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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Bereitstellen einer Plantrajektorie für ein Kraftfahrzeug.
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Moderne Kraftfahrzeuge weisen eine Vielzahl von Assistenzsystemen auf, welche den Fahrer beim Führen des Kraftfahrzeugs unterstützen. Vermehrt kommen dabei semi-autonome und autonome Systeme zum Einsatz, die eine semi- oder vollautomatisierte Fahrt des Kraftfahrzeugs erlauben.
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Neue Generationen von Assistenzsystemen ermöglichen hierbei eine erhöhte Komplexität und Anzahl von automatisiert durchführbaren Fahrmanövern. Die Fahrfunktionen adressieren jeweils eine spezifische Aufgabe – z.B. einen Überholvorgang auf der Autobahn oder das sichere Durchfahren eines verengten Korridors – und lösen diese unabhängig voneinander. Entscheidungen zum Übergang zwischen zwei Fahrfunktionen werden bisher von einer höheren Instanz in der hierarchischen Entscheidungskette angewiesen. Konkurrierende und widersprüchliche Fahranweisungen werden dabei nicht gesondert gegeneinander abgewogen. Das Interpretieren einer Situation und das Abwägen der Entscheidungsmöglichkeiten obliegen dann einer einzelnen Fahrmanöverinstanz, die nur entsprechend ihrer vordefinierten Handlungsmöglichkeiten verfahren kann.
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Systeme in den Kategorien ‚conditional automation‘ (Level 3, hochautomatisches Fahren nach der Bundesanstalt für Straßenwesen [BASt]) und ‚high automation‘ (Level 4, vollautomatisch) der Society of Automotive Engineers (SAE) stellen mit ihren komplexen Anforderungen, insbesondere in Bezug auf die Forderung nach einem ausführbaren Manöver mit minimalem Risiko, eine deutliche Steigerung der Funktions- und Systemkomplexität dar. Während in Systemen, die im Katalog als Level 2 oder geringer eingestuft wurden, der Fahrer explizit im Konzept für die Überwachung und als ad-hoc Rückfallebene vorgesehen ist, wirken die Anforderungen an Level 3+ Systeme auf die Kernkomponenten eines automatischen Systems, wie Lokalisierung, Wahrnehmung, Navigation, Aktionsplanung und Fahrzeugregelung, in unterschiedlicher Weise und Intensität.
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Eine universelle Strategieplanung erfordert demnach einen komplexen hochdimensionalen Suchraum von Zuständen des Kraftfahrzeugs (Position, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Zeit) auf dem eine Art der Graphensuche ausgeführt werden muss um die optimale Überführung zu bestimmen. Für das Problem des automatisierten Fahrens lässt sich diese Suche entlang des Planungshorizonts (Hauptachse: Zeit-Achse oder Positions-Dimension) in Schritte zerlegen. Es entstehen so eine Form von Stützpunkten (Zwischenzustände).
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Aus der
DE 10 2012 215 060 A1 ist ein Verfahren zum Führen eines Fahrzeugs bekannt. Anhand wenigstens eines Sensors wird mindestens ein Parameter der Umgebung des Fahrzeugs erfasst, anhand des Parameters ein Fahrkorridor und ein Wunschpunkt im Fahrkorridor ermittelt, in Abhängigkeit von wenigstens einem weiteren Parameter eine den Wunschpunkt umfassende Trajektorie innerhalb des Fahrkorridors ermittelt und abhängig von der ermittelten Trajektorie die Führung des Fahrzeugs angepasst.
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Aus der
DE 10 2014 215 244 A1 ist ein Verfahren und eine entsprechende Vorrichtung zur Ermittlung einer Soll-Trajektorie für die Steuerung und/oder Regelung der Quer-/Längsführung eines Fahrzeugs bekannt. Insbesondere wird ein Verfahren beschrieben, welches das Detektieren von ein oder mehreren Objekten in einer Umgebung des Fahrzeugs auf Basis von Umfelddaten umfasst. Des Weiteren umfasst das Verfahren das Durchführen einer globalen Planung, um in Abhängigkeit von den ein oder mehreren detektierten Objekten eine Vielzahl von potentiell möglichen Fahrmanövern zu ermitteln, sowie das Auswählen eines Fahrmanövers aus der Vielzahl von potentiell möglichen Fahrmanövern. Außerdem umfasst das Verfahren das Durchführen einer lokalen Planung, um für das ausgewählte Fahrmanöver eine Soll-Trajektorie für die Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs zu ermitteln.
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Aus der
DE 10 2014 2014 215 245 A1 ist ein Verfahren zur Ermittlung eines Bewegungspfads eines beweglichen Objekts bekannt, wobei das bewegliche Objekt ein Grundobjekt und eine kinematisch relevante Ergänzung zum Grundobjekt umfasst. Eine Bewegung des Grundobjekts wird durch eine Vielzahl von Grund-Zustandsgrößen und eine Bewegung der Ergänzung wird durch eine Ergänzungs-Zustandsgröße beschrieben. Das Verfahren umfasst das Ermitteln einer Vielzahl von Basismanövern für das Grundobjekt, wobei jedes Basismanöver einen Verlauf der Vielzahl von Grund-Zustandsgrößen von einem Anfangspunkt zu einem Endpunkt des Basismanövers umfasst. Die Vielzahl von Basismanövern wird derart ermittelt, dass die Vielzahl von Grund-Zustandsgrößen an dem Anfangspunkt und an dem Endpunkt vordefinierte Werte annimmt. Das Verfahren umfasst weiter das Abwandeln der Vielzahl von Basismanövern, um eine Vielzahl von abgewandelten Basismanövern zu bestimmen, so dass die Werte der Vielzahl von Grund-Zustandsgrößen an dem Anfangspunkt und an dem Endpunkt der Vielzahl von Basismanövern unverändert bleiben, und so dass die Ergänzungs-Zustandsgröße an dem Anfangspunkt und an dem Endpunkt der Vielzahl von abgewandelten Basismanövern vordefinierte Werte annimmt. Das Verfahren umfasst außerdem das Ermitteln des Bewegungspfads durch Aneinanderreihen von abgewandelten Basismanövern der Vielzahl von abgewandelten Basismanövern.
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Ein weiteres Verfahren zum Bereitstellen von Fahrmanövern ist aus der
EP 2 848 487 A1 bekannt.
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Der Erfindung liegt das technische Problem zu Grunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Bereitstellen einer Plantrajektorie für ein Kraftfahrzeug zu schaffen, bei denen die Berechnung der Plantrajektorie verbessert ist.
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Die technische Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 10 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Insbesondere wird ein Verfahren zum Bereitstellen einer Plantrajektorie für ein Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt, umfassend die folgenden Schritte: Empfangen von bereitgestellten Umfelddaten eines Umfelds des Kraftfahrzeugs durch eine Empfangseinrichtung, Bereitstellen eines Zustandsraumes für einen vorgegebenen Planungshorizont durch eine Planungseinrichtung, wobei der Zustandsraum mehrere Zustände des Kraftfahrzeugs in dem durch die Umfelddaten beschriebenen Umfeld umfasst, Auswählen einer Teilmenge der mehreren Zustände aus dem Zustandsraum auf Grundlage mindestens eines Auswahlkriteriums durch die Planungseinrichtung, Erstellen eines Suchgraphens durch die Planungseinrichtung, wobei die ausgewählten Zustände jeweils Knoten des Suchgraphen repräsentieren, Zerlegen des Suchgraphen in mindestens zwei zeitlich oder örtlich aufeinander folgende Teilbereiche durch die Planungseinrichtung, wobei nachfolgend sukzessiv für jeden der mindestens zwei zeitlich oder örtlich aufeinander folgenden Teilbereiche mehrere Trajektorienkandidaten parallel berechnet und anhand mindestens eines Bewertungskriteriums in jedem der Teilbereiche bewertet werden, Übernehmen der Endzustände der Trajektorienkandidaten als Anfangszustände der zu berechnenden Trajektorienkandidaten im nächstfolgenden Teilbereich, und im Anschluss an das Berechnen der Trajektorienkandidaten in allen Teilbereichen: Zusammenstellen einer Plantrajektorie für den vorgegebenen Planungshorizont aus einzelnen berechneten Trajektorienkandidaten durch die Planungseinrichtung, wobei diejenigen über die Teilbereiche hinweg miteinander verbundenen Trajektorienkandidaten ausgewählt werden, deren Bewertungen in der Summe den höchsten Wert ergeben.
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Ferner wird eine Vorrichtung zum Bereitstellen einer Plantrajektorie für ein Kraftfahrzeug geschaffen, umfassend eine Empfangseinrichtung, eine Planungseinrichtung, mindestens eine Berechnungseinrichtung, und eine Ausgabeeinrichtung, wobei die Empfangseinrichtung derart ausgebildet ist, bereitgestellte Umfelddaten eines Umfelds des Kraftfahrzeugs zu empfangen, und wobei die Planungseinrichtung derart ausgebildet ist, einen Zustandsraum für einen vorgegebenen Planungshorizont bereitzustellen, wobei der Zustandsraum mehrere Zustände des Kraftfahrzeugs in dem durch die Umfelddaten beschriebenen Umfeld umfasst, eine Teilmenge der mehreren Zustände aus dem Zustandsraum auf Grundlage mindestens eines Auswahlkriteriums auszuwählen, einen Suchgraphen zu erstellen, wobei die ausgewählten Zustände jeweils Knoten des Suchgraphen repräsentieren, und den Suchgraphen in mindestens zwei zeitlich oder örtlich aufeinander folgende Teilbereiche zu zerlegen, und die mindestens eine Berechnungseinrichtung ferner derart ausgebildet ist, nachfolgend sukzessiv für jeden der mindestens zwei zeitlich oder örtlich aufeinander folgenden Teilbereiche mehrere Trajektorienkandidaten parallel zu berechnen und anhand mindestens eines Bewertungskriteriums in jedem der Teilbereiche zu bewerten, Endzustände der Trajektorienkandidaten als Anfangszustände zu berechnender Trajektorienkandidaten im nächstfolgenden Teilbereich zu übernehmen; und wobei die Planungseinrichtung ferner derart ausgebildet ist, eine Plantrajektorie für den vorgegebenen Planungshorizont aus einzelnen berechneten Trajektorienkandidaten zusammenzustellen, wobei diejenigen über die Teilbereiche hinweg miteinander verbundenen Trajektorienkandidaten ausgewählt werden, deren Bewertungen in der Summe den höchsten Wert ergeben.
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Der Vorteil des Verfahrens und der Vorrichtung ist, dass eine parallele Berechnung der Trajektorienkandidaten durchgeführt werden kann. Dadurch kann das Berechnen der Plantrajektorie verbessert werden. Insbesondere kann erreicht werden, dass die Plantrajektorie schneller berechnet und bereitgestellt werden kann. Ferner können parallel mehr Trajektorienkandidaten berechnet und bewertet werden, so dass eine größere Anzahl an Trajektorienkandidaten zur Verfügung steht, aus denen eine Auswahl getroffen werden kann. Insgesamt lässt sich somit eine verbesserte Plantrajektorie bereitstellen.
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Insbesondere ist in einer Ausführungsform vorgesehen, dass die zusammengestellte Plantrajektorie durch die Ausgabeeinrichtung ausgegeben wird. Die ausgegebene Plantrajektorie kann dann beispielsweise von einer Steuerung, beispielsweise einer entsprechenden Regelungskomponente, welche automatisierte Fahrmanöver des Kraftfahrzeugs ausführt, empfangen, weiterverarbeitet und umgesetzt werden.
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In einer weiteren Ausführungsform ist vorgesehen, dass der Zustandsraum sieben Dimensionen umfasst, wobei diese eine zweidimensionale Position, einen zweidimensionalen Geschwindigkeitsvektor, einen zweidimensionalen Beschleunigungsvektor und eine Zeitkoordinate des Kraftfahrzeugs beschreiben. Dies hat den Vorteil, dass die Beschreibung eines Zustands des Kraftfahrzeugs sämtliche relevanten Informationen umfasst. Es kann ferner vorgesehen sein, dass weitere Dimensionen vorgesehen sind, beispielsweise eine Fahrbahneigenschaft oder eine Verkehrsdichte etc.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Auswählen der Teilmenge an Zuständen zufällig erfolgt. Insbesondere bedeutet dies, dass zufällige Zustände des Kraftfahrzeugs in Bezug auf dessen zweidimensionaler Position innerhalb des Planungshorizontes ausgewählt werden. Diese können dabei im Mittel gleichverteilt sein, so dass der gesamte Planungshorizont mit Zuständen abgedeckt wird. Die restlichen Zustandsvariablen werden dann anhand von der zweidimensionalen Position abgeschätzt bzw. berechnet.
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Eine der Ausführungsformen sieht vor, dass das mindestens eine Auswahlkriterium ein Fahrbahnkorridor ist, auf dem sich das Kraftfahrzeug aktuell befindet, wobei nur Zustände des Kraftfahrzeugs ausgewählt werden, welche sich innerhalb des Fahrbahnkorridors befinden. Dies hat den Vorteil, dass Bereiche des Planungshorizonts, welche von verringerter Bedeutung sind, von der Planung ausgeschlossen werden können. So haben beispielsweise der Randbereich einer Straße und/oder Bereiche abseits der Straße, das heißt außerhalb des Fahrbahnkorridors, eine geringere oder gar keine Relevanz für die Planung der Plantrajektorie.
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In einer weiteren Ausführungsform ist vorgesehen, dass das mindestens eine Bewertungskriterium eine Kostenfunktion darstellt, wobei die Kostenfunktion eine Beschreibung eines Fahrkomforts und/oder einer Fahrzeit und/oder eines Kraftstoffverbrauchs und/oder einer Distanz umfasst. Auf diese Weise können übergeordnete und/oder persönliche Präferenzen bei der Planung der Plantrajektorie berücksichtigt werden. Weitere Bewertungskriterien können alternativ oder zusätzlich sein: ein Unfallrisiko, eine notwendige positive oder negative Beschleunigung, ein Fahrbahnzustand oder eine Fahrbahneigenschaft (Schnellstraße, Landstraße, Schotterpiste etc.).
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In einer weiteren Ausführungsform ist vorgesehen, dass ein Bewertungskriterium eine Übereinstimmung des jeweils betrachteten Trajektorienkandidaten mit einer für einen vorangegangenen Planungshorizont zusammengestellten Plantrajektorie ist. Dies hat den Vorteil, dass durch Einbeziehen der vorherigen Plantrajektorie in einen aktuellen Planungsschritt eine stabile Lösung erreicht wird. Je größer die Übereinstimmung mit der vorherigen Plantrajektorie, desto besser ist die Bewertung eines Trajektorienkandidaten. Alternativ können die Plantrajektorien der einzelnen Planungsschritte beispielsweise stets überlappend ausgebildet sein, so dass jeweils nur der zeitlich am weitesten in der Zukunft liegende Teilbereich geplant werden muss. Dadurch wird Rechenleistung gespart und die Stabilität der Lösung steigt. Trotzdem bleibt es weiterhin möglich, die Plantrajektorie komplett zu ändern, beispielsweise, wenn für einen aktuellen Planungsschritt bereitgestellte Umfelddaten ergeben, dass die Plantrajektorie des vorherigen Planungsschritts nicht mehr durchführbar ist, beispielsweise weil ein Hindernis eine Umsetzung der Plantrajektorie verhindert.
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In einer weiteren Ausführungsform ist vorgesehen, dass vor dem Berechnen der Trajektorienkandidaten des nächstfolgenden Teilbereichs eine vorgegebene Teilmenge der Trajektorienkandidaten mit den besten Bewertungen ausgewählt wird. Dies hat den Vorteil, dass die Komplexität der Berechnung verringert werden kann. Vorzugsweise wird eine vorbestimmte Anzahl von den k besten Trajektorienkandidaten ausgewählt. Weiter ist vorzugsweise k < 5. Die Endzustände der ausgewählten Trajektorienkandidaten bilden dann die Anfangszustände für die zu berechnenden Trajektorienkandidaten im nächstfolgenden Teilbereich. Die restlichen Trajektorienkandidaten mit den schlechteren Bewertungen enden im Suchgraph dann als Blatt bzw. werden verworfen. Die benötigte Rechenleistung kann auf diese Weise erheblich verringert werden.
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In einer weiteren Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Berechnen für mindestens einen der Teilbereiche durch mindestens eine weitere Berechnungseinrichtung durchgeführt wird, wobei die für die einzelnen Teilbereiche notwendigen Berechnungen der mindestens einen Berechnungseinrichtung und der mindestens einen weiteren Berechnungseinrichtung durch die Planungseinrichtung jeweils zugewiesen werden. Dies hat den Vorteil, dass die zur Berechnung der Trajektorienkandidaten notwendige Rechenleistung von mehreren Berechnungseinrichtungen bereitgestellt werden kann. So können die Berechnungen der Trajektorienkandidaten hochgradig parallel durchgeführt werden. Je nach Komplexität der bereitzustellenden Plantrajektorie bzw. der Höhe der benötigten Rechenleistung können darüber hinaus entsprechend weitere Berechnungseinrichtungen vorgesehen sein.
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Insbesondere ist in einer Ausführungsform vorgesehen, dass die mindestens eine Berechnungseinrichtung als Graphics Processing Unit (GPU) ausgebildet ist, wobei die GPU derart ausgebildet ist, das Berechnen der Trajektorienkandidaten als General Purpose Computation on Graphics Processing Unit (GPGPU) durchzuführen. Auch die mindestens eine weitere Berechnungseinrichtung kann dann entsprechend als GPU ausgebildet sein.
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Teile der Vorrichtung können einzeln oder zusammengefasst als eine Kombination von Hardware und Software ausgebildet sein, beispielsweise als Programmcode, der auf einem Mikrocontroller oder Mikroprozessor, insbesondere auf GPUs, ausgeführt wird.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele unter Bezugnahme auf die Figuren näher erläutert. Hierbei zeigen:
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1 eine schematische Darstellung einer Ausführungsform der Vorrichtung zum Bereitstellen einer Plantrajektorie für ein Kraftfahrzeug;
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2 eine schematische Darstellung eines Umfeldes und eines Zustandsraumes zur Verdeutlichung des Verfahrens;
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3 eine schematische Darstellung eines Suchgraphens und mehrerer Teilbereiche und Schichten zur Verdeutlichung des Verfahrens;
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4 eine schematische Darstellung einer Variante zur Reduktion der Komplexität des Suchgraphen.
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In 1 ist eine schematische Darstellung einer Ausführungsform der Vorrichtung 1 zum Bereitstellen einer Plantrajektorie für ein Kraftfahrzeug 50 dargestellt. Die Vorrichtung 1 umfasst eine Empfangseinrichtung 2, eine Planungseinrichtung 3, eine Berechnungseinrichtung 4, weitere Berechnungseinrichtungen 5 und eine Ausgabeeinrichtung 6.
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Die Empfangseinrichtung 2 empfängt Umfelddaten eines Umfelds des Kraftfahrzeugs 50. Diese Umfelddaten können beispielsweise von einer Umfelderfassungseinrichtung 51 des Kraftfahrzeugs 50 bereitgestellt werden. Die Planungseinrichtung 3 wertet die bereitgestellten Umfelddaten aus und stellt einen Zustandsraum für einen vorgegebenen Planungshorizont bereit. Der Planungshorizont kann beispielsweise in Abhängigkeit eines bestimmten zukünftigen Zeitpunktes oder eines bis zu einem zukünftigen Zeitpunkt erreichbaren Umfeldes festgelegt werden, beispielsweise für die nächsten 10 Sekunden oder für die nächsten 50 m etc. Der Zustandsraum enthält mehrere Zustände des Kraftfahrzeugs 50 in dem durch die Umfelddaten beschriebenen Umfeld. Die Zustände umfassen beispielsweise folgende Parameter: eine Position, eine Geschwindigkeit, eine Beschleunigung und eine Zeitkoordinate des Kraftfahrzeugs 50.
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Aus dem bereitgestellten Zustandsraum wählt die Planungseinrichtung 3 eine Teilmenge der mehreren Zustände auf Grundlage mindestens eines Auswahlkriteriums aus. Dieses Auswahlkriterium kann beispielsweise ein Fahrbahnkorridor sein, welcher nicht verlassen werden darf oder soll.
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Es kann aber auch vorgesehen sein, dass die Planungseinrichtung 3 aus dem bereitgestellten Zustandsraum zufällig Zustände auswählt, beispielsweise indem eine vorgegebene Anzahl von im Mittel gleichverteilten, aber zufälligen, Zuständen für Positionen im Bereich des Planungshorizontes ausgewählt werden.
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Anschließend erstellt die Planungseinrichtung 3 einen Suchgraphen, wobei die ausgewählten Zustände jeweils Knoten des Suchgraphens repräsentieren. Der aktuelle Zustand des Kraftfahrzeugs bildet hierbei den Ausgangsknoten des Suchgraphens. Der Suchgraph wird von der Planungseinrichtung 3 in mindestens zwei zeitlich oder örtlich aufeinander folgende Teilbereiche zerlegt. Insbesondere kann hierbei vorgesehen sein, mehrere zeitlich parallele Teilbereiche zu definieren, wobei die zeitlich parallelen Teilbereiche als Schicht zusammengefasst werden können. Der Suchgraph lässt sich dann in mehrere zeitlich aufeinander folgende Schichten unterteilen.
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Für jeden der Teilbereiche werden von der Berechnungseinrichtung 4 mehrere Trajektorienkandidaten berechnet und anhand eines Bewertungskriteriums, beispielsweise eines Fahrkomforts, bewertet. Insbesondere ist dabei vorgesehen, dass Trajektorienkandidaten in zeitlich parallelen Teilbereiche jeweils von den weiteren Berechnungseinrichtungen 5 berechnet und bewertet werden. Dadurch kann das Berechnen parallelisiert werden und somit schneller durchgeführt werden. Eine Zuweisung der einzelnen Teilbereiche auf die einzelnen Berechnungseinrichtungen 4, 5 kann beispielsweise von der Planungseinrichtung 3 vorgenommen werden.
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Insbesondere kann vorgesehen sein, dass das Bewertungskriterium hierbei eine Übereinstimmung eines berechneten Trajektorienkandidaten mit einer in einem vorherigen Planungsschritt zusammengestellten Plantrajektorie ist. Auf diese Weise werden Trajektorienkandidaten, welche ähnlich oder gleich zumindest eines Teils der vorherigen Plantrajektorie sind, besser bewertet und bevorzugt ausgewählt. Hierdurch erhält eine aus mehreren Plantrajektorien bestehende Lösung eine erhöhte Stabilität.
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Die Trajektorienkandidaten können beispielsweise als Polynomzüge oder Splines ausgebildet sein, welche die einzelnen Zustände des Kraftfahrzeugs 50 über die aufeinander folgenden Teilbereiche hinweg miteinander verbinden und die Übergänge beschreiben.
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Insbesondere ist vorgesehen, dass die Berechnungseinrichtung 4 und die weiteren Berechnungseinrichtungen 5 jeweils als Graphics Processing Unit (GPU) ausgebildet sind und die Berechnungen als General Purpose Computation on Graphics Processing Unit (GPGPU) durchgeführt werden. Dies kann beispielsweise unter Ausnutzung der von der Firma Nvidia bereitgestellten CUDA-Schnittstelle umgesetzt werden.
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Für einen betrachteten Teilbereich wählt die Planungseinrichtung anschließend eine Teilmenge der Trajektorienkandidaten mit den besten Bewertungen aus. Die Teilmenge kann beispielsweise die drei besten Trajektorienkandidaten umfassen. Die Endzustände der durch die Teilmenge ausgewählten Trajektorienkandidaten werden dann als Anfangszustände der zu berechnenden Trajektorienkandidaten im nächstfolgenden Teilbereich übernommen. Für den nächstfolgenden Teilbereich werden dann von einer der Berechnungseinrichtungen 4, 5 entsprechende Trajektorienkandidaten berechnet und bewertet. Die entsprechenden Verfahrensschritte werden wiederholt.
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Sind alle Trajektorienkandidaten berechnet, bewertet und ausgewählt, so wird von der Planungseinrichtung 3 aus den einzelnen ausgewählten Trajektorienkandidaten eine Plantrajektorie für den gesamten Planungshorizont zusammengestellt. Dabei werden diejenigen über die Teilbereiche hinweg miteinander verbundenen Trajektorienkandidaten ausgewählt, deren Bewertungen in der Summe den höchsten Wert ergeben.
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Die zusammengestellte Plantrajektorie wird zum Schluss des Verfahrens an der Ausgabeeinrichtung 6 ausgegeben und beispielsweise einem Assistenzsystem 52 des Kraftfahrzeugs 50 bereitgestellt, welches die ausgegebene Plantrajektorie bei einer automatisierten Fahrt umsetzt.
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Teile der Vorrichtung 1 können einzeln oder zusammengefasst als eine Kombination von Hardware und Software ausgebildet sein, beispielsweise als Programmcode, der auf einem Mikrocontroller oder Mikroprozessor, insbesondere auf GPUs, ausgeführt wird.
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Die 2 bis 4 zeigen schematisch das Verfahren zum Bereitstellen einer Plantrajektorie für ein Kraftfahrzeug 50. Die Vorrichtung zum Bereitstellen der Plantrajektorie für ein Kraftfahrzeug 50 ist zwischen einer Umfeldwahrnehmung und Regelungskomponenten des Kraftfahrzeugs 50 eingebettet und stellt somit einen Teil des Regelkreises bei automatisierten Fahrten dar. Die Vorrichtung aktualisiert zyklisch die Daten des Umfelds 60 und regelungsrelevante Daten des Kraftfahrzeugs 50.
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Das Verfahren lässt sich in drei Phasen unterteilen: eine Explorationsphase (2), eine Trajektoriengenerierungsphase und eine Zustandsraumoptimierungsphase (3 und 4).
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Das Umfeld 60 besteht aus statischen und dynamischen Objekten, die mittels einer Sensordatenfusion zu einem 360-Grad-Abbild zusammengesetzt werden. Dynamische Objekte, die sich einem Straßengraphen zuordnen lassen, werden für den zeitlichen Planungshorizont in Abhängigkeit ihrer momentanen Geschwindigkeit und der gemessenen Beschleunigung entlang ihrer möglichen Bahnen projiziert. Hierbei werden ausschließlich Fahrwege in Betracht gezogen, die mit der Straßenverkehrsordnung vereinbar sind.
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Die Repräsentation dieser Informationen ist aufgeteilt in eine Grid-Karte für statische Objekte und den Straßengraphen, dessen Kanten den Straßenverlauf kodieren. Jedes dynamische Objekt wird entsprechend einer Kante zugeordnet, sofern sich das Objekt in Straßennähe befunden hat.
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Für die Explorationsphase (2) und dem Bereitstellen von Zuständen 10 des Kraftfahrzeugs 50 bzw. eines Zustandsraumes 11 dient der aktuell befahrene Fahrstreifen 12 als Leitfaden für das Kraftfahrzeug 50, und stellt somit einen Referenzpfad dar. Die benachbarten Fahrstreifen 61 gehen als alternative befahrbare Bereiche ein und werden bei der Erkundung, beispielsweise als Bereiche von besonderem Interesse, bevorzugt.
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Zufälliges Auswählen von Zuständen 10 innerhalb des Bereichs der Fahrbahn 12 füllt den für einen Planungshorizont betrachteten Zustandsraum 11 auf und erweitert den Lösungsraum für die Plantrajektorie entsprechend. Positionen 13, 14, die dem mindestens einen Auswahlkriterium nicht entsprechen oder die auf Grund der Dynamik bzw. des Leistungsvermögens des Kraftfahrzeugs 50 oder des Bereichs der Straße als nicht valide eingestuft werden, werden beim Bereitstellen des Zustandsraumes 11 nicht berücksichtigt.
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Auf Grundlage des bereitgestellten Zustandsraumes 11 wird von der Planungseinrichtung ein Suchgraph 30 erstellt, welcher einen höherdimensionalen Suchraum darstellt. Die Optimierung des höherdimensionalen Suchraums (Darstellung in 2D, 3) muss sich den Gesetzen im Umgang mit Komplexitäten beugen und leidet unter dem sogenannten ‚Fluch der Dimensionalität. Durch das Auswahlkriterium und/oder durch die zufällige Auswahl der betrachteten Zustände 10 des Kraftfahrzeugs 50 und das Hinzuziehen von Heuristiken zum zielgerichteten „Führen“ der Suche hin zu Bereichen mit einer hohen Erfolgsaussicht auf ein kostenminimales Resultat kann ein wesentlicher Teil des Suchraums bzw. die darin enthaltenen Zustände 13, 14, vor allem in den Dimensionen von Position und Zeit, von der Suche ausgeschlossen werden (siehe 2).
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Zur Parallelisierung wird der Suchgraph in mehrere zeitlich bzw. örtlich aufeinanderfolgende Teilbereiche 15, 16 zerlegt. Einzelne örtliche Teilbereiche 15, 16, welche zeitlich parallel liegen, können hierbei als zeitlich aufeinanderfolgende Schichten 18 modelliert werden. Die Parallelisierung ermöglicht das Verteilen des Aufwands bei der Berechnung von Trajektorienkandidaten 17 in den einzelnen Schichten 18. Das Komplexitätsproblem bleibt für die Hinzunahme weiterer zeitlich nicht paralleler Teilbereiche 15, 16 bzw. Schichten 18 zur Verbesserung der Lösung bestehen, da auf Grund der zu erhaltenden Markov-Eigenschaft (Übergangswahrscheinlichkeiten hängen nur von dem aktuellen Zustand und nicht von der Vergangenheit ab) dann nicht parallelisiert werden kann.
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Die diskretisierte Repräsentation in Form von Teilbereichen 15, 16 bzw. Schichten 18 ermöglicht eine feste Adressierung der Informationen in den genutzten Speicherbereichen der Berechnungseinrichtung. Ähnlich zu den Problemen in der Bildverarbeitung lassen sich so Karten mit Kosten für bestimmte Teilbereiche 15, 16 aufbauen und Belegungskarten für Freiflächen ablegen. Der Einsatz von GPGPUs ist aus der Bildverarbeitung zur Anwendung von aufwändigen Algorithmen und einer entsprechend großen Datenbasis an Bildern bekannt.
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Die zwei Hauptstrategien bei der Implementierung einer äquivalenten CUDA-Variante des Verfahrens verteilen sich auf die Teilung des Planungshorizonts in mehrere Teilbereiche 15, 16, bzw. zeitlich aufeinanderfolgende Schichten 18, um innerhalb eines solchen Teilbereichs 15, 16 bzw. Schicht 18 vollständige Unabhängigkeit zur Berechnung der Trajektorien und deren Kosten beim Übergang zu erlauben. Über die Schichten 18 hinweg gilt die Bedingung, dass die Kosten beim Übergang zwischen zwei Zuständen 10 des Kraftfahrzeugs 50 stets minimal sein müssen, wenn eine Verbindung zwischen diesen Zuständen hinterlegt ist.
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Die zweite Strategie behandelt ein gängiges Problem in der Handhabung von GPGPUs. Um den zeitkritischen Speicherzugriff bei der Berechnung der Trajektorienkandidaten optimal zu gestalten, sollte ein Zugriff auf bestimmte von mehreren Threads gemeinsam genutzte Speicherbereiche auch gemeinsam und nicht individuell durchgeführt werden. Es ist dabei insbesondere vorgesehen, dass der Speicherzugriff blockweise durchgeführt wird, wobei die Speicherbelegung derart gewählt wird, dass sämtliche in einem geladenen Block enthaltene Daten verwertet werden können. Dadurch lässt sich die Zeit, die für Speicherzugriffe benötigt wird, gering halten. Insbesondere haben CUDA Warps eine Größe von 32 Threads und es ist wünschenswert, dass diese Threads in gleichen Speicherbereichen arbeiten können, die schnell geladen werden können und sich dabei nicht gegenseitig durch Lese- und Schreibzugriffe blockieren.
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In 4 ist eine weitere Variante zur Reduktion der Komplexität gezeigt. Wenn in der Explorationsphase eines Teilbereichs 15 zwei Zustände 10 in demselben Teilbereich 15 bereitgestellt wurden, so werden nachfolgend nur für die k besten (hier beispielsweise k = 1) Trajektorienkandidaten 21 Zustände im zeitlich nächstfolgenden Teilbereich bzw. in der zeitlich nachfolgenden Schicht 23 berechnet. Die restlichen Zustände enden als Blatt 22 des Suchgraphen 30 und werden nicht weiter betrachtet. Dadurch lässt sich der Rechenaufwand veringern.
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Das Verfahren erlaubt es somit, für eine Schicht 19 alle Trajektorienkandidaten 20, 21 als Teillösungen hochparallel zu generieren und damit Plantrajektorien für automatisierte Fahrten zu erzeugen. Die Optimierung einer Plantrajektorie erfolgt dann durch schrittweises Zusammenstellen und Optimieren des gesamten Suchgraphen 30, beispielsweise nach dem Verfahren der Dynamischen Programmierung.
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Der Suchalgorithmus selber ist damit austauschbar, solange er die Eigenschaften zur schrittweisen parallelen Ausführung besitzt.
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Durch die parallele, schrittweise Planung kann der hochdimensionale Suchraum effizienter durchsucht werden, ohne die Markov-Eigenschaften des Algorithmus der Dynamischen Programmierung aufzugeben.
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Das Ergebnis ist eine Plantrajektorie, die alle vorgegebenen Randbedingungen erfüllt. Die Optimierung wird dabei nach dem Kriterium einer Kostenfunktionen, welche beispielsweise einen Fahrkomfort beschreibt, vorgenommen. Die schrittweise Optimierung über einen für GPGPUs angepassten Algorithmus erweist sich dabei als sehr effizient.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Vorrichtung
- 2
- Empfangseinrichtung
- 3
- Planungseinrichtung
- 4
- Berechnungseinrichtung
- 5
- weitere Berechnungseinrichtung
- 6
- Ausgabeeinrichtung
- 10
- Zustand
- 11
- Zustandsraum
- 12
- Fahrstreifen
- 13
- Position
- 14
- Position
- 15
- Teilbereich
- 16
- Teilbereich
- 17
- Trajektorienkandidat
- 18
- Schicht
- 19
- Schicht
- 20
- Trajektorienkandidat
- 21
- Trajektorienkandidat
- 22
- Blatt
- 23
- nachfolgende Schicht
- 30
- Suchgraph
- 50
- Kraftfahrzeug
- 51
- Umfelderfassungseinrichtung
- 52
- Assistenzsystem des Kraftfahrzeugs
- 60
- Umfeld
- 61
- benachbarter Fahrstreifen
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102012215060 A1 [0006]
- DE 102014215244 A1 [0007]
- 20142014215245 A1 [0008]
- EP 2848487 A1 [0009]