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Die Erfindung betrifft ein Hochauftriebssystem für ein Luftfahrzeug mit wenigstens einer mechanisch verstellbaren Klappe, die mittels eines Aktuators betätigbar ist, wobei der Aktuator durch das Drehmoment einer zentralen Antriebseinheit des Hochauftriebssystems angetrieben bzw. antreibbar ist.
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Derartige Hochauftriebssysteme sind Bestandteil der Tragflächen eines Luftfahrzeuges. Durch das Ausfahren der Klappe wird die Größe der Tragfläche vergrößert und der Auftrieb des Luftfahrzeuges optimiert. In der Regel werden Hochauftriebssysteme während der Start- und Landephase betätigt.
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Die an der Tragflächenvorder- oder rückkante angeordneten Klappen lassen sich über jeweils zugeordnete Aktuatoren betätigen. Die Aktuatoren selbst können beispielsweise als Spindel- oder Rotationsantriebe ausgestaltet sein. Der Antrieb der einzelnen Aktuatoren kann über eine zentrale Antriebseinheit erfolgen, deren Ausgangswelle entlang der Tragfläche zu den jeweiligen Aktuatoren geführt ist.
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Ein wichtiger Aspekt bei der Konstruktion derartiger Hochauftriebssysteme ist der Schutz vor Überlast, bspw. beim mechanischen Verklemmen der Klappenkinematik, und damit verbundener Beschädigung der Komponenten, insbesondere der Aktuatoren. Zu Sicherheit werden deswegen entweder Drehmomentbegrenzer oder Scherhülsen eingesetzt, insbesondere in Verbindung mit sogenannten No-backs, Bremsen oder Skew-Detections.
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Die Verwendung eines Drehmomentbegrenzers hat den Nachteil, dass der Antriebsstrang beim Auftreten einer Blockade das volle Drehmoment der Antriebseinheit abfangen und dementsprechend massiv ausgelegt werden muss. Das dadurch bedingt höhere Gewicht ist ein nicht zu verachtender Nachteil insbesondere im Bereich der Luftfahrt. Daneben muss bei einem Bruch des Antriebsstranges pro Flügel zusätzlich eine Bremse eingesetzt werden, um zu verhindern, dass der durch den Bruch freilaufende Teil des Antriebsstranges durch die Luftlast bewegt wird. Diese Bremse muss ebenfalls massiv ausgelegt werden, was wiederum mehr Gewicht bedeutet.
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Alternativ kommen in der Flügelvorderkante sogenannte Scherhülsen zum Einsatz, welche bei Überlast abscheren und so verhindern, dass die Aktuatoren durch Überlastung beschädigt werden. Ist eine Scherhülse gebrochen, muss diese komplett ausgetauscht werden, was höheren Reparaturaufwand und somit auch höhere Betriebskosten bedeutet. Zudem arbeiten Scherhülsen nur bei höheren Drehmomenten zuverlässig, bei kleinen Drehmomenten ist hingegen die Streuung von Scherhülsen zu hoch. Ferner ist beim Aufbau von Plug-in Aktuatoren eine Scherhülse nicht einsetzbar, da diese nur mit hohem Aufwand ersetzt werden könnte. Der Aktuator müsste dazu ausgebaut und geöffnet werden.
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Es wird folglich nach einer verbesserten Lösung zur Überlastsicherung eines Hochauftriebssystems gesucht, die die verbauten Aktuatoren bei Auftreten einer Überlast, beispielsweise durch mechanisches Verklemmen der Klappen bzw. Fehler des verbauten Getriebes, zuverlässig schützen kann.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Hochauftriebssystem gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausgestaltungen des Hochauftriebssystems sind Gegenstand der abhängigen Unteransprüche.
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Erfindungsgemäß wird ein gattungsgemäßes Hochauftriebssystem dahingehend weitergebildet, dass der Aktuator eine integrierte Freischaltkupplung aufweist, die den Lastpfad bei Überschreiten eines zulässigen Ansprechmomentes trennt.
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Als Aktuatoren sind beispielsweise Spindelantriebe oder sonstige Rotationsantriebe denkbar. Prinzipiell ist jede Form von Aktuator vorstellbar, die eine entsprechende Eingangswelle zur Aktuatorbetätigung aufweist. Die integrierte Freischaltkupplung sorgt nun dafür, dass im Fall einer Überlastsituation eine lastfreie Trennung der Eingangswelle des Aktuators vom nachfolgenden Antriebspfad erfolgt, um etwaige Beschädigungen des Aktuators auszuschliessen. Eine Freischaltkupplung hat den Vorteil, dass bei entsprechender Öffnung der Kupplung die Antriebswelle frei drehen kann und das anliegende Drehmoment der zentralen Antriebseinheit nicht durch die Struktur des Aktuators aufgefangen werden muss.
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Ferner hat eine Freischaltkupplung den Vorteil, dass diese ohne Reparaturaufwand wieder geschlossen werden kann, um das Hochauftriebssystem nach einem entsprechenden Überlastfall wieder in Betrieb nehmen zu können.
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Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Freischaltkupplung bistabil ist. Dies bedeutet, dass die Kupplung in den jeweiligen Schaltpositionen stabil verbleibt, d. h. die Kupplung verbleibt nach Auftreten einer Überlastsituation auch dann im geöffneten Zustand, wenn das Überlastdrehmoment nicht mehr anliegt. Erst eine definierte Betätigung, vorzugsweise manuelle Betätigung der Kupplung führt zum Kupplungsschluss.
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Weiterhin ist es besonders bevorzugt, wenn ein Kupplungsschluss, d. h. die Aktivierung der Freischaltkupplung unabhängig von der Drehlage der Eingangswelle des Aktuators möglich ist. Dies macht die Inbetriebnahme und Aktivierung der Kupplung nach Behebung des mechanischen Fehlers in der Klappenkinematik deutlich einfacher, da kein Drehen der Welle in eine vorbestimmte Lage notwendig ist.
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Die Kraftübertragung der Freischaltkupplung erfolgt vorzugsweise mittels Kugeln, die in entsprechenden Taschen des Antrieb- und/oder Abtriebsrades der Kupplung liegen. Zum Freischalten der Kupplung sind die Kugeln aus den entsprechenden Taschen vorzugsweise in Radialrichtung, alternativ in Axialrichtung ausrückbar, sodass zwischen An- und Abtriebsrad keine formschlüssige Kraftübertragung erfolgt.
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Bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Freischaltkupplung ist das Antriebsrad bzw. Abtriebsrad vorzugsweise sternförmig ausgestaltet, wodurch ein Kupplungsschluss unabhängig von der Drehlage des Antriebs- bzw. Abtriebsrades erleichtert wird. Eine sternförmige Ausgestaltung des jeweiligen Rades bedeutet, dass die zwischen den Kugeltaschen liegenden Wandungen in radialer Richtung zusammenlaufen, idealerweise spitz zusammenlaufen. Dadurch wird das Einrücken der Kugeln zum Kupplungsschluss in die jeweiligen Kugeltaschen unabhängig von der Drehposition des Antriebsrades möglich.
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Um die Kugeln in den entsprechenden Kugeltaschen des Antriebs- bzw. Abtriebsrades zu halten, ist ein entsprechendes Druckelement vorgesehen, gegen das die Kugeln in der eingerückten Position anstoßen. Idealerweise ist das Druckelement in Axialrichtung verschiebbar gelagert, um den Ausrückweg der Kugeln in Radial- oder Axialrichtung freizugeben. Das Druckelement kann vorgespannt sein, so dass die Kugeln zum Ausrücken und Öffnen der Kupplung gegen die Kraft der Vorspannung drücken müssen. Die Höhe der Vorspannung definiert folglich das zulässige Ansprechmoment des Aktuators. In einer Überlastsituation drücken beispielsweise die Kugeln in Radialrichtung gegen das Druckelement und bewegen dieses in Axialrichtung gegen die Vorspannung, wodurch die Kugeln letztendlich nach außen in Radialrichtung ausrücken können und die Kupplung öffnet.
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In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ist das Druckelement als Druckhülse ausgestaltet, deren Innenradius nach außen konisch zuläuft. Die konische Innenwandung der Hülse stellt somit eine Anschlagsfläche für die Kugeln über den gesamten Umfang der Hülse dar. Eine Axialverschiebung der Druckhülse ändert aufgrund der Konizität den Radius im Bereich der Kugeln, d. h. bei einer axialen Verschiebung der Hülse nach außen kann der Ausrückweg der Kugeln in Radialrichtung freigegeben werden.
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Besonders bevorzugt ist es, wenn an der den Kugeln zugewandten Stirnseite der Druckhülse eine gegenüber der Radialachse nach hinten geneigte Fläche vorgesehen ist. Beim Öffnen der Kupplung wandern die Kugeln an der Stirnseite der Druckhülse entlang in Radialrichtung nach aussen. Durch die geneigte Stirnseite werden die Kugeln im ausgerückten Zustand weiter radial nach außen gedrückt und werden folglich in der geöffneten Kupplungsposition gehalten.
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Zum Kupplungsschluss ist vorzugsweise ein Rückstellmittel vorgesehen, um die Kupplung ohne Ausbau des Aktuators nach einer Überlastsituation manuell zu schließen.
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Das Rückstellmittel kann vorzugsweise als Rückstellhülse mit konisch nach außen zulaufendem Innenradius ausgestaltet sein. Im ausgerückten Zustand schlagen die Kugeln beispielsweise gegen die Innenwandung der Rückstellhülse an. Durch axiale Verschiebung der Rückstellhülse reduziert sich deren Innenradius, wodurch die Kugeln durch die Innenwandung zurück in die Taschen des Antriebs- und/oder Abtriebsrades gepresst werden.
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Das Rückstellmittel, vorzugsweise die Rückstellhülse, ist vorzugsweise durch wenigstens zwei manuell betätigbare Bedienmittel verstellbar, die gleichzeitig zur Schließung der Kupplung betätigt werden müssen. Das Erfordernis der synchronen Betätigung vermeidet einen unbeabsichtigten Kupplungsschluss. Denkbar ist die Ausgestaltung der Bedienmittel als vorgespannte Rückstellknöpfe, die in Axialrichtung manuell gegen die Rückstellhülse schiebbar sind.
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Das Hochauftriebssystem umfasst in einer bevorzugten Ausgestaltung zwischen der verstellbaren Klappe und der Freischaltkupplung wenigstens ein Getriebe, insbesondere ein Reduziergetriebe. In diesem Fall ist die Freischaltkupplung vorzugsweise antriebsseitig am Gehäuse des Getriebes angebaut.
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Ferner ist es besonders vorteilhaft, wenn das verbaute Getriebe eine Rücklaufsperre umfasst, um eine unbeabsichtigte Klappenbewegung bei freigeschalteter Freischaltkupplung zu sperren.
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Neben dem erfindungsgemäßen Hochauftriebssystem betrifft die vorliegende Erfindung ebenfalls ein Luftfahrzeug mit wenigstens einem Hochauftriebssystem gemäß der Erfindung. Das Luftfahrzeug zeichnet sich dementsprechend durch dieselben Vorteile und Eigenschaften aus, wie sie bereits voranstehend anhand des Hochauftriebssytems erläutert wurden. Auf eine wiederholende Beschreibung wird aus diesem Grund verzichtet.
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Weitere Vorteile und Eigenschaften der Erfindung sollen im Folgenden anhand eines in den Figuren aufgezeigten Ausführungsbeispiels näher erläutert werden. Es zeigen:
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1: eine Schnittdarstellung in Axialrichtung durch den Aktuator des erfindungsgemäßen Hochauftriebssystems;
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2: 1 als dreidimensionale Darstellung;
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3: eine Schnittdarstellung entlang der Schnittachse A-A der 1 inklusive der Detaildarstellungen C, D bei geschlossener Freischaltkupplung;
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4: die Schnittdarstellung gemäß 3 mit geöffneter Freischaltkupplung.
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1 zeigt den Aktuator des erfindungsgemäßen Hochauftriebssytems in einem Längsschnitt, 2 ist eine perspektivische Schnittdarstellung in Axialrichtung. Schematisch angedeutet ist das Reduziergetriebe 12, das über die Eingangswelle 1 von einer zentralen Antriebseinheit (PCU) angetrieben wird. Der Getriebeabtrieb bewirkt letztendlich die mechanische Klappenbewegung der Tragflächen eines Luftfahrzeugs. Eine Tragfläche ist in der Regel mit einer Vielzahl an Klappen ausgestattet, die sich jeweils durch wenigstens einen, vorzugsweise zwei Aktuatoren 1 gemäß 1 betätigen lassen. Alle oder ein Großteil der verbauten Aktuatoren 1 wird über die zentrale Antriebseinheit betrieben.
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Am Getriebegehäuse 12 sitzt antriebsseitig eine Freischaltkupplung 5, die eine vollständige Unterbrechung des Lastpfades von der zentralen Antriebseinheit bis hin zur Klappe erlaubt. Das Antriebsmoment wird von der Antriebswelle 1 mittels Steckverzahnung an die Antriebshülse 9 übergeben, welche mit Kugelaufnahmetaschen 13 versehen ist. Die 3 und 4 zeigen Schnittdarstellungen entlang der Schnittachse A-A der 1. 3 zeigt die Freischaltkupplung 5 in geschlossenem Zustand, während 4 die geöffnete Kupplung 5 zur Lastpfadunterbrechung wiedergibt. Ergänzend sind in beiden 3, 4 vergrößerte Detaildarstellungen der Lage der Antriebskugeln 8 (Detail C) als auch eine vergrößerte Darstellung der Rückstellhülse 6 gezeigt, deren Funktion später erläutert werden soll.
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Die Antriebskugeln 8 werden durch das Druckelement 7 in Form einer auf der Welle sitzenden Hülse in die Kugeltaschen 13 der Antriebshülse 9 gedrückt. Aufgrund des konisch nach aussen zulaufenden Innendurchmessers des Druckelementes 7 werden die Kugeln 8 stärker in die Taschen 13 gepresst, desto weiter die Hülse durch die Tellerfeder 3 in Axialrichtung auf die Kugeln 8 aufgeschoben wird. Das Abtriebsrad 10 ist mit Öffnungen/Durchbrüchen 14 versehen, innerhalb dieser sich die Kugeln in Radialrichtung bewegen können. Liegen die Kugeln wie in 3 gezeigt innerhalb der Taschen 13, so existiert eine formschlüssige Verbindung zwischen Antriebshülse 9 und Abtriebsrad 10. Das Abtriebsrad 10 gibt dann das Drehmoment mittels Laufverzahnung an das nachgeschaltete Reduziergetriebe 12 weiter.
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Wird nun das Antriebsmoment durch Schwergängigkeit oder Blockieren des Reduziergetriebes 12 zu groß, drücken die Antriebskugeln 8 gegen die Anschlagsfläche des Druckelementes 7. Wird die voreingestellte Anpresskraft der Tellerfeder 3 überschritten, wird das Druckelement 7 nach rechts axial verschoben und die Kugeln 8 wandern in Radialrichtung aus den Kugeltaschen 13 heraus. Wird dann ein bestimmter radialer Punkt überschritten, werden die Antriebskugeln 8 durch die spezielle Form des Druckelementes 7 weiter nach außen gedrückt, bis sie gegen die Rückstellhülse 6 anschlagen. Dort werden sie sicher gehalten, um das unbemerkte wieder Einrasten der Kupplung 5 zu verhindern. Die spezielle Form des Druckelementes ist in der Detaildarstellung D der 3 und 4 zu sehen. Erkennbar ist, dass die Stirnkante 15 des Druckstückes 7 gegenüber der Radialachse nach hinten geneigt ist, wodurch die daran anschlagenden Kugeln 8 gegen die Rückstellhülse 6 gepresst werden (4, Detail D). Ausreichend ist hierbei ein Neigungswinkel gegenüber der Radialachse von etwa 10°.
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In diesem geöffneten Zustand der Kupplung 5 kann sich das Abtriesrad 10 durch den Kugelkranz 11 frei auf der Antriebswelle 1 drehen. Die Antriebshülse 9 kann nun mit der Welle 1 weiterdrehen, da die ausgerastete Kupplung 5 frei auf den Kugelkränzen 2 und 11 drehen kann. Der Lastpfad zwischen Antriebswelle 1 und Reduziergetriebe 12 ist nun unterbrochen, das Reduziergetriebe 12 sowie die Flügelstruktur ist nun vor Überlast geschützt. Das so vom Lastpfad getrennte Reduziergetriebe 12 wird nun mittels Rücklaufsperre gegen unkontrollierte Bewegungen blockiert.
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Da das Reduziergetriebe 12 in dieser Situation keine Drehbewegungen mehr ausführen kann, kann es zu einer Schrägstellung (Skew) einer mit zwei oder mehreren Reduziergetrieben 12 angetriebenen Klappe kommen, sofern wenigstens ein Getriebe weiterarbeitet. Diese Schrägstellung wird durch eine Sensorik erfasst und dadurch wird der komplette Antriebsstrang blockiert. Im Anschluss kann die Ursache für die Schwergängigkeit oder das Blockieren des Reduziergetriebes 12 untersucht werden und, falls außerhalb des Reduziergetriebes 12 liegend, beseitigt werden. Die schrägstehende Landeklappe wird sodann neu eingestellt und der Lastpfad des Reduziergetriebes 12 kann manuell von außen wieder aktiviert werden.
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Hierzu sieht die Freischaltkupplung 5 die beiden Rückstellknöpfe 4 vor, die für den Kupplungsschluss gleichzeitig betätigt werden müssen, insbesondere in Axialrichtung gegen die Kraft der Federn 16 gedrückt werden müssen. Ein entsprechender Anschlag am zylindrischen Körper der Rückstellknöpfe nimmt die Rückstellhülse bei der Axialverschiebung mit. Die Form der Rückstellhülse 6 mit dem konisch zulaufenden Innendurchmesser presst die Antriebskugeln 8 durch die Axialverschiebung zurück in die Kugeltaschen 13 der Antriebshülse 9. Die sternförmige Querschnittsform der Antriebshülse 9 mit den zwischen den Taschen 13 spitz zulaufenden Zwischenwandungen 17 erleichtert das Zurückgleiten der Kugeln 8 in die Taschen 13, so dass dies unabhängig von der aktuellen Drehlage der Antriebshülse 9 erfolgen kann.