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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Anpassung eines Fahrzeugregelsystems an einen veränderten Fahrzeugzustand.
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In der aktuellen Fahrzeugentwicklung entspricht es dem Stand der Technik, aktuelle Softwareparameter von Fahrerassistenzfunktionen bzw. Fahrzeugregelsystemen durch Fahrversuche auf Teststrecken und/oder öffentlichen Straßen nach subjektivem Empfinden des Fahrers zu erproben (sog. „herausgefahrene Parameter“). Diese Softwareparameter müssen dabei für alle freizugebenden Fahrzeuge adaptiert werden. Diese erprobten Parameter werden, sobald ein hinreichend guter Parametersatz ermittelt werden konnte, in einer Speichereinheit des Fahrzeugregelsystems abgespeichert. Eine Anpassung dieser Parameter ist momentan nur bei Werkstattbesuchen möglich.
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Nachteilig an dem bekannten Verfahren zur Parametrisierung von Fahrzeugregelsystemen ist, dass eine Anpassung von Parametern des Fahrzeugregelsystems aufgrund eines veränderten Fahrzeugzustands, beispielsweise einer höheren Beladung oder einer veränderten Lastverteilung im Fahrzeug, derzeit nicht möglich ist.
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Ausgehend hiervon ist es Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Anpassung eines Fahrzeugregelsystems anzugeben, mittels dem das Fahrzeugregelsystem an einen veränderten Fahrzeugzustand adaptierbar ist.
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Die Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche. Ein Fahrzeug mit an den Fahrzeugzustand anpassbarem Fahrzeugregelsystem ist Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 15.
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Gemäß einem ersten Aspekt bezieht sich die Erfindung auf ein Verfahren zur Anpassung eines Fahrzeugregelsystems an einen veränderten Fahrzeugzustand. Das Verfahren umfasst dabei folgende Schritte, die nicht zwangsläufig in der nachfolgend angegebenen Reihenfolge ablaufen müssen:
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Zunächst werden Fahrzeugzustandsinformationen an einer Rechnereinheit eines Fahrzeugs empfangen. Diese Fahrzeugzustandsinformationen sind beispielsweise von einem oder mehreren Sensoren erhaltene Messgrößen, über die bestimmte Informationen hinsichtlich des Fahrzeugzustands erfassbar sind. Die Fahrzeugzustandsinformationen können sich beispielsweise auf das Fahrzeuggewicht, die Lastverteilung im Fahrzeug (beispielsweise Lastverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse), den Luftdruck in den Reifen, den Reifen- oder Aktuatorverschleiß etc. beziehen.
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Des Weiteren werden durch Sensoren bereitgestellte Messinformationen an der Rechnereinheit empfangen, und zwar während einer Aktivphase des Fahrzeugregelsystems. Diese Messinformationen beziehen sich auf physikalische Messgrößen, beispielsweise die Längsbeschleunigung, die Querbeschleunigung, die Gierrate, den Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug etc., die gemessen werden, während das Fahrzeug durch das Fahrzeugregelsystem gesteuert wird. Über die empfangenen Messinformationen können Informationen hinsichtlich des Regelverhaltens bzw. die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems ermittelt werden.
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Basierend auf den Messinformationen wird anschließend die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems beurteilt, und zwar unter Berücksichtigung zumindest eines Regelungskriteriums. Insbesondere wird unter Hinzuziehung des zumindest einen Regelungskriteriums überprüft, ob das Regelverhalten des Fahrzeugregelsystems die durch das Regelungskriterium gesetzten Anforderungen erfüllt. Die Beurteilung kann durch einen Simulationslauf in einer auf der Rechnereinheit ausführbaren Simulationsumgebung erfolgen, mittels der die Regelgüte simulierbar ist.
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Für den Fall dass das Fahrzeugregelsystem das zumindest eine Regelungskriterium nicht erfüllt, wird ein das Fahrzeugregelsystem beeinflussender Steuerparametersatz, der einen oder mehrere Steuerparameter enthalten kann, angepasst.
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Der wesentliche Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass das Fahrzeugregelsystem bei unterschiedlichen Fahrzeugzuständen, beispielsweise unterschiedlichen Beladungssituationen, nicht statisch bleibt sondern abhängig vom jeweiligen Fahrzeugzustand anpassbar ist. Diese Anpassung erfolgt dabei derart, dass das Fahrzeugregelsystem nach der Anpassung eine bestimmte Regelgüte aufweist.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel erfolgt das Anpassen eines Steuerparametersatzes durch iteratives Variieren eines zumindest eines Steuerparameters und Beurteilen der Regelgüte des Fahrzeugregelsystems mit diesem angepassten Steuerparameter. Diese Anpassung kann iterativ so lange vollzogen werden, bis eine Regelgüte erreicht wurde, die das zumindest eine Regelungskriterium erfüllt. Beispielsweise wird ein die Kurvenführung bei einer Kurvenfahrt beeinflussender Steuerparameter angepasst, wenn erkannt wird, dass bei der Kurvenfahrt mit einem hohen Fahrzeuggewicht ein Schlingern des Fahrzeugs auftritt. Dadurch wird eine schrittweise Adaption des Fahrzeugregelsystems an den veränderten Fahrzeugzustand erreicht.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird das Regelungskriterium durch einen Wertebereich eines Regelgüteindikators gebildet. Das Regelungskriterium kann also einen oberen Grenzwert, einen unteren Grenzwert oder einen Wertebereich eines Regelgüteindikators zwischen einem oberen und einem unteren Grenzwert festlegen. Der Regelgüteindikator kann insbesondere ein Bewertungskriterium, beispielsweise eine einheitslose Zahl, sein, die das Güteempfinden (beispielsweise Komfortempfinden, Sicherheitsempfinden oder Leistungsempfinden) eines menschlichen Fahrers abbildet. Damit gibt das Regelungskriterium eine Schwelle oder einen Zielbereich an, in dem sich der Regelgüteindikator befinden soll, damit das Fahrzeugregelsystem vom menschlichen Fahrer als hinreichend „gut“ empfunden wird.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel ist die Rechnereinheit dazu ausgebildet, anhand eines Simulationsmodells einen oder mehrere Regelgüteindikatoren zu berechnen. Diese Berechnung erfolgt insbesondere „onboard“ im Fahrzeug. Das Simulationsmodell bezieht dabei vorzugsweise Informationen über den aktuellen Fahrzeugzustand (beispielsweise das aktuelle Fahrzeuggewicht) in die Berechnung des zumindest einen Regelgüteindikators mit ein. Damit kann durch das Simulationsmodell ermittelt werden, wie sich das Fahrzeugregelsystem unter Zugrundelegung des aktuellen Fahrzeugzustands aus sich eines menschlichen Fahrers verhält.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird basierend auf den empfangenen Fahrzeugzustandsinformationen und vorzugsweise den empfangenen Messinformationen ein Regelgüteindikator berechnet. Damit kann ermittelt werden, wie sich das Fahrzeugregelsystem unter Zugrundelegung des aktuellen Fahrzeugzustands verhält. Basierend darauf kann dann beurteilt werden, ob die zu erwartende Regelgüte dem zumindest einen Regelungskriterium entspricht oder eine Modifikation des die Regelung beeinflussenden Steuerparametersatzes nötig ist.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel erfolgt das Beurteilen der Regelgüte des Fahrzeugregelsystems durch Vergleichen eines berechneten Regelgüteindikators mit einem Wertebereich für diesen Regelgüteindikator und durch Feststellen, ob der berechnete Regelgüteindikator innerhalb oder außerhalb des Wertebereichs liegt. Beispielsweise wird basierend auf dem aktuellen Fahrzeugzustand für einen bestimmten Regelgüteindikator ein Wert von 9.3 berechnet. Das diesem Regelgüteindikator zugeordnete Regelungskriterium gibt jedoch an, dass der Regelgüteindikator einen Wert von mindestens 9.5 aufweisen muss. In diesem Fall ergibt die Beurteilung der Regelgüte, dass die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems schlechter ist als erwünscht und daher der die Regelung beeinflussende Steuerparametersatz anzupassen ist.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird abhängig von der jeweiligen Fahrsituation ein bestimmtes Fahrszenario erkannt. Durch diese Fahrszenario-Erkennung ist es möglich, zu bestimmen, in welcher Fahrsituation sich das Fahrzeug aktuell befindet (Kurvenfahrt, Stausituation, Stadt-, Überland- oder Autobahnfahrt etc.) und damit Rückschlüsse zu ziehen, welcher Regelgüteindikator (z.B. Kurvenfahrverhalten, Abstandsregelung etc.) aktuell aufgrund der empfangenen Messinformationen beurteilt werden kann.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel werden abhängig vom erkannten Fahrszenario beim Beurteilen der Regelgüte des Fahrzeugregelsystems ein oder mehrere Regelungskriterien verwendet. Insbesondere steht zur Beurteilung der Regelungsgüte ein Satz von Regelungskriterien zur Verfügung, die jeweils einem oder mehreren Regelgüteindikatoren zugeordnet sind. Dieser Satz von Regelungskriterien kann in mehrere Bereiche unterteilt sein, wobei jeder Bereich zumindest einem Fahrszenario zugeordnet ist und ein oder mehrere Regelungskriterien enthält. Abhängig davon, welches Fahrszenario aktuell vorliegt, werden ein oder mehrere Regelungskriterien selektiert und zur Beurteilung der Regelgüte des Fahrzeugregelsystems herangezogen.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird abhängig vom erkannten Fahrszenario eine selektive Verarbeitung von Messinformationen, die von einem oder mehreren Sensoren bereitgestellt werden, vollzogen. So ist es beispielsweise zur Beurteilung der Regelgüte des Fahrzeugregelsystems bei einer Kurvenfahrt vorteilhaft, die von einem Gierratensensor bereitgestellten Messinformationen heranzuziehen, wohingegen Informationen von einem hinteren Abstandssensor nicht relevant sind. Damit kann die Rechnereinheit abhängig vom erkannten Fahrszenario Messinformationen berücksichtigen oder nicht.
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Vorzugsweise sind in einer Speichereinheit ein oder mehrere Steuerparametersätze abgespeichert, mittels denen das Fahrzeugregelsystem angepasst werden kann. Den Steuerparametersätzen können ein oder mehrere Regelgüteindikatorwerte zugeordnet sein, die angeben, welche Regelgüte mit diesen Steuerparametersätzen in den jeweiligen Fahrsituationen (Kurvenfahrt, Stausituation, Stadt-, Überland- oder Autobahnfahrt etc.) erreichbar ist.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel umfasst der Schritt des Beurteilens der Regelgüte einen Vergleich eines berechneten Regelgüteindikatorwerts mit einem abgespeicherten Regelgüteindikatorwert und ein gespeicherter Steuerparametersatz wird durch einen angepassten, mit dem berechneten Regelgüteindikatorwert korrelierten Steuerparametersatz ersetzt, wenn der berechnete Regelgüteindikatorwert eine bessere Regelgüte indiziert als der abgespeicherte Regelgüteindikatorwert. In anderen Worten kann für den Fall, dass das Simulationsergebnis darauf hindeutet, dass die Regelgüte mit dem der Simulation zugrundeliegenden, angepassten Steuerparametersatz besser ist als die Regelgüte, die mit dem gespeicherten, bislang verwendeten Steuerparametersatz erreicht wird, zukünftig dieser angepasste Steuerparametersatz anstelle des bislang verwendeten Steuerparametersatzes verwendet werden. Dies wird dadurch erreicht, dass in der Speichereinheit der angepasste Steuerparametersatz anstelle des bislang verwendeten Steuerparametersatzes gespeichert wird.
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Vorzugsweise werden die Steuerparametersätze korreliert mit einem oder mehreren Fahrzeugzustandsinformationen abgespeichert, so dass erkennbar ist, bei welchem Fahrzeugzustand der jeweilige Steuerparametersatz zu verwenden ist.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird jeweils für ein bestimmtes Fahrszenario ein Regelgüteindikatorwert abgespeichert. Vorzugsweise erfolgt diese Abspeicherung derart, dass der Regelgüteindikatorwert korreliert mit einem oder mehreren Steuerparametersätzen abgespeichert wird, d.h. es kann aufgrund der abgespeicherten Daten nachvollzogen werden, basierend auf welchem Steuerparametersatz der jeweilige Regelgüteindikatorwert erreicht werden kann.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird überprüft, ob ein für die empfangenen Fahrzeugzustandsinformationen passender Steuerparametersatz für das Fahrzeugregelsystem abgespeichert ist. Für den Fall, dass ein solcher Steuerparametersatz vorhanden ist, muss keine Beurteilung der Regelgüte durch einen Simulationslauf erfolgen, sondern es kann der abgespeicherte Steuerparametersatz in dem Fahrzeugregelsystem verwendet werden. Falls kein passender Steuerparametersatz vorhanden ist, kann durch einen Simulationslauf oder mehrere iterative Simulationsläufe ein Steuerparametersatz generiert werden, der die geforderte Regelgüte erreicht. Dieser Steuerparametersatz kann dann zusammen mit Informationen zum Fahrzeugzustand in der Speichereinheit gespeichert werden, um zukünftig wiederverwendet zu werden, falls erneut dieser Fahrzeugzustand auftritt.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel werden bei Inbetriebnahme des Fahrzeugs Fahrzeugzustandsinformationen empfangen und der das Fahrzeugregelsystem beeinflussende Steuerparametersatz wird bei Veränderung der Fahrzeugzustandsinformationen im Vergleich zur letzten Fahrzeugnutzungsphase angepasst. Dadurch kann beim Starten des Fahrzeugs bzw. bei einem sog. Zündungswechsel der aktuelle Fahrzeugzustand (beispielsweise Gewicht, Lastverteilung, Verschleiß etc.) ermittelt und entschieden werden, ob der Steuerparametersatz angepasst werden muss oder nicht. Dadurch kann das Fahrzeugregelsystem situationsabhängig an den aktuellen Fahrzeugzustand adaptiert werden.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel werden unterschiedliche Regelgüteindikatoren zur Beurteilung des longitudinalen und des lateralen Fahrzeugregelverhaltens ermittelt. Dadurch ist es möglich, das Regelverhalten in Längsrichtung bzw. in Querrichtung getrennt zu beurteilen und einzustellen.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel werden Regelgüteindikatoren zur Beurteilung des longitudinalen Fahrzeugregelverhaltens und Regelgüteindikatoren zur Beurteilung des lateralen Fahrzeugregelverhaltens gegeneinander gewichtet. Dabei erfolgt das Beurteilen der Regelgüte des Fahrzeugregelsystems unter Berücksichtigung dieser Gewichtung. Diese Gewichtung trägt der Tatsache Rechnung, dass das Regelverhalten in Längsrichtung bzw. in Querrichtung nicht unabhängig voneinander sind, sondern sich gegenseitig beeinflussen. Durch die gewichtete Beurteilung des longitudinalen und lateralen Fahrzeugregelverhaltens wird erreicht, dass ein gewünschtes Gesamtregelverhalten erreichbar ist, das eine hinreichende Regelgüte in Längsrichtung und in Querrichtung ermöglicht.
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Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein Fahrzeug umfassend ein Fahrzeugregelsystem zur zumindest teilautomatischen Steuerung von Fahrsituationen und eine Rechnereinheit. Die Rechnereinheit ist dazu ausgebildet, dass Fahrzeugzustandsinformationen und Messinformationen, die durch Sensoren während einer Aktivphase des Fahrzeugregelsystems bereitgestellt werden, empfangen werden. Die Rechnereinheit des Fahrzeugs ist ferner dazu ausgebildet, die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems unter Berücksichtigung zumindest eines Regelungskriteriums zu beurteilen und einen das Fahrzeugregelsystem beeinflussenden Steuerparametersatz anzupassen, falls das Fahrzeugregelsystem das zumindest eine Regelungskriterium nicht erfüllt.
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Unter „Fahrzeugzustandsinformationen“ im Sinne der vorliegenden Erfindung werden jegliche Informationen verstanden, die einen Hinweis auf den aktuellen Fahrzeugzustand geben. Insbesondere können dies das Fahrzeuggewicht, die Lastverteilung zwischen Vorderachse und Hinterachse, der Reifenluftdruck, die Reifengröße, der Reifen- oder Aktuatorverschleiß etc. sein.
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Unter „Fahrzeugregelsystem“ im Sinne der vorliegenden Erfindung werden sämtliche Systeme verstanden, die eine zumindest teilautomatisierte Steuerung von Fahrfunktionen ermöglichen. Dies sind insbesondere Fahrassistenzsysteme wie Abstandsregelsysteme, Spurhaltesysteme oder andere Systeme für autonomes Fahren.
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Die Ausdrücke „näherungsweise“, „im Wesentlichen“ oder „etwa“ bedeuten im Sinne der Erfindung Abweichungen vom jeweils exakten Wert um +/-10%, bevorzugt um +/- 5% und/oder Abweichungen in Form von für die Funktion unbedeutenden Änderungen.
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Weiterbildungen, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung ergeben sich auch aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen und aus den Figuren. Dabei sind alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten Merkmale für sich oder in beliebiger Kombination grundsätzlich Gegenstand der Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder deren Rückbeziehung. Auch wird der Inhalt der Ansprüche zu einem Bestandteil der Beschreibung gemacht.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand der Figuren an Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 beispielhaft und schematisch ein Blockdiagramm eines ein Fahrzeugregelsystem aufweisenden Fahrzeugs;
- 2 beispielhaft ein das Verfahren zur Anpassung eines Fahrzeugregelsystems an einen veränderten Fahrzeugzustand veranschaulichendes Ablaufdiagramm;
- 3 beispielhaft ein Ablaufdiagramm zur Veranschaulichung der Abläufe des Verfahrens bei Vorhandensein eines gespeicherten Steuerparametersatzes bzw. Adaptierung eines Steuerparametersatzes; und
- 4 beispielhaft ein Ablaufdiagramm zur Veranschaulichung der Abläufe des Verfahrens mit Fahrszenario-Erkennung.
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1 zeigt ein grob schematisches Blockschaltbild eines Fahrzeugs 1 mit einem Fahrzeugregelsystem 2. Das Fahrzeugregelsystem 2 kann insbesondere ein Fahrassistenzsystem sein, beispielsweise ein Spurassistenzsystem, ein Abstandsregelsystem oder ein System zum (teil-)autonomen Fahren. Derartige Fahrzeugregelsysteme 2 sind grundsätzlich bekannt, so dass auf den grundlegenden Aufbau des Fahrzeugregelsystems 2 an dieser Stelle nicht eingegangen wird. Nachfolgend werden daher lediglich die für die vorliegende Erfindung relevanten Einheiten des Fahrzeugregelsystems 2 näher beschrieben.
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Das Fahrzeugregelsystem 2 weist eine Rechnereinheit 3 auf, mittels der die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems 2 beurteilt werden kann. Die Rechnereinheit 3 ist mit zumindest einem Sensor 5 verbunden, mittels dem Fahrzeugzustandsinformationen erfasst werden können. Derartige Fahrzeugzustandsinformationen können beispielsweise das Fahrzeuggewicht, die Lastverteilung im Fahrzeug, beispielsweise die Lastverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse, der Reifenluftdruck, die Reifengröße, der Reifen- oder Aktuatorverschleiß etc. sein. Dadurch kann die Rechnereinheit 3 derartige Fahrzeugzustandsinformationen empfangen und zur Beurteilung der Regelgüte des Fahrzeugregelsystems 2 auswerten.
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Des Weiteren ist die Rechnereinheit 3 mit zumindest einem Sensor 4 gekoppelt, mittels dem Messinformationen hinsichtlich des Fahrverhaltens in aktiven Phasen des Fahrzeugregelsystems 2 erfassbar sind. In anderen Worten werden durch den zumindest einen Sensor 4 Messinformationen von physikalischen Größen empfangen, die einen Hinweis auf die Güte der Fahrzeugregelung liefern. Der zumindest eine Sensor 4 kann beispielsweise ein Sensor zur Erfassung der Längsbeschleunigung, der Querbeschleunigung, der Gierrate, etc. sein.
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Wie nachfolgend näher beschrieben wird, ist die Rechnereinheit 3 dazu ausgebildet, die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems 2 zu beurteilen, und zwar unter Berücksichtigung eines Regelungskriteriums. Dabei wird insbesondere überprüft, ob die Fahrzeugzustandsinformationen darauf hinweisen, dass sich der Fahrzeugzustand gegenüber einer letzten Betriebsphase (beispielsweise seit dem letzten Zündungswechsel) geändert hat und damit das Fahrzeugregelsystem 2 aufgrund des geänderten Fahrzeugzustands angepasst werden muss.
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Das die Steuerung des Fahrzeugs 2 basierend auf dem Fahrzeugregelsystem 2 kann insbesondere durch einen Steuerparametersatz beeinflusst werden, der zumindest einen, vorzugsweise mehrere Steuerparameter aufweist. Derartige Steuerparameter können insbesondere Schwellwerte, Filterkonstanten, Hysteresegrenzen, Gewichtungsfaktoren etc. sein.
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Bei der Beurteilung der Regelgüte des Fahrzeugregelsystems 2 kann insbesondere beurteilt werden, ob die Regelgüte einem Regelungskriterium entspricht. Für den Fall, dass ein Regelungskriterium nicht erfüllt wird bzw. festgestellt wird, dass sich die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems 2 durch eine Anpassung der Steuerparameter möglicherweise verbessern lässt, wird eine Anpassung des Steuerparametersatzes vorgenommen. Dadurch kann das Fahrzeugregelsystem 2 an veränderte Fahrzeugzustandsinformationen angepasst werden.
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2 zeigt die grundlegenden Abläufe eines Verfahrens zur Anpassung eines Fahrzeugregelsystems 2 an einen veränderten Fahrzeugzustand.
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Zunächst werden in einem ersten Schritt Fahrzeugzustandinformationen an einer Rechnereinheit 2 des Fahrzeugs 1 empfangen (S10). Dies kann beispielsweise unmittelbar nach oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Einschalten der Zündung bzw. unmittelbar nach oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Starten des Fahrzeugs 1 erfolgen.
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Nach dem Aktivieren des Fahrzeugregelsystems 2 werden an der Rechnereinheit 2 Messinformationen von den Sensoren 4 empfangen, die mit physikalischen Größen assoziiert sind, die während der Regelung des Fahrzeuges durch das Fahrzeugregelsystem 2 auftreten.
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Fußend auf den Messinformationen dieser physikalischen Größen lässt sich die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems 2 beurteilen (S12). Diese Beurteilung der Regelgüte erfolgt unter Zuhilfenahme zumindest eines Regelungskriteriums. Das Regelungskriterium kann insbesondere angeben, in welchem Bereich ein von der Rechnereinheit 3 berechneter Regelgüteindikator liegen soll.
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Falls die Beurteilung der Regelgüte ergibt, dass das Fahrzeugregelsystem ein Regelungskriterium nicht erfüllt bzw. festgestellt wird, dass durch Anpassung von Steuerparametern eine Verbesserung der Regelungsgüte möglich ist, wird ein Steuerparametersatz, der das Fahrzeugregelungssystem beeinflusst, angepasst (S13).
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Wie in 1 gezeigt, weist das Fahrzeug 1 eine Speichereinheit 6 auf. In dieser Speichereinheit 6 werden unterschiedliche Steuerparametersätze gespeichert. Jeder dieser Steuerparametersätze ist mit einem definierten Fahrzeugzustand korreliert, beispielsweise einem bestimmten Fahrzeuggewicht, einer bestimmten Lastverteilung etc. Diese Steuerparametersätze sind beispielsweise während der Fahrzeuglebensdauer für unterschiedliche Fahrzeugzustände bestimmt worden. Hierbei kann ein Fahrzeugzustand durch einen einzelnen Fahrzeugzustandparameter (z.B. Beladungszustand) oder aber auch durch einen Satz von mehreren Fahrzeugzustandparametern (z.B. Beladungszustand, Lastverteilung, Luftdruck, Verschleiß, etc.) definiert sein. Abhängig davon, ob für diesen Fahrzeugzustand bereits ein geeigneter Steuerparametersatz zur Verfügung steht oder nicht, wird entweder ein zur Verfügung stehender, in der Speichereinheit 6 gespeicherter Steuerparametersatz verwendet oder ein Steuerparametersatz derart angepasst, dass dieser beim aktuellen Fahrzeugzustand das zumindest eine Regelungskriterium erfüllt.
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3 zeigt beispielhaft ein Ablaufdiagramm, das die oben beschriebenen Abläufe verdeutlicht. Nach dem Starten des Verfahrens werden zunächst Fahrzeugzustandsinformationen empfangen (S20).
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Anschließend wird überprüft, ob ein Steuerparametersatz in der Speichereinheit 6 gespeichert ist, der zu dem Fahrzeugzustand passt, der durch die empfangenen Fahrzeugzustandsinformationen definiert wird (S21).
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Für den Fall, dass die Prüfung ergibt, dass bereits ein geeigneter Steuerparametersatz zur Verfügung steht, wird dieser Steuerparametersatz im Fahrzeugregelsystem verwendet, um die Regelungs- bzw. Steuerungsabläufe basierend auf den Steuerparametern dieses Steuerparametersatzes zu vollziehen (S22).
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Anderenfalls (d.h. wenn kein geeigneter Steuerparametersatz für den aktuellen Fahrzeugzustand zur Verfügung steht), werden nach Aktivierung des Fahrzeugregelsystems Messinformationen von den Sensoren 4 an der Rechnereinheit 3 empfangen (S23).
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Anschließend wird basierend auf den empfangenen Messinformationen die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems beurteilt, und zwar, wie vorher beschrieben, unter Berücksichtigung zumindest eines Regelungskriteriums (S24).
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Für den Fall, dass die Beurteilung der Regelgüte ergibt, dass entweder die Regelungskriterien nicht eingehalten werden, oder es möglich erscheint, dass die Regelgüte weiter verbessert werden kann, obwohl diese den Regelungskriterien bereits entspricht, kann zumindest ein Steuerparameter des Steuerparametersatzes verändert werden (S25).
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Die Schritte S23 bis S25 können anschließend iterativ so lange durchlaufen werden, bis entweder das Regelungskriterium erfüllt ist oder eine hinreichende Verbesserung der Regelgüte erreicht wurde.
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Zuletzt kann der angepasste Steuerparametersatz, der die Regelungskriterien erfüllt, in der Speichereinheit 6 abgespeichert werden, um zukünftig erneut verwendet werden zu können, falls das Fahrzeug erneut einen identischen oder im Wesentlichen identischen Fahrzeugzustand (beispielsweise gleichen Beladungszustand, gleiche Achsverteilung etc.) aufweist (S26).
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Wie zuvor ausgeführt, kann die Beurteilung der Regelgüte des Fahrzeugregelsystems 2 basierend auf einem Regelungskriterium oder mehreren Regelungskriterien vorgenommen werden.
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Zur Beurteilung der Regelgüte wird vorzugsweise ein Regelgüteindikator berechnet, und zwar basierend auf Fahrzeugzustandsinformationen (Gewicht, Lastverteilung etc.). In anderen Worten fließen die Fahrzeugzustandsinformationen in die Berechnung des Regelgüteindikators mit ein.
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Vorzugsweise ist der Regelgüteindikator ein Bewertungskriterium, das die automatisierte Fahrzeugregelung aus Sicht eines Fahrers bewertet. Der Regelgüteindikator kann beispielsweise, ähnlich einer Schulnote, eine einheitslose Zahl sein, die angibt, wie gut eine Fahrzeugregelungsfunktion von einem Fahrer empfunden wird. Dabei kann sich der Regelgüteindikator auf unterschiedliche Kriterien beziehen, beispielsweise das Komfortempfinden aus Sicht des Fahrers, die Regelgüte bzw. Regel-Performance des Fahrzeugregelsystems oder aber auch das Sicherheitsempfinden des Fahrers.
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In der Rechnereinheit 3 steht ein Simulationsmodell zur Verfügung, das unter Berücksichtigung von aktuellen Fahrzeugzustandsinformationen und basierend auf Messinformationen von physikalischen Größen, die während eines aktiven Zustands des Fahrzeugregelsystems erfasst werden, einen oder mehrere derartige Regelgüteindikatoren berechnet und damit simuliert, wie ein menschlicher Fahrer das Fahrzeugregelsystem wahrnehmen würde.
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Damit lässt sich durch die Rechnereinheit 3 das Fahrzeugregelsystem abhängig von dem jeweiligen Fahrzeugzustand derart adaptieren, dass das Fahrzeugregelsystem vom menschlichen Fahrer des Fahrzeugs als hinreichend gut empfunden wird.
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Beispielsweise wird bei einem gewissen Fahrzeugzustand durch den zumindest einen Sensor 4 erfasst, wie stark die Längsrucke sind, die durch einen Stauassistenten des Fahrzeugregelsystems 2 verursacht werden. Durch die Rechnereinheit 3 wird dabei aus Messwerten hinsichtlich dieser Längsrucke und Informationen hinsichtlich des aktuellen Fahrzeugzustands ein Regelgüteindikator berechnet, der die Güte des Stauassistenten des Fahrzeugregelsystems 2 aus Sicht des Fahrers angibt.
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Vorzugsweise umfasst das Regelungskriterium einen Wertebereich für zumindest einen, vorzugsweise mehrere Regelgüteindikatoren. Bei der Beurteilung der Regelgüte des Fahrzeugregelsystems 2 wird dabei überprüft, ob der durch die Rechnereinheit 3 berechnete Regelgüteindikator innerhalb des festgelegten Wertebereichs liegt. Falls dies der Fall ist, ist davon auszugehen, dass die Regelgüte von einem menschlichen Fahrer als positiv bzw. ausreichend empfunden wird.
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Für den Fall, dass der berechnete Regelgüteindikator außerhalb des festgelegten Wertebereichs liegt, wird zumindest ein Steuerparameter des Steuerparametersatzes verändert und die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems 2 basierend auf diesem geänderten Steuerparameter erneut beurteilt. Dabei werden die Steuerparameter des Steuerparametersatzes so lange adaptiert, bis der berechnete Regelgüteindikator innerhalb des festgelegten Wertebereichs zu liegen kommt.
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4 zeigt ein weiteres Ablaufdiagramm zu dem Verfahren zur Anpassung eines Fahrzeugregelsystems 2. In einem bevorzugten Ausführungsbeispiel werden die Regelgüteindikatoren bzw. die diesen Regelgüteindikatoren zugeordneten Regelungskriterien (z.B. zulässiger Wertebereich für einen Regelgüteindikator) für bestimmte Fahrszenarien definiert. Vorzugsweise kann die Rechnereinheit 3 erkennen, welches Fahrszenario im aktuellen Fall vorliegt wird und die Regelgüteindikatoren werden basierend auf den erfassten Messinformationen von physikalischen Größen, die das Fahrverhalten wiederspiegeln und Fahrzeugzustandsinformationen für das jeweilige Fahrszenario berechnet.
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Zunächst wird versucht, ein relevantes Fahrerszenario zu erkennen, für das ein Regelgüteindikator berechnet werden kann (S30).
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In Schritt S31 wird überprüft, ob ein relevantes Fahrszenario erkannt wurde. Falls kein relevantes Fahrszenario erkannt wurde, wird die Schleife aus Schritten S30 und S31 so lange durchlaufen bis ein relevantes Fahrszenario detektiert wurde.
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Für den Fall, dass ein relevantes Fahrszenario erkannt wurde, werden relevante Messinformationen zu physikalischen Größen empfangen, anhand derer feststellbar ist, ob das Fahrzeugregelungssystem 2 eine gewünschte Regelungsgüte aufweist (S32). Abhängig vom erkannten Fahrszenario können bestimmte Messinformationen herangezogen werden, die zur Beurteilung der Regelgüte vonnöten sind.
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Anhand der empfangenen Messinformationen und den Fahrzeugzustandsinformationen wird anschließend zumindest ein relevanter Regelgüteindikator berechnet (S33). Relevant bedeutet hier, dass der berechnete Regelgüteindikator ebenfalls abhängig von dem erkannten Fahrszenario ist. So muss beispielsweise bei dem erkannten Fahrszenario „Kurvenfahrt“ ein anderer Regelgüteindikator berechnet werden als bei dem erkannten Fahrszenario „Abstandsregelung auf gerader Strecke“.
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Nach der Berechnung des zumindest einen Regelgüteindikators wird überprüft, ob dieser sich innerhalb eines gewünschten Zielwertebereichs befindet, d.h. das im zugeordnete Regelungskriterium erfüllt (S34). Die Überprüfung kann auch beinhalten, ob der berechnete Regelgüteindikator besser ist als ein Regelgüteindikator, der für das gegebene Fahrszenario und den aktuellen Fahrzeugzustand bereits einmal berechnet und abgespeichert wurde.
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Für den Fall, dass das zugeordnete Regelungskriterium nicht erreicht wurde bzw. der Regelgüteindikator sich verschlechtert hat, wird zumindest ein Steuerparameter eines Steuerparametersatzes verändert und der die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems 2, das basierend auf dem modifizierten Steuerparametersatz betrieben wird, erneut beurteilt (S35).
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Anderenfalls, wird der berechnete Regelgüteindikator für das aktuelle Fahrszenario bzw. für den aktuellen Fahrzeugzustand als Richtgröße gespeichert und der Steuerparametersatz, basierend auf dem die Fahrzeugregelung durchgeführt wurde, als Steuerparametersatz für diesen Fahrzeugzustand gespeichert.
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Das erfindungsgemäße Verfahren führt damit dazu, dass für unterschiedliche Fahrzeugzustände unterschiedliche Steuerparametersätze zur (teil-)automatischen Fahrzeugregelung verwendet werden. Der Steuerparametersatz für den jeweiligen Fahrzeugzustand kann entweder, wenn er bereits einmal ermittelt wurde, aus einer Speichereinheit ausgelesen und im Fahrzeugregelsystem angewendet werden, oder - falls kein passender Steuerparametersatz vorhanden ist - kann ein bestehender Steuerparametersatz iterativ derart angepasst werden, dass das Fahrzeugregelsystem 2 beim gegebenen Fahrzeugzustand zu einer hinreichenden Regelgüte führt und festgelegte Regelungskriterien erfüllt.
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Die Erfindung wurde voranstehend an Ausführungsbeispielen beschrieben. Es versteht sich, dass zahlreiche Änderungen sowie Abwandlungen möglich sind, ohne dass dadurch der durch die Patentansprüche definierte Schutzbereich verlassen wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- Fahrzeugregelsystem
- 3
- Rechnereinheit
- 4
- Sensorik zur Fahrverhaltenserfassung des Fahrzeugregelsystems
- 5
- Sensorik zur Erfassung des Fahrzeugzustands
- 6
- Speichereinheit