche Gleichung sieht bei einem Rechteckpfad wie folgt aus:
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Hierbei ist 1... 4 im Pfadintegral eine symbolische Schreibweise für die Integration längs der vier Einzelwege 1... 4. Bei der Integration längs der Teilstücke lauten die Einzelintegrale
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Gibt man sich nun einen Punkt im Inneren des vom Pfadintegrals umschlossenen Bereichs vor, also z = x + iy, so ist die vom äußeren Bereich extrapolierte Grauwertverteilung G(z) gegeben durch die Summe der obigen vier Einzelintegrale:
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Der reelle Grauwert, der einem toten Pixel zuzuordnen ist, folgt schließlich aus:
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Im Folgenden werden mehrere rechnerische Verifikationen des Ansatzes dargestellt. Die einfachste liegt mit dem Fall vor, dass die Grauwerte über alle Randpixel gleich sind. Für eine konstante Grauwertverteilung der Randpixel ergeben die Eigenschaften des Cauchy-Riemannschen Integrals die gleiche Konstante für die fiktive Grauwertverteilung der toten Pixel 20, wie ein einfaches Einsetzen in das Integral zeigt.
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4 zeigt eine weitere konkrete rechnerische Verifikation des Ansatzes. Um die numerischen Ergebnisse anschaulich überprüfen zu können, wurde als reale Grauwerteverteilung eine schiefe Grauwertebene gewählt. Die Grauwerte steigen also zu einer Ecke der Matrix 18 der Pixel aus dem Bild des Matrixdetektors 8 linear an. Die Steigung und Ausrichtung der schiefen Ebene spielt in der Rechnung keine Rolle.
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Als Pfad wurde ein Rechteck gebildet mit den vier Ecken A bis D. Die schiefe Ebene verläuft durch diesen Pfad mit folgenden Daten: D= 0, C = 100 / (AB), a=3, b=2. Der Cluster der toten Pixel 20 hat die Dimensionen A=20 und B=25, weiter r= 1.
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Die vier Einzelintegrale über die vier Seiten des Rechteckpfads werden zu:
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Aus obiger Grauwertverteilung g(x,y) wurde zunächst gh(x,y) und V(x,y) bestimmt, dann die vier Cauchy-Integrale.
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In 4 wurde das Original der schiefen Ebene aufgetragen und zwar in einer Pixellinie parallel zur x-Achse und einer Pixellinie parallel zur y-Achse. Sie sind in den beiden oberen Linien der beiden Linienpaare aus 4 dargestellt. Ebenfalls wurde die Cauchy Lösung aufgetragen. Sie sind die beiden unteren Linien der beiden Linienpaare aus 4, die i.W. identisch mit den Realdaten liegen. Dies ist leicht verständlich, da die ursprüngliche Grauwertverteilung g(x,y) bereits harmonisch ist.
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Als weitere zwei Beispiele wurde auf die schiefe Grauwerteebene eine Sinusstörung hinzugegeben, sodass sich eine gewellte schiefe Grauwerteebene als Realwert der intakten Pixel ergibt, über die der Integrationspfad führt.
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5 zeigt die gleiche Darstellung wie 4, wobei jedoch die durch die Sinusstörung erzeugte Welligkeit der realen Grauwerteebene sichtbar ist. Bei dem Ausführungsbeispiel aus 6 ist die Sinusstörung größer gewählt. Diese sinusförmigen Störungen setzen sich nicht in die Cauchy-Riemannsche Lösung im Innern des Integrationspfads fort, wie aus den 5 und 6 sichtbar ist. Dies ist zu erwarten, da die Cauchy-Riemannsche Lösung per Definition eine glatte Approximation liefert und von sich aus keine inneren Strukturen - wie gewünscht - produziert. Die Cauchy-Riemannsche Lösung folgt dem mittleren Gradienten der Verteilung, die sinusförmigen Störungen werden ignoriert.
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Günstig ist, dass am Rand bei den Indizes i=0 und i= 100 keine all zu großen Abweichungen oder Überschwinger auftreten. Trotzdem sollte jeder Gradient an den Anbindungskanten nachgebessert werden.
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Im realen Betrieb des Matrixdetektors 8 werden die wirklichen Grauwerte entlang des Integrationspfads 22 keine harmonische Funktion bilden, da auf dem Pixelstreifen, über den der Integrationspfad 22 läuft, tatsächlich Quellen und Senken existieren können, sodass nicht ganz exakt Δ u(x,y) = 0 gelten muss. Auch bei einer Analytisierung der Grauwertverteilung g(xy,), die nur als Menge diskreter Werte vorliegt, mittels Reihenentwicklung, können deutliche Schwingungen auftreten, die sich in das Innere des Integrationsgebiets abschwächend fortsetzen. Hierbei besteht die Möglichkeit, dass Übergänge von intakten Pixeln zu den fiktiven Grauwerten von benachbarten toten Pixeln 20 deutliche Gradienten zeigen. Da die Lage der Übergänge im Gesamtbild bekannt ist, können solche Gradienten künstlich unterdrückt oder bei der Bildauswertung unberücksichtigt bleiben, sodass sie nicht zu Bildartefakten führen.
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Der in 2 gezeigte Cluster der toten Pixel 20, die in 2 durch schwarze Gebiete gekennzeichnet sind, wobei jedes der kleinen Rechtecke ein Pixel 20 darstellen kann, ist nicht rechteckig, sondern nach außen hin ausgefranst, wie es in der Realität zu erwarten ist. Je nach Ausfransungsstärke wird ein rechteckiger Integrationspfad 22 um den gesamten Cluster mehr oder weniger viele intakte Pixel einschließen, auf deren reale Grauwerte bei Einschluss in das Integral verzichtet werden würde. Um diesen Verzicht möglichst klein zu halten, kann es sinnvoll sein, den Integrationspfad 22 durch den Cluster hindurch zu führen.
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7 zeigt dieses Vorgehen am Beispiel des Clusters aus 2. Der Integrationspfad 22 ist um ein kompaktes Gebiet toter Pixel 20 geführt, in dem keine intakten Pixel sind. Selbstverständlich ist es auch möglich, ein oder wenige intakte Pixel im Integrationsgebiet zuzulassen. Zur Darstellung sind die vom Integrationspfad 22 eingeschlossenen toten Pixel 20 schwarz markiert, und die außerhalb des Integrationspfads 22 liegenden toten Pixel 20 sind schraffiert dargestellt. Diese haben um sich herum jeweils ein oder mehrere intakte Pixel. Der Mittelwert dieser umgebenden intakten Pixel wird nun als fiktiver Grauwert der einzelnen toten Pixel außerhalb des Integrationspfads 22 verwendet. Dies ist in 7 beispielhaft anhand der Pfeile von intakten Pixeln in eines der toten Pixel 20 dargestellt, die bedeuten, dass der fiktive Grauwert des toten Pixels von den Grauwerten derjenigen intakten Pixeln abgeleitet wird, die um das tote Pixel 20 herum liegen.
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Nun werden die auf dem Integrationspfad 22 liegenden und auf diese Weise geschätzten toten Pixel 20 als intakte Pixel angesehen und deren fiktiver Grauwert wird als Realwert auf dem Integrationspfad 22 verwendet. Aus dem in dieser Weise gebildeten Integrationspfad 22 beziehungsweise dessen Grauwerten wird nun in der oben beschriebenen Weise das Innengebiet innerhalb des Integrationspfads 22 rechnerisch abgeschätzt.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- Lenkflugkörper
- 4
- Suchkopf
- 6
- Optik
- 8
- Matrixdetektor
- 10
- Steuereinheit
- 12
- Lenkflügel
- 14
- Wirkkörper
- 16
- Umgebungsszenerie
- 18
- Bildmatrix
- 20
- totes Pixel
- 22
- Integrationspfad