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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Übertragen eines Datenstroms über mehrere Internetzugänge.
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Hintergrund der Erfindung
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Internetzugänge für den stationären Betrieb werden zumeist drahtgebunden realisiert: Nutzerseitig kommen hierbei integrierte Geräte für den Zugang zum Internet zum Einsatz, die Modem-, Router- und oftmals Telefoniefunktion bereitstellen. Diese im Folgenden als IAD (Integrated Access Devices) bezeichneten Geräte erhalten Zugang zum Internet meist über DSL, die bei Privatkundenanschlüssen zumindest als ADSL oder VDSL Anschlüsse ausgeführt sind. Kennzeichen dieser ADSL und VDSL Anschlüsse ist eine dynamisch zwischen Modem und Gegenstelle ausgehandelte Datenrate, die von vielen Parametern abhängig ist, vor allem aber von der Länge der sog. TAL (Teilnehmer Anschluss Leitung), also der Wegstrecke zwischen IAD und Gegenstelle. Zudem verteilt sich die physikalisch mögliche Datenrate asymmetrisch auf Sende- und Empfangsrichtung, wobei üblicherweise in Senderichtung nur ein Bruchteil der in Empfangsrichtung möglichen Datenrate zur Verfügung steht. Übersteigt die nutzerseitig angeforderte Datenrate die momentan zur Verfügung stehende Datenrate entweder Sende- und/oder Empfangsseitig, so sind IADs in der Lage anhand von Dienstgüteklassen beispielsweise Datenpakete aus Telefonieverkehr zu priorisieren, so dass hörbare Aussetzer in der Telefonie vermieden werden.
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Hauptsächlich für die mobile Nutzung des Internets wurden Mobilnetze entwickelt und errichtet, die Smartphones und Laptops über eingebaute oder steckbare Mobilfunkmodems Zugang zum Internet ermöglichen.
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Sofern am Ort eines stationären DSL-Anschlusses auch entspreche Netzabdeckung durch ein Mobilfunknetz besteht, kann das IAD beispielsweise um ein steckbares LTE-Modem („LTE Stick“) ergänzt werden. Auf diese Weise eröffnen sich dem IAD zwei Wege ins Internet, einmal über den stationären DSL Zugang und einmal über das Mobilfunknetz. Aus dem Stand der Technik bekannt sind diverse Verfahren zur Realisierung eines redundanten Internetzugangs – beispielsweise das Umschalten bzw. Umschwenken von Datenverkehr in das Mobilfunknetz für den Fall, dass der DSL Anschluss gestört ist. Des Weiteren sind aus dem Stand der Technik Verfahren zur Lastverteilung zwischen DSL- und Mobilfunkzugang. Damit eine solche Lastverteilung für einen Datenstrom korrekt funktioniert sind jedoch entweder geeignete Gegenstellen im Internet erforderlich oder es bedarf eines Netzbetreibers, der DSL und Mobilfunknetz „aus einer Hand“ betreibt und solche Gegenstellen um Entbündeln des über DSL und LTE gebündelten Datenstroms netzintern bereitstellt. Oftmals sind diese Voraussetzungen jedoch nicht gegeben, so dass es Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist, eine intelligente Bündelung von DSL und Mobilfunkzugang durch ein IAD zu erzielen.
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Diese Aufgabe wird durch eine Vorrichtung gemäß Anspruch 1 gelöst. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen sind insbesondere Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Nachfolgend wird die Erfindung näher unter Bezug auf die Figur erläutert.
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In 1 ist eine beispielhafte Vorrichtung, in der die Erfindung Verwendung finden kann, dargestellt.
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Dabei enthält ein sog. Integrated Access Device (100), mehrere technische Schnittstellen zu Internetzugängen (105, 106). Diese technischen Schnittstellen können intern realisiert sein, beispielsweise wenn es sich um ein IAD mit eingebautem DSL Modem handelt, oder extern zum Anschluss externer Modems. In diesem Fall wird die Schnittstelle üblicherweise über eine von außen zugängliche Ethernet-Schnittstelle realisiert. Werden ein oder mehrere Internetzugänge über eine Mobilfunkverbindung bereitgestellt, so kann sich das hierfür notwendige Funkmodem entweder innerhalb des IADs befinden oder über Schnittstelle (z.B. USB oder Ethernet) extern bereitgestellt werden. Auf diese lassen sich insb. die üblichen UMTS/LTE Datensticks anschließen und insbesondere auch räumlich getrennt vom IAD an einem Ort mit guter Funkversorgung. Im Folgenden wird das IAD als Einheit betrachtet, die mehrere Internetzugänge bereitstellt, unabhängig davon wie und wo sich die für die Realisierung der Internetanbindung notwendigen Modems befinden. Ferner wird davon ausgegangen, dass die Internetzugänge mittels paketbasiertem Übertragungsprotokoll eine Verbindung zum Internet herstellen. Auf die gemäß ISO/OSI Referenzmodell für eine Verbindung notwendigen Schichten 1 (Bitübertragung) und 2 (Sicherung) wird nicht näher eingegangen – die erfindungsgemäße Vorrichtung setzt voraus, dass eine dem jeweiligen physischen Übertragungsmedium entsprechend angepasste fehlergesicherte Verbindung zum Internet hergestellt wird. Da das IAD mehreren Verbindungen in das öffentliche Internet herstellt, wird als paketbasierte Übertragungsprotokoll TCP/IP verwendet, welches gemäß ISO/OSI Referenzmodell die Vermittlung von Daten (per Interprotokoll in der Version 4 oder 6) und den Transport von Daten mittels Transport Control Protocol (TCP) oder User Datagram Protocol (UDP) gewährleistet.
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Des Weiteren ist das IAD mit drahtgebundenen Endgeräten (102) oder mobilen Endgeräten (103) verbunden. Hierzu kommen geeignete LAN (101) Schnittstellen oder eine Verbindung per WLAN (104) zum Einsatz. Auf den Endgeräten sind Anwendungen installiert, die entweder nutzergesteuert oder automatisch Datenströme von und zu Gegenstellen im Internet übertragen. Gemäß der erfindungsgemäßen Vorrichtung werden diese Datenströme wie im Folgenden näher ausgeführt auf die am IAD verfügbaren Internetzugänge aufgeteilt. Jeder Datenstrom enthält anwendungsspezifische Daten, beispielsweise im Falle eines Zugriffs auf Webseiten Daten gemäß http/https Protokoll oder im Falle einer Sprachübertragung Daten gemäß UDP. Diese Protokolle übertragen wiederum die eigentlichen Nutzerdaten gemäß Internetprotokoll (IP). Zunächst realisiert das erfindungsgemäße IAD einen aus dem Stand der Technik bekannten IP Router: Jeder Internetzugang wird in dem Router als Gateway dargestellt. Ein IP Router verteilt abgehende IP Pakete gemäß ihrer Zieladressen. Zur Vereinfachung wird im Folgenden davon ausgegangen, dass sämtliche Zieladressen nicht lokale Ziele im Internet bezeichnen – jeder des von den Endgeräten beim IAD eingehenden IP Paketen muss daher über eine der aktiven Internetzugänge übertragen werden. Ist nur ein Internetzugang aktiv, so ist diese Entscheidung, welcher Internetzugang verwendet wird, trivial. Sind mehrere Internetzugänge bzw. Gateways aktiv, wird über statische oder dynamische Zielnetzvorgaben und/oder Metriken entschieden, welches Datenpaket über welches Gateway übertragen werden soll.
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Übliche IP Router verwenden hierzu als Metrik einen einfachen Wert in ganzen Zahlen, je niedriger dieser Wert ist, desto höher ist die Priorität des zugehörigen Gateways/Interface.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung teilt den Datenstrom jedoch regelbasiert in Abhängigkeit von Qualitätskriterien der Internetzugänge und/oder der Anwendungsdaten erfolgt. Im Unterschied zu der bekannten Metrik in Form einer einfachen Zahl, definieren Qualitätskriterien komplexe Metriken. Hierzu gehören insbesondere:
Der maximal erreichbare Datendurchsatz eines Internetzugangs, getrennt in Sende- und Empfangsrichtung. Diese Datendurchsätze können entweder durch Abfrage der Synchronisationswerte eines eingebauten DSL Modems erfolgen oder aber durch Messung des tatsächlich erreichbaren maximalen Datendurchsatzes. Alternativ kann die Ermittlung der Datendurchsätze auch durch eine Anfrage einer providerseitig vorgehaltenen Kunden- und/oder Provisionierungsdatenbank erfolgen. Insbesondere bei Internetzugängen mit hohen Datenraten ist neben dem in Bit/s gemessenen Datendurchsatz auch die Laufzeit der Daten von den am IAD angeschlossenen Endgeräten zu Gegenstellen (Server) im Internet relevant.
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In einer Ausführungsform der Erfindung wird daher auch die Antwortzeit bzw. Latenz von Gegenstellen als Metrik für die Qualitätskriterien verwendet. Die für die Messung herangezogenen Gegenstellen sind entweder providerseitig oder kundenseitig am IAD vordefiniert oder werden dynamisch aus den Zieladressen der zu übertragenen Datenströme ermittelt. Eine dynamische Ermittlung der zu messenden Gegenstellen ist insb. dann vorteilhaft, wenn die Internetzugänge über verschiedene Provider (und somit über verschiedene Internet Backbones) realisiert werden. So kann beispielsweise eine Bevorzugung der mobilen Internetzugangs erfolgen wenn über das Mobilfunknetz die aktuell von den Endgeräten angefragten Gegenstellen mit kürzerer Latenz erreicht werden können als über die drahtgebundenen Internetzugang – auch wenn die Latenz über die Luftschnittstelle höher ist als über die drahtgebundene Schnittstelle. Als Metrik wird daher immer sie Summe aller Latenzen auf dem Weg vom Endgerät zur Gegenstelle im Internet ermittelt.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltungsform der Erfindung werden die Qualitätskriterien der Anwendungsdaten aus dem verwendeten Übertragungsprotokoll abgeleitet. Als Übertragungsprotokoll kann hierbei entweder das Anwendungsübertragungsprotokoll wie z.B. http, https, SIP oder RTP herangezogen werden oder das Netzwerkübertragungsprotokoll wie z.B. TCP, UDP oder ICMP.
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In einer weiteren Ausgestaltungsform der Erfindung können die Qualitätskriterien auch von der Vorrichtung durch Abfrage einer providerseitig betriebenen Kundendatenbank ermittelt werden. Konkret würde das IAD durch einen Abfrage beim Provider eine Tabelle mit Regeln für eine Aufteilung des Datenstroms erhalten. Diese Tabelle könnte beispielsweise im Sinne einer Routing-Tabelle eine Zuordnung von Zieladressen und den für die Kommunikation mit den Zieladressen zu verwendeten Internetzugängen enthalten. Vorteilhafterweise erfolgt die Abfrage regelmäßig, beispielsweise kann das Abfrage-Intervall entweder statisch konfiguriert oder vom Provider dynamisch gesetzt werden. Dies erlaubt dem Provider eine dynamische Lenkung von Datenströme zwischen den verfügbaren Internetzugängen. Im Sinne eines selbstlernenden Systems könnten auch von IADs anderer Kunden übermittelter Metriken Regeln für das erfindungsgemäße IAD abgeleitet werden. Erfolgt beispielsweise üblicherweise die Übermittlung von Sprachdaten über das Mobilfunknetz und ergibt sich in einer bestimmten Region temporär eine Überlastung oder Beschränkung der Datenrate, so könnte aus den „Erfahrungswerten“ eines oder mehrere Kunden IADs die Regeln für andere IADs so angepasst werden, dass das IAD bevorzugt den nicht beeinträchtigten Internetzugang wählt.
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In einem weiteren Aspekt könnte die Kundendatenbank aber auch zu einer Abfrage der in einem bestimmten Zeitraum, beispielsweise in einem Monat bzw. Abrechnungszyklus insgesamt übertragenen Datenvolumens genutzt werden. Insbesondere bei über Mobilfunk realisierten Internetzugängen werden providerseitig den Kunden nur ein bestimmtes Datenvolumen pro Abrechnungszyklus gewährt. Bei Überschreitung dieses Datenvolumens wird entweder die Übertragung unterbrochen oder signifikant in der Datenrate gedrosselt. Da in der Kundendatenbank sowohl aktuell verbrauchtes Datenvolumen als auch das im Abrechnungszeitraum zur Verfügung stehenden Volumen bekannt ist, könnten die an das IAD übermittelten Qualitätskriterien auch das über einen bestimmten Internetzugang noch zur Verfügung stehende Datenvolumen berücksichtigen.
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In einer weiteren Ausgestaltungsform der Erfindung weist die Vorrichtung ein Bedienelement, wie beispielsweise einen Taster auf, der die Vorrichtung dazu veranlasst, die Regeln für die Aufteilung des Datenstroms für einen vorgegebenen Zeitraum dahingehend zu ändern, dass die Datenübertragung ausschließlich über den Internetzugang mit der höchsten Datenrate und/oder mit der niedrigsten Latenz erfolgt. Dieser in 1 schematisch dargestellte „Boost Button“ (107) könnte natürlich alternativ auch über das Webinterface des Routers oder über eine auf einem Endgerät des Nutzers installierte Software bzw. Smartphone App realisiert werden.