-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie ein Radarsystem zur Klassifikation der Bodenbeschaffenheit im Umfeld eines Kraftfahrzeugs.
-
Für Kraftfahrzeuge mit Fähigkeiten zum autonomen Fahren wird eine robuste Umfeldwahrnehmung benötigt. Diese Robustheit kann durch Redundanz bzw. Komplementarität in der Sensorik erreicht werden. Komplementarität bedeutet hierbei, dass unterschiedliche, sich ergänzende Sensordaten ausgewertet werden, um diese zu einem gemeinsamen Erfassungsergebnis zu fusionieren.
-
Für die Fahrstreifenerkennung dienen in heutigen Systemen im Wesentlichen optische Merkmale, beispielsweise Fahrspurmarkierungen. Diese werden mit optischen Erfassungssystemen, beispielsweise Kameras etc. erfasst. Für die Redundanz ist es erforderlich, Informationen über den Fahrstreifenverlauf auch mittels einer unterschiedlichen Sensorik zu sammeln, beispielsweise aus Laser- oder Radarsystemen. Durch derartige Systeme lassen sich bekanntermaßen Grenzstrukturen der Umgebung mit einem relativ großen Rückstreuquerschnitt, beispielsweise Leitplanken, Bordsteine etc. erfassen, die Hinweise auf den Fahrbahnverlauf geben. Aufgrund des gemessenen Rückstreuquerschnitts lassen sich die Grenzstrukturen grob klassifizieren.
-
Nachteilig an den bisher bekannt gewordenen Radarsystemen ist, dass sich mit diesen keine Fahrstreifenerkennung realisieren lässt, wenn keine eindeutige Grenzstruktur mit einem signifikanten Rückstreuquerschnitt vorhanden ist. Eine Klassifikation der Bodenbeschaffenheit allein aus dem Rückstreuverhalten der jeweiligen Bodenstruktur lässt sich mit den verfügbaren Radarsystemen bislang nicht realisieren.
-
Ausgehend hiervon ist es Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren anzugeben, mittels dem aus den reflektierten Anteilen eines Radarsignals eine Klassifikation der Bodenbeschaffenheit in Bodenbeschaffenheitstypen ermöglicht wird, um daraus Rückschlüsse auf den Fahrbahnverlauf ziehen zu können.
-
Die Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche. Ein Radarsystem zur Klassifikation der Bodenbeschaffenheit im Umfeld eines Fahrzeugs ist Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 16.
-
Gemäß einem ersten Aspekt bezieht sich die Erfindung auf ein Verfahren zur Klassifikation der Bodenbeschaffenheit im Umfeld eines Fahrzeugs mittels eines Radarsensors. Das Verfahren umfasst dabei folgende Schritte:
-
Zunächst werden reflektierte Anteile eines Radarsignals an einer Empfängereinheit eines Radarsystems empfangen. Die Radarsignale liegen vorzugsweise im Frequenzbereich zwischen 76GHz und 81GHz, um eine möglichst hohe Auflösung zu erreichen, können aber davon abweichend auch im Frequenzbereich von 24GHz gewählt sein.
-
Über geeignete mathematische Methoden, beispielsweise eine Transformation in den Spektralbereich, insbesondere eine Fast-Fourier-Transformation (FFT) werden aus den empfangenen Anteilen des Radarsignals durch das Radarsystem oder eine damit verbundene Steuereinheit Informationen abgeleitet, die sich auf diskrete örtliche Bereiche eines Radarbildes beziehen. Die Informationen können sich beispielsweise auf die Amplitude des empfangenen reflektierten Anteils des Radarsignals, auf die Leistung des empfangenen reflektierten Anteils des Radarsignals, auf die komplexe Darstellung des empfangenen reflektierten Anteils des Radarsignals etc. beziehen oder aus diesen Größen abgeleitete Messwerte sein.
-
Die dabei gewonnenen Informationen werden Datenstruktureinheiten einer Datenstruktur zugewiesen. Dabei ist jede Datenstruktureinheit einem festen geographischen Ort zugeordnet und die Zuweisung der Informationen zu der jeweiligen Datenstruktureinheit erfolgt unter Berücksichtigung von Bewegungsinformationen des Fahrzeugs. In anderen Worten entsprechen die Datenstruktureinheiten Rasterbereichen einer geographisch stationären, d.h. nicht mit dem Fahrzeug mitbewegten Radarkarte und die Zuweisung von Informationen in die Datenstruktureinheiten erfolgt unter Berücksichtigung des Ortes der Reflektion, die für die Entstehung der Information im Radarsystem ursächlich ist und unter Kompensation einer Fortbewegung des Fahrzeugs.
-
Vorzugsweise vollzieht der Radarsensor zeitlich nacheinander eine Vielzahl von Einzelmessungen, die jeweils zu den zuvor beschriebenen Informationen führen. Diese zeitlich nacheinander gewonnenen Informationen werden in den Datenstruktureinheiten ortsaufgelöst, d.h. gemäß dem Ort der Reflektion, die für die Entstehung der Information ursächlich war, gespeichert. In anderen Worten werden eine Vielzahl von Informationen in den jeweiligen Datenstruktureinheiten gesammelt, wobei die Informationen aus reflektierten Anteilen von Radarsignalen erhalten werden, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten gesendet wurden. Damit umfasst jede Datenstruktureinheit nach mehreren Einzelmessungen mehrere zu unterschiedlichen Zeitpunkten gewonnene Informationen, so dass basierend auf den in der jeweiligen Datenstruktureinheit enthaltenen Informationen der zeitliche Verlauf der Reflektionen an dem jeweiligen Ort ausgewertet werden kann.
-
Zur Klassifikation der Bodenbeschaffenheit werden die in der Datenstruktur enthaltenen Informationen mittels eines Klassifikators ausgewertet, um Informationen hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit zu erhalten. Der Klassifikator kann insbesondere dazu ausgebildet sein, für die Klassifikation der Bodenbeschaffenheit wesentliche Charakteristika aus den Informationen zu extrahieren und mit bekannten Kriterien zu vergleichen, um daraus Rückschlüsse zu ziehen, welcher Bodenbeschaffenheitstyp an dem jeweiligen Ort vorliegt.
-
Anschließend erfolgt ein Zuweisen von die Bodenbeschaffenheit kennzeichnenden Bodenbeschaffenheitstypen zu den Datenstruktureinheiten basierend auf durch den Klassifikator erhaltenen Auswerteergebnissen. Dadurch kann eine Aussage darüber getroffen werden, welcher Bodenbeschaffenheitstyp an dem jeweiligen Rasterbereich der Radarkarte, der der jeweiligen Datenstruktureinheit zugeordnet ist, vorhanden ist.
-
Der wesentliche Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass aus dem räumlichen und zeitlichen Verlauf des durch den Radarsensor ermittelten Leistungsspektrums flächige Strukturen klassifizierbar sind, beispielsweise gemäß den Kategorien Asphalt, Gras, Pflaster, etc. und dadurch der Fahrbahnverlauf geschätzt werden kann.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel werden ausschließlich Informationen zur Klassifikation der Bodenbeschaffenheit herangezogen, die aufgrund von Reflektionen an nicht bewegten, d.h. stationären Zielen entstehen. In anderen Worten werden damit sämtliche Informationen, an denen beispielsweise aufgrund der Doppler-Verschiebung erkennbar ist, dass es sich um Bewegt-Ziele handelt, nicht den Datenstruktureinheiten zugeführt und damit nicht zur Klassifikation der Bodenbeschaffenheit verwendet.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel werden beim Auswerten der in der Datenstruktur enthaltenen Informationen mittels eines Klassifikators lediglich Informationen, beispielsweise Signal- bzw. Messwerte herangezogen, deren Amplitude oder Signalstärke unterhalb einem Schwellwert oder einer Schwellwertkurve liegen. Bei der gängigen Auswertung von Radarsignalen erfolgt die Auswertung von Informationen in umgekehrter Weise, d.h. es werden lediglich Signal- bzw. Messwerte mit einer hohen Amplitude verwendet, um die Hauptreflektionen zu selektieren und damit die erforderliche Rechenleistung zu minimieren. Die Erfindung hingegen wertet genau die Signal- bzw. Messwerte im niedrigen Amplitudenbereich aus, da diese häufig aus Bodenreflektionen resultieren und damit Rückschlüsse auf die Bodenbeschaffenheit gezogen werden können.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel sind die in der Datenstruktur gespeicherten Informationen Signalwerte bzw. Messwerte, die proportional zur Leistung des reflektierten Anteils des Radarsignals an einem diskreten örtlichen Bereich sind oder davon abgeleitete Größen. Die Leistung des reflektierten Anteils des Radarsignals ist ein Maß für den Rückstreuquerschnitt des Objekts bzw. der Struktur, an dem die Reflektion erfolgt ist. Aus dem zeitlichen und räumlichen Verlauf der Signalwerte kann auf die Bodenbeschaffenheit rückgeschlossen werden.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel sind die in der Datenstruktur gespeicherten Informationen Signalwerte bzw. Messwerte, die den Datenstruktureinheiten ohne Betragsbegrenzung oder zumindest ohne Beschneiden im unteren Amplitudenbereich der Signalwerte zugewiesen werden. Dadurch wird erreicht, dass Signal- bzw. Messwerte speziell im niedrigen Amplitudenbereich in den Datenstruktureinheiten gespeichert werden, um basierend auf den Informationen im niedrigen Amplitudenbereich eine Bodenbeschaffenheitsklassifikation vornehmen zu können.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel ist jeder Datenstruktureinheit jeweils ein Rasterbereich einer zweidimensionalen Radarkarte zugeordnet. Diese Radarkarte ist insbesondere eine ortsfeste Radarkarte, die sich auf einen festen geographischen Punkt bezieht, d.h. nicht mit dem Fahrzeug mitbewegt ist. Damit lassen sich aus den Datenstruktureinheiten gewonnene Klassifizierungsinformationen auf Rasterbereiche der Radarkarte übertragen.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird jeweils eine einem bestimmten diskreten örtlichen Bereich zugeordnete Information einer einzigen Datenstruktureinheit zugeordnet oder eine einem bestimmten diskreten örtlichen Bereich zugeordnete Information wird mehreren Datenstruktureinheiten zugeordnet, wobei diese Datenstruktureinheiten mit benachbart angeordneten Rasterbereichen der zweidimensionalen Radarkarte korreliert sind. Beispielsweise kann der Radarsensor ein mit dem Fahrzeug mitbewegtes, örtlich diskretisiertes Radarbild bereitstellen, in dem die durch das Radarsystem bereitgestellten Informationen, insbesondere die an dem jeweiligen Ort reflektierte Leistung des Radarsignals eingetragen ist. Hierbei kann die Diskretisierung des mitbewegten Radarbildes unterschiedlich zur Diskretisierung der Datenstruktur in Datenstruktureinheiten bzw. unterschiedlich zur Diskretisierung der ortsfesten Radarkarte sein. In anderen Worten kann damit die Größe der Rasterbereiche des mitbewegten Radarbildes gleich oder unterschiedlich zur Größe der Rasterbereiche der ortsfesten Radarkarte gewählt sein. Vorzugsweise weist das mitbewegte Radarbild eine gröbere Diskretisierung auf als die ortsfeste Radarkarte. Dadurch werden die in einer Einzelmessung erhaltenen, einem Rasterbereich des mitbewegten Radarbildes zugeordneten Informationen einer Gruppe von mehreren Datenstruktureinheiten bzw. einer Gruppe von mehreren Rasterbereichen der ortsfesten Radarkarte zugeordnet. Jede Gruppe von Rasterbereichen der ortsfesten Radarkarte sind benachbart zueinander angeordnet. Dadurch wird eine höhere Auflösung erreicht und die Genauigkeit der Klassifikation der Bodenbeschaffenheit entscheidend verbessert.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel erfolgt die Auswertung der in der Datenstruktur enthaltenen Informationen jeweils getrennt basierend auf den in einer Datenstruktureinheit enthaltenen Informationen. Anders ausgedrückt erfolgt die Auswertung der Informationen einer Datenstruktureinheit ohne Berücksichtigung von Informationen von weiteren Datenstruktureinheiten. Dadurch kann beispielsweise das bezüglich eines Ortes erfasste Leistungsspektrum zur Bodenbeschaffenheitsklassifizierung herangezogen werden.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel werden die in einer Datenstruktureinheit der Datenstruktur enthaltenen Informationen hinsichtlich zeitlicher/spektraler Eigenschaften ausgewertet. Wie zuvor beschrieben, werden in jeder Datenstruktureinheit Informationen aus mehreren Einzelmessungen gespeichert, die zeitlich nacheinander vollzogen wurden. Dies erfolgt im Unterschied zu bekannten Verfahren, bei denen die hinsichtlich eines Orts erhaltenen, reflektierten Leistungswerte aufsummiert werden. D.h. bei den bekannten Verfahren sind nach mehreren Einzelmessungen nicht mehrere Informationen pro Rasterbereich der ortsfesten Radarkarte vorhanden sondern lediglich ein Summenwert gebildet durch das Aufsummieren mehrerer Informationen bzw. Messgrößen. Aus dem zeitlichen Verlauf der bezüglich eines Ortes erfassten Informationen kann eine vorteilhafte Bodenbeschaffenheitsklassifizierung vollzogen werden.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel erfolgt die Auswertung der in der Datenstruktur enthaltenen Informationen basierend auf Gruppen von Datenstruktureinheiten, wobei jede Gruppe von Datenstruktureinheiten mehrere Datenstruktureinheiten beinhaltet, die mit benachbart angeordneten Rasterbereichen der zweidimensionalen Radarkarte korreliert sind. Dadurch können datenstruktureinheitsübergreifend Informationen zur Bodenbeschaffenheitsklassifizierung herangezogen und damit die ortsabhängigen Eigenschaften der gespeicherten Informationen ausgewertet werden.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel werden die in mehreren Datenstruktureinheiten der Datenstruktur enthaltenen Informationen datenstruktureinheitsübergreifend hinsichtlich zeitlicher/spektraler Eigenschaften ausgewertet. Zum einen kann aus dem zeitlichen Verlauf der bezüglich eines Ortes erfassten Informationen die Veränderung der Informationen über der Zeit (und damit aufgrund der Bewegung des Fahrzeugs aus unterschiedlichen Richtungen), zum anderen unter Berücksichtigung der Informationen mehrerer Datenstruktureinheiten die Veränderung der Informationen über dem Ort (beispielsweise in einem Bereich mit engem örtlichen Zusammenhang) ermittelt werden. Durch die Analyse der Ortsabhängigkeit der Reflektionen können beispielsweise örtlich unterschiedliche Strukturgrößen erkannt werden. Dadurch kann eine verbesserte Klassifikation der Bodenbeschaffenheit in die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheitstypen erreicht werden.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel verwendet der Klassifikator statistische Klassifikatoren, maschinell lernende oder modellbasierte Verfahren. Insbesondere kann ein sog. „Deep Learning“-Verfahren verwendet werden, beispielsweise unter Verwendung eines neuronalen Netzes, beispielsweise eines „convolutional neural network“ (CNN). Dies ermöglicht eine hohe Klassifikationsgenauigkeit
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird ein Korrekturschritt vollzogen, in dem zumindest teilweise den Datenstruktureinheiten zugewiesene Bodenbeschaffenheitstypen basierend auf Informationen von Datenstruktureinheiten, die mit benachbart angeordneten Rasterbereichen der zweidimensionalen Radarkarte korreliert sind, korrigiert werden. In anderen Worten werden damit Klassifizierungsfehler im Bereich einer Datenstruktureinheit bzw. eines Rasterbereichs basierend auf Informationen von anderen Datenstruktureinheiten behoben. Dieser Korrekturschritt kann basierend auf bekannten Korrektur- bzw. Glättungsverfahren erfolgen. Dadurch können einzelne Klassifizierungsfehler durch Hinzuziehen von Klassifizierungsergebnissen in den benachbarten Rasterbereichen wirksam behoben werden.
-
Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird basierend auf den den Datenstruktureinheiten zugewiesenen Bodenbeschaffenheitstypen ein Fahrbahnverlauf geschätzt. Beispielsweise lassen sich basierend auf den erkannten Bodenbeschaffenheitstypen zusammenhängende Flächen eines bestimmten Bodenbeschaffenheitstyps bzw. Grenzlinien zwischen unterschiedlichen Bodenbeschaffenheitstypen erkennen. Diese Grenzlinien können dann zur Fahrbahnverlaufsschätzung, insbesondere zu einer Fahrbahnverlaufsschätzung ergänzend zu einem optischen, beispielsweise kamerabasierten Verfahren verwendet werden.
-
Alternativ zu den zuvor beschriebenen Ausführungsbeispielen kann die Radarkarte eine dreidimensionale Radarkarte sein, d.h. das Radarsystem ist nicht als 2D-Radarsystem (d.h. Auflösung in Azimut und Entfernung) sondern als 3D-Radarsystem ausgebildet (d.h. Auflösung in Azimut, Elevation und Entfernung). Durch die Erstellung einer dreidimensionalen Radarkarte mit einem dreidimensionalen Radarsystem ist eine bessere Abgrenzung des Bodenbereichs von übrigen Umgebungsbereichen möglich, d.h. es können bei der Klassifikation lediglich die Bereiche der Radarkarte berücksichtigt werden, die tatsächlich den Bodenbereich darstellen.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein Computerprogrammprodukt zur Klassifikation der Bodenbeschaffenheit im Umfeld eines Fahrzeugs mittels eines Radarsensors, wobei das Computerprogrammprodukt ein computerlesbares Speichermedium mit Programmanweisungen umfasst, wobei die Programmanweisungen durch einen Prozessor ausführbar sind, um den Prozessor dazu zu veranlassen, ein Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ausführungsbeispielen auszuführen.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein Radarsystem für ein Fahrzeug umfassend einen Radarsensor und eine Steuereinheit, mittels der die durch den Radarsensor empfangenen, reflektierten Anteile eines Radarsignals ausgewertet werden. Die Steuereinheit ist dabei dazu ausgebildet:
- - Informationen aus den empfangenen Anteilen des Radarsignals zu berechnen, die sich auf einen bestimmten diskreten örtlichen Bereich beziehen;
- - die Informationen zu Datenstruktureinheiten einer Datenstruktur zuzuweisen, wobei jede Datenstruktureinheit einem festen geographischen Ort zugeordnet ist und die Zuweisung der Informationen unter Berücksichtigung von Bewegungsinformationen des Fahrzeugs erfolgt;
- - eine Vielzahl von Informationen in den jeweiligen Datenstruktureinheiten abzulegen, die aus reflektierten Anteilen von Radarsignalen erhalten werden, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten gesendet wurden;
- - die in der Datenstruktur enthaltenen Informationen mittels eines Klassifikators auszuwerten, um Informationen hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit im Umgebungsbereich des Fahrzeugs zu erhalten; und
- - die Bodenbeschaffenheit kennzeichnende Bodenbeschaffenheitstypen zu den Datenstruktureinheiten zuzuweisen, und zwar basierend auf den durch den Klassifikator erhaltenen Auswerteergebnissen.
-
Unter „Klassifikator“ im Sinne der vorliegenden Erfindung wird ein Algorithmus oder eine mathematische Funktion verstanden, die einen Merkmalsraum auf eine Menge von Klassen abbildet. Insbesondere ist der Klassifikator dazu ausgebildet, die in den Datenstruktureinheiten abgelegten Informationen zu analysieren und zu erkennen, welchem Bodenbeschaffenheitstypen die jeweiligen Informationen zuzuordnen sind.
-
Unter „aus den reflektierten Anteilen des Radarsignals abgeleiteten Information“ im Sinne der vorliegenden Erfindung werden sämtliche Informationen verstanden, die durch geeignete Analyse- oder Berechnungsverfahren ableitbar sind, insbesondere Signalstärke, reflektierte Signalamplitude, reflektierte Leistung oder davon abgeleitete Größen.
-
Unter „Datenstruktur“ im Sinne der vorliegenden Erfindung werden jegliche Informationen speichernde Strukturen verstanden, insbesondere Datenspeicherungsstrukturen. Die Datenstruktur kann beispielsweise in einer flüchtigen oder nichtflüchtigen Speichereinheit des Radarsystems gespeichert sein, beispielsweise einem random access memory (RAM). Unter „Datenstruktureinheit“ im Sinne der vorliegenden Erfindung wird eine logische Einheit innerhalb der Datenstruktur verstanden, die mehrere Informationen voneinander unterscheidbar speichern kann. Die Datenstruktureinheit kann insbesondere durch einen Speicherbereich in einer Speichereinheit des Radarsystems gebildet werden.
-
Die Ausdrücke „näherungsweise“, „im Wesentlichen“ oder „etwa“ bedeuten im Sinne der Erfindung Abweichungen vom jeweils exakten Wert um +/- 10%, bevorzugt um +/- 5% und/oder Abweichungen in Form von für die Funktion unbedeutenden Änderungen.
-
Weiterbildungen, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung ergeben sich auch aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen und aus den Figuren. Dabei sind alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten Merkmale für sich oder in beliebiger Kombination grundsätzlich Gegenstand der Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder deren Rückbeziehung. Auch wird der Inhalt der Ansprüche zu einem Bestandteil der Beschreibung gemacht.
-
Die Erfindung wird im Folgenden anhand der Figuren an Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 beispielhaft und schematisch ein durch ein Radarsystem eines Fahrzeugs erhaltenes Radarbild als Ergebnis einer Einzelmessung;
- 2a beispielhaft das örtliche und zeitliche Reflektionsverhalten von Asphalt;
- 2b beispielhaft das örtliche und zeitliche Reflektionsverhalten von Großsteinpflaster;
- 2c beispielhaft das örtliche und zeitliche Reflektionsverhalten von Gras;
- 3 beispielhaft und schematisch die Zuordnung eines Rasterbereichs eines auf mit dem Fahrzeug mitbewegten Radarbildes zu mehreren Datenstruktureinheiten einer Datenstruktur bzw. mehreren Rasterbereichen einer ortsfesten Radarkarte;
- 4 beispielhaft und schematisch eine unbereinigte Radarkarte mit einer Vielzahl von Rasterbereichen, denen jeweils Informationen zu Bodenbeschaffenheitstypen zugeordnet sind;
- 5 beispielhaft und schematisch die bereinigte Radarkarte gemäß 4;
- 6 beispielhaft ein das Verfahren zur Klassifikation der Bodenbeschaffenheit veranschaulichendes Blockdiagramm; und
- 7 beispielhaft ein Blockschaltbild eines für die Klassifikation der Bodenbeschaffenheit einsetzbaren Radarsystems.
-
1 zeigt beispielhaft ein durch ein Radarsystem 1 eines Fahrzeugs 10 erzeugtes Radarbild. Beispielsweise handelt es sich hierbei um über den Azimut Φ und den Abstand r aufgetragene Informationen, insbesondere das Leistungsspektrum der zum Radarsensor des Radarsystems 1 rückreflektierten Anteile des Radarsignals nach einer Einzelmessung und nach einer Fourier-Transformation. Die Dichte bzw. die Intensität der Schwärzung ist hierbei ein Maß dafür, welcher Anteil bzw. wieviel Leistung des Radarsignals von der jeweiligen Position im Raum an den Radarsensor 1.1 des Fahrzeugs rückreflektiert wurde.
-
Um die Bodenbeschaffenheit im Umfeld klassifizieren zu können, d.h. beispielsweise feststellen zu können, ob der Boden in einem bestimmten Bereich, in dem sich das Fahrzeug 10 bewegt, Gras oder Asphalt ist, werden eine Vielzahl von Einzelmessungen (beispielsweise in Form des in 1 dargestellten Radarbildes) herangezogen, in Bezug auf ihren geographischen Ort lagerichtig zugeordnet, d.h. die Fahrzeugbewegung zwischen den Einzelmessungen kompensiert und die Signalwerte einer Vielzahl von Einzelmessungen analysiert, um Informationen hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit zu erhalten.
-
Zur Klassifikation bzw. Einordnung der Bodenbeschaffenheit in unterschiedliche Bodenbeschaffenheitstypen umfasst das Radarsystem 1 eine Steuereinheit 4. Die Steuereinheit 4 kann durch ein Modul gebildet werden, in dem ausschließlich die für das Radarsystem 1 notwendigen Berechnungs- und Steuerungsschritte vollzogen werden, beispielsweise die empfangenen Radarsignale von analogen Signalen in digitale Signale gewandelt werden und Berechnungen an den digitalen Signalen, insbesondere die Berechnungen zur Transformation in den Spektralbereich und zur Detektion von Objekten durchgeführt werden (z.B. ausgebildet als Mikrocontroller-Steuereinheit). Die Steuereinheit 4 kann dabei dem Radarsystem 1 zugeordnet sein, insbesondere unmittelbar benachbart zum Radarsensor vorgesehen sein und ausschließlich Rechen- und Steuerungsaufgaben des Radarsystems 1 vollziehen. Alternativ hierzu kann die Steuereinheit 4 auch durch eine abgesetzte Steuereinheit gebildet werden, die neben der Verarbeitung von Informationen des Radarsensors 1.1 auch andere Steuerungsaufgaben im Fahrzeug erfüllt. In diesem Fall kann die Anbindung der Steuereinheit 4 an den Radarsensor 1.1 über eine Datenverbindung mit ausreichender Bandbreite, beispielsweise Ethernet o.ä. erfolgen. Ebenso ist es denkbar, dass im Falle einer abgesetzten Steuereinheit 4 eine Teilverarbeitung der empfangenen Radarsignale bereits im oder in unmittelbarer Nähe zum Radarsensor 1.1 vollzogen wird, beispielsweise eine Analog/DigitalWandlung, so dass digitalisierte empfangene Radarsignale an die abgesetzte Steuereinheit 4 übertragen werden können.
-
Zur Detektion von Objekten mit einem großen Radarquerschnitt (engl. radar cross section, RCS) und damit einer großen Leistung der durch dieses Objekt rückreflektierten Anteile des Radarsignals werden häufig Signalwerte mit einer Amplitude unterhalb eines Schwellwerts weggeschnitten, um dadurch von Nicht-Zielobjekten reflektierte Anteile oder das Hintergrundrauschen zu unterdrücken und damit eine performantere Signalverarbeitung zu erzielen.
-
Zur Klassifikation bzw. Einordnung der Bodenbeschaffenheit in unterschiedliche Bodenbeschaffenheitstypen hingegen werden diese Signalwerte mit niedriger Amplitude über mehrere Einzelmessungen hinweg gespeichert, und zwar unter Berücksichtigung des geographischen Orts der jeweiligen Reflektion. Anschließend werden diese sich auf einen definierten geographischen Ort beziehenden Signalwerte der Einzelmessungen ausgewertet und durch eine geeignete Klassifizierungsmethode analysiert, um anhand der Signalwerte mit niedriger Amplitude festzustellen, welcher Bodenbeschaffenheitstyp an dem jeweiligen geographischen Ort vorhanden ist.
-
Hierbei liegt der Erfindung die Erkenntnis zu Grunde, dass die Rückstrahlcharakteristiken abhängig von der vorhandenen Bodenstruktur unterschiedlich sind. So weist beispielsweise Gras eine sehr diffuse Rückstrahlcharakteristik auf, wohingegen Asphalt eine räumlich sehr konzentrierte Reflektion, ähnlich einem Spiegel, verursacht. Pflaster hingegen, beispielsweise Großstein- oder Kleinsteinpflaster, weist wiederum eine andere Reflektionscharakteristik auf, die aufgrund der periodischen oder im Wesentlichen periodischen Fugen bzw. Zwischenräume zwischen den Pflastersteinen entsteht.
-
2a bis 2c zeigen beispielhaft und schematisch die reflektierte Leistung (P, vertikale Achse) bei unterschiedlicher Bodenbeschaffenheit über dem Ort r (jeweils linke Darstellung) bzw. über der Zeit t (jeweils rechte Darstellung). Dabei zeigen die Darstellungen der 2a die orts- und zeitabhängige reflektierte Leistung bei Asphalt, die Darstellungen der 2b die ortsabhängige und zeitabhängige reflektierte Leistung bei Großsteinpflaster und die Darstellungen der 2c die ortsabhängige und zeitabhängige reflektierte Leistung im Falle von Gras bzw. einer Wiese. Die örtlichen und zeitlichen Verläufe zeigen dabei reflektierte Leistungswerte im niedrigen Amplitudenbereich erheblich unterhalb der Hauptreflektionen (beispielsweise Fahrzeuge, Leitplanken etc.), die im erfassten Bereich des Radarsystems 1 liegen. Die reflektierten Leistungswerte im niedrigen Amplitudenbereich liegen beispielsweise 15dB bis 30dB unterhalb der Leistungswerte der Hauptreflektionen.
-
Wie zuvor ausgeführt, zeigt das in 1 gezeigte Radarbild eine Augenblicksdarstellung einer Einzelmessung, das aufgrund der Fortbewegung des Fahrzeugs zeitvariant ist, d.h. das Radarbild ändert sich bei zeitlich nacheinander vollzogenen Einzelmessungen.
-
Um eine von der Bewegung des Fahrzeugs 10 unabhängige Datenbasis hinsichtlich des Reflektionsverhaltens des Bodens zu erhalten, umfasst das Radarsystem 1 eine Datenstruktur, die eine Vielzahl von Datenstruktureinheiten umfasst. Die Datenstruktur kann beispielsweise in einer Speichereinheit gespeichert sein und die Datenstruktureinheiten stellen Bereiche in dieser Speichereinheit dar, beispielsweise logische Speicherbereiche. Diese Speicherbereiche dienen der Speicherung einer Vielzahl von Informationen, die jeweils aus Einzelmessungen zeitlich nacheinander ermittelt wurden. Die Informationen können beispielsweise durch eine digitale Transformation (fast-fourier-Transformation, FFT) aus den empfangenen reflektierten Anteilen des Radarsignals einer jeweiligen Einzelmessung erhalten werden. Die Informationen können sich beispielsweise auf die Amplitude des empfangenen reflektierten Anteils des Radarsignals, auf die Leistung des empfangenen reflektierten Anteils des Radarsignals etc. beziehen oder aus diesen Größen abgeleitete Messwerte sein.
-
Die Datenstruktureinheiten sind dabei jeweils einem festen geographischen Ort zugeordnet, d.h. jede Datenstruktureinheit umfasst Informationen, die sich alle auf Reflektionen an ein und demselben definierten, geographischen Ort beziehen. Damit können die in den Datenstruktureinheiten der Datenstruktur enthaltenen Informationen zur Erzeugung einer geographisch ortsfesten Radarkarte (s. 4 und 5) herangezogen werden, wobei die in den Datenstruktureinheiten enthaltenen Informationen den zeitlichen Verlauf einer aus den Reflektionen entstehenden Messgröße an einem definierten Ort in der Radarkarte angeben. Anders ausgedrückt sind die Datenstruktureinheiten jeweils einem Rasterbereich eines Rasters einer ortsfesten Radarkarte zugeordnet und in diesen Datenstruktureinheiten werden Informationen gespeichert, die auf Reflektionen zurückzuführen sind, die an dem geographischen Ort aufgetreten sind, der dem jeweiligen Rasterbereich der ortsfesten Radarkarte zugeordnet ist.
-
Um einen lagerichtigen Übertrag der Signalwerte des Radarbilds gemäß 1 in die Datenstruktureinheiten der Datenstruktur zu ermöglichen, ist es notwendig, die Bewegung des Fahrzeugs 10 zu kompensieren, d.h. die Informationen des Radarbilds basierend auf Bewegungsinformationen des Fahrzeugs lagerichtig einer oder mehrerer Datenstruktureinheiten der Datenstruktur zuzuweisen. So können im Fahrzeug 10 zur Verfügung stehende Bewegungsinformationen, beispielsweise aus der Fahrzeugodometrie, dazu verwendet werden, die in den jeweiligen Einzelmessungen gewonnenen Informationen den jeweiligen Datenstruktureinheiten zuzuordnen und die Informationen in den jeweiligen Datenstruktureinheiten zu speichern. Damit enthält jede Datenstruktureinheit nach Durchführung mehrerer Einzelmessungen eine Reihe von zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommenen Informationen, die aus Reflektionen an einem festen geographischen Bereich resultieren.
-
Das in 1 gezeigte Radarbild wird durch eine Vielzahl von diskreten Informationen gebildet, die anhand einer Einzelmessung berechnet werden. Insbesondere werden die Informationen an diskreten Azimut- und Abstandswerten berechnet. Die räumliche Diskretisierung in der jeweiligen Einzelmessung (d.h. des Radarbildes) und die einer räumlichen Diskretisierung entsprechende Einteilung der Datenstruktur in Datenstruktureinheiten kann gleich oder unterschiedlich sein. Insbesondere kann die Datenstruktur feiner diskretisiert sein als die der Einzelmessung zugrundeliegende räumliche Diskretisierung (superresolution-Prinzip). Durch die im Vergleich zu der räumlichen Diskretisierung des mit dem Fahrzeug mitbewegten Radarbildes höhere Diskretisierung der Datenstruktur wird erreicht, dass ein Signalwert jeweils nicht nur einer einzigen Datenstruktureinheit zugeordnet wird sondern einer Gruppe von mehreren Datenstruktureinheiten, wie dies beispielhaft in 3 gezeigt ist. Die vom Radarsystem 1 erhaltene Information (verdeutlicht durch das schraffierte Kästchen im oberen Raster gemäß 3) wird mehreren Datenstruktureinheiten (eine Datenstruktureinheit entspricht einem Kästchen in dem unteren Raster gemäß 3) bzw. Rasterbereichen der ortsfesten Radarkarte zugeordnet bzw. in diesen gespeichert.
-
Beim Weiterbewegen des Fahrzeugs ändert sich dessen Position relativ zu der Reflektionsstelle und damit die Zuordnung des Radarbildes gemäß 1 zu der Datenstruktur. Damit ändert sich auch die Rasterzuordnung in 3. Die höhere räumliche Diskretisierung der Datenstruktur sorgt dabei für eine höhere Auflösung und ermöglicht damit eine verbesserte Genauigkeit bei der Klassifikation der Bodenbeschaffenheit.
-
Die in den Datenstruktureinheiten der Datenstruktur gespeicherten Informationen werden zur Klassifikation der Bodenbeschaffenheit einem Klassifikator zugeführt. Dieser Klassifikator ist dazu ausgebildet, die in der Datenstruktur gespeicherten Informationen hinsichtlich deren zeitlicher und räumlicher Veränderung auszuwerten. Ziel der Auswertung ist es, festzulegen, welche Art von Bodenbeschaffenheitstyp, beispielsweise Gras, Pflaster, Asphalt, Eis, Vegetation (z.B. Büsche) etc. an dem jeweiligen geographischen Ort vorhanden ist.
-
Als Klassifikator kann jeglicher computerimplementierte Algorithmus verwendet werden, der dazu geeignet ist, Merkmale in den in der Datenstruktur gespeicherten Informationen zu erkennen und diese Merkmale einer Klasse zuzuordnen, so dass der Klassifikator als Ergebnis ausgibt, welchem Bodenbeschaffenheitstyp die in einer Datenstruktureinheit gespeicherten Informationen am nächsten kommen (auch als Mustererkennung bezeichnet). Als Klassifikator kommen statistische Klassifikationsverfahren, maschinell lernende Verfahren (z.B. deep learning-Algorithmen, insbesondere deep learning mit „convolutional neural networks“(CNNs)) oder modell-basierte Verfahren in Frage.
-
Die Klassifikation kann dabei allein auf den zeitlich versetzt gewonnenen, in einer einzigen Datenstruktureinheit gespeicherten Informationen vorgenommen werden. Vorzugsweise wird die Klassifikation basierend auf Informationen aus mehreren Datenstruktureinheiten vorgenommen, so dass insbesondere reflektierte Anteile der Radarsignale mit engem räumlichem Zusammenhang ausgewertet werden. Insbesondere kann sowohl die Veränderung der Informationen über der Zeit als auch über dem Ort zur Klassifikation herangezogen werden.
-
4 zeigt beispielhaft ein Klassifikationsergebnis eines Bereichs in der Umgebung eines Fahrzeugs 10. Im Ergebnis liegt eine räumlich diskrete Information als Radarkarte RK vor, die angibt, welcher Bodenbeschaffenheitstyp an der jeweiligen räumlich diskreten Position vorliegt. Dabei entspricht beispielsweise ein Rasterbereich R des Rasters der Radarkarte RK in 4 einer Datenstruktureinheit der zuvor beschriebenen Datenstruktur. Die unterschiedlichen Schraffuren bzw. Füllungen der Rasterbereiche R stehen dabei für unterschiedliche Bodenbeschaffenheitstypen. So können beispielsweise der mit dem Großbuchstaben „A“ gekennzeichnete linke und rechte Streifen jeweils Grasflächen, der mit dem Buchstaben „C“ gekennzeichnete schmalere Streifen einen gepflasterten Gehweg und der mit dem Buchstaben „B“ gekennzeichnete breitere Streifen eine asphaltierte Straße bzw. Fahrbahn darstellen.
-
Wie in 4 erkennbar, kann das Klassifikationsergebnis Fehler bzw. Ungenauigkeiten aufweisen. Diese sind durch die vereinzelten, unregelmäßig verteilt angeordneten Kästchen dargestellt, die im Unterschied zu ihrem direkten Umgebungsbereich eine Färbung aufweisen.
-
Diese Fehler bzw. Ungenauigkeiten können durch geeignete Verfahren bereinigt werden, um zu einem in 5 gezeigten, bereinigten Klassifizierungsergebnis zu gelangen. Dabei wird davon ausgegangen, dass in einem großflächigen Bereich eines bestimmten Bodenbeschaffenheitstyps keine örtlich sehr begrenzten Bereiche eines anderen Bodenbeschaffenheitstyps vorkommen, beispielsweise in einer Grasfläche keine sehr kleine Asphaltfläche. Die Fehlerbehebung kann durch ein Umklassifizieren der örtlich begrenzten Bereiche des anderen Bodenbeschaffenheitstyps in den Bodenbeschaffenheitstyp erfolgen, der in der unmittelbaren Umgebung des fehlerhaften Bereichs vorliegt. Hierzu können bekannte Algorithmen verwendet werden, beispielsweise mittels modellbasierten Glättungsverfahren, Verfahren der Kurvenapproximation, Tiefpassfilter etc.
-
Die in 5 gezeigte, bereinigte Radarkarte RK kann dazu verwendet werden, befahrbare Bereiche im Umgebungsbereich des Fahrzeugs zu erkennen, Grenzlinien zwischen den einzelnen Flächen zu bestimmen und damit den Fahrbahnverlauf zu schätzen. Die durch das Radarsystem 1 gewonnenen Informationen können dabei redundant oder ergänzend zu weiteren Sensorsystemen des Fahrzeugs 10, beispielsweise bilderfassenden Systemen (Kamera etc.), verwendet werden.
-
6 zeigt schematisch ein blockbasiertes Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Klassifizieren der Bodenbeschaffenheit im Umfeld eines Fahrzeugs 10.
-
In Schritt S10 werden zunächst Reflektionen eines Radarsignals empfangen. Dabei werden bei einer Einzelmessung ein oder mehrere Radarsignale vom Radarsensor 1.1 emittiert und die auf diese Radarsignale zurückgehenden reflektierten Anteile am Radarsensor 1.1 wieder empfangen.
-
Aus den empfangenen Anteilen des Radarsignals werden für diskrete örtliche Bereiche Informationen berechnet, beispielsweise Signalwerte, die ein Maß für die Reflektivität des jeweiligen örtlichen Bereichs darstellen (S11). Die Informationen bzw. Signalwerte können beispielsweise Amplitudenwerte sein, die die reflektierte Leistung an dem jeweiligen örtlichen Bereich angeben. Die Reflektionen können in einem Radarbild mit örtlichem Bezug zum Fahrzeug 10 dargestellt werden, beispielsweise basierend auf einem Koordinatensystem, das das Fahrzeug 10 als Bezugspunkt aufweist.
-
Die Berechnung erfolgt beispielsweise durch ein Transformationsverfahren, beispielsweise eine FFT, insbesondere eine 3D-FFT. Die Berechnung kann in einer dem Radarsystem 1 inhärenten Steuereinheit 4 erfolgen, die unmittelbar dem Radarsensor 1.1 zugeordnet ist und beispielsweise die vorgenannten Berechnungen und ggf. Steuerungsaufgaben am Radarsensor 1.1 vollzieht. Alternativ kann die Steuereinheit 4 eine übergeordnete Steuereinheit sein, die neben dem Radarsystem 1 noch Steueraufgaben für andere Systeme des Fahrzeugs 10 vollzieht.
-
Die durch die Berechnung erhaltenen Informationen werden anschließend Datenstruktureinheiten einer Datenstruktur zugewiesen (S12). Die Datenstruktureinheiten bilden beispielsweise stackartige Speicherbereiche, in denen eine Vielzahl von Informationen gespeichert werden können, die aus zu unterschiedlichen Zeitpunkten gewonnenen Einzelmessungen resultieren. Dabei sind die Datenstruktureinheiten beispielsweise jeweils einem Rasterbereich einer ortsfesten Radarkarte RK (auch Radargrid genannt) zugeordnet, d.h. jede Datenstruktureinheit speichert die Informationen, die aus Reflektionen an dem Ortsbereich entstehen, der der jeweiligen Datenstruktureinheit zugeordnet ist.
-
Um aus den Informationen, die sich auf das Fahrzeug beziehen und damit mit dem Fahrzeug mitbewegte Radarinformationen sind, Informationen zu erhalten, die den Datenstruktureinheiten zugeordnet werden können, müssen diese unter Zuhilfenahme von Bewegungsinformationen des Fahrzeugs in Informationen transformiert werden, die sich auf einen festen geographischen Ort beziehen. Dies kann beispielweise unter Zuhilfenahme von Fahrzeugodometrie-Daten erfolgen.
-
Um von unterschiedlichen Orten aus (bei Bewegung des Fahrzeugs 10) und zu unterschiedlichen Zeitpunkten Informationen zu erhalten, werden nacheinander eine Vielzahl von Einzelmessungen vollzogen und gemäß der vorherigen Schritte den Datenstruktureinheiten zugeordnet (S13). Somit enthalten die Datenstruktureinheiten nach Durchführung mehrerer Einzelmessungen eine Vielzahl von Informationen, die aus reflektierten Anteilen von Radarsignalen resultieren, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten und an unterschiedlichen Orten (aufgrund der Bewegung des Fahrzeugs 10) gesendet wurden.
-
Die in der Datenstruktur gespeicherten Informationen werden nachfolgend einem Klassifikationsverfahren zugeführt, um basierend auf den in der Datenstruktur gespeicherten Informationen die Bodenbeschaffenheit nach vorgegebenen Bodenbeschaffenheitstypen zu klassifizieren (S14). Dabei kann der Klassifikator zur Klassifikation eines Rasterbereichs lediglich Informationen einer einzelnen Datenstruktureinheit heranziehen, die dem Rasterbereich zugeordnet ist. Bevorzugt jedoch ist, dass die Klassifikation eines Rasterbereichs unter Hinzuziehung einer Vielzahl von Datenstruktureinheiten erfolgt, die mit Rasterbereichen korreliert sind, die in örtlich engem Zusammenhang mit dem zu klassifizierenden Rasterbereich stehen.
-
Als Ergebnis des Klassifikationsverfahrens werden den Datenstruktureinheiten und damit den Rasterbereichen, die diesen Datenstruktureinheiten zugeordnet sind, Bodenbeschaffenheitstypen zugewiesen (S15). Somit entsteht eine Radarkarte mit Rasterbereichen, wobei jedem Rasterbereich ein durch das Radarsystem 1 ermittelter Bodenbeschaffenheitstyp zugewiesen ist. Damit lassen sich Grenzlinien zwischen unterschiedlichen Bodenbeschaffenheitstypen ermitteln, die beispielsweise zur Schätzung des Fahrbahnverlaufs bzw. dessen redundanter Erkennung benutzt werden können.
-
7 zeigt beispielhaft und schematisch ein Blockschaltbild eines Radarsystems 1, das zu Klassifikation der Bodenbeschaffenheit herangezogen werden kann. Das Radarsystem 1 umfasst eine Sendereinheit 2, eine Empfangseinheit 3 und eine Steuereinheit 4. Die Steuereinheit 4 weist eine Radarsteuerungseinheit 4.1 auf. Diese steht mit der Sendeeinheit 2 in Verbindung, um einen HF-Signalerzeuger 2.1 in der Sendeeinheit 2 geeignet anzusteuern. Der HF-Signalerzeuger 2.1 kann beispielsweise ein spannungsgesteuerter Oszillator (voltage-controlled oscillator VCO) oder eine Phasenregelschleife (phase-locked loop, PLL) sein. Das Radarsystem 1 kann dabei eine Frequenz im Bereich von 24 GHz oder im Bereich von 76GHz bis 81GHz nutzen. Bevorzugt ist ein Radarsystem im Bereich 76GHz bis 81GHz, da aufgrund der größeren Bandbreite höhere Auflösungen erzielbar sind. Das vom HF-Signalerzeuger 2.1 erzeugte Signal kann vorzugsweise über Phasenschieber 2.2 an eine Verstärkereinheit übertragen werden, über die das Signal verstärkt wird und anschließend der Sendeantenne 2.4 zugeführt wird.
-
Die Empfangseinheit 3 weist zumindest eine Empfangsantenne 3.1 auf, die mit zumindest einem Verstärker 3.2 gekoppelt ist. Vorzugsweise sind zumindest zwei Empfangsantennen 3.1 vorgesehen, um ein gewünschte Empfangscharakteristik an der Empfangseinheit 3 zu erreichen (beamforming). Die Verstärker 3.2 sind ausgangsseitig mit jeweils einem Mischer 3.3 gekoppelt. Dem Mischer 3.3 wird das Sendesignal, d.h. das von dem HF-Schwingungserzeuger 2.1 erzeugte Signal zugeführt, um das Empfangssignal basierend auf der Sendefrequenz des Sendesignals herunterzumischen. Das Radarsystem 1 kann insbesondere ein sog. Dauerstrichradar sein (frequency modulated continuous wave radar, FMCW-Radar). Am Ausgang des Mischers 3.3 steht jeweils die sog. Beat-Frequenz zur Verfügung, die durch Mischung des Empfangssignals mit dem Sendesignal entsteht. Anschließend können die heruntergemischten Signale in Tiefpässen 3.4 tiefpassgefiltert werden.
-
Diese ggf. gefilterten Ausgangssignale des Mischers 3.4 werden dann der Steuereinheit 4 zugeführt.
-
Die Steuereinheit 4 bewirkt eine digitale Signalverarbeitung der Ausgangssignale der Empfängereinheit. Insbesondere werden die ggf. tiefpassgefilterten Ausgangssignale der Mischer 3.3 durch Analog/DigitalWandler 4.2 in digitale Signale umgesetzt. Diese digitalisierten Signale werden über ein Transformationsverfahren, beispielsweise eine dreidimensionale Fast-Fourier-Transformation (3D-FFT) 4.3 in den Spektralbereich überführt.
-
Am Ausgang der 3D-FFT-Einheit 4.3 stehen ortsaufgelöste Informationen hinsichtlich der reflektierten Anteile des Radarsignals und deren Signalstärke zur Verfügung. Anhand dieser Informationen kann zum einen eine Primärdetektion durchgeführt werden, d.h. es können Objekte erkannt werden, die hohe Rückreflexionen bewirken. Hier kann über den Dopplereffekt auch die Geschwindigkeit der Objekte ermittelt werden.
-
Des Weiteren können die Ausgangssignale der 3D-FFT-Einheit 4.3, wie vorher beschreiben, dazu verwendet werden, die Bodenbeschaffenheit in Bodenbeschaffenheitstypen zu klassifizieren.
-
Die Steuereinheit 4 und deren Funktionalität kann insbesondere durch einen Mikroprozessor oder eine einen Mikroprozessor enthaltene Steuereinheit gebildet werden. Die Ausgangssignale der Steuereinheit 4 werden anschließend über eine Fahrzeugschnittstelle 5 an eine oder mehrere übergeordnete Steuereinheiten übermittelt, beispielsweise über ein Fahrzeug-Bussystem (z.B. CAN-Bus).
-
Die Erfindung wurde voranstehend an Ausführungsbeispielen beschrieben. Es versteht sich, dass zahlreiche Änderungen sowie Abwandlungen möglich sind, ohne dass dadurch der durch die Patentansprüche definierte Schutzbereich verlassen wird.
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- Radarsystem
- 1.1
- Radarsensor
- 2
- Sendereinheit
- 2.1
- Schwingungserzeuger
- 2.2
- Phasenschieber
- 2.3
- Verstärker
- 2.4
- Sendeantenne
- 3
- Empfängereinheit
- 3.1
- Empfangsantenne
- 3.2
- Verstärker
- 3.3
- Mischer
- 3.4
- Tiefpassfilter
- 4
- Steuereinheit
- 4.1
- Radarsteuerungseinheit
- 4.2
- Analog/Digital-Wandler
- 4.3
- 3D-FFT-Einheit
- 5
- Fahrzeugschnittstelle
- 10
- Fahrzeug
- R
- Rasterbereich
- RK
- Radarkarte