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Gebiet der Erfindung
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Ansteuern eines Elektromotors für ein Fahrzeug.
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Stand der Technik
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Ein Fahrzeug mit einem Elektromotor kann den Elektromotor zum Beschleunigen und Verzögern einsetzen. Das Verzögern verlangt in der Regel nach mehr Bremskraft, als der Elektromotor bereitstellen kann. Daher werden beim Verzögern zusätzlich mechanische Bremsen des Fahrzeugs verwendet. Zusammen stellen der Elektromotor und die Bremsen die benötigte Bremskraft bereit.
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Wenn beim Bremsen ein Rad blockiert, kann ein ABS (Anti-Blockier-System) aktiviert werden, um das Fahrzeug kontrollierbar zu halten und ein unkontrolliertes Rutschen des Fahrzeugs zu verhindern. Bei der Verwendung des ABS wird ein geringfügig verlängerter Bremsweg zugunsten der Kontrollierbarkeit des Fahrzeugs in Kauf genommen.
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Offenbarung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund werden mit dem hier vorgestellten Ansatz ein Verfahren zum Ansteuern eines Elektromotors für ein Fahrzeug und eine Vorrichtung zum Ansteuern eines Elektromotors für ein Fahrzeug, sowie schließlich ein entsprechendes Computerprogrammprodukt gemäß den unabhängigen Ansprüchen vorgestellt. Vorteilhafte Weiterbildungen und Verbesserungen des hier vorgestellten Ansatzes sind in den abhängigen Ansprüchen beschrieben.
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Vorteile der Erfindung
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Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung können in vorteilhafter Weise ermöglichen, eine maximal mögliche Bremskraft und damit einen minimal möglichen Bremsweg zu erreichen. Die maximale Bremskraft kann auch dann erreicht werden, wenn sich die Straßenverhältnisse während eines Bremsvorgangs verändern.
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Es wird ein Verfahren zum Ansteuern eines Elektromotors für ein Fahrzeug vorgestellt, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass in einem Schritt des Veränderns ein eine Solldrehzahl des Elektromotors repräsentierender Solldrehzahlwert um einen Drehzahlschritt verändert wird, in einem Schritt des Erfassens ein durch den veränderten Solldrehzahlwert resultierendes, von dem Elektromotor bereitgestelltes Drehmoment in einem Drehmomentwert erfasst wird, und in einem Schritt des Einstellens ein Vorzeichen eines zukünftigen Drehzahlschritts unter Verwendung des Drehmomentwerts eingestellt wird.
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Weiterhin wird eine Vorrichtung zum Ansteuern eines Elektromotors für ein Fahrzeug vorgestellt, wobei die Vorrichtung dazu ausgebildet ist, das Verfahren gemäß dem hier vorgestellten Ansatz in entsprechenden Einrichtungen auszuführen, umzusetzen und/oder anzusteuern.
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Ideen zu Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung können unter anderem als auf den nachfolgend beschriebenen Gedanken und Erkenntnissen beruhend angesehen werden.
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Bei dem hier vorgestellten Ansatz kann bei einem mit einem Elektroantriebsmotor ausgestatteten Fahrzeug ein Blockieren bzw. Durchdrehen eines angetriebenen Rads bzw. angetriebener Räder durch gezieltes Regeln des Elektroantriebsmotors vermieden werden. Dabei wird versucht, durch ein iteratives Annähern bzw. Vorgeben des Solldrehzahlwerts möglichst nahe an einen Maximalwert Pmax einer maximal zwischen Rad und Untergrund übertragbaren Kraft heran zu kommen. Hierbei kann die hohe Dynamik, mit der der Elektroantriebsmotor geregelt werden kann, ausgenutzt werden, um eine möglichst schnelle Anpassung der aktuellen Drehzahl des angetriebenen Rad bewirken zu können.
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Eine Drehzahl eines Elektromotors kann verändert werden, wenn ein momentan durch den Elektromotor aufgebrachtes positives oder negatives Drehmoment zu groß ist, um durch zumindest ein angetriebenes Rad auf einen Untergrund übertragen zu werden, also das Rad durchrutscht oder zumindest mit einem anderen Schlupf dreht. Das Durchrutschen kann bei einem Bremsvorgang als ein Blockieren des Rads oder bei einem Beschleunigungsvorgang als ein Durchdrehen des Rads bezeichnet werden. Ein Solldrehzahlwert kann ein Zielwert für eine Regelelektronik des Elektromotors sein, auf den die Regelelektronik hin regelt. Ein Drehmomentwert kann einen Istwert des Drehmoments abbilden. Abhängig davon, ob der Drehmomentwert gestiegen oder gefallen ist, kann das Vorzeichen eines zukünftigen Drehzahlschritts, um den in einem nachfolgenden Schritt des Veränderns der Solldrehzahlwert erhöht bzw. erniedrigt werden soll, eingestellt werden.
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Der Schritt des Veränderns kann ausgeführt werden, wenn der Drehmomentwert in einem Betrachtungszeitraum um mehr als einen Drehmomenttoleranzwert sinkt. Beim Durchrutschen kann plötzlich weniger Drehmoment vom Rad auf den Untergrund übertragen werden. Der Drehmomenttoleranzwert kennzeichnet einen maximal tolerierten Winkel einer Drehmomentkurve, welche einen zeitlichen Verlauf des Drehmoments darstellt. Wenn die Drehmomentkurve zu steil abfällt, wird das Durchrutschen bzw. ein zu hoher Schlupf erkannt und das Verfahren kann ausgeführt werden.
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Im Schritt des Erfassens kann ferner ein eine aktuelle Drehzahl des Elektromotors repräsentierender Drehzahlwert erfasst werden. Im Schritt des Einstellens kann von dem Drehmomentwert zumindest ein von einer Änderung des Drehzahlwerts abhängiger Trägheitsdrehmomentwert abgezogen werden. Der Trägheitsdrehmomentwert kann ein durch die Drehzahländerung eines rotierenden Teils verursachtes Trägheitsdrehmoment des rotierenden Teils repräsentieren. Der Elektromotor muss Drehmoment aufbringen, um die Drehzahl von rotierenden Teilen zu verändern. Beim Beschleunigen und beim Bremsen wird die Drehzahl verändert. Das Drehmoment am Elektromotor wird also nicht vollständig dazu verwendet, das Fahrzeug zu beschleunigen oder abzubremsen. Das Drehmoment zum Beschleunigen oder Bremsen der rotierenden Teile kann für die Betrachtung des Bremsmoments von dem Drehmoment des Elektromotors abgezogen werden.
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Der Solldrehzahlwert kann um einen Drehzahlschritt mit einem negativen Vorzeichen verändert werden, wenn eine Istdrehzahl des Elektromotors in einem Betrachtungszeitraum um mehr als eine Schlupfdrehtoleranz steigt. Ein durchdrehendes Rad kann abgebremst werden. Der Solldrehzahlwert kann um einen Drehzahlschritt mit einem positiven Vorzeichen verändert werden, wenn die Istdrehzahl des Elektromotors in dem Betrachtungszeitraum um mehr als eine Blockier- oder Schlupftoleranz fällt. Ein blockierendes oder zu stark schlupfendes Rad kann beschleunigt werden. Durch das Ändern des Solldrehzahlwerts entgegen der Tendenz des Rads zum Durchdrehen oder Blockieren, steigt der Bodenkontakt des Rads wieder an und mehr Drehmoment kann übertragen werden.
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Das Vorzeichen des zukünftigen Drehzahlschritts kann beibehalten werden, solange der Drehmomentwert steigt. Das Vorzeichen kann umgekehrt werden, wenn der Drehmomentwert sinkt. Anschließend kann das umgekehrte Vorzeichen weiter beibehalten werden, solange der Drehmomentwert steigt, und das Vorzeichen wieder umgekehrt werden, wenn der Drehmomentwert wieder sinkt. Durch dieses Vorgehen wird auf ein Maximum des übertragbaren Drehmoments geregelt.
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Das Verfahren kann einen Schritt des Bremsens aufweisen, in dem zeitgleich zu den Schritten des Veränderns, des Erfassens und des Einstellens das Fahrzeug unter Verwendung eines mechanischen Bremssystems des Fahrzeugs gebremst wird, wenn ein übertragbares Bremsmoment des Elektromotors kleiner als ein gewünschtes Bremsmoment ist. Das mechanische Bremsen, beispielsweise über eine Reibungsbremse, stellt zusätzliches Bremsmoment zur Verfügung. Das Drehmoment des Elektromotors kann auch entgegen des mechanischen Bremsmoments wirken, um schneller als die mechanische Bremse auf einen veränderten Haftwert zwischen Straße und Rad reagieren zu können
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Im Schritt des Einstellens kann ferner eine Schrittweite des Drehzahlschritts unter Verwendung des Drehmomentwerts eingestellt werden. Bei einer großen Veränderung des Drehmomentwerts kann auch ein großer Drehzahlschritt folgen. Je kleiner die Veränderung des Drehmomentwerts ist, umso kleiner Drehzahlschritte können folgen. So kann das Maximum der Bremskraft sehr schnell erreicht und gehalten werden.
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Von Vorteil ist auch ein Computerprogrammprodukt oder Computerprogramm mit Programmcode, der auf einem maschinenlesbaren Medium gespeichert sein kann und zur Durchführung, Umsetzung und/oder Ansteuerung der Schritte des vorstehend beschriebenen Verfahrens verwendet wird.
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Es wird darauf hingewiesen, dass einige der möglichen Merkmale und Vorteile der Erfindung hierin mit Bezug auf unterschiedliche Ausführungsformen beschrieben sind. Ein Fachmann erkennt, dass die Merkmale des Verfahrens und der Vorrichtung in geeigneter Weise kombiniert, angepasst oder ausgetauscht werden können, um zu weiteren Ausführungsformen der Erfindung zu gelangen.
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Figurenliste
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Nachfolgend werden Ausführungsformen der Erfindung unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen beschrieben, wobei weder die Zeichnungen noch die Beschreibung als die Erfindung einschränkend auszulegen sind.
- 1 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Ansteuern eines Elektromotors gemäß einem Ausführungsbeispiel; und
- 2 zeigt eine Darstellung einer Haftwert-Schlupf-Kurve.
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Die Figuren sind lediglich schematisch und nicht maßstabsgetreu. Gleiche Bezugszeichen bezeichnen in den Figuren gleiche oder gleichwirkende Merkmale.
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Ausführungsformen der Erfindung
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1 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens 100 zum Ansteuern gemäß einem Ausführungsbeispiel. Das Verfahren wird verwendet, um einen Elektromotor eines Fahrzeugs anzusteuern. Das Verfahren 100 ist hier am Beispiel eines Bremsvorgangs beschrieben. Das Verfahren kann auch für einen Beschleunigungsvorgang verwendet werden. Das Verfahren 100 wird ausgeführt, wenn eine Bremskraftüberwachung 102 feststellt, dass ein aktueller Wert einer Bremskraft kleiner als ein Bremskraftsollwert ist. Die Bremskraft ist dabei eine zwischen einem Rad und einem Untergrund übertragene Kraft. Der Bremskraftsollwert wird von einem Fahrer oder einem Steuergerät des Fahrzeugs vorgegeben. Mit anderen Worten wird das Verfahren ausgeführt, wenn zumindest ein über den Elektromotor abgebremstes Rad des Fahrzeugs aufgrund ungenügender Bodenhaftung durchrutscht. Wenn der aktuelle Wert der Bremskraft größer oder gleich dem Bremskraftsollwert ist, wird das Fahrzeug mit einer normalen Bremsfunktion beziehungsweise normalen Fahrfunktion mit aktiver Drehmomentregelung weiter betrieben.
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Wenn der aktuelle Wert der Bremskraft kleiner als der Bremskraftsollwert ist, wird ein Vergleich 104 zwischen dem aktuellen Wert der Bremskraft und einem alten beziehungsweise zurückliegend erfassten Wert der Bremskraft ausgeführt. Während das Verfahren 100 läuft wird der Drehmomentregelung eine Drehzahlregelung überlagert. Wenn der aktuelle Wert der Bremskraft bzw. das Bremsmoment der elektrischen Maschine größer als der alte Wert der Bremskraft bzw. das Bremsmoment der elektrischen Maschine ist, wird in einem Schritt 106 des Einstellens ein Vorzeichen einer Richtung invertiert. Wenn der aktuelle Wert der Bremskraft kleiner als der alte Wert der Bremskraft ist, wird das Vorzeichen nicht invertiert. In einem anschließenden Schritt 108 des Zwischenspeicherns wird der alte Wert der Bremskraft gelöscht und der aktuelle Wert der Bremskraft als der alte Wert der Bremskraft gespeichert.
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In einem anschließenden Schritt 110 des Veränderns wird ein neuer Drehzahlsollwert generiert, indem zu einem alten beziehungsweise zurückliegend geltenden Drehzahlsollwert eine Schrittweite hinzu addiert wird, wobei ein Vorzeichen der Schrittweite durch die zuvor eingestellte Richtung definiert ist. Anschließend wird in einem Schritt 112 des Regelns der Elektromotor auf den neuen Drehzahlsollwert eingeregelt. Dann wird in einem Schritt 114 des Erfassens ein neuer aktueller Wert der Bremskraft ermittelt. Dabei werden ein aktuell abgegebenes Drehmoment und eine aktuelle Drehzahl des Elektromotors erfasst. Über bekannte Übersetzungsfaktoren eines Antriebstrangs des Fahrzeugs werden Drehzahlen und Drehmomente im Antriebstrang bestimmt und im Fall einer Drehzahländerung ein aus der Massenträgheit des Antriebstrangs, des Rotors des Elektromotors und des Rads resultierendes Gegenmoment von dem aktuellen Drehmoment des Elektromotors abgezogen. Das resultierende Bremsmoment wird über die geometrischen Verhältnisse des Antriebstrangs und des Rads auf die Bremskraft umgerechnet.
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Der neue aktuelle Wert der Bremskraft geht dann wieder in die Bremskraftüberwachung 102 ein.
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Mit anderen Worten wird in dem Verfahren 100 in dem Schritt 110 des Veränderns der eine Solldrehzahl des Elektromotors repräsentierende Solldrehzahlwert um einen Drehzahlschritt verändert, im Schritt 114 des Erfassens das durch den veränderten Solldrehzahlwert resultierende, von dem Elektromotor bereitgestellte Drehmoment in einem Drehmomentwert erfasst, und im Schritt 106 des Einstellens das Vorzeichen des zukünftigen Drehzahlschritts unter Verwendung des Drehmomentwerts eingestellt.
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Die Darstellung des Algorithmus zeigt ein Ablaufdiagramm der Bremsenregelung über die elektrische Maschine. Über die Schreitweite der Drehzahländerung kann die Folgegeschwindigkeit und die Genauigkeit, mit welcher der Maximalpunkt erreicht wird, eingestellt werden. Je kleiner der Wert, desto genauer wird der Maximalwert erreicht, aber desto träger folgt die Regelung einer Änderung.
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2 zeigt eine Darstellung einer Haftwert-Schlupf-Kurve 200. Die Haftwert-Schlupf-Kurve 200 dargestellt ist in einem Diagramm dargestellt, welches auf seiner Abszisse einen Schlupf µ von null bis eins und auf der Ordinate eine übertragbare Bremskraft P von null bis zu einem Maximalwert Pmax angetragen hat. Der Schlupf µ kennzeichnet dabei ein Verhältnis zwischen einer Bewegungsgeschwindigkeit des Rads beziehungsweise eines Fahrzeugs über einen Untergrund und einer Umfangsgeschwindigkeit eines Rads. Bei eins dreht das Rad komplett durch. Bei Null entspricht die Umfangsgeschwindigkeit der Bewegungsgeschwindigkeit und es tritt kein Schlupf auf.
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Damit beginnt ein Bremsvorgang bei µ gleich 0. Bis zu einer gewissen Bremskraft P tritt dabei noch kein Schlupf µ auf. Wenn die Bremskraft P größer wird, tritt Schlupf µ auf. Das Rad dreht sich also langsamer, als sich das Rad über den Untergrund bewegt. Die Kurve 200 steigt bis zu dem Maximalwert Pmax an. Im Maximalwert Pmax kehrt sich die Steigung der Kurve 200 um und die übertragbare Bremskraft P sinkt bis auf null ab. Dann steht das Rad und rutscht mit der Bewegungsgeschwindigkeit über den Untergrund. Eine Höhe des Maximalwerts Pmax ist von einem Reibwert zwischen dem Untergrund und dem Rad und Umgebungsbedingungen abhängig.
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Bei einem normalen Bremsvorgang wird der Maximalwert Pmax nicht überschritten. Wenn er dennoch überschritten wird, kann ein Bremskraftsollwert so weit gesenkt werden, dass ein Betriebspunkt wieder sicher vor dem Maximalwert Pmax liegt. Damit liegt der neue Betriebspunkt beabstandet zu dem Maximalwert Pmax.
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Bei dem hier vorgestellten Ansatz wird durch ein iteratives Annähern versucht möglichst nahe an den Maximalwert Pmax heran zu kommen.
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Wenn der Maximalwert Pmax überschritten worden ist, kann ein Drehzahlabfall am Rad festgestellt werden. Ebenso kann der Abfall der übertragenen Bremskraft P durch einen Abfall eines Drehmoments am Elektromotor festgestellt werden. Wenn der Abfall der übertragenen Bremskraft P und/oder der Drehzahlabfall am Rad festgestellt wird, wird der Elektromotor auf einen drehzahlgeregelten Betrieb umgestellt. Eine Regelelektronik des Elektromotors regelt dabei die die Energiezufuhr zu dem Elektromotor so, dass er einen vorgegebenen Drehzahlsollwert erreicht. Da nach dem Überschreiten des Maximalwerts Pmax die Drehzahl abfällt, wird der Drehzahlsollwert um einen Drehzahlschritt erhöht. So wird der Schlupf µ verringert. Durch den verringerten Schlupf µ wird wieder mehr Bremskraft P übertragen. Die gestiegene Bremskraft resultiert in einem gestiegenen Drehmoment am Elektromotor. Da die Erhöhung des Drehzahlsollwerts also erfolgreich war, wird der Drehzahlsollwert erneut um den Drehzahlschritt erhöht. Der Schlupf µ verringert sich dadurch weiter. Solange die Erhöhung auf der Kurve 200 rechts des Maximalwerts Pmax stattfindet, steigt die übertragene Bremskraft P. Ebenso lange wird der Drehzahlsollwert jeweils um einen Drehzahlschritt erhöht.
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Im Bereich des Maximalwerts Pmax weist die Kurve 200 eine geringe Steigung auf. Wenn durch die Erhöhung der Solldrehzahl der Schlupf soweit verringert worden ist, dass der Maximalwert Pmax überschritten worden ist, kann die übertragene Bremskraft P ein letztes Mal ansteigen oder auch bereits abfallen. Wenn die Bremskraft P angestiegen ist, wird der Drehzahlsollwert noch einmal erhöht. Dadurch sinkt die übertragene Bremskraft P und ein Vorzeichen des Drehzahlschritts wird umgekehrt. Die Drehzahl wird also wieder verringert. Die Drehzahl wird dann solange verringert, bis die übertragene Bremskraft wieder abfällt. Dann wird das Vorzeichen wieder umgekehrt. Damit wird bei dem hier vorgestellten Ansatz der Schlupf auf den Bereich des Maximalwerts der übertragenen Bremskraft Pmax geregelt.
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Mit anderen Worten wird ein Konzept für eine Ansteuerung eines Elektroantriebs zum verbesserten Bremsen bzw. zur Realisierung einer ABS-Funktion ohne zusätzlichem Radsensor vorgestellt. Dabei wird ein MPP-Tracker zum elektrischen Bremsen verwendet. Der hier vorgestellte Ansatz bietet sich bei Fahrzeugen mit Einzelradantrieben, wie z.B. Elektroscootern an, kann aber auch bei Fahrzeugen mit einem Zentralantrieb eingesetzt werden.
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Bei einem ABS/ESP für ein Elektrofahrzeug oder einen Elektroroller wird beim Bremsen die Bremskraft vom Elektroantrieb und der Betriebsbremse zusammen bereitgestellt. Hierbei wird der Bremswunsch des Fahrers möglichst vom elektrischen Antrieb aufgebracht und nur die vom elektrischen Antrieb nicht erbringbare Bremsleistung wird von der Betriebsbremse bereitgestellt. Bisher wird dabei, falls der Maximalwert Pmax der übertragbaren Bremskraft P überschritten wird und das Rad blockiert bzw. der Schlupf sich dem Wert eins nähert, die Bremskraft solange erniedrigt, bis das Rad wieder sicher dreht, um das Blockieren zu verhindern. Somit wird zwar nicht die maximale Bremskraft erreicht, aber das Fahrzeug bleibt immer lenkbar. Bei einer herkömmlichen Regelung mit der mechanischen Betriebsbremse wird aufgrund der beschränkten Dynamik der hydraulischen Bremse immer recht weit vom Punkt der maximalen Bremskraft Pmax weggeblieben. D.h. es wird mit einem relativ kleinen Schlupf beschleunigt bzw. gebremst und somit auch mit einer relativ kleinen erreichbaren Bremskraft P.
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Hier wird ein Konzept beschrieben, wie durch eine geschickte Kombination von Bremse und Traktionsantrieb die hohe Dynamik des E-Antriebs genutzt werden kann, um das Bremsverhalten zu verbessern. Eventuell kann dadurch auch die Betriebsbremse entfeinert bzw. günstiger werden.
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Im Folgenden wird beschrieben wie mit einer Art MPP-Tracker (Maximum-Point-Tracker) das Bremsverhalten eines Elektrofahrzeugs verbessert werden kann. Zur Erhöhung der Traktion kann dabei ein erhöhter Schlupf zugelassen werden.
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Bei jeder signifikanten Traktions- oder Bremskraftübertragung zwischen einem Reifen und der Straße tritt Schlupf auf. Der Schlupf ist die Differenz zwischen der realen Umfangsgeschwindigkeit und der Fahrzeuggeschwindigkeit bezogen zum Boden. Der Verlauf der Traktions- oder Bremskraft P über dem Schlupf µ ist in 2 gezeigt:
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Aufgrund der hohen Dynamik und der sehr guten Regelbarkeit von elektrischen Antrieben kann sehr schnell das Drehmoment eingestellt und natürlich auch die Drehzahl verändert werden. Dies wird hier ausgenutzt, um eine möglichst große Bremskraft zu erzeugen, d.h. möglichst nahe im Maximalpunkt Pmax der Haftwert-Schlupf-Kurve 200 zu bleiben, falls die vom Fahrer oder der Fahrzeugführung gewünschte Bremskraft größer als die mögliche Bremskraft P ist.
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Eine moderne Drehmoment- bzw. Drehzahlregelung eines elektrischen Antriebs ist außerdem in der Lage, das von der Maschine aufgebrachte Drehmoment sehr präzise zu berechnen. Das von der Maschine berechnete Moment besteht aus dem Moment zur Beschleunigung des Rads und der vom Boden aufgebrachten Kraft multipliziert mit dem Radius des Rads. In dieser Betrachtung ist die Trägheit eines Maschinenrotors und eines Getriebes vernachlässigt, um die Anschaulichkeit zu verbessern. Da diese Trägheiten und Übersetzungsverhältnisse bekannt sind, können diese nachträglich einfach berücksichtigt bzw. hereingerechnet werden. Es wird hierbei zur Vereinfachung von einen Elektroscooter mit einem angetriebenen Hinterrad ausgegangen. Andere Fahrzeuge mit Einzelradantrieb oder mit einer angetriebenen Achse können ähnlich behandelt werden.
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Für die Schlupfoptimierung ist nur das Drehmoment, welches aus der vom Boden aufgebrachten Kraft resultiert, relevant. Das heißt, das Moment zur Überwindung der Trägheit des Rads bei einer Drehzahländerung wird hiervon abgezogen. Die Raddrehzahl des elektrisch angetriebenen Rads ist über die Übersetzung des Getriebes und der Maschinendrehzahl, welche vom Drehzahlsensor der elektrischen Maschine gemessen wird, berechenbar und somit bekannt.
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Das Drehmoment für die Beschleunigung des Rads kann unter Verwendung eines Trägheitsmoments des Rads geschätzt werden. Falls nur ein Rad bzw. eine Felge und ein Reifentyp für das Fahrzeug zulässig sind, so ist dieses im Voraus immer bekannt und kann in der Regelung hinterlegt werden. Falls mehrere Radtypen (Felgentypen oder Durchmesser) für das Fahrzeug möglich sind, so kann nach einem Radwechsel ein Einlernen erfolgen, indem das aufgebockte Rad kurz beschleunigt wird und hierbei bei bekanntem Moment die Drehzahländerung ausgewertet wird. Alternativ kann auch das Trägheitsmoment von Hand über eine Eingabemaske des Fahrzeugs eingegeben werden. Somit ist auch das Trägheitsmoment des Rads und somit des gesamten elektrischen Triebstrangs bekannt.
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Da die Drehzahl und die Drehzahländerung des Rads bzw. der Komponenten des elektrischen Triebstrangs über den Drehzahlsensor und eine Differenzierung der gemessenen Drehzahl ermittelt werden kann, Ist das von der Drehbeschleunigung des Rads resultierende Drehmoment bekannt.
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Dieses wird nun vom Drehmoment der elektrischen Maschine, welches von der feldorientierten Regelung und/oder aus den Maschinenflüssen und/oder den Strömen berechnet wird, abgezogen. Somit bleibt das Moment übrig, welches aus der Bremskraft des Rads resultiert.
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Bei dem hier vorgestellten Bremsalgorithmus basierend auf der gemessenen Raddrehzahl und dem berechneten Radbremsmoment funktioniert bei kleinen Bremsmomenten oder vor Überschreiten des maximalen Bremsmoments die Bremsung über das ganz normale Aufbringen der Bremskraft durch die elektrische Achse und falls erforderlich über die Betriebsbremse. Hierbei wird die Bremskraft, welche von der E-Maschine aufgebracht wird, permanent wie oben beschrieben berechnet.
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Falls die Bremskraftanforderung und somit das Bremsmoment des Rads größer ist, als die mit dem Radius des Rads multiplizierte Bremskraft P zwischen Rad und Boden, so wird das Rad übermäßig verzögert und der Schlupf µ steigt. Bei Überschreiten des Maximalpunkts Pmax der Bremskraft P wird die Bremskraft P wieder kleiner. Dies wird vom Algorithmus detektiert. Falls das Rad plötzlich schneller verzögert und die von der Maschine aufgebrachte bzw. berechnete Bremskraft fällt, so ist der Maximalpunkt Pmax überschritten und der MPP-Tracker wird aktiviert. Der E- Motor wird in diesem Fall nicht mehr drehmomentsondern drehzahlgeregelt betrieben. Um den Maximalpunkt Pmax der Bremskraft P nun wieder zu finden, wird der Drehzahlsollwert und somit die reale Drehzahl der E-Maschine in kleinen Schritten erhöht und überprüft, ob die berechnete Bremskraft P wieder steigt. Ist dies der Fall, so wird im nächsten Schritt die Drehzahl wiederum um einen kleinen Wert erhöht und überprüft, ob die Bremskraft P weiter steigt. Dies wird solange gemacht, bis die Bremskraft P wieder fällt, was bedeutet, dass der Maximalpunkt Pmax der Reibungskennlinie 200 überschritten ist. In diesem Fall wird die Drehzahl um einen bestimmten Wert erniedrigt und wiederum überprüft, ob die Bremskraft P wieder steigt. Dies geht immer so weiter, solange der Istwert der Bremskraft P kleiner als der Sollwert der Bremskraft ist und somit wird nahezu immer die maximale Bremskraft P erreicht. Der MPP-Tracker folgt also immer dem Maximum Pmax der Reibungskraft P indem er immer die Drehzahl entsprechend ändert. Ein Vorteil des Verfahrens ist, dass das Maximum Pmax der Haftkraft P unabhängig von der Form der Kurve gefunden wird, solange diese keine lokalen Maxima hat.
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Durch den hier vorgestellten Ansatz kann eventuell eine Entfeinerung der Bremse bzw. ein Wegfall der hydraulischen Bremse ermöglicht werden. Die Reibbremse stellt nur noch das mittlere nötige Bremsmoment bzw. ein Grundbremsmoment zur Verfügung und die hier vorgestellte Funktion stellt überlagert die ABS-Funktion sicher.
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Die Leistungsfähigkeit der klassischen Bremse kann beibehalten werden. Die Performance kann durch den E-Antrieb durch MPP-Tracking erhöht werden. Hierzu muss aber die Bremskraft der Betriebsbremse ebenfalls bekannt sein.
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Falls das Rad nicht beschleunigt wird, d.h. mit nahezu konstanter Drehzahl dreht, so kann das Moment, welches von der Rad bzw. Triebstrangbeschleunigung herrührt, vernachlässigt werden. Somit kann auf die Radträgheitsmomentschätzung verzichtet werden, erreicht aber keine so hohe Dynamik, da gewartet wird, bis die Drehzahl konstant ist.
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Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass Begriffe wie „aufweisend“, „umfassend“, etc. keine anderen Elemente oder Schritte ausschließen und Begriffe wie „eine“ oder „ein“ keine Vielzahl ausschließen. Bezugszeichen in den Ansprüchen sind nicht als Einschränkung anzusehen.