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Die Erfindung betrifft ein medizinisch-robotisches Gerät mit einer kinematischen Kette von bewegbaren Komponenten, wobei die kinematische Kette an ihrem Ende einen Endeffektor aufweist, und mit zumindest einem Kraft- oder Moment-Sensor zum Erfassen zumindest eines Kraft- oder Moment-Wertes an der kinematischen Kette, sowie mit einer Steuereinrichtung, welche ausgelegt ist, die kinematische Kette zu steuern. Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zum Betreiben eines solchen medizinisch-robotischen Gerätes.
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Im Bereich der robotisch-chirurgischen Eingriffe, welche sowohl diagnostischer als auch therapeutischer Natur sein können, gilt es, stets eine größtmögliche Genauigkeit zu erreichen. Eine große Herausforderung ist dabei insbesondere eine Kompensation von Bewegungen eines Patienten, beispielsweise Atmungs- oder Herzschlagbewegungen, welche die Genauigkeit einer mit einem medizinisch-robotischen Gerät durchgeführten Behandlung oder Diagnose stark verschlechtern können. Um eine solche Bewegungskompensation zu realisieren, müssen zunächst die Bewegungen des Patienten, beziehungsweise seiner Anatomie oder vorgegebener anatomischer Merkmale, welche relevant für den geplanten oder durchzuführenden Eingriff sind, erfasst werden. Dies kann beispielsweise in Echtzeit geschehen. Alternativ können die Bewegungen aber auch aufgezeichnet und daraus ein Modell berechnet werden, auf dessen Grundlage dann eine Bewegungskompensation durchgeführt wird.
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Für das Erreichen einer vergrößerten Genauigkeit mittels einer Bewegungskompensation haben sich verschiedene technische Ansätze etabliert. Ein Produkt für eine solche Bewegungskompensation ist beispielsweise das „Cyberknife“ der Firma Accuray. Dieses nutzt ein externes optisches Tracking- oder Nachverfolgungssystem, bei dem Bewegungen berührungslos optisch erfasst werden. Auch externe elektromagnetische Trackingsysteme sind bekannt, beispielsweise von den Herstellern Ascension oder NDI. Die externen Tracker werden dabei außen an einem Patienten angebracht und sodann über einen vorgegebenen Zeitraum hinweg berührungslos geortet. Als „extern“ sind hier Komponenten bezeichnet, welche nicht zu einem medizinisch-robotischen Gerät gehörig sind, mit dem der robotisch-chirurgische Eingriff getätigt wird. Die genannten Trackingsysteme sind somit als zusätzliche Geräte mit eigenem Gehäuse ausgeführt, welche beispielsweise mit dem medizinisch-robotischen Gerät Daten austauschen.
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Es ergibt sich die Aufgabe, die erreichbare Genauigkeit eines medizinisch-robotischen Geräts zu erhöhen, insbesondere für einen robotisch-chirurgischen Eingriff.
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Diese Aufgabe wird durch die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Patentansprüchen, der Beschreibung und den Figuren.
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Die Erfindung betrifft ein medizinisch-robotisches Gerät mit einer kinematischen Kette von bewegbaren Komponenten, wobei die kinematische Kette an einem Ende einen Endeffektor aufweist. Der Endeffektor kann ein funktionsspezifischer, insbesondere auch medizinischer, Endeffektor sein. Insbesondere kann der Endeffektor auch als ein Endglied der kinematischen Kette ausgebildet sein. Bevorzugt ist der Endeffektor jedoch an einem Endglied der kinematischen Kette angebracht, insbesondere zerstörungsfrei reversibel, beispielsweise als Austauschelement. Die kinematische Kette kann auch ein oder mehrere Verzweigungen mit jeweiligen weiteren Enden aufweisen. Das medizinisch-robotische Gerät kann für einen robotisch-chirurgischen Eingriff bestimmt sein.
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Das medizinisch-robotische Gerät hat zumindest einen Kraft- oder Moment-Sensor zum Erfassen eines Kraft- oder Moment-Wertes an der kinematischen Kette. Insbesondere kann für jeden Kraft- oder Moment-Sensor zumindest ein Kraft- oder Moment-Wert erfasst werden. Die Kraft- oder Moment-Sensoren können dabei zumindest teilweise, also teilweise oder sämtlich, an der kinematischen Kette angeordnet sein. Sie können auch zumindest teilweise in der kinematischen Kette, das heißt innerhalb jeweiliger Gehäuse der bewegbaren Komponenten angeordnet sein. Die Kraft- oder Moment-Werte können dann jeweilige an den bewegbaren Komponenten wirkende Kräfte oder Momente repräsentieren.
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Das medizinisch-robotische Gerät hat des Weiteren eine Steuereinrichtung, welche ausgelegt ist, die kinematische Kette und insbesondere auch den Endeffektor zu steuern. Dieses Steuern kann in Abhängigkeit der erfassten Kraft- oder Moment-Werte erfolgen.
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Wesentlich für die Erfindung ist eine mechanische Zusatzkomponente, welche direkt an dem Endeffektor oder einer der bewegbaren Komponenten der kinematischen Kette befestigt ist. Direkt kann hier auch als unmittelbar verstanden werden. Die Zusatzkomponente kann somit unabhängig von der kinematischen Kette an dem Endeffektor oder unabhängig von der restlichen kinematischen Kette an der bewegbaren Komponente befestigt sein. Diese Zusatzkomponente kann einen Messfinger oder einen Messfühler umfassen. Insbesondere kann die Zusatzkomponente eine einstellbare variable Steifigkeit aufweisen, durch welche sie an unterschiedliche Bedingungen anpassbar ist. Die Zusatzkomponente kann also unterschiedlich konfigurierbar sein. Insbesondere kann die mechanische Zusatzkomponente in zumindest eine vorbestimmte relative Lage, bevorzugt zwei oder mehr vorbestimmte Lagen, zu dem Endeffektor gebracht werden und dort, also in der oder den vorgegebenen relativen Lagen, fixiert werden. Bevorzugt ist die Zusatzkomponente dabei außen an dem Endeffektor oder der bewegbaren Komponente angebracht, also beispielsweise an einer Außenseite eines Gehäuses des Endeffektors oder der bewegbaren Komponente.
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Die Zusatzkomponente kann auch eine weitere kinematische Kette von weiteren bewegbaren Komponenten umfassen. Durch die Zusatzkomponente ist eine geräteexterne Kraft oder ein geräteexternes Moment auf den Endeffektor oder die bewegbare Komponente übertragbar. Die geräteexterne Kraft oder das geräteexterne Moment können auch auf den Endeffektor übertragbar sein, wenn die Zusatzkomponenten an der bewegbaren Komponente der kinematischen Kette befestigt ist. Unter einer geräteexternen Kraft oder einem geräteexternen Moment ist hier eine Kraft oder ein Moment zu verstehen, welches von einem Objekt, welches nicht Teil des medizinisch-robotischen Geräts ist, beispielsweise einem Patienten oder einem Teil eines Patienten, über die mechanische Zusatzkomponente als Kopplungselement an den Endeffektor übertragen werden kann. Eine geräteexterne Kraft oder ein geräteexternes Moment ist also insbesondere ursächlich nicht auf eine Bewegung des Geräts zurückzuführen.
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Das Übertragen der geräteexternen Kraft oder des geräteexternen Momentes erfolgt dabei unabhängig von einer sonstigen Konfiguration des Endeffektors. Insbesondere kann das Übertragen in einer oder mehreren Vorzugsrichtungen erfolgen. Bevorzugt erfolgt das Übertragen dabei in genau einer Vorzugsrichtung. Dafür kann die mechanische Zusatzkomponente für eine Kraftübertragung in der Vorzugsrichtung oder den Vorzugsrichtungen besonders ausgelegt sein. Beispielsweise kann dies durch eine geometrische Ausformung der Zusatzkomponente erfolgen, bei welcher Kräfte in Nicht-Vorzugsrichtungen von der Zusatzkomponente abgelenkt und nicht übertragen werden. Zum Beispiel kann das durch ein in Vorzugsrichtung orientiertes Plättchen oder eine sonstige Gestaltung erfolgen, durch welche Objekte erleichtert abrutschen, die Kräfte oder Momente in Nicht-Vorzugsrichtungen auf die Zusatzkomponente übertragen.
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Dadurch, dass durch die Zusatzkomponente eine geräteexterne Kraft oder ein geräteexternes Moment auf den Endeffektor übertragbar ist, kann somit auch eine Bewegung eines nicht zum robotischen Gerät gehörigen Objekts, beispielsweise eines Patienten, auf den Endeffektor (und damit insbesondere auch auf die kinematische Kette) übertragbar sein. Dadurch, dass durch die Zusatzkomponente eine geräteexterne Kraft oder ein geräteexternes Moment auf die bewegbare Komponente übertragbar ist, kann somit auch eine Bewegung eines nicht zum robotischen Gerät gehörigen Objekts, beispielsweise eines Patienten, auf die kinematische Kette (und damit insbesondere auch auf den Endeffektor) übertragbar sein. Das ermöglicht eine Verbesserung der Genauigkeit des medizinisch-robotischen Geräts nicht nur durch eine genauere Justierung des Endeffektors relativ zu dem Objekt, sondern, wie unten ausgeführt, auch durch eine Bewegungskompensation.
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Des Weiteren ist es für die Erfindung wesentlich, dass die Steuereinrichtung ausgelegt ist, die geräteexterne Kraft oder das geräteexterne Moment auf Basis des zumindest einen erfassten Kraft- oder Moment-Wertes zu ermitteln und die kinematische Kette in Abhängigkeit der ermittelten geräteexternen Kraft oder des ermittelten geräteexternen Moments zu steuern.
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Durch die Erfindung wird somit der Endeffektor oder eine bewegbare Komponente der kinematischen Kette des medizinisch-robotischen Geräts um eine mechanische Zusatzkomponente erweitert, welche unabhängig von einer Lage und einer Zweckbestimmung oder Nutzung des Endeffektors in mechanischem Kontakt mit dem Patienten oder einem Teil des Patienten gebracht werden kann und dort unter Nutzung des zumindest einen Kraft- und Moment-Sensors als Sensoreinrichtung dient, beispielsweise für eine genaue Positionierung des Endeffektors relativ zu dem ruhenden Objekt oder zu dem sich bewegenden Objekt (Bewegungskompensation). Dadurch, dass die mechanische Zusatzkomponente unabhängig von dem Endeffektor positionierbar ist, kann die mechanische Zusatzkomponente auch unabhängig von dem Endeffektor Bewegungen, beispielsweise eines Patienten, aufnehmen und so als Sensoreinrichtung beziehungsweise Geber für eine Bewegungskompensation durch das medizinisch-robotische Gerät dienen.
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Das hat den Vorteil, dass auf einfache, kostengünstige Weise die Genauigkeit des medizinisch-robotischen Geräts erhöht werden kann und beispielsweise eine Bewegungskompensation durchgeführt werden kann. Dadurch erhöht sich sowohl die Sicherheit als auch die Zufriedenheit der Patienten. Insbesondere im Bereich der Wirbelsäulenchirurgie führt eine erhöhte Genauigkeit zu deutlich geringeren Komplikationen und ist damit besonders vorteilhaft. Gerade dort kann nämlich ein geringes Abweichen vom optimalen Bohrpfad, beispielsweise einer Pedikelverschraubung, zu einer weiteren Instabilität eines an sich intakten Wirbelkörpers führen und damit zu Folgeschmerzen und zusätzlich erforderlichen Operationen. Ein zu großes Abweichen zum Nervenkanal hin kann dabei zu einer Verletzung des Nervenkanals führen und damit zu Schmerzen beziehungsweise Lähmung bis hin zu einer Querschnittslähmung. Ein zu tiefes Bohren in Richtung Bauchraum kann zu einer Verletzung der Vena Cava beziehungsweise der Aorta und damit zum Tod des Patienten führen. Durch ein Vermeiden dieser potentiellen Fehlerquellen steigt die Sicherheit für den Eingriff und in Folge der unabhängig von einer Anstrengung oder eines Könnens des Operateurs erhöhten Genauigkeit kann eine Behandlung auch schneller erfolgen. Damit ist auch eine schnelle Amortisation der Mehrkosten für das medizinisch-robotische Gerät zu erwarten.
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Überdies ergeben sich im Vergleich zur optischen Erfassung einer Bewegung weitere Vorteile. So wird beispielsweise vermieden, dass ein optischer Tracker durch Flüssigkeiten wie Blut verdeckt wird und somit ein Ergebnis verfälscht wird. Auch einem sonstigen Verdecken eines Trackers, beispielsweise durch einen Operateur, wird vorgebeugt. Überdies ist eine Veränderung von einer geometrischen Dicke (und damit von Abmessungen des Objekts) und/oder eines Gewichts durch einen Flüssigkeitsauftrag oder durch eine Weichteilverschiebung mit dem vorliegenden medizinisch-robotischen Gerät ausgeschlossen.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform ist vorgesehen, dass die mechanische Zusatzkomponente einen fixierbaren Schiebemechanismus und/oder zumindest ein fixierbares Gelenk aufweist. Die Zusatzkomponente kann auch zerstörungsfrei reversibel lösbar, beispielsweise als modulares Austauschelement, angebracht sein. Dadurch ist die Zusatzkomponente besser an unterschiedliche Bedingungen anpassbar. Insbesondere ist die Zusatzkomponente werkzeugfrei reversibel lösbar. Das hat den Vorteil, dass so auf einfache Art und Weise eine Vielzahl von vorgegebenen relativen Lagen der Zusatzkomponente zu dem Endeffektor eingestellt werden kann. So kann eine Bewegung eines Patienten in einer Vielzahl von Relativpositionen zu dem Endeffektor und in Folge in einer Vielzahl von unterschiedlichen medizinischen Situationen erfasst werden.
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In einer besonders vorteilhaften Ausführungsform ist vorgesehen, dass die Zusatzkomponente einen Befestigungsmechanismus aufweist zum Herstellen einer kraftschlüssigen Verbindung mit dem Objekt, insbesondere mit einem Knochen des Patienten. Der Befestigungsmechanismus kann insbesondere eine Schraubklemme oder ähnliches aufweisen. Das hat den Vorteil, dass die geräteexternen Kräfte oder Momente besonders genau erfasst werden können, und insbesondere nicht nur Druckkräfte in eine bestimmte Richtung, sondern auch Zugkräfte in der entsprechend entgegengesetzten Richtung durch die Zusatzkomponente auf den Endeffektor übertragen werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform ist vorgesehen, dass das medizinisch-robotische Gerät mehrere Kraft- oder Moment-Sensoren aufweist und die Kraft- oder Moment-Sensoren zumindest teilweise an der kinematischen Kette angeordnet sind. Insbesondere können die Kraft- oder Moment-Sensoren auch in der kinematischen Kette, bevorzugt in Gelenke der kinematischen Kette, integriert sein. Derartige Sensoren sind beispielsweise als sogenannte „Integrated Torque Sensors“ von Kuka Leichtbaurobotern bekannt. In diesem Fall dient die kinematische Kette sowohl aktorisch der Durchführung eines Eingriffs als auch gleichzeitig sensorisch und aktorisch der Kompensierung geräteexterner Kräfte oder Momente. Der Endeffektor, der für den diagnostischen und/oder therapeutischen Eingriff genutzt wird, dient somit gleichzeitig, gegebenenfalls gemeinsam mit der kinematischen Kette, als Sensor für eine Bewegungskompensation. Da der Endeffektor einerseits in seiner Funktion als Sensor für eine Kompensation geräteexterner Kräfte einen mechanischen Kontakt mit dem Objekt haben muss, auf welches die geräteexternen Kräfte zurückzuführen sind, andererseits in seiner Funktion als medizinisch-robotisches Gerät zur Durchführung des Eingriffs jedoch kein mechanischer Kontakt erforderlich ist, schließt die mechanische Zusatzkomponente die verbleibende Lücke der Kraftübertragung. Damit sind Sensorik und Aktorik für die Bewegungskompensation und Aktorik für den Eingriff in einem einzigen medizinisch-robotischen Gerät integriert.
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Das hat den Vorteil, dass so kein geräteexternes, zusätzliches System für die Sensorik einer Bewegungskompensation erforderlich ist. Dadurch können einerseits Kosten und Platz gespart werden und andererseits Sichtprobleme vermieden werden, da der chirurgische Aufbau nur ein einziges Gerät für den Eingriff sowie für die Bewegungskompensation erfordert.
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In einer anderen Ausführungsform ist vorgesehen, dass der zumindest eine Kraft- oder Moment-Sensor, oder, im Falle mehrerer Kraft- oder Moment-Sensoren, einer der Kraft- oder Moment-Sensoren Teil der Zusatzkomponente ist und mit diesem Kraft- oder Moment-Sensor die von Zusatzkomponente übertragene geräteexterne Kraft oder das von der Zusatzkomponente übertragene geräteexterne Moment erfassbar ist, insbesondere unabhängig von sonstigen auf die kinematische Kette, insbesondere den Endeffektor, wirkenden Kräften erfassbar ist. Bei den sonstigen wirkenden Kräften kann es sich hier insbesondere um Kräfte handeln, welche als Folge von Steuerbefehlen einer Bedienperson im Rahmen des Eingriffs durch eine Bewegung der kinematischen Kette auftreten. Das hat den Vorteil, dass der Einfluss der Bewegungen des Patienten auf die erfassten Kräfte von dem Einfluss einer Bedienperson auf die erfassten Kräfte besser getrennt werden kann und somit eine besonders genaue Bewegungskompensation realisierbar ist.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass die Steuereinrichtung ausgelegt ist, die kinematische Kette in Abhängigkeit der ermittelten geräteexternen Kraft oder des ermittelten geräteexternen Moments derart zu steuern, dass der Betrag der ermittelten geräteexternen Kraft oder der Betrag des ermittelten geräteexternen Moments in einem vorbestimmten Wertebereich gehalten wird, insbesondere minimiert wird, indem der Endeffektor in Richtung der ermittelten geräteexternen Kraft oder in Richtung des ermittelten geräteexternen Moments bewegt wird. Der Endeffektor kann dabei insbesondere ausschließlich in diese Richtung bewegt werden, bevorzugt wird der Endeffektor dabei ausschließlich translatorisch bewegt. Die Richtung der ermittelten geräteexternen Kraft oder des ermittelten geräteexternen Moments kann dabei mit der Vorzugsrichtung übereinstimmen. Das hat den Vorteil, dass eine Bewegungskompensation besonders effizient erreicht wird. Dadurch, dass der Endeffektor in Richtung der ermittelten geräteexternen Kraft oder des geräteexternen Moments bewegt wird, wird dabei eine relative Position des Endeffektors zu dem geräteexternen Objekt, welches ursächlich für die geräteexterne Kraft beziehungsweise das geräteexterne Moment ist, unverändert beibehalten, so dass eine besonders große Genauigkeit der Bewegungskompensation erzielt wird. Dies gilt vor allem für eine ausschließliche Bewegung in Richtung der ermittelten Kraft oder des ermittelten Momentes.
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Die Messung der Bewegung und der anschließende Ausgleich kann also in allen drei Raumrichtungen erfolgen, zumindest aber in einer Richtung, beispielsweise der Haupterstreckungsrichtung des Endeffektors beziehungsweise der Hauptachse oder Haupterstreckungsrichtung eines Instruments an dem Endeffektor, beispielsweise einer Bohrhülse.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform ist vorgesehen, dass die Steuereinrichtung ausgelegt ist, zunächst in einem Lernbetriebsmodus über einen vorgegebenen Zeitraum hinweg die zumindest eine geräteexterne Kraft oder das zumindest eine geräteexterne Moment in ihrem oder seinem Verlauf zu ermitteln und darauffolgend in einem weiteren Betriebsmodus die kinematische Kette in Abhängigkeit des ermittelten Verlaufs zu steuern. Das hat den Vorteil, dass in dem Lernbetriebsmodus unabhängig von während dem Eingriff möglicherweise auftretenden Verfälschungen ein Modell für den Verlauf der geräteexternen Kraft oder des geräteexternen Momentes und damit eine Bewegung des Objektes oder des Patienten ohne verfälschende Einflüsse eines Eingriffs oder einer Behandlung ermittelt werden kann. Damit wird ein Einfluss eines konkreten Eingriffs auf die Genauigkeit der Bewegungskompensation verhindert und diese somit verbessert.
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In einer besonders vorteilhaften Ausführungsform ist dabei vorgesehen, dass die Steuereinrichtung ausgelegt ist, in dem weiteren Betriebsmodus die kinematische Kette in Abhängigkeit von lediglich zumindest einem Teilaspekt der ermittelten geräteexternen Kraft oder des ermittelten geräteexternen Moments zu steuern. Beispielsweise kann die Steuereinrichtung ausgelegt sein, in dem weiteren Betriebsmodus die kinematische Kette in Abhängigkeit des ermittelten Verlaufs und einer Phase der ermittelten geräteexternen Kraft oder des ermittelten geräteexternen Moments zu steuern, aber unabhängig von dem Betrag oder der Größe der ermittelten geräteexternen Kraft oder des ermittelten geräteexternen Moments. Alternativ kann die Steuereinrichtung ausgelegt sein, in dem weiteren Betriebsmodus die kinematische Kette in Abhängigkeit des ermittelten Verlaufs ohne Berücksichtigen oder ohne Erfassen eines weiteren Verlaufs oder weiterer Werte der geräteexternen Kraft oder des geräteexternen Moments zu steuern.
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Somit kann die in dem Lernbetriebsmodus gewonnene Information entweder alleine zum Kompensieren einer geräteexternen Kraft oder eines geräteexternen Moments in dem weiteren Betriebsmodus dienen oder aber in Kombination lediglich mit Teilen von Informationen, welche in dem weiteren Betriebsmodus gewonnen werden. In beiden Fällen wird so ein Einfluss beziehungsweise eine Verfälschung durch die Behandlung oder den Eingriff an sich verringert und somit die Genauigkeit der Kompensation erhöht.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform ist vorgesehen, dass der Endeffektor eine Bohrhülse umfasst, deren Haupterstreckungs- oder Führungsrichtung von einer erwarteten Richtung der geräteexternen Kraft oder des geräteexternen Moments abweicht. Insbesondere kann die Haupterstreckungs- oder Führungsrichtung von der Vorzugsrichtung der Zusatzkomponente abweichen. Gerade in diesen Fällen ist eine Kompensation einer der geräteexternen Kraft oder des geräteexternen Moments zugrundeliegenden geräteexternen Bewegung vorteilhaft, da so ein Versatz der Bohrhülse und eine entsprechende Ungenauigkeit verhindert wird.
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Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zum Betreiben eines medizinisch-robotischen Geräts, wobei das Gerät eine kinematische Kette von bewegbaren Komponenten umfasst, welche an ihrem einen Ende einen Endeffektor aufweist. Ein erster Schritt ist hier ein Herstellen eines mechanischen Kontaktes zwischen einem Objekt und einer mechanischen Zusatzkomponente, welche direkt an dem Endeffektor oder direkt an einer der bewegbaren Komponenten befestigt ist. Dieses Objekt ist nicht Teil des Gerätes und kann insbesondere ein Patient oder ein Teil eines Patienten sein, beispielsweise ein Knochen. Ein weiterer Schritt ist ein Übertragen einer geräteexternen Kraft oder eines geräteexternen Moment durch die Zusatzkomponente von dem Objekt auf den Endeffektor oder die bewegbare Komponente. Dies kann durch eine Bewegung des Objektes verursacht sein. Das Übertragen erfolgt dabei unabhängig von einer Konfiguration des Endeffektors. Ein nächster Schritt ist ein Erfassen zumindest eines Kraft- oder Moment-Wertes an der kinematischen Kette durch zumindest einen Kraft- oder Moment-Sensor des medizinisch-robotischen Geräts. Es folgt ein Ermitteln der geräteexternen Kraft oder des geräteexternen Moments auf Basis des zumindest einen erfassten Kraft- und Moment-Wertes durch eine Steuereinrichtung des medizinisch-robotischen Geräts. Schließlich erfolgt ein Steuern der kinematischen Kette in Abhängigkeit der ermittelten geräteexternen Kraft oder des ermittelten geräteexternen Moments durch die Steuereinrichtung. Durch das Steuern kann hier eine Bewegung des Objekts relativ zu dem Endeffektor oder der kinematischen Kette kompensiert werden und/oder bei einem ruhenden Objekt eine besonders genaue Justierung des Endeffektors zu dem Objekt erreicht werden.
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Vorteile und vorteilhafte Ausführungsformen des Verfahrens entsprechen hier Vorteilen und vorteilhaften Ausführungsformen des medizinisch-robotischen Geräts.
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Die vorstehend in der Beschreibung genannten Merkmale und Merkmalskombinationen, sowie die nachfolgend in der Figurenbeschreibung genannten und/oder in den Figuren alleine gezeigten Merkmale und Merkmalskombinationen sind nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar, ohne den Rahmen der Erfindung zu verlassen. Es sind somit auch Ausführungen von der Erfindung als umfasst und offenbart anzusehen, die in den Figuren nicht explizit gezeigt und erläutert sind, jedoch durch separierte Merkmalskombinationen aus den erläuterten Ausführungen hervorgehen und erzeugbar sind. Es sind somit auch Ausführungen und Merkmalskombinationen als offenbart anzusehen, die somit nicht alle Merkmale eines ursprünglich formulierten abhängigen oder unabhängigen Anspruchs aufweisen.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird nachfolgend anhand schematischer Zeichnungen näher erläutert. Dabei zeigen:
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1 ein medizinisch-robotisches Gerät nach dem Stand der Technik in einer beispielhaften Anwendung;
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2 das medizinisch-robotische Gerät aus 1 bei einem sich bewegenden Patienten;
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3 eine beispielhafte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen medizinisch-robotischen Geräts analog zu dem in 1 gezeigten Beispiel; und
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4 das medizinisch-robotische Gerät aus 3 bei einem sich bewegenden Patienten.
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In den Figuren werden gleiche oder funktionsgleiche Elemente mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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In 1 ist ein medizinisch-robotisches Gerät nach dem Stand der Technik in einer beispielhaften Anwendung dargestellt. Gezeigt ist ein medizinisch-robotisches Gerät 1 mit einer kinematischen Kette 2 mit bewegbaren Komponenten 3a, 3b, 3c. An ihrem Ende weist die kinematische Kette 2 hier einen Endeffektor 4 auf, welcher in diesem Beispiel eine Bohrhülse 5 umfasst. Die Bohrhülse 5 erstreckt sich hier hauptsächlich entlang einer Führungsachse A, welche vorliegend parallel zur Haupterstreckungsrichtung der Bohrhülse 5 verläuft. Im gezeigten Beispiel weist das robotische Gerät auch mehrere, hier drei, Kraft- oder Moment-Sensoren 6a, 6b, 6c auf, welche mit einer Steuereinrichtung 7 gekoppelt sind. Durch die Steuereinrichtung 7 ist die kinematische Kette 2 steuerbar.
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Das gezeigte Beispiel bezieht sich auf den Bereich der Wirbelsäulenchirurgie, ist aber nicht auf diesen Anwendungsbereich eingeschränkt. In der Wirbelsäulenchirurgie werden zur Stabilisierung der Wirbelsäule sogenannte Pedikelschrauben in die Wirbelkörper geschraubt und mit einem Gestänge verbunden. Dabei wird eine gewünschte Position 9 einer Pedikelschraube zunächst auf einem radiologischen Bild eines Wirbels bestimmt. Der Wirbel entspricht hier dem Objekt 8. Sodann erfolgt ein Bohren eines Loches für die Pedikelschraube in der gewünschten Position 9. Dann wird in einem weiteren Schritt die Pedikelschraube eingeschraubt. Bei dieser Art von Eingriffen kann ein medizinisch-robotisches Gerät 1 bei der akkuraten Platzierung der Schrauben helfen, beispielsweise durch ein Halten der Bohrhülse 5 in einer vorgegebenen Lage relativ zu dem Objekt 8 beziehungsweise relativ zu der gewünschten Position 9 der Pedikelschraube.
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Für das korrekte Platzieren der Schrauben wird dann in dem Beispiel die gewünschte Position 9 der Pedikelschraube bestimmt und das medizinisch-robotische Gerät zum Objekt 8, registriert, also in einen eindeutigen räumlichen Bezug zueinander gebracht. Die Bohrhülse 5 wird dann robotisch derart ausgerichtet, dass eine Führungsachse A der Bohrhülse 5 in Verlängerung durch die gewünschte Position 9 hindurch verläuft, so dass eine durch die Bohrhülse 5 geführte Schraube oder ein durch die Bohrhülse 5 geführter Bohrer entsprechend der gewünschten Position 9 in den Wirbel gebohrt beziehungsweise geschraubt werden kann. Dabei darf die Position 9 vorliegend nur durch den Wirbelknochen selber verlaufen, also nicht in den Wirbelkanal hineinragen, und auch einem Randbereich des Wirbelknochens nicht zu nahe kommen.
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Dabei ist allerdings jede Bewegung des Objekts 8 eine Herausforderung für das korrekte Platzieren der Schrauben. Im Beispiel der Wirbelsäule kann die Bewegung beispielsweise durch die Atmung des Patienten oder durch während des Eingriffs auf den Patienten oder den Wirbel ausgeübte Kräfte durch den Chirurgen und der verwendeten Werkzeuge verursacht werden.
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In 2 ist nun die Situation aus 1 mit einem sich bewegenden Patienten dargestellt. Da der Patient und somit auch das Objekt 8, vorliegend der Wirbel, sich beispielsweise in y-Richtung auf und ab bewegt, verschiebt sich dieser Bewegung 10 entsprechend das Objekt 8. In dem gezeigten Beispiel erfolgt die Bewegung 10 des Patienten eindimensional in y-Richtung. Die Bewegung 10 kann jedoch auch eine mehrdimensionale Bewegung sein und/oder in mehrere Raumrichtungen erfolgen. Mit dem verschobenen Objekt 8’, 8’’ ist nun die ursprüngliche, registrierte Position 9 relativ zu dem Endeffektor 4 in eine abweichende Positionen 9', 9'' zu verschieben, also die Bewegung zu kompensieren, um den Wirbel an der gewünschten Stelle zu behandeln. Ohne ein Kompensieren der Verschiebung kann es also in diesem Beispiel zu einem Abweichen von dem optimalen Bohrpfad der Pedikelverschraubung kommen. So könnte beispielsweise ein intakter Wirbelkörper beschädigt oder ein Nerv im Wirbelkanal verletzt werden. Auch könnten so Venen und Adern verletzt werden, was ernsthafte Folgen bis zum Tod des Patienten nach sich ziehen kann.
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In 3 ist eine beispielhafte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen medizinisch-robotischen Geräts dargestellt. Wie aus dem Stand der Technik bekannt verfügt das medizinisch-robotische Gerät 1 über eine kinematische Kette 2 von bewegbaren Komponenten 3a, 3b, 3c mit einem Endeffektor 4. Auch sind vorliegend mehrere Kraft- oder Moment-Sensoren 6a, 6b, 6c an der kinematischen Kette angeordnet sowie eine Steuereinrichtung 7 zum Steuern der kinematischen Kette 2. Der Endeffektor 4 umfasst hier ebenfalls eine Bohrhülse 5 mit einer Führungsachse A.
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Zusätzlich ist nun an dem Endeffektor 4 auch eine mechanische Zusatzkomponente 11 befestigt. Diese weist vorliegend ein Plättchen 12 auf, durch welches die Zusatzkomponente 11 besonders geeignet ist zum Übertragen von Kräften aus einer Vorzugsrichtung auf den Endeffektor 4. In der gezeigten Darstellung ist das Plättchen 12 parallel zu einer x-Achse orientiert und kann entsprechend Kräfte in y-Richtung besonders gut aufnehmen. Die mechanische Zusatzkomponente 11 kann beispielsweise in ihrer Länge oder Orientierung angepasst werden, so dass die Zusatzkomponente 11, vorliegend vor allem das Plättchen 12, in einer Vielzahl von vorgegebenen Relativpositionen zu dem Endeffektor 4 und damit zu dem Objekt 8 bringbar und dort fixierbar ist. Realisiert kann dies beispielsweise über fixierbare Gelenke oder Verschiebeelemente. Im gezeigten Beispiel kann die Länge der Zusatzkomponente 11 entsprechend dem Doppelpfeil 13 parallel zu der Führungsachse A angepasst werden, beispielsweise durch ein teleskopartiges Verlängerungselement.
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Durch diese Anpassung kann ein mechanischer Kontakt zwischen dem Wirbel als geräteexternem Objekt 8 und dem Gerät 1 hergestellt werden. Infolge führt vorliegend eine Bewegung des Objekts 8 in y-Richtung zu einer Kraftübertragung auf den Endeffektor 4. Die übertragene geräteexterne Kraft kann durch die Kraft- oder Moment-Sensoren 6a–c erfasst werden. Zusätzlich ist vorliegend auch ein weiterer Kraft-Sensor 6d an der Zusatzkomponente 11 angeordnet, durch welchen die auf die Zusatzkomponente 11 einwirkende geräteexterne Kraft oder ein geräteexternes Moment unabhängig von einer sonstigen, beispielsweise eingriffbedingt auf den Endeffektor 4 oder die Bohrhülse 5 wirkenden Kraft erfasst werden kann. Entsprechend kann dann in diesem Fall durch die Steuereinrichtung 7 die geräteexterne Kraft beziehungsweise die der Kraft entsprechende Bewegung des Objekts 8 besser kompensiert werden.
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4 zeigt nun analog zu 2 das medizinisch-robotische Gerät aus 3 bei einem sich bewegenden Objekt 8. Beispielhaft wird auch hier wieder eine Bewegung 10, hier als großer Doppelpfeil symbolisiert, angenommen, bei welcher sich das Objekt 8, also der Wirbel, rhythmisch in einer Richtung hebt und senkt. Dieser Bewegung entspricht eine geräteexterne Kraft 14, welche mittels der mechanischen Zusatzkomponente 11 an die Sensoren 6a, 6b, 6c, 6d des robotischen Geräts 1 übertragen wird. Entsprechend der Bewegung kann auch die geräteexterne Kraft in mehrere Raumrichtungen wirken. Die Steuereinrichtung 7 kann entsprechend die geräteexterne Kraft 14, vorliegend symbolisiert durch den kleinen Doppelpfeil, in einem vorbestimmten Wertebereich halten oder minimieren, indem die Steuereinrichtung 7 den Endeffektor 4 in Richtung der geräteexternen Kraft 14 nachführt. Infolge wird die kinematische Kette 2 sich entsprechend den Positionen 8', 8'' des Objekts 8 in entsprechende Positionen 2' beziehungsweise 2'' bewegen. Somit wird die relative Lage der Bohrhülse 5, 5’, 5’’ zu der gewünschten Position 9, 9’, 9’’ beibehalten. Somit kann die Bewegung 10 des Patienten, beispielsweise eine Atembewegung, kompensiert werden.
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Um hier trotz der vorliegenden Optimierung der Zusatzkomponente 11 auf die Übertragung einer in positive y-Richtung drückenden geräteexterne Kraft 14 auch eine Bewegungskompensation in negativer y-Richtung durchzuführen, kann beispielsweise die Steuereinrichtung 7 ausgelegt sein, stets die kinematische Kette 2 so zu steuern, dass die geräteexterne Kraft 14 einen vorbestimmten sehr geringen von Null verschiedenen Betrag aufweist. Senkt sich das Objekt 8 dann in negativer y-Richtung, so wird die Zusatzkomponente 11 entlastet, der Betrag der geräteexternen Kraft 14 sinkt auf Null und die kinematische Kette 2, und damit der Endeffektor 4 beziehungsweise die Bohrhülse 5, wird in negativer y-Richtung nachgeführt. Alternativ könnte die mechanische Zusatzkomponente 11 hier an dem Objekt 8, beispielsweise mit einer Klemmvorrichtung, befestigt werden.