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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Lenksystems eines Kraftfahrzeugs sowie ein Lenksystem.
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Eine Lenkübersetzung eines Kraftfahrzeugs vermittelt dem Fahrer ein Marken- und fahrzeugspezifisches Verhalten über die Stellung des Lenkrades und der daraus resultierenden Fahrzeugreaktion. Eine direkte Lenkübersetzung lässt das Fahrzeug agil wirken. Eine sehr indirekte Übersetzung hingegen wirkt eher träge aber bei hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten auch stabil und vermittelt für den Fahrer ein komfortables und entspanntes Fahren. Korrespondierend hierzu verhält sich beispielsweise der Lenkmittelwinkelbedarf bzw. Lenkmittelbedarf und das daraus resultierende Lenkverhalten des Fahrers.
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Die Lenkübersetzung wird im Wesentlichen in Abhängigkeit von Komfortkriterien bzw. aufgrund der Vorgabe von gewünschtem querdynamischen Verhalten des Fahrzeugs gewählt. Bei geringen Geschwindigkeiten unterhalb von beispielsweise 30 km/h sollte die Übersetzung direkter sein. Dies hat allerdings zur Folge, dass das Fahrzeug bei höheren Geschwindigkeiten auf der Landstraße oder auf der Autobahn sehr nervös wirkt und kleine Lenkbewegungen eine starke Fahrzeugreaktion hervorrufen.
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Der Zusammenhang zwischen einem Eingabeelement wie beispielsweise einem Lenkrad und dem Radlenkwinkel im Sinne der Lenkübersetzung wird klassischerweise nahezu konstant gewählt. Die konstante Lenkübersetzung stellt stets einen Kompromiss zwischen Komfort und Sicherheit dar. Lediglich in Richtung des Endanschlages ist ein leichter Anstieg der Übersetzung bekannt.
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Die Lenkübersetzung zwischen Lenkrad und Radlenkwinkel ergibt sich klassisch aufgrund von zwei Übersetzungen. Zum einen die Übersetzung zwischen Lenkrad und Zahnstange, also die Übersetzung der Lenkung. Hier sind neben der hauptsächlich verbreiteten konstanten Lenkübersetzung auch geringfügig variable Übersetzungen in Abhängigkeit des Zahnstangenhubs bekannt. Zudem gibt es bei Überlagerungslenkungen. Bei Lenkungen mit einem zusätzlichen Aktuator zur Überlagerung eines Quasi-Lenkradwinkels sind unabhängig vom Fahrer Übersetzungsänderungen in gewissem Rahmen möglich. Die Übersetzung zwischen Zahnstange und Radlenkwinkel wird durch die Achsauslegung und deren kinematischen und elastokinematischen Eigenschaften bestimmt. In der Regel ergeben sich hier ebenfalls konstante Übersetzungen mit einer Tendenz zum Direkterwerden in Richtung des maximalen Winkels.
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In diesem Zusammenhang ist beispielsweise aus der
DE 10 2004 038 008 A1 ein Verfahren zum Betreiben eines Drive-by-Wire-Lenksystems eines Kraftfahrzeugs bekannt, bei welchem eine Lenkübersetzung ermittelt und in Abhängigkeit von der ermittelten Lenkübersetzung ein Soll-Radlenkwinkel bestimmt wird. Der Soll-Radlenkwinkel kann anschließend zur Ansteuerung eines Lenkmechanismus verwendet werden.
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Das der Erfindung zugrunde liegende Problem wird durch ein Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 4 sowie ein Lenksystem nach einem nebengeordneten Anspruch gelöst.
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Gemäß einem ersten Aspekt wird ein Verfahren zum Betreiben eines Lenksystems eines Kraftfahrzeugs vorgeschlagen. Das Verfahren umfasst eine Ermittlung einer Lenkübersetzung in Abhängigkeit von einer Ist-Fahrzeuggeschwindigkeit, wobei eine vorab ermittelte Kennlinie oder ein vorab ermitteltes Kennfeld die Abhängigkeit der Lenkübersetzung von der Fahrzeuggeschwindigkeit vorgibt. Des Weiteren umfasst das Verfahren eine Ermittlung eines Soll-Radlenkwinkels in Abhängigkeit von der Lenkübersetzung und in Abhängigkeit von einem Ist-Lenkmittelwinkel eines Lenkmittels. Ein Moment wird in ein Lenkgetriebe in Abhängigkeit von dem ermittelten Soll-Radlenkwinkel eingebracht, um so den Soll-Radlenkwinkel im Lenksystem einzustellen.
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Gemäß einem zweiten Aspekt wird ein Lenksystem für ein Kraftfahrzeug vorgeschlagen. Das Lenksystem umfasst ein Lenkmittel, welches einen Ist-Lenkmittelwinkel vorgibt, sowie ein Lenkgetriebe. Ein Steuergerät ist vorgesehen, um eine Lenkübersetzung in Abhängigkeit von einer Ist-Fahrzeuggeschwindigkeit zu ermitteln, wobei eine vorab ermittelte Kennlinie oder ein vorab ermitteltes Kennfeld die Abhängigkeit der Lenkübersetzung von der Fahrzeuggeschwindigkeit vorgibt. Mit dem Steuergerät wird ein Soll-Radlenkwinkel in Abhängigkeit von der Lenkübersetzung und in Abhängigkeit von dem Ist-Lenkmittelwinkel ermittelt. Des Weiteren ist ein Antrieb zum Einbringen eines Moments in das Lenkgetriebe in Abhängigkeit von dem ermittelten Soll-Radlenkwinkel vorgesehen.
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Durch die vorgeschlagene Abhängigkeit von der Ist-Fahrzeuggeschwindigkeit wird vorteilhaft erreicht, dass die Auslegung der Übersetzung zwischen dem Lenkmittel und dem Radlenkwinkel unabhängig von mechanischen Übersetzungen und anderen Rahmenbedingungen ist. Insbesondere wird vorteilhaft der Lenkmittelbedarf situativ verringert oder erhöht. Auch ist es möglich, ein marken-, kunden- und fahrzeugspezifisches Verhalten durch die Variation der Lenkübersetzung anzupassen oder zu verändern. Insbesondere lässt sich die gefühlte und tatsächliche Agilität des Kraftfahrzeugs durch die vorgeschlagene Kennlinie bzw. das vorgeschlagene Kennfeld in gewünschter Weise beeinflussen.
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Weitere Merkmale, Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen, die in der Figur der Zeichnung dargestellt sind. Nachfolgend werden beispielhafte Ausführungsformen der Erfindung unter Bezugnahme auf die Zeichnung erläutert. In der Zeichnung zeigen:
- 1 ein Lenksystem in schematischer Form;
- 2 ein schematisches Ablaufdiagramm;
- 3, 6 und 9 jeweils ein schematisches Blockdiagramm;
- 4, 5, 7, 8, sowie 10-12 jeweils eine schematische Kurve, Kennlinie oder ein schematisches Kennfeld.
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1 zeigt in schematischer Form ein Lenksystem 2 mit einer Lenkung 4 und einer Eingabeeinheit 6. Zwischen der Eingabeeinheit 6 und der Lenkung 4 ist keine mechanische Wirkverbindung vorhanden, weshalb keine mechanischen Momente übertragen werden. Die Lenkung 4 und die Eingabeeinheit 6 werden mit einem Steuergerät 8 betrieben. Das Steuergerät 8 sorgt mit einem Prozessor P und einem Speicherelement M für den Betrieb der Lenkung 4 und der Eingabeeinheit 6. Hierzu ist ein Computerprogramm auf dem Speicherelement M abgespeichert, welches bei Ausführung auf dem Prozessor P die in dieser Beschreibung genannten Verfahrensschritte durchführt. Das Lenksystem 2 wird auch als Steer-by-Wire-Lenksystem bezeichnet. Neben diesem exemplarischen Aufbau ist es auch möglich, dass das Steuergerät 8 einer Lenkung 4 direkt zugeordnet ist, aber auch dass es zwei getrennte Steuergeräte mit oder ohne einem weiteren, übergeordneten Steuergerät zum Betrieb der zwei getrennten Steuergeräte vorhanden sind.
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An einer Lenksäule 18 der Eingabeeinheit 6 ist ein Lenkmittel 20 beispielsweise ein Lenkrad angeordnet. Ein erster elektronische Aktor 22 leitet ein Moment, welches über ein Soll-Moment M1 vorgegeben wird, über ein Getriebe 24 in die Lenksäule 18 ein. Selbstverständlich kann das Getriebe 24 auch entfallen. Durch das in die Lenksäule 18 eingeleitete Moment erhält der Fahrer eine an die Fahrsituation angepasste Rückmeldung durch das Lenksystem 2. Ein Sensor 26 ermittelt eine Winkelstellung der Lenksäule 18 und damit einen Ist-Lenkmittelwinkel δH. Anstatt der Lenksäule 18 kann auch ein Drehstab zum Einsatz kommen oder eine andere mechanische Verbindung zwischen dem Lenkmittel 20 und einem Momenten generierenden zweiten Aktor 32.
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Die Lenkung 4 weist ein Lenkgetriebe 10 auf, das beispielsweise als Zahnstangenlenkgetriebe ausgebildet ist. In dieser Beschreibung wird überwiegend von einer Zahnstangenlenkung ausgegangen. Das Lenkgetriebe 10 ist über eine Zahnstange 12 auf jeder Fahrzeugseite mit einem Lenkgestänge 14 verbunden, das jeweils mit einem Rad 16 zusammenwirkt. Der zweite elektromechanische Aktor 32 der Lenkung 4 ist über ein Getriebe 34 mit der Zahnstange 12 mechanisch gekoppelt und leitet ein Moment, welches über ein Soll-Moment M2 vorgegeben wird, in das Lenkgetriebe 10 ein. Ein Sensor 36 ermittelt eine Stellung zspos der Zahnstange 12 Der erste und der zweite Aktor 22, 32 sind als Elektromotoren ausgebildet und das entsprechende Soll-Moment M1, M2 wird in nicht gezeigter Form einer entsprechenden Leistungselektronik zugeführt, die den jeweiligen Aktor 22, 32 betreibt.
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Das in der 1 gezeigte Lenksystem 2 ist ein Steer-by-Wire-Lenksystem, bei welchem keine direkte mechanische Kopplung zwischen dem Lenkmittel 20 und dem Lenkgestänge 14 besteht. Alternativ dazu sind die nachfolgend beschriebenen Verfahren auch auf ein Lenksystem mit Überlagerungslenkung anwendbar. Eine Überlagerungslenkung umfasst neben dem elektromechanischen Aktor, welcher auf die Zahnstange wirkt, einen weiteren elektromechanischen Aktor, welcher einen Winkel zwischen dem Lenkmittel und der Zahnstange variiert.
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Grundsätzlich stellt das Lenksystem 2 in 1 eine von einer Vielzahl möglicher Ausführungsformen für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeigneter Vorrichtung dar. Andere Ausführungsformen können beispielsweise durch andere Lenkgetriebe und/oder durch eine andere Anordnung von Antrieben ausgeführt sein. Beispielsweise kann die Zahnstange 12 entfallen und eine Einzelradlenkung vorgesehen sein, wobei das Lenkgestänge als Lenkgetriebe bezeichnet wird. Ferner können weitere Sensoren in dem Lenksystem 2 angeordnet sein, auf deren Anordnung und Ausführung an dieser Stelle nicht eingegangen wird.
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2 zeigt ein schematisches Ablaufdiagramm zum Betreiben des Lenksystems 2 aus 1. In einem Schritt 202 wird eine Lenkübersetzung in Abhängigkeit von einer Ist-Fahrzeuggeschwindigkeit ermittelt. Die Abhängigkeit der Lenkübersetzung von der Fahrzeuggeschwindigkeit wird von einer vorab ermittelten Kennlinie oder von einem vorab ermittelten Kennfeld vorgegeben. In einem Schritt 204 wird ein Soll-Radlenkwinkel in Abhängigkeit von der Lenkübersetzung und in Abhängigkeit von dem Ist-Lenkmittelwinkel des Lenkmittels vorgegeben. In einem Schritt 206 wird ein Moment in Abhängigkeit von dem ermittelten Soll-Radlenkwinkel unter Berücksichtigung des Ist-Radlenkwinkels in das Lenkgetriebe eingebracht.
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Die Schritte 202, 204 und 206 werden während eines Betriebs des Lenksystems 2 aus 1 durchgeführt. Vor Inbetriebnahme des Lenksystems wird das Speicherelement M aus 1 mit der vorab ermittelten Kennlinie oder mit dem vorab ermittelten Kennfeld bedatet. Zunächst findet in einem Schritt 208 eine Ermittlung der Kennlinie oder des Kennfeldes statt. In einem Schritt 210 wird diese vorab ermittelte Kennlinie oder dieses vorab ermittelte Kennfeld auf das Speicherelement M aufgespielt, d. h. die Kennlinie oder das Kennfeld repräsentierende Daten werden auf das Speicherelement M übertragen und sind während des Betriebs von dem Speicherelement M lesbar.
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3 zeigt ein schematisches Blockdiagramm. Der Ist-Lenkmittelwinkel δH wird einem Block 304 zugeführt. Ein Block 306 stellt einem Block 302 die Kennlinie K bereit. Mithilfe der Kennlinie K ermittelt der Block 302 die Lenkübersetzung i unter Zuhilfenahme der über der Zeit veränderlichen Ist-Fahrzeuggeschwindigkeit v. Der Soll-Radlenkwinkel δV wird in Abhängigkeit von dem Ist-Lenkmittelwinkel δH und der Lenkübersetzung i beispielsweise nach Gleichung 1 ermittelt. Der Soll-Radlenkwinkel δV wird in das Soll-Moment M2 für den Aktor 32 aus
1 umgerechnet, um ein entsprechendes Moment in die Zahnstange einzubringen.
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Unter dem Soll-Radlenkwinkel δV wird im Kontext des linearen Einspurmodells der gewünschte mittlere Radlenkwinkel der gelenkten Achse im kräftefreien Zustand verstanden. Ein zugehöriger Ist-Radlenkwinkel kann auf dem Lenkungsprüfstand auf reibungsarmen Rollplatten gemessen oder rein kinematisch mithilfe von Rechenprogrammen ermittelt werden. Folglich ist der tatsächlich aktuell vorliegende Radlenkwinkel nur schwer messbar. Deshalb kann anstatt des Radlenkwinkels ein Rotorwinkel des zweiten Aktors 32 aus 1 verwendet werden, welcher mit einer statisch gemessenen Kennlinie auf die Zahnstange und auf den Radlenkwinkel umgerechnet wird, wobei elastokinematische Effekte nicht berücksichtig werden.
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Somit können auch andere dem Soll-Radlenkwinkel δV äquivalente Größen, wie beispielsweise eine Soll-Zahnstangenposition, Soll-Rotorposition des zweiten Aktors oder dergleichen, zur Einbringung des gewünschten Moments in die Zahnstange verwendet werden. Folglich sind Regelgrößen wie die Zahnstangenposition oder die Rotorposition des zweiten Aktors äquivalent zu dem in dieser Beschreibung verwendeten Radlenkwinkel.
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Das Motormoment des zweiten Aktors 32 aus 1 ergibt sich als Ergebnis eines Reglers, der die Aufgabe hat, die Soll-Zahnstangenposition und/oder den Soll-Radlenkwinkel δV auf Basis des Ist-Radlenkwinkels einzuregeln. Damit wird erreicht, dass der Sollwinkel und/oder die Sollzahnstangenposition eingeregelt wird. In der vorliegenden Beschreibung wird folglich das Moment aufgrund des Soll-Radlenkwinkel δV in die Zahnstange eingebracht.
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4 zeigt ein schematisches Fahrzeuggeschwindigkeit-Gierverstärkung-Diagramm, wobei die Gierverstärkung gV vertikal und die Fahrzeuggeschwindigkeit v horizontal aufgetragen sind. Die Stützpunkte für die Kennlinie 402 können jeweils unterschiedlich gewählt werden. Durch ein Heraufsetzen einzelner Stützpunkte der Kennlinie in einem geringen Geschwindigkeitsbereich wird beispielsweise die Fahrzeugreaktion in Bezug auf die Agilität erhöht. Durch ein Herabsetzen einzelner Stützpunkte der Kennlinie 402 in einem höheren Geschwindigkeitsbereich wird die Fahrzeugreaktion in Bezug auf die Agilität gedämpft. Folglich kann eine gewünschte Auslegung zur Herbeiführung einer bestimmten Fahrzeugreaktion durch die Wahl der Stützpunkte der Kennlinie 402 erfolgen. Die Gierverstärkung gV ergibt sich aus der Giergeschwindigkeit geteilt durch den Lenkmittelwinkel δH. Vorteilhaft wird durch die Vorgabe der gewünschten Gierverstärkung gV für eine jeweilige Fahrzeuggeschwindigkeit erreicht, dass während des Betriebs des Lenksystems über verschiedene Fahrzeugtypen hinweg eine gleiche Reaktion des Lenksystems erfolgt. Folglich lässt sich ein marken- oder fahrzeugtypisches Verhalten des Lenksystems erreichen, auch wenn sich die einzelnen Fahrzeugtypen in ihrer technischen Ausgestaltung unterscheiden.
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5 zeigt eine Ausführungsform der Kennlinie K, welche sich aus der Kennlinie 402 der
4 ergibt. Die Kennlinie K umfasst Stützpunkte. Horizontal ist die Fahrzeuggeschwindigkeit v und vertikal die Lenkübersetzung i aufgetragen. Die Kennlinie K ergibt sich beispielsweise nach der Gleichung 2, wobei i die Lenkübersetzung, L der Abstand zwischen Vorder-und Hinterachse, v die Fahrzeuggeschwindigkeit, vch eine charakteristische Fahrzeuggeschwindigkeit, psi_p eine Giergeschwindigkeit und δH der Lenkmittelwinkel sind. Die charakteristische Geschwindigkeit vch ist beispielsweise eine Geschwindigkeit, bei der ein Maximum einer Gierverstärkung auftritt.
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Die gewünschte Gierverstärkung gV aus 4 umfasst für einen jeweiligen Stützpunkt ein Paar aus Giergeschwindigkeit psi_p und Lenkmittelwinkel δH. Folglich wird für jedes Paar aus Giergeschwindigkeit psi_p und Lenkmittelwinkel δH ein sprechender Stützpunkt der Kennlinie K in 5 ermittelt.
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6 zeigt ein schematisches Blockdiagramm. Der Ist-Lenkmittelwinkel δH wird einem Block 602 und einem Block 604 zugeführt. Ein Block 606 stellt einem Block 602 ein Kennfeld KF1 bereit. Mithilfe des Kennfeldes KF1 ermittelt der Block 602 die Lenkübersetzung i unter Zuhilfenahme der über der Zeit veränderlichen Fahrzeuggeschwindigkeit v und dem über die Zeit veränderlichen Ist-Lenkmittelwinkel δH. Der Soll-Radlenkwinkel δV wird in Abhängigkeit von dem Ist-Lenkmittelwinkel δH und der Lenkübersetzung i beispielsweise nach Gleichung 1 ermittelt.
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7 zeigt das Kennfeld KF1 über dem Lenkmittelwinkel δH und der Lenkübersetzung i. Das Kennfeld KF1 umfasst eine Anzahl von Kennlinie in K1 bis K5 für unterschiedliche Fahrzeuggeschwindigkeiten. Die Kennlinien K2, K3 und K4 weisen einen Verlauf über dem Lenkmittelwinkel δH auf, welcher umso gekrümmter verläuft, je höher die Fahrzeuggeschwindigkeit ist.
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8 zeigt beispielhaft einen Lenkmittelbedarf bei einer definierten Fahrzeuggeschwindigkeit, aufgetragen über der Querbeschleunigung a in eine y-Richtung, d. h. beispielsweise lotrecht zur Fahrtrichtung, und dem Lenkmittelwinkel δH. Ab einer Querbeschleunigung a1 von beispielsweise 4 m/(s^2) beginnt ein nicht linearer Bereich einer Kurve 802, bei der der Lenkwinkelbedarf ansteigt, und zwar derart, dass das Fahrzeug in ein untersteuerndes Verhalten übergeht. Hierbei nimmt die Querbeschleunigung a stetig zu, ihr Anwachsen verlangsamt sich jedoch, bis der Reifen die Seitenführungskraft nicht mehr übertragen kann und das Fahrzeug über die eingeschlagenen Vorderräder schiebt, sodass die Querbeschleunigung a trotz steigendem Lenkmittelwinkel abnimmt.
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Durch die vorgeschlagene Kennlinienschaar im Sinne des Kennfelds KF1 aus 7 ist es möglich, das lineare Verhalten des Lenkmittelwinkels auch bei Querbeschleunigungen > a1 bis zu einer Querbeschleunigung a2 von beispielsweise 6 m/(s^2) beizubehalten. Der Übergang in das nicht lineare Verhalten kann somit gemäß der Kurve 804 hinausgezögert werden, d. h. das nicht lineare Verhalten tritt erst in Bereichen der Querbeschleunigung von 6-8 m/(s^2) auf.
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9 zeigt ein schematisches Blockdiagramm. Der Ist-Lenkmittelwinkel δH wird einem Block 904 zugeführt. Ein Block 906 stellt einem Block 902 ein Kennfeld KF2 bereit. Mithilfe des Kennfeldes KF2 ermittelt der Block 902 die Lenkübersetzung i unter Zuhilfenahme der über der Zeit veränderlichen Fahrzeuggeschwindigkeit v und der über der Zeit veränderlichen Zahnstangenposition zspos. Der Soll-Radlenkwinkel δV wird in Abhängigkeit von dem Ist-Lenkmittelwinkel δH und der Lenkübersetzung i beispielsweise nach Gleichung 1 ermittelt. Durch die Berücksichtigung der Zahnstangenposition zspos lässt sich eine mechanische Lenkübersetzung nachbilden.
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10 zeigt beispielhaft eine Kennlinie 1002 des Kennfeldes KF2 aus 9, wobei waagerecht die Zahnstangenposition zspos und senkrecht die Lenkübersetzung i aufgetragen ist. Für weitere Fahrzeuggeschwindigkeiten v umfasst das Kennfeld KF 2 weitere, nicht gezeigte Kennlinien. Gemäß der Kennlinie 1002 wird die Lenkübersetzung in Abhängigkeit von der Zahnstangenposition zspos der Zahnstange variiert. Ausgehend von einer Zahnstangenposition zspos0, welche einer Geradeausfahrt des Kraftfahrzeugs und damit einer Nulllage entspricht, bis zu einer Zahnstangenposition zspos1, d. h. um die Nulllage herum und bei kleinen Auslenkungen, verbleibt die Lenkübersetzung i bei einem konstanten maximalen Wert imax für die Lenkübersetzung i. Der maximale Wert imax wird mit steigender Fahrzeuggeschwindigkeit v erhöht.
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In einer Ausführungsform wird zusätzlich die Zahnstangenposition zspos1 über der Geschwindigkeit variiert. Da um die Nulllage mit dem maximalen Wert imax eine hohe Stabilität gegeben ist, wird die Zahnstangenposition zspos1 des Stützpunkts P1 bei zunehmender Geschwindigkeit in Richtung zspos_max verlagert, um so den Übergang zwischen den Stützpunkten P1 und P2 zu beeinflussen. Ein entsprechender Stützpunkt P1 und eine jeweilige Kennlinie kann sowohl hinsichtlich der Lenkübersetzung i als auch hinsichtlich der Zahnstangenposition zspos1 variiert werden.
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Zwischen einer weiteren Lage zspos2 und einer maximalen Auslenkung zspos_max der Zahnstange verbleibt die Lenkübersetzung i der Kennlinie 1002 auf einem minimalen Wert imin. Der minimale Wert imin der Lenkübersetzung i ist wirksam bei dem maximalen Hub der Zahnstange und dem daraus resultierenden maximalen Lenkradwinkel, welcher über den gesamten Geschwindigkeitsbereich des Fahrzeugs denselben Wert aufweist, d. h. konstant bleibt. Ein entsprechender Stützpunkt P2 einer jeweiligen Kennlinie kann somit nur hinsichtlich der Zahnstangenposition zspos2 variiert werden, wohingegen der Stützpunkt P2 eine konstante Komponente hinsichtlich der Lenkübersetzung i aufweist.
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In einem Übergangsbereich U zwischen den Zahnstangenpositionen zspos1 und zspos2 wird die Kennlinie 1002 an das gewünschte Lenkverhalten des Kraftfahrzeugs angepasst. Anstatt der Zahnstangenposition zspos kann selbstverständlich auch ein Radlenkwinkel Verwendung finden, insbesondere wenn keine Zahnstange vorhanden ist und das Lenksystem eine Einzelradlenkung umfasst.
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11 zeigt ein schematisches Lenkmittelwinkel-Fahrzeuggeschwindigkeits-Diagramm. Waagerecht ist die Fahrzeuggeschwindigkeit v aufgetragen. Senkrecht ist der Lenkmittelwinkel δH und ein Mindestkurvenradius rmin aufgetragen. Eine Kennlinie 1102 beschreibt den Zusammenhang zwischen Fahrzeuggeschwindigkeit v und Mindestkurvenradius rmin, wobei der Mindestkurvenradius rmin über der Fahrzeuggeschwindigkeit v exponentiell ansteigt. Die Kennlinie 1102 ergibt sich länderspezifisch aus den dort geltenden Normen und Gesetzen, nach welchen die Straßen und insbesondere die Kurven ausgelegt sind. Aus der Kennlinie 1102 wird eine Kennlinie 1104 ermittelt, welche den Zusammenhang zwischen Lenkmittelwinkel δH und der Fahrzeuggeschwindigkeit v beschreibt. Folglich sinkt der Lenkmittelwinkel δH bei einer erhöhten Geschwindigkeit.
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12 zeigt die Kennlinie K aus
3, wobei die Kennlinie K über der Fahrzeuggeschwindigkeit v und der Lenkübersetzung i aufgetragen ist. Die Kennlinie K ergibt sich beispielsweise nach der Gleichung 3, wobei i die Lenkübersetzung, L der Abstand zwischen Vorder- und Hinterachse, v die Fahrzeuggeschwindigkeit, vch die charakteristische Fahrzeuggeschwindigkeit, K der Mindestkurvenradius in 1/m und δH der Lenkmittelwinkel sind. Die charakteristische Geschwindigkeit vch ist beispielsweise eine Geschwindigkeit, bei der ein Maximum einer Gierverstärkung auftritt.
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(Paragraph 1) Ein Verfahren zum Betreiben eines Lenksystems eines Kraftfahrzeugs, das Verfahren umfassend: - Ermitteln einer Lenkübersetzung in Abhängigkeit von einer Ist-Fahrzeuggeschwindigkeit, wobei eine vorab ermittelte Kennlinie oder ein vorab ermitteltes Kennfeld die Abhängigkeit der Lenkübersetzung von der Fahrzeuggeschwindigkeit vorgibt; - Ermitteln eines Soll-Radlenkwinkels in Abhängigkeit von der Lenkübersetzung und in Abhängigkeit von einem Ist-Lenkmittelwinkel eines Lenkmittels; und - Einbringen eines Moments in ein Lenkgetriebe in Abhängigkeit von dem ermittelten Soll-Radlenkwinkel.
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(Paragraph 2) Das Verfahren nach dem Paragraph 1, wobei die Kennlinie oder das Kennfeld in Abhängigkeit von einer gewünschten Gierverstärkung über der Fahrzeuggeschwindigkeit vorab ermittelt wird.
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(Paragraph 3) Das Verfahren nach dem Paragraph 1 oder 2, wobei die Kennlinie oder das Kennfeld in Abhängigkeit von einem Mindestkurvenradius über der Fahrzeuggeschwindigkeit vorab ermittelt wird.
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(Paragraph 4) Das Verfahren nach einem der vorstehenden Paragraphen, das Verfahren umfassend: - Ermitteln der Lenkübersetzung in Abhängigkeit von der Ist-Fahrzeuggeschwindigkeit und in Abhängigkeit von dem Ist-Lenkmittelwinkel, wobei die vorab ermittelte Kennlinie oder das vorab ermittelte Kennfeld die Abhängigkeit der Lenkübersetzung von der Fahrzeuggeschwindigkeit und dem Ist-Lenkmittelwinkel vorgibt.
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(Paragraph 5) Das Verfahren nach einem der vorstehenden Paragraphen, das Verfahren umfassend: - Ermitteln der Lenkübersetzung in Abhängigkeit von der Ist-Fahrzeuggeschwindigkeit und in Abhängigkeit von der Zahnstangenposition oder dem Radlenkwinkel, wobei die vorab ermittelte Kennlinie oder das vorab ermittelte Kennfeld die Abhängigkeit der Lenkübersetzung von der Ist-Fahrzeuggeschwindigkeit und in Abhängigkeit von der Zahnstangenposition oder dem Radlenkwinkel vorgibt.
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(Paragraph 6) Das Verfahren nach einem der vorstehenden Paragraphen, das Verfahren umfassend: - Vorabermitteln der Kennlinie oder des Kennfeldes; und - Übertragen der Kennlinie oder des Kennfeldes auf ein Speicherelement des Lenksystems.
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(Paragraph 7) Ein Lenksystem für ein Kraftfahrzeug, das Lenksystem umfassend: - ein Lenkmittel, welches einen Ist-Lenkmittelwinkel vorgibt; - ein Lenkgetriebe; - ein Steuergerät zum Ermitteln einer Lenkübersetzung in Abhängigkeit von einer Ist-Fahrzeuggeschwindigkeit, wobei eine vorab ermittelte Kennlinie oder ein vorab ermitteltes Kennfeld die Abhängigkeit der Lenkübersetzung von der Fahrzeuggeschwindigkeit vorgibt, und zum Ermitteln eines Soll-Radlenkwinkels in Abhängigkeit von der Lenkübersetzung und in Abhängigkeit von dem Ist-Lenkmittelwinkel; und - einen Antrieb zum Einbringen eines Moments in das Lenkgetriebe in Abhängigkeit von dem ermittelten Soll-Radlenkwinkel.
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(Paragraph 8) Das Lenksystem nach dem vorstehenden Paragraph, welches zum Ausführen des Verfahrens nach einem der Paragraphen 2 bis 6 ausgebildet ist.