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GEBIET DER TECHNIK
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Schnittkraftüberwachung bei radialer Spanungsbewegung eines Fräsers an einem rotierenden Werkstück. Das Verfahren ist insbesondere beim Drehfräsen mit konstanter Schnittgeschwindigkeit vorteilhaft, wenn eine Drehbewegung eines Werkstücks und eine lineare Bewegung eines Fräsers überlagert werden, und dabei durch veränderte Radialpositionen Prozesskräfte und Beschleunigungskräfte überlagert sind.
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STAND DER TECHNIK
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Die beim spanenden Bearbeiten von Werkstücken auftretenden Kräfte bewirken mit der Zeit eine Abnutzung des Werkzeugs, und unter Umständen auch einen Werkzeugbruch. Ein abgenutztes, verschlissenes Werkzeug führt zu erhöhten Schnittkräften und unsauberen Oberflächen, während ein gebrochenes Werkzeug sogar zu Ausschuss führen kann. Es ist daher wünschenswert, die Abnutzung eines Werkzeugs oder gar dessen Bruch schnell und zuverlässig zu erkennen.
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Aus der
US 5822212 ist ein Verfahren zur Überwachung der Belastung einer Werkzeugmaschine bekannt, bei der die aktuelle Belastung während eines Bearbeitungsvorganges verglichen wird mit der Belastung, die zuvor während einer Testbearbeitung erhalten wurde. Dabei werden Parameter gespeichert und mit aktuellen Werten verglichen, die in einer Numerischen Steuerung der Werkzeugmaschine verfügbar und die der zu überwachenden Belastung annähernd proportional sind. Dies kann beispielsweise ein Spindelstrom sein, der von einer Reglerstruktur eingestellt wird, die die Spindeldrehzahl auf einem Sollwert hält. Überschreitet die aktuelle Belastung (bzw. der Spindelstrom) die zuvor aufgezeichnete Belastung um mehr als ein bestimmtes Maß, wird eine Fehlerreaktion ausgelöst, um eine Beschädigung des Werkzeugs, des Werkstücks oder gar der Werkzeugmaschine zu vermeiden.
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Aus der
EP 1760562 B1 ist ein Verfahren zur adaptiven Vorschubregelung bekannt. Hierbei wird ein Bearbeitungsprogramm einer Numerischen Steuerung in einzelne Schnitte eingeteilt. Bestimmte, zur Vorschubregelung notwendige Parameter werden während eines Lernschnitts ermittelt. Hierzu wird für jeden Schnitt z.B. die Spindelleistung ermittelt und in einer Parameterdatei abgespeichert, so dass bei späteren Bearbeitungen ein Rückgriff auf die zuvor bearbeiteten Werte möglich ist. Zu diesem Verfahren der adaptiven Vorschubregelung gehört auch eine Definition der Reaktion auf eine zu große Abweichung der Spindellast von den beim Lernschnitt ermittelten Werten.
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Es gibt allerdings Bearbeitungsvorgänge, bei denen die eigentlich relevante Schnittkraft am Werkzeug nicht mehr ausreichend genau anhand von steuerungsinternen Bearbeitungsparametern wie dem Spindelstrom einer Werkzeugspindel zu detektieren sind. Hierzu zählt das sogenannte Drehfräsen auf einer 5-Achs Werkzeugmaschine, bei dem ein Fräser relativ zu einem Werkstück bewegt wird, das selbst eine Drehbewegung um eine Rotationsachse der Werkzeugmaschine ausführt. Bewegt sich der Fräser entlang eines Radius des rotierenden Werkstücks, so ändert sich die Relativgeschwindigkeit zwischen Fräser und Werkstück aufgrund des sich verändernden Abstands des Fräsers zum Drehzentrum. Um dem entgegen zu wirken, ist eine Beschleunigung der Drehbewegung notwendig. Dabei überlagern die zur Beschleunigung notwendigen Kräfte die eigentliche Schnittkraft so deutlich, dass eine herkömmliche Schnittkraftüberwachung unmöglich wird.
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ZUSAMMENFASSUNG DER ERFINDUNG
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Schnittkraftüberwachung anzugeben, mit dem auch in gewissen Sonderfällen wie dem Drehfräsen mit konstanter Schnittgeschwindigkeit eine verbesserte Schnittkraftüberwachung und somit die Erkennung eines verschlissenen Werkzeugs ermöglicht wird.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1. Vorteilhafte Details dieses Verfahrens ergeben sich auch aus den von Anspruch 1 abhängigen Ansprüchen.
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Es wird ein Verfahren zur Schnittkraftüberwachung bei der Bearbeitung eines Werkstücks mit einer numerisch gesteuerten Werkzeugmaschine offenbart, mit einer radialen Spanungsbewegung eines Werkzeugs am rotierenden Werkstück. Zur Durchführung des Verfahrens wird eine lineare Bewegung des Werkzeugs in Richtung eines Drehzentrums des Werkstücks oder von diesem Drehzentrum weg in aufeinanderfolgende erste, zweite und dritte Bereiche eingeteilt, in denen die Schnittkraftüberwachung anhand von unterschiedlichen Referenzwerten durchgeführt wird, wobei die Referenzwerte für den ersten und dritten Bereich einem steuerungsinternen Bearbeitungsparameter entsprechen, der der Schnittkraft proportional ist, während dieser Bearbeitungsparameter im zweiten Bereich, der zwischen dem ersten und dritten Bereich liegt, von einem der Winkelbeschleunigung des Werkstücks proportionalen Anteil überlagert ist.
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Gemäß diesem Verfahren wird im ersten und dritten Bereich ein verschlissenes Werkzeug erkannt, wenn der Bearbeitungsparameter um mehr als einen vorgegebenen Prozentwert vom jeweiligen Referenzwert nach oben abweicht, während im zweiten Bereich keine Überwachung auf ein verschlissenes Werkzeug stattfindet, da der betrachtete Bearbeitungsparameter zu sehr vom Einfluss der Winkelbeschleunigung des Werkstücks überlagert ist. Eine Überwachung auf Werkzeugbruch oder Kollision ist demgegenüber in allen drei Bereichen möglich.
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Dank der Einteilung eines einzigen Schnittes (bei dem beispielsweise die Stirnfläche des rotierenden Werkstücks abgedreht wird) in drei aufeinanderfolgende Bereiche mit unterschiedlicher Schnittkraftüberwachung, ist eine nahezu vollständige Überwachung des Bearbeitungsprozesses möglich.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung einer Ausführungsform anhand der Figuren.
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Figurenliste
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Dabei zeigt
- 1 eine Draufsicht auf die Stirnfläche eines rotierenden Werkstücks,
- 2 ein Diagramm mit Drehzahl und Integralstrom, die beim Abdrehen der Stirnfläche auftreten.
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BESCHREIBUNG DER AUSFÜHRUNGSFORMEN
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Die 1 zeigt ein Beispiel für die Bearbeitung eines Werkstücks W, bei der das Verfahren zur Schnittkraftüberwachung eingesetzt werden kann. Das Werkstück W ist auf dem Drehtisch einer numerisch gesteuerten, mehrachsigen Werkzeugmaschine befestigt. Das Werkstück W dreht sich in einer Drehrichtung D um ein Drehzentrum DZ, die Drehachse liegt parallel zur Z-Richtung der Werkzeugmaschine. Ein in Z-Richtung ausgerichteter Fräser F wird mit einem Vorschub V an der hier sichtbaren Stirnfläche des Werkstücks W in radialer Richtung (im Beispiel die X-Richtung) von außen nach innen auf das Drehzentrum DZ zubewegt. Hat der Fräser F eine dem Radius R der Stirnfläche S entsprechende Strecke durchlaufen, so ist wegen der gleichzeitigen Rotation des Werkstücks W die Stirnfläche S vollständig abgedreht. Während der Bearbeitung dreht sich der Fräser F nicht, eine seiner Schnittkanten bleibt stets mit dem Werkstück W im Eingriff. Diese Art der Bearbeitung wird auch als Drehfräsen oder Interpolationsdrehen bezeichnet.
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Da sich bei dieser Bearbeitungsmethode der Fräser F und damit die Werkzeugspindel nicht drehen, ist der Antriebsstrom der Werkzeugspindel zur Überwachung der Schnittkraft nicht geeignet. Es wurde daher der Antriebsstrom des Drehtisches herangezogen. Versuche haben gezeigt, dass vor allem der Integralteil eines PI-Reglers oder PID-Reglers für diesen Antriebsstrom als Maß für die Schnittkraft geeignet ist. Solche Stromregler in einem Antriebssystem sind in kaskadierten Reglerstrukturen fachüblich und werden hier nicht näher beschrieben. Der Integralteil das Antriebsstromes oder kurz Integralstrom entspricht einer über die Zeit aufsummierten Abweichung des Antriebsstromes von einem Sollwert, multipliziert mit einem Verstärkungsfaktor. Ist so eine Reglerstruktur in Software umgesetzt, kann auf den Integralteil des Stromreglers sehr einfach zugegriffen werden, indem die entsprechende Variable abgefragt wird.
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In der 2 sind für den in 1 dargestellten Bearbeitungsvorgang sowohl die Drehzahl ω des Drehtisches bzw. des Werkstücks W als auch der Integralteil i-int des Antriebsstromes des Drehtischantriebs dargestellt, abhängig von der radialen X-Position des Fräsers F.
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Betrachtet man zunächst die Drehzahl ω, so erkennt man, dass diese Drehzahl ω exponentiell ansteigt, je weiter sich der Fräser F dem Drehzentrum DZ des Werkstücks W nähert. Da man während eines Bearbeitungsvorganges die Relativgeschwindigkeit zwischen dem Fräser F und dem Werkstück W möglichst konstant lassen möchte (Drehfräsen mit konstanter Schnittgeschwindigkeit), die lokale Bahngeschwindigkeit des Werkstücks mit abnehmendem Abstand zum Drehzentrum DZ aber immer mehr abnimmt, ist eine ansteigende Drehzahl ω notwendig. Da aber die zur Kompensation der abnehmenden Bahngeschwindigkeit notwendige Drehzahl ω immer stärker ansteigt, erreicht der Antrieb des Drehtisches eine Drehzahlgrenze ω-max, ab der die Drehzahl ω nicht weiter erhöht werden kann. Ab diesem Punkt bleibt die Drehzahl ω bis zum Erreichen des Drehzentrums DZ und damit bis zum Ende der Bearbeitung konstant.
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Betrachtet man nun den Integralteil i-int des Stromreglers des Drehtischantriebs, so steigt dieser beim Eintritt des Werkzeugs F in das Werkstück W zunächst etwas an und fällt dann wieder ab. Dann beginnt ein Bereich mit ebenfalls exponentiellem Anstieg, weil eine immer größere Beschleunigung des Werkstücks W gefordert wird. Bei Erreichen der Drehzahlgrenze ω-max ist auch der Integralteil i-int bei einem Maximum i-int-max angelangt. Danach fällt der Integralteil i-int auf einen deutlich niedrigeren Wert ab, da keine weitere Beschleunigung des Werkstücks W mehr erforderlich ist.
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Es wurde nun festgestellt, dass bezüglich der Position des Fräsers F auf seiner Bewegungsbahn in X-Richtung in einem Bereich A vom Beginn der Bearbeitung an bis zu einer bestimmten Grenze der Integralteil i-int überwiegend der Schnittkraft des Fräsers F proportional ist, so dass in diesem Bereich eine gute Überwachung der Schnittkraft anhand dieses Parameters möglich ist. Im daran anschließenden Bereich B der Bearbeitung überwiegt dann aber der Einfluss der immer weiter zunehmenden Beschleunigung. Der Einfluss der Schnittkraft auf den Integralteil i-int ist hier deutlich von der Beschleunigung überlagert, so dass eine sinnvolle Schnittkraftüberwachung hier nicht möglich ist. Im Bereich C entfällt die Beschleunigung, so dass in diesem Bereich C der wieder deutlich gesunkene Integralteil i-int sogar besonders gut zur Schnittkraftüberwachung herangezogen werden kann.
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Die Grenze zwischen dem Bereich A und dem Bereich B kann beispielsweise in einem Bereich zwischen 10% und 20%, vorzugsweise bei 15% der Nennbeschleunigung (bzw. des Nennstromes) des Drehtischantriebs liegen. Die Grenze zwischen den Bereichen B und C ist durch die Drehzahlgrenze ω-max bestimmt. Der Bereich C zeichnet sich dadurch aus, dass der Drehtisch hier nicht mehr weiter beschleunigt wird.
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Die Schnittkraftüberwachung in den Bereichen A, B und C kann nun wie folgt ausgeführt werden:
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Im Bereich A wird anhand einer ersten Bearbeitung bzw. anhand eines Lernschnitts ein erster Grenzwert i-ref1 für den Integralstrom i-int ermittelt, beispielsweise wie in 2 der höchste Integralstrom i-int im Bereich A, oder auch der Wert des Integralstroms i-int am Beginn des Bereichs A, wo das Werkzeug F in das Werkstück W eintaucht. Außerdem wird der niedrigste Wert i-int-min des Integralstromes i-int im Bereich A ermittelt und wie der erste Grenzwert i-ref1 für die spätere Verwendung festgehalten.
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Der erste Grenzwert i-ref1 kann dann der Überwachung der Schnittkraft dienen. Ein verschlissenes Werkzeug F wird erkannt, wenn der Integralstrom i-int um mehr als beispielsweise 10% über dem ersten Grenzwert i-ref1 liegt (also über 110% von i-ref1). Dann kann das aktuelle Werkzeug F für weitere Bearbeitungen gesperrt und auf ein Schwesterwerkzeug gewechselt werden. Steigt der Integralstrom i-int noch deutlich weiter an, also etwa über 120% vom ersten Grenzwert i-ref1, könnte eine Kollision vorliegen, so dass als Fehlerreaktion ein Bearbeitungsstopp ausgelöst werden kann.
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Außerdem kann bei einer deutlichen Unterschreitung des niedrigsten Wertes i-int-min aus dem Bereich A um mehr als einen gewissen Prozentwert (beispielsweise weniger als 50% von i-int-min) auf einen Werkzeugbruch geschlossen werden und die Bearbeitung gestoppt werden.
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Im Bereich B ändert sich der Integralstrom i-int so stark, dass eine einfache Überwachung auf ein verschlissenes Werkzeug mittels eines Grenzwerts hier nicht möglich ist. Es ist aber immerhin eine Überwachung auf Werkzeugbruch, Kollision oder andere Ereignisse möglich, die einen Stopp der Bearbeitung erfordern. Hierzu kann der niedrigste Wert i-int-min des Integralstromes i-int im Bereich A herangezogen werden, bei dessen Unterschreitung ein Werkzeugbruch nahe liegt. Wird hingegen der mittels Lernschnitt im Bereich B ermittelte Maximalwert i-int-max deutlich überschritten (beispielsweise mehr als 120% von i-int-max), könnte eine Kollision vorliegen.
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Im Bereich C liegt der Integralstrom i-int wieder deutlich niedriger als zuletzt im Bereich B, und nimmt bis zum Ende der Bearbeitung noch leicht ab. Während des Lernschnitts kann der höchste Wert aus diesem Bereich C als zweiter Referenzwert i-ref2 ermittelt werden. Alternativ kann die Überwachung auch mit dem ersten Referenzwert i-ref1 aus dem Bereich A durchgeführt werden. Genau wie im Bereich A wird auch im Bereich C eine Überwachung auf ein verschlissenes Werkzeug F durchgeführt, sowie eine Kollisionsüberwachung. Auf eine Überwachung auf einen Bruch des Werkzeugs F wird verzichtet, da i-int-min auch bei normaler Bearbeitung unterschritten wird.
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Wie in der eingangs zitierten
EP 1760562 B1 können die verschiedenen Grenzwerte und Referenzwerte in einer Parameterdatei abgelegt werden, wobei für einen Bearbeitungsvorgang wie dem hier beschriebenen Abdrehen einer Stirnfläche nicht nur ein Referenzwert wie die Spindellast gespeichert werden, sondern die für die drei unterschiedlichen Bereiche
A,
B und
C benötigen ersten und zweiten Referenzwerte
i-ref1 und
i-ref2, bzw. der maximale Integralstrom
i-int-max, der minimale Integralstrom
i-int-min und die Bereichsgrenzen. Auch diese Werte können wie im Falle der adaptiven Vorschubregelung automatisiert beim ersten Bearbeitungsvorgang ermittelt und gespeichert werden, wenn die Numerische Steuerung erkennt, dass die nötigen Parameter noch nicht vorliegen. Wenn die Werte hingegen bereits vorliegen, kann die Schnittkraftüberwachung wie beschrieben durchgeführt werden.
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Im hier beschriebenen Beispiel wird der Fräser F vom äußeren Rand der Stirnfläche S auf das Drehzentrum DZ hin bewegt. Dies ist für so eine Bearbeitung auch die übliche Vorgehensweise. Prinzipiell ist aber auch die umgekehrte Bearbeitungsrichtung möglich. Die Schnittkraftüberwachung kann hier nach demselben Verfahren durchgeführt werden, die Bereiche A, B, C und die Referenzwerte i-ref1, i-ref2, i-int-max, i-int-min können auf die gleiche Weise bestimmt und verwendet werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 5822212 [0003]
- EP 1760562 B1 [0004, 0026]