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Die Erfindung betrifft ein Schienenfahrzeug mit einer Sicherheitsfahrschaltung und ein Verfahren zum Betreiben des Schienenfahrzeugs
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In Schienenfahrzeugen sind die sogenannten Sicherheitsfahrschaltungen – früher Totmannschaltungen – bekannt, die überwachen, ob der Fahrer des Fahrzeugs anwesend und handlungsfähig ist. Andernfalls lösen sie ein Alarmsignal und/oder eine Schalthandlung aus. Beispielsweise muss dazu der Fahrer in vorgegebenen Zeitabständen einen Knopf, einen Drucktaster oder ein Pedal, allgemein als Totmannschalter/-taster bekannt, drücken. Unterlässt er dies, wird er durch ein optisches oder akustisches Alarmsignal darauf hingewiesen. Verstreicht eine weitere, vorgegebene Zeitspanne nach dem Alarmsignal ohne Betätigung des Totmannschalters kann beispielsweise eine Notbremsung eingeleitet werden.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine weitere Verbesserung der Sicherheit der Fahrgäste und des Umfelds eines Schienenfahrzeugs zu erreichen.
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Gelöst wird die Aufgabe durch die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 9. Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung finden sich in den Merkmalen der abhängigen Patentansprüche wieder.
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Ein erfindungsgemäßes Schienenfahrzeug umfasst eine Sicherheitsfahrschaltung und eine Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers, die ausgebildet ist, einen Mobilitätszustand des Fahrers zu erkennen und ein Signal zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung in Abhängigkeit des erkannten Mobilitätszustands zu erzeugen. Das Schienenfahrzeug umfasst somit eine Sicherheitsfahrschaltung mit Eye-Tracking.
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Vorrichtungen zum Überwachen von Augenbewegungen sind hinlänglich bekannt, unter anderem auch unter den Begriffen Eye-Tracking, Blickerfassung oder Okulographie. Im Bereich der Kraftfahrzeuge werden solche Vorrichtungen eingesetzt zur Überwachung des Fahrers und insbesondere zur Detektion eines Sekundenschlafs. Wird ein solcher festgestellt, wird ein Alarm ausgelöst.
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Gemäß der Erfindung wird die Sicherheitsfahrschaltung des Schienenfahrzeugs mit der Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers gekoppelt.
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Wird der Mobilitätszustand des Fahrers von der Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers als handlungsfähig erkannt, kann ein entsprechendes Signal zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung erzeugt und diese übermittelt werden. Die Sicherheitsfahrschaltung interpretiert dieses Signal als ob sie selbst die Handlungsfähigkeit erkannt hätte, also als ob der Fahrer den Totmannschalter rechtzeitig betätigt hätte. Dadurch kann beispielsweise eine regelmäßige Betätigung eines Totmannschalters durch den Fahrer entfallen. Der Totmannschalter wird quasi überbrückt. Wird hingegen der Mobilitätszustand des Fahrers von der Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers als nicht handlungsfähig erkannt, kann ebenfalls ein entsprechendes Signal zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung erzeugt und an diese ausgegeben werden. Dies ist insbesondere gleichzusetzen einer Erfassung des Mobilitätszustands des Fahrers von der Sicherheitsfahrschaltung als nicht handlungsfähig – also der ausbleibenden Betätigung des Totmannschalters – und führt zu denselben Konsequenzen. Es wird beispielsweise erst ein optisches und nach einer vorgegebenen Zeitspanne ein akustisches Alarmsignal ausgegeben. Werden diese ignoriert wird automatisch eine Zwangsbremsung durchgeführt, um das Schienenfahrzeug zum Stillstand zu bringen.
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Die Detektion eines nicht handlungsfähigen Fahrers führt insbesondere zur Auslösung eines Alarmsignals und/oder zur Einleitung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, insbesondere mittels einer Schalthandlung durch die Sicherheitsfahrschaltung. Die Schalthandlung besteht insbesondere in der Einleitung der Not- oder Zwangsbremsung des Fahrzeugs.
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Die Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers erkennt beispielsweise den Mobilitätszustand des Fahrers als nicht handlungsfähig, wenn sie einen Sekundenschlaf vom Fahrer erkennt. Auf einen Sekundenschlaf erkennt die Vorrichtung insbesondere bei der Detektion von geschlossenen Augen über eine vorgegebene Mindestzeitspanne, beispielsweise 2 Sekunden. Infolgedessen erzeugt sie ein entsprechendes Signal zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung und übermittelt es an diese – insbesondere zur Auslösung eines Alarmsignals und/oder zur Einleitung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr.
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Sie ist gemäß einer Weiterbildung der Erfindung entsprechend geeignet ausgebildet, einen Sekundenschlaf vom Fahrer zu erfassen und zu erkennen und ein entsprechendes Signal zu erzeugen und an die Sicherheitsfahrschaltung auszugeben.
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Gleichermaßen kann die Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers den Mobilitätszustand des Fahrers als nicht handlungsfähig erkennen, wenn sie ein gezieltes Betrachten eines Objekts unterhalb einer vorgegebenen virtuellen Linie im Gesichtsfeld des Fahrers erfasst. Auch hierzu ist sie weitergebildet geeignet ausgebildet.
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Hierdurch lässt sich beispielsweise erkennen, ob der Fahrer durch Bedienung eines elektronischen Geräts wie z.B. eines Smartphones abgelenkt ist. Um einen flüchtigen Blick auszuschließen, kann auch hier eine Mindestzeitspanne, beispielsweise 2 Sekunden, vorgegeben sein, über welche sich das gezielte Betrachten des Objekts unterhalb der vorgegebenen virtuellen Linie im Gesichtsfeld des Fahrers erstrecken muss, so dass ein entsprechendes Signal erzeugt und ausgegeben wird.
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Gemäß einer weiteren Weiterbildung verläuft die vorgegebene virtuelle Linie im Gesichtsfeld des Fahrers bei Geradeausfahrt des Fahrzeugs unterhalb eines Fahrerpults verläuft.
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Eine weitere Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass die Sicherheitsfahrschaltung zusätzlich einen vom Fahrer zu betätigenden Totmannschalter, beispielsweise einen manuell zu betätigenden Knopf oder ein per Fuß zu betätigendes Totmannpedal, umfasst, insbesondere um ein optisches oder akustisches Signal zu quittieren und die Einleitung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, beispielsweise einer Notbremsung, durch die Totmannschaltung zu verhindern.
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In einer weiteren Weiterbildung ist die Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers ausgebildet, in vorgegebenen zeitlichen Intervallen oder kontinuierlich ein Signal in Abhängigkeit eines erkannten Mobilitätszustands zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung zu erzeugen und an diese auszugeben. Beispielsweise handelt es sich um ein gepulstes Signal mit einer Wiederholfrequenz zwischen 2 und 10 Hz.
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Ein Signal wird als gepulst bezeichnet, wenn es nicht kontinuierlich besteht, sondern in einem bestimmten Rhythmus an- und abgeschaltet wird. Die dabei zugrundeliegende Regelmäßigkeit der Pulse unterscheidet es von einem amplitudenmodulierten Signal. Näher beschrieben wird ein gepulstes Signal über eine Pulsdauer und eine Wiederholfrequenz. Die Pulsdauer beträgt weiterbildungsgemäß mindestens 25 ms, insbesondere mindestens 50 ms. Gleichzeitig beträgt die Pulsdauer höchstens 500 ms, insbesondere höchstens 250 ms. Die Wiederholfrequenz beträgt weitergebildet mindestens 1 Hz, insbesondere mindestens 2 Hz und beispielsweise höchstens 20 Hz, insbesondere höchstens 10 Hz.
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Wie oben bereits beschrieben wird in vorgegebenen zeitlichen Intervallen oder kontinuierlich ein Signal an die Sicherheitsfahrschaltung übermittelt, unabhängig davon, ob nun ein Sekundenschlaf, ein gezieltes Betrachten eines Objekts unterhalb einer vorgegebenen virtuellen Linie im Gesichtsfeld des Fahrers durch den Fahrer oder sonstige nicht handlungsfähige Zustände des Fahrers erkannt werden. Das Signal als solches ist natürlich wiederum abhängig vom erkannten Mobilitätszustand.
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Der Mobilitätszustand beschreibt dabei bevorzugt wenigstens zwei Zustände: handlungsfähig und nicht handlungsfähig. Unter nicht handlungsfähig fallen dann beispielsweise die oben ausgeführten Zustände des Fahrers des Sekundenschlafs und des gezielten Betrachtens eines Objekts unterhalb einer vorgegebenen virtuellen Linie im Gesichtsfeld des Fahrers.
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Wie oben bereits ausgeführt, kann durch ein fortgesetztes Signal (diskret oder kontinuierlich) das regelmäßige Betätigen des Totmannschalters entfallen. Nur bei einem Alarmsignal wäre er beispielsweise noch zu Betätigen.
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Alternativ ist die Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers ausgebildet, einen Mobilitätszustand des Fahrers zu erkennen und nur dann ein Signal zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung zu erzeugen und auszugeben, wenn der Mobilitätszustand des Fahrers als nicht handlungsfähig erkannt wird, also insbesondere ein Sekundenschlaf des Fahrers oder das gezielte Betrachten eines Objekts unterhalb der vorgegebenen virtuellen Linie im Gesichtsfeld des Fahrers durch den Fahrer erkannt wird.
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Als weitere alternative Ausführungsform kann die Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers ausgebildet sein, einen Mobilitätszustand des Fahrers zu erkennen und nur dann ein Signal zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung zu erzeugen und auszugeben, wenn der Mobilitätszustand des Fahrers als handlungsfähig erkannt wird. Wird der Mobilitätszustand des Fahrers von der Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers als handlungsfähig erkannt, wird ein entsprechendes Dauersignal (gepulst) zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung übermittelt. Die Sicherheitsfahrschaltung interpretiert dieses Signal als ob sie selbst die Handlungsfähigkeit erkannt hätte, also als ob der Fahrer den Totmannschalter rechtzeitig betätigt hätte. Dadurch kann beispielsweise eine regelmäßige Betätigung eines Totmannschalters durch den Fahrer entfallen. Wird hingegen der Mobilitätszustand des Fahrers von der Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers als nicht handlungsfähig erkannt, wird kein Signal zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung übermittelt.
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Weitergebildet weist die Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers wenigstens zwei örtlich voneinander getrennte Sensoren auf, die in einem Fahrerstand des Fahrzeugs angeordnet und geeignet ausgebildet sind, die Augenbewegungen des Fahrers im Fahrerstand fortgesetzt zu überwachen. Auch hier kann eine fortgesetzte Überwachung sowohl kontinuierlich oder diskret in vorgegebenen, kurzen Zeitabständen erfolgen.
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Fürderhin kann die Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers ausgebildet sein, insbesondere sind die Sensoren entsprechend geeignet im Fahrerstand angeordnet, dass die Augenbewegungen des Fahrers über ein virtuelles Gesichtsfeld des Fahrers mit einer horizontalen Ausdehnung von wenigstens 200° zu überwachen sind.
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Das Gesichtsfeld des Fahrers umfasst dabei alle zentralen und peripheren Punkte und Gegenstände des Außenraums, die bei ruhiger, gerader Kopfhaltung und geradeaus gerichtetem, bewegungslosem Blick visuell wahrgenommen werden können, auch ohne sie direkt zu fixieren.
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Durchschnittlich beträgt die horizontale Ausdehnung des Gesichtsfelds bis zu 180°, die vertikale bis zu 130°. Bei dem vorgegebenen virtuellen Gesichtsfeld des Fahrers mit einer horizontalen Ausdehnung von wenigstens 200° sind somit auch die Augenbewegungen des Fahrers bei verdrehtem Kopf zu erfassen.
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Selbstverständlich kann die Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers fürderhin ausgebildet sein, eine Abwesenheit des Fahrers im Fahrerstand zu erkennen oder, dass Fahrer nicht nach vorne aus der Windschutzscheibe oder auf Rückspiegel blickt. Hier wiederum könnte nach einer vorgegebenen Zeit dann das entsprechende Signal erzeugt und ausgegeben werden, um zu vermeiden, dass jeder Seitenblick oder Blick aus den Seitenfenstern unmittelbar einen Alarm auslöst.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Betreiben eines erfindungsgemäßen Schienenfahrzeugs umfasst folgende Verfahrensschritte:
- – Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers mittels einer geeignet ausgebildeten Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers;
- – Erkennen eines Mobilitätszustands des Fahrers;
- – Erzeugen und Ausgeben eines Signals zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung in Abhängigkeit des erkannten Mobilitätszustands des Fahrers.
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Weitergebildet wird der Mobilitätszustand des Fahrers als nicht handlungsfähig erkannt, wenn ein Sekundenschlaf des Fahrers oder ein gezieltes Betrachten eines Objekts unterhalb einer vorgegebenen virtuellen Linie im Gesichtsfeld des Fahrers durch den Fahrer von der Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers erkannt wird.
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Eine weitere Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass der Mobilitätszustand des Fahrers kontinuierlich oder in vorgegebenen Intervallen erkannt und ein Signal zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung in Abhängigkeit eines erkannten Mobilitätszustands in vorgegebenen zeitlichen Intervallen oder kontinuierlich erzeugt und an die Sicherheitsfahrschaltung übermittelt wird.
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Wird ein Mobilitätszustands des Fahrers als nicht handlungsfähig erkannt und ein Signal zur Steuerung der Sicherheitsfahrschaltung in Abhängigkeit des erkannten Mobilitätszustands des Fahrers von der Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers erzeugt und an diese übermittelt, können folgende Verfahrensschritte folgen:
- – Ausgeben wenigstens eines Alarmsignals an den Fahrer;
- – Registrieren einer Quittierung des Alarmsignals durch den Fahrer und gegebenenfalls Erkennen eines Mobilitätszustands des Fahrers als handlungsfähig durch die Vorrichtung zum Überwachen der Augenbewegungen des Fahrers, oder ansonsten:
- – Auslösen vorgegebener Maßnahmen zur Gefahrenabwehr.
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Zunächst soll ein Alarmsignal ausgegeben werden und anschließend vorgegebene Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ausgeführt werden, z.B. eine Notbremsung eingeleitet werden.
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Ein Vorteil der Erfindung ist, dass die Augenbewegungen des Fahrers permanent überwacht werden können. Somit kann ein Zeitgewinn gegenüber einer herkömmlichen Sicherheitsfahrschaltung erzielt und infolgedessen der Nothalteweg des Fahrzeugs deutlich verkürzt werden.
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Wird ein Sekundenschlaf detektiert kann umgehend die Sicherheitsfahrschaltung angesteuert werden, ein Alarmsignal auszugeben, welches beispielsweise per manuelle Betätigung des Totmannschalters innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne quittiert werden muss, da ansonsten Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, beispielsweise eine Notbremsung, durch die Sicherheitsfahrschaltung eingeleitet und ausgelöst werden.
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Angenommen die Erkennung eines Sekundenschlafs erfolgt bei Erfassung von ununterbrochen geschlossenen Augen des Fahrers über einen Zeitraum von 2 Sekunden, dann kann das Alarmsignal je nach Funktionsweise bis zu 28 Sekunden früher ausgegeben werden, als bei einer Sicherheitsfahrschaltung, die ausgelegt ist, dass der Fahrer innerhalb von 30 Sekunden einmal den Totmannschalter betätigt. In den beispielhaft genannten 28 Sekunden kann das Fahrzeug eine Strecke in Abhängigkeit seiner Geschwindigkeit von mehreren Dutzend bis mehreren Hundert Metern zurücklegen. Auf dieser Wegstrecke könnten Gefahren übersehen werden. Die Erfindung hilft, die vom Fahrer unbeobachtete Wegstrecke deutlich zu verkürzen.
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Der weitere Zeitraum zur Quittierung des Alarmsignals beträgt beispielsweise ebenfalls 2 Sekunden und ist identisch zur Zeitspanne zur Quittierung des Alarmsignals der Sicherheitsfahrschaltung, welches üblicherweise ausgelöst wird, wenn es der Fahrer unterlässt, den Totmannschalter rechtzeitig zu betätigen.