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HINTERGRUND DER ERFINDUNG
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1. TECHNISCHES GEBIET
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Die Erfindung betrifft eine Zusammensetzung eines Biomaterials umfassend ein oder mehrere plastisch verformbare Trägermaterialien, ein oder mehrere anorganische Substrate und mindestens ein Enzym sowie gegebenenfalls ein oder mehrere Hilfsstoffe.
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2. STAND DER TECHNIK
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Es besteht ein großer Bedarf an Biomaterialien, die als plastisch formbare Materialien zu verwenden ist. Hauptanwendung ist das Auffüllen von suprakritischen Knochendefekten und der Bereich um Implantate im Knochen. Die Anwendungsgebiete betreffen Orthopädie, Unfallchirurgie, Zahnmedizin und verwandte Gebiete. Hauptmaterial ist derzeit frischer, autologer Knochen, da dieser osteokonduktiv, osteoinduktiv und osteogen ist. Wegen der notwendigen Entnahme dieses Materials, sowie der natürlichen Mengenlimitation und der damit verbundenen Probleme ist ein der besagte Bedarf an nicht-blockartigem, pastösem oder partikulären Knochenersatzmaterial gegeben. Die Darreichung als pastöses Material in einer Pasten oder Gel-basis hat praktische Anwendungsvorteile gegenüber partikulärem Material, das mit Wasser oder Blut kombiniert wird. Letzteres ist haptisch schwieriger in geeignete Anwendungsbereiche zu verbringen und bedarf größerem Aufwand und Zeit. Daher befinden sich zahlreiche Anwendungen von gel- und pastenartigem Knochenersatzmaterial bereits auf dem Markt.
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Biomaterialien im Knochen können drei Eigenschaften aufweisen: osteokonduktiv, osteoinduktiv, osteogen. Hierbei bezeichnet osteokonduktiv, dass der Einwuchs von neuem Knochen durch eine Vielzahl von Faktoren, darunter der Leitstrukturfunktion für einwachsende Osteoblasten gefördert wird. Osteoinduktiv beschreibt die Eigenschaft einer Substanz Zellen zur Bildung von Knochengewebe durch spezifische Zelldifferenzierung und Aktivierung zu stimulieren, sofern geeignete Zellen vorhanden sind, auch außerhalb von normalem Knochengewebe. Osteogen beschreibt die Eigenschaft aus sich selbst heraus Knochen zu bilden, was frischen, lebenden Knochentransplantaten und einigen gezüchteten Geweben (Tissue Engineering) gegeben ist.
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In den letzten Jahren wurden, neben Kalziummineralien wie Tricalciumphosphat und Hydroxylapatit, sogenannte bioaktive Materialien wie 45S5 bioaktives Glas auf Silicatbasis entwickelt, welche die Neubildung von Knochen stimulieren und eine kontinuierliche Verbindung zum Knochen den Anwuchs von neuem Knochengewebe an ihrer Oberfläche aufbauen (Hench et al. (1991) J Amer Cerm Soc 74:1487).
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Es wurde gezeigt, dass durch Oberflächen-aktive Gläser (bioaktive Gläser) die Expression von Kollagen Typ I, der alkalischen Phosphatase sowie des Knochen morphogenetischen Proteins-2 (BMP-2) in SaOS-2-Osteoblasten in vitro erhöht wird (Gao et al. (2001) Biomaterials 22:1475–1483; Bosetti et al. (2003) J Biomed Mater Res 64A:189–95).
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Kieselsäure spielt eine wichtige Rolle bei der Knochenbildung. So ist bekannt, dass Orthokieselsäure die Typ 1 Kollagen-Synthese und die Differenzierung in humanen Osteoblasten in vitro stimuliert (Reffitt et al. (2003) Bone 32:127–135). Ebenfalls werden auch die Alkalische Phosphatase-Aktivität und Osteocalcin signifikant erhöht.
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Als Übersichtsartikel über klinische Anwendungen von bioaktiven Gläsern und Glas-Keramiken werden angegeben: Gross et al. (1988) CRC Critical Reviews in Biocompatibility 4:2; Yamamuro et al. (Hrsg.), Handbook on Bioactive Ceramics, Voll: Bioactive Glasses and Glass-Ceramics, Vol. 11. CRC Press, Boca Raton, FL, 1990; Hench und Wilson (1984) Science 226:630.
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Bisher war nicht bekannt, dass eine Zusammensetzung aus einem plastisch verformbaren Trägermaterial, einem mineralischen Substrat und einem zugehörigem abbauendem und/oder umbauendem Enzym zu einer verbesserten Heilung führen könnte.
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Der vorliegenden Erfindung lag die Aufgabe zu Grunde eine Zusammensetzung eines Biomaterials zur Verfügung zu stellen, welche bei der Implantation oder bei der Behandlung von Knochendefekten zu einer verbesserten Heilung führt.
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Diese Aufgabe konnte überraschenderweise durch die Bereitstellung der erfindungsgemäßen Zusammensetzung, welche im Wesentlichen aus einem oder mehreren plastisch verformbaren Trägermaterial, einem oder mehreren anorganischen Substraten und einem Enzym sowie gegebenenfalls einem oder mehreren Hilfsstoffen besteht, wobei dieses Enzym spezifisch das anorganische Substrat abbauen kann.
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KURZE ZUSAMMENFASSUNG DER ERFINDUNG
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Die vorliegende Erfindung betrifft somit eine Zusammensetzung eines Biomaterials umfassend ein oder mehrere plastisch verformbare Trägermaterialien, ein oder mehrere anorganische Substrate und mindestens ein Enzym sowie gegebenenfalls ein oder mehrere Hilfsstoffe, wobei das Enzym geeignet ist, spezifisch das anorganische Substrat unter Freisetzung und/oder Bildung von Molekülen mit Eigenschaften zur Verbesserung der Knochenheilung von Defekten und/oder Osseointegration von Implantaten und/oder der assoziierten Weichgewebsheilung ab- oder umzubauen.
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein Mehrkomponenten-Set zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung bestehend aus den folgenden Komponenten:
- (a) eine Komponente enthaltend ein oder mehrere plastisch verformbare Trägermaterialien und gegebenenfalls einen oder mehrere Hilfsstoffe;
- (b) eine Komponente enthaltend ein oder mehrere anorganische Substrate;
- (c) eine Komponente enthaltend mindestens ein Enzym; und
- (d) gegebenenfalls eine Gebrauchsanweisung zur Mischung der 3 Komponenten (a), (b) und (c).
In einer bevorzugten Ausführungsform dieses Mehrkomponenten-Sets können die beiden Komponenten (a) und (b) bereits vorgemischt vorliegen.
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein System zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung bestehend aus den folgenden Bauteilen:
- (i) ein erfindungsgemäßes Mehrkomponenten-Set;
- (ii) eine Mischungseinheit zum Mischen der Komponenten (a), (b) und (c) oder der Vormischung aus (a) und (b) mit (c), und Entnehmen der erhaltenen Zusammensetzung;
- (iii) zwei oder drei Zugabe-Module zum Hinzufügen der Komponenten (a), (b) und (c) oder der Vormischung (a)/(b) und (c);
- (iv) eine Regelungseinheit zur Steuerung der Zugabe-Module (iii) und der Mischungsbedingungen in der Mischungseinheit (ii); und
- (v) gegebenenfalls eine Schnittstelle zur elektronischen Steuerung der Regelungseinheit (iv) gemäß der Gebrauchsanweisung (d).
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KURZE BESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN
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1 zeigt das Schema einer histologischen Analyse aus einem Tierversuch mit zwei Arten von Kugeln: Komponente A (β-Silicatein in einer PLGA sekundären Trägermatrix) und Komponente B (Siliziumdioxid). Hier zeigt sich der schalenförmige Resorptionsring um Komponente A und die Lacumenne-artigen Abbauprozesse um Komponente B, sowie der direkte Anbau von neuem Knochen an Komponente B, welche selbst osteokonduktiv ist.
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DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
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Die Erfindung betrifft eine Zusammensetzung aus einer plastischen primären Trägermatrix und zwei hinzugemischten Komponenten, nämlich ein Enzym und das von diesem Enzym selektiv ab- oder umbaubaren anorganischen Substrat, wobei diese vorzugsweise in fester oder gelartiger Struktur und partikulär vorliegen, zum Einbringen in Knochendefekte und zur Verbesserung der Knochenheilung und Einheilung von Implantaten, sowie der assoziierten Weichgewebsheilung.
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Bei den plastisch verformbaren Trägermaterialien handelt es sich um feste anorganische oder organische Zusammensetzungen, welche die Eigenschaft aufweisen, sich unter einer Krafteinwirkung irreversibel zu verformen oder zu fließen und diese Form nach der Einwirkung beizubehalten. In der Regel beruhen diese plastisch verformbaren Zusammensetzungen auf Trägermatrizen, welche durch ihre Oberflächenspannung feinpartikuläres Material zu einer formbaren Masse machen. Beispiele von solchen plastisch verformbaren Biomaterialien sind Nanobone Putty und BioOss Pen.
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Eine weitere Form plastischen Knochenbiomaterials ist DBM (Demineralized Bone Matrix = demineralisierte Knochenmatrix) Paste (Putty). Bei diesem Material wurde allogener oder xenogener Knochen demineralisiert und die verbleibende Matrix aus Kollagen, Wasser und weiteren Knochenbestandteilen, nebst den natürlichen Wachstumsfaktoren, wurde dann so zerkleinert, dass eine klebrige Paste entsteht, welche meist eine Konsistenz wie Marzipangrundmasse aufweist.
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Ein weiteres plastisches Material ist Kalziumphosphatpaste. Hierbei wird durch die Reaktion von zwei zu mischenden Komponenten, Kalziumphosphat und Natriumphosphat, eine anorganische Matrix gebildet, welche in der Aushärtungsphase plastisch verformbar ist und später aushärtet. Im Fall des Produktes Norian® der Firma Johnson & Johnson/DePuySynthes ist zusätzlich als Komponente B Hydroxylapatit zugesetzt.
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Weitere bevorzugte Knochenbiomaterialien sind bioabbaubare Polymere wie ε-Caprolactone-Polymer, Polylactide (PLA), Polyglycolide (PGA) und ihre Co-Polymere (PLGA). Ein Produktbeispiel ist Easy-Graft. Hierbei sind Mineralkugeln (Hydroxylapatit oder Tricalciumphosphat) mit einem Co-Polymer (PLGA) überzogen. Eine flüssige Komponente löst das PGLA oberflächlich an und wird bei der Applikation zugesetzt. Bei Kontakt mit Wasser oder wasserhaltigen Flüssigkeiten (Blut) wird das Lösungsmittel durch Verdünnung unwirksam und es kommt zu einer sofortigen Verfestigung des PGLA mit einer Verklebung der Kugeln durch PGLA zu einer festen Masse.
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Im Rahmen der Erfindung wird als ”bioaktiv” ein Material bezeichnet, wenn an seiner Oberfläche eine spezifische biologische Antwort hervorgerufen wird, die letztendlich zur Ausbildung einer (stabilen) Bindung zwischen dem Material und dem Gewebe (wie z. B. Knochenneubildung) führt. Ein ”bioaktives” Material trägt somit zur Förderung von Zellwachstum und/oder -Differenzierung und/oder Modulation von spezifischen Zellfunktionen (wie Förderung der Mineralisierung durch Osteoblasten oder der Förderung der Kollagenbildung durch Fibroblasten und/oder weiteren Zellfunktionen) bei. Ein Beispiel für ”bioaktiv” ist osteokonduktiv.
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Enzyme, welche spezifische Mineralien abbauen und/oder in andere Mineralien umwandeln können sind bekannt. Ein Beispiel sind Silicasen und Silicateine bei Siliciumverbindungen (
DE 103 52 433 ). Gegenstand dieser Erfindung ist es dieses Prinzip durch Zusatz eines Wirkstoffes in die Mineralienmatrix zu ergänzen und beim Abbau der Mineralienmatrix die gezielte enzymatische Freisetzung des Wirkstoffes zu erreichen.
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Der Begriff „SiO2 Quelle” wie er vor- und nachstehend verwendet wird umfasst jede Form von Si-haltiger Verbindungen, die unter normalen physiologischen Bedingungen in vivo oder in vitro SiO2 freisetzen können.
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Das (polymere) Siliziumdioxid (SiO2) kommt sowohl in kristalliner als auch in amorpher Form vor. Zu den verschiedenen Formen des kristallinen SiO2 gehören u. a. Quarz, Tridymit und Cristobalit. Amorphe Siliziumdioxid-Mineralien sind u. a. Achat, Opal und Feuerstein.
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Aus amorphem SiO2 (auch Silica genannt) bestehen auch viele, durch Biomineralisation entstandene Skelettstrukturen, wie die Schalen von Kieselalgen (Diatomeen) und die Nadeln (Spiculae) von Kieselschwämmen. In allen diesen SiO2-Formen besitzt Silicium die Koordinationszahl 4 und ist tetraedrisch von vier Sauerstoff-Atomen umgeben.
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Besonders bevorzugt ist hochdisperses Siliciumdioxid, das auch als kolloidale Kieselsäure bezeichnet wird, ein röntgenamorphes, sehr reines (über 99,8 % SiO2), feines, bläulich-weißes Pulver, mit einer Primärpartikelgröße von etwa 15 nm [Ph. Eur. 2001]. Am besten geeignet sind die auch in Pharmaqualität erhältlichen Aerosil® Produkte der Fa. Evonik Industries AG, Rodenbacher Chaussee 4, 63457 Hanau-Wolfgang, mit einer spezifischen Oberfläche von 90 bis 380, vorzugsweise 200 bis 300 m2/g, insbesondere Aerosil® 200 oder Aerosil® 300.
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Durch teilweises Ersetzen der OH-Gruppen der Kieselsäure durch Organylreste, die sich nicht am Kondensationsvorgang beteiligen, entstehen verschiedene Silicone (Siloxane). Sie werden eingeteilt in lineare, verzweigte und cyclische Polysiloxane sowie vernetzte Polymere (Verknüpfung von ketten- oder ringförmige Molekülen zu zwei- oder dreidimensionalen Netzwerken).
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Die technische Synthese der Silicate erfordert drastische Bedingungen wie hoher Druck und hohe Temperatur. Kieselschwämme sind dagegen – ebenso wie Kieselalgen – befähigt, mit Hilfe spezifischer Enzyme Silicatgerüste unter milden Bedingungen, d. h. bei relativ niedriger Temperatur und niedrigem Druck, zu bilden.
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Weiterhin bevorzugt sind solche Systeme, welche bereits ein plastisch verformbares Material und eine SiO2 Quelle umfassen, ganz besonders bevorzugt sind Kombinationen aus bioaktivem Glas, meist bevorzugt Bioglass® 45S5 und Kollagen (z. B. US Patentanmeldung US 2014/0231291 A) mit einem an bioaktiven Glas von 75 bis 95 Gew.-%. Solche Systeme sind unter anderem kommerziell erhältlich als Dental Putty® von der Firma NovaBone, 1551 Atlantic Blvd, Suite 105 Jacksonville, FL 32207, USA. Das bioaktive Glas hat in der Regel neben anderen Mineralien einen Anteil von 25 bis 60, vorzugsweise 30 bis 50, insbesondere etwa 45 Gew.-% Siliziumdioxide.
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Zwei Enzyme, die bei silicatbildenden Organismen an der Synthese und/oder dem Abbau des SiO2-Skeletts beteiligt sind, und ihre technische Verwendung wurden beschrieben.
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Bei dem einen Enzym handelt es sich um Silicatein-a (auch lediglich Silicatein genannt), bei dem es sich um das Protein handelt, welches das den Axialkanal der Schwamm-Spiculae (Nadeln) ausfüllende Axialfilament aufbaut, z. B.
WO 00/35993 ,
WO 02/10420 . Silicatein ist in der Lage, aus organischen Siliciumverbindungen (Alkoxysilanen) amorphes Siliciumdioxid (Polykieselsäuren und Polysilicate) zu synthetisieren (
Cha JN, Shimizu K, Zhou Y, Christianssen SC, Chmelka BF, Stucky GD, Morse DE (1999) Silicatein filaments and subunits from a marine sponge direct the polymerization of silica and silicones in vitro. Proc Natl Acad Sci USA 96:361–365).
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Das zweite Enzym ist die Silicase, die zur Gruppe der Carboanhydrasen gehört, z. B.
WO 2004/033679 .
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Dieses Enzym, das zuerst im Heeresschwamm S. domuncula entdeckt wurde, ist primär am Abbau von biogenem Silica beteiligt (Schröder HC, Krasko A, Le Pennec G, Adell T, Wiens M, Hassanein H, Müller IM, Müller WEG (2003) Silicate, an enzyme which degrades biogenous amorphous silica: Contribution to the metabolism of silica deposition in the demosponge Suberites domuncula. Progr Molec Subcell Biol, 33, 250–268), aber auch in der reversiblen Reaktion zu deren Synthese in der Lage.
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Das anorganische Substrat ist vorzugsweise eine Komponente, wie bioaktives Glas, Silicate, Carbonate und Phosphate zur Verbesserung des Einheilens von Implantaten und zur Verbesserung der knöchernen Durchbauung von Knochendefekten, welche vorzugsweise aber nicht zwingend selbst osteokonduktiv oder osteoinduktiv sein kann.
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Das Enzym, welches das anorganische Substrat abbaut und entweder sekundäre Strukturen mit knochenheilungsfördernden Eigenschaften aufbaut (Beispiel Biosilica) oder Abbauprodukte freisetzt, welche ihrerseits die Knochenheilung fördern (Silicate, Carbonate) für dieselben oben beschriebenen Anwendungen ist vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Silicasen, Silicateine, Carbonasen und Phosphatasen.
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Vorzugsweise ist das Enzym rekombinanten Ursprungs oder wird aus natürlichen Quellen isoliert.
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Bei den mineralienumwandelnden Enzymen der Silicateine sind hier besonders bevorzugt Siliatein-β sowie von Silicatein-β-Fusionsproteine sowie Silicatein-β-verwandte Enzyme zur Synthese, zum Abbau und zur Modifizierung von Siliciumdioxid (Kondensationsprodukte der Kieselsäure, Silicate), Siliconen und anderen Silicium(IV)- oder Metall(IV)-Verbindungen.
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Die Erfindung betrifft die Verwendung von pastösen oder gelartigen Biomaterialien (primäre Trägermatrix), wie Kollagen Putty oder Hyaluronsäure oder PEG/Glycol-Gel, in Kombination mit einem Enzym, welches selektiv ein anorganisches Substrat ab- oder umbaut. Hierbei wird Enzym mit dem anorganischen Substrat und der primären Trägermatrix gemischt.
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Das Enzym, welches die selektiv das anorganische Substrat abbaut und entweder sekundäre Strukturen mit knochenheilungsfördernden Eigenschaften aufbaut (Beispiel Biosilica) oder Abbauprodukte freisetzt, welche ihrerseits die Knochenheilung fördern (Silicate, Carbonate) für dieselben oben beschriebenen Anwendungen, ist vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Silicasen, Silicateine, Carbonasen und Phosphatasen. Dieses Enzym kann in einem Polymer oder anderer Trägermatrix gebunden oder eingeschlossen sein. Diese Trägerkomposition kann als Kugeln, Granulat oder Ähnlichem vorliegen sodass in diesem Fall die Enzymkomponente aus einem erfindungsgemäßen Enzym in einer sekundären Trägermatrix besteht.
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Das Enzym, vorzugsweise Silicatein kann entweder kovalent gebunden oder in einer geeigneten Trägersubstanz eingelagert ist, die entweder das Matrixmaterial umschließt oder selbst als kleine Partikel gemahlen ist. Besonders bevorzugt ist zum Beispiel Polylactid-co-Glycolid (PGLA) als Überzug von Collagenpartikeln mit dem eingelagerten Silicatein oder als vollständiger oder partieller Überzug über die Bioglaspartikel oder andere Mineralpartikel.
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Das anorganische Substrat kann bioaktives Glas, Silicate, Carbonate oder Phosphate sein, es kann zusätzlich selbst osteokonduktiv oder osteoinduktiv sein und zur Verbesserung des Einheilens von Implantaten und zur Verbesserung der knöchernen Durchbauung von Knochendefekten beitragen.
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Die Erfindung betrifft insbesondere Zusammensetzungen enthaltend die Enzyme (Silicase und) Siliatein-ß sowie von (Silicase- und) Silicatein-β-Fusionsproteinen sowie (Silicase- und) Silicatein-β-verwandter Enzyme.
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Bei den mineralienumwandelnden Enzymen der Silicateine sind hier besonders Siliatein-β sowie von Silicatein-β-Fusionsproteine sowie Silicatein-β-verwandte Enzyme zur Synthese, zum Abbau und zur Modifizierung von Siliciumdioxid (Kondensationsprodukte der Kieselsäure, Silicate), Siliconen und anderen Silicium(IV)- oder Metall(IV)-Verbindungen zu nennen.
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Die Erfindung betrifft insbesondere eine Zusammensetzung, worin das anorganische Substrat ausgewählt ist aus der Gruppe von Siliziumdioxid (Kondensationsprodukte der Kieselsäure, Silicate), Siliconen und anderen Silicium(IV)- oder Metall(IV)-Verbindungen, darunter auch Verbindungen wie Kieselsäuren, Monoalkoxysilantriole, Dialkoxysilandiole, Trialkoxysilanole oder Tetraalkoxysilane.
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Es wird weiterhin ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Unterstützung des Wachstums, der Aktivität und/oder der Mineralisierung von Zellen/Zellkulturen, insbesondere Osteoblasten, zur Verfügung gestellt, wobei a) Moleküle oder Molekül-Aggregate in dem anorganischen Substrat (z. B. amorphem Siliziumdioxid) enzymatisch modifiziert werden und b) zur enzymatischen Modifikation ein Polypeptid eingesetzt wird, wobei das Polypeptid eine tierische, bakterielle, pflanzliche oder Pilz Silicatein-a- oder Silicatein-β-Domäne umfasst, die mindestens 25%, bevorzugt mindestens 50%, weiter bevorzugt mindestens 75% und am meisten bevorzugt mindestens 95% Sequenzidentität zu den bekannten Sequenzen aufweist.
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Das vorstehend beschriebene erfindungsgemäße Verfahren wird in der Zellkultur, beim Tissue Engineering oder bei der Herstellung von medizinischen Implantaten eingesetzt.
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Das erfindungsgemäß verwendete Polypeptid (Enzym) kann nach herkömmlichen im Stand der Technik bekannten Verfahren gereinigt werden und somit im Wesentlichen frei von anderen Proteinen vorliegen.
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Die Eigenschaften der für das Silicatein-α-Polypeptid und das Silicatein-β-Polypeptid aus S. domuncula codierende cDNAs sowie die aus der Nucleotidsequenz abgeleiteten Polypeptide wurden beschrieben (
PCT/US99/30601 ;
DE 10037270 A1 ;
PCT/EP01/08423 ;
DE 10352433.9 ).
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Das Verhältnis zwischen dem plastisch verformbaren Trägermaterial und dem anorganischen Substrat ist an sich unkritisch und hängt von den rheologischen Eigenschaften der Materialien ab. Die Menge an zugesetztem anorganischem Substrat wird vorzugsweise so gewählt, dass die plastische Verformbarkeit der resultierenden Mischung erhalten bleibt.
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Vorzugsweise verhält sich das Gewichtsverhältnis zwischen dem plastisch verformbaren Trägermaterial und dem anorganischen Substrat wie 100:1 bis 0,01:1, insbesondere wie 50:1 bis 0,1:1.
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Das Verhältnis zwischen dem anorganischen Substrat und dem es ab- oder umbauenden Enzym ist an sich unkritisch. Je höher die Menge an zugesetztem Enzym ist, desto schneller können bioaktive Moleküle gebildet werden.
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Vorzugsweise werden 1 bis 1000, insbesondere 10 bis 100 Internationale Einheiten (IE) des Enzyms bezogen auf 1 mg des Substrats eingesetzt.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung ist eine erfindungsgemäße Zusammensetzung zur Verwendung bei der Unterstützung des Wachstums, der Aktivität und/oder der Mineralisierung von Zellen, durch in Kontakt bringen der Zellen, insbesondere wobei diese Zellen ausgewählt sind aus Osteoblasten und Osteoblasten-ähnlichen Zellen.
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Weiterhin Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung bei der Zellkultur, beim Tissue Engineering von Zellkulturen oder bei der Herstellung von medizinischen Implantaten.
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Während bestimmte spezifische Ausführungsformen der Erfindung in den nachfolgenden Beispielen gezeigt und beschrieben werden, ist es für den Fachmann offensichtlich, dass Veränderungen und Modifikationen daran vorgenommen werden können, ohne von der Erfindung in ihren breiteren Aspekten abzuweichen.
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Beispiel 1
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Eine Zusammensetzung basierend auf einem Dental Putty
® von NovaBone wird durch Zusatz und Vermischen mit einer Enzymkomponente hergestellt. Sie enthält:
Bestandteil | Menge |
Dental Putty® (85% Bioglass® 45S5, davon 45% SiO2, 15% Kollagen) | 5,0 g |
Silicatein-β | 1,5 μg/cm3 |
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Der Einsatz dieser Zusammensetzung in einem Tierversuch führt zu einer Verbesserung der Heilung (vgl. 1).
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Beispiel 2
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Eine Zusammensetzung basierend auf einem Norian
® Drillable Inject von DePuy Synthes wird durch Zusatz und Vermischen eines anorganischen Substrats und einer Enzymkomponente hergestellt. Sie enthält:
Bestandteil | Menge |
Norian® Drillable Inject (Calciumphosphat, Polylactide/Glycolide Co-polymer, Natriumhyaluronat) | 2,5 g |
Amorphes Siliziumdioxid (Aerosil® 200) | 2,5 g |
Silicatein-β | 2,0 μg/cm3 |
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 10352433 [0021, 0047]
- WO 00/35993 [0030]
- WO 02/10420 [0030]
- WO 2004/033679 [0031]
- US 99/30601 [0047]
- DE 10037270 A1 [0047]
- EP 01/08423 [0047]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Hench et al. (1991) J Amer Cerm Soc 74:1487 [0004]
- Gao et al. (2001) Biomaterials 22:1475–1483 [0005]
- Bosetti et al. (2003) J Biomed Mater Res 64A:189–95 [0005]
- Reffitt et al. (2003) Bone 32:127–135 [0006]
- Gross et al. (1988) CRC Critical Reviews in Biocompatibility 4:2 [0007]
- Yamamuro et al. (Hrsg.), Handbook on Bioactive Ceramics, Voll: Bioactive Glasses and Glass-Ceramics, Vol. 11. CRC Press, Boca Raton, FL, 1990 [0007]
- Hench und Wilson (1984) Science 226:630 [0007]
- Cha JN, Shimizu K, Zhou Y, Christianssen SC, Chmelka BF, Stucky GD, Morse DE (1999) Silicatein filaments and subunits from a marine sponge direct the polymerization of silica and silicones in vitro. Proc Natl Acad Sci USA 96:361–365 [0030]
- Schröder HC, Krasko A, Le Pennec G, Adell T, Wiens M, Hassanein H, Müller IM, Müller WEG (2003) Silicate, an enzyme which degrades biogenous amorphous silica: Contribution to the metabolism of silica deposition in the demosponge Suberites domuncula. Progr Molec Subcell Biol, 33, 250–268 [0032]