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Die vorliegende Erfindung betrifft zunächst eine Dichtungseinheit zum Abdichten eines ersten Maschinenelementes gegenüber einem zweiten Maschinenelement, wobei das erste Maschinenelement gegenüber dem zweiten Maschinenelement rotierbar ist. Die Erfindung betrifft weiterhin eine Maschinenelementanordnung, welche die erfindungsgemäße Dichtungseinheit umfasst.
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Die
DE 10 2012 216 271 A1 zeigt ein Dichtungselement für ein Wälzlager, bei welchem zwei Kunststoffe mit unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten verwendet werden, um eine Kontaktpressung temperaturabhängig einstellen zu können.
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Die
DE 10 2007 045 819 A1 lehrt eine radiale Wellendichtungsanordnung mit Formgedächtnislegierungselementen, deren Eigenschaften temperaturabhängig sind.
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Aus der
DE 10 2008 017 306 A1 ist eine Dichtvorrichtung mit einem elektroaktiven Einstellelement bekannt, dessen Eigenschaften durch eine Einstellvorrichtung veränderbar sind.
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Die
DE 103 36 341 A1 zeigt eine Abdichtung für ein Wälzlager, welche eine rotierende Dichtscheibe mit einer Dichtlippe umfasst. Die Dichtlippe ist mit einer Wulst versehen, deren Anordnung und Einbaulage eine fliehkraftgeregelte Vorspannung bewirkt. Es wird eine Kontaktpressung erzielt, die mit steigender Drehzahl abnimmt.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht ausgehend vom Stand der Technik darin, die Veränderung einer Dichtwirkung einer rotativen Dichtung bei steigender Drehzahl in einem größeren Maße beeinflussen zu können.
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Die genannte Aufgabe wird gelöst durch eine Dichtungseinheit gemäß dem beigefügten Anspruch 1 sowie durch eine Maschinenelementanordnung gemäß dem beigefügten nebengeordneten Anspruch 3.
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Die erfindungsgemäße Dichtungseinheit dient zum Abdichten eines ersten Maschinenelementes gegenüber einem zweiten Maschinenelement. Das erste Maschinenelement ist gegenüber dem zweiten Maschinenelement rotierbar. Dabei rotiert das erste Maschinenelement insbesondere gegenüber dem in Ruhe befindlichen zweiten Maschinenelement. Bei der erfindungsgemäßen Dichtungseinheit handelt es sich somit um eine rotative Dichtung.
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Die erfindungsgemäße Dichtungseinheit umfasst eine Dichtscheibe aus einem elastischen Kunststoff. Die Dichtscheibe besitzt einen auf dem ersten Maschinenelement anzuordnenden Dichtungssitz, mit welchem die Dichtscheibe dicht auf dem ersten Maschinenelement sitzen kann. Die Dichtscheibe besitzt weiterhin eine umlaufende Dichtlippe, die dazu ausgebildet ist, auf einer am zweiten Maschinenelement angeordneten Gegendichtfläche durch Kontaktpressung zum Anliegen zu kommen. Die Dichtlippe ist gegenüber der Gegendichtfläche rotierbar. Die Gegendichtfläche kann als integraler Bestandteil des zweiten Maschinenelementes oder auch als ein Teil der Dichtungseinheit ausgebildet sein. Die Dichtlippe ist bevorzugt torusförmig bzw. kreisringförmig und radial außen auf der Dichtscheibe angeordnet. Zwischen der Dichtlippe und der Gegendichtfläche kommt es zur Abdichtung.
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Erfindungsgemäß sind in der Dichtscheibe mehrere Fliehkraftelemente eingebettet, die bei einer Rotation der Dichtscheibe zu einer verstärkten Fliehkraftwirkung auf die Dichtscheibe und insbesondere auf die Dichtlippe führen. Die Fliehkraftelemente besitzen eine Dichte, die größer als eine Dichte des Kunststoffes ist. Bei den genannten Dichten handelt es sich um Massedichten, d. h. Masse je Volumen. Entsprechend besitzen die Fliehkraftelemente ein spezifisches Gewicht, welches größer als ein spezifisches Gewicht des Kunststoffes ist. Die Fliehkraftelemente sind bevorzugt in der Dichtlippe der Dichtscheibe eingebettet. Die Dichte der Fliehkraftelemente ist bevorzugt mindestens doppelt; besonders bevorzugt mindestens fünf Mal so groß wie die Dichte des Kunststoffes.
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Die erfindungsgemäße Dichtungseinheit bewirkt eine adaptive Abdichtung und kann bei unterschiedlichsten Anwendungen mit rotierenden Maschinenelementen in allen Größenbereichen z. B. in der Medizintechnik, in der Automobiltechnik oder in der Windkrafttechnik verwendet werden. Erfindungsgemäß wird die verstärkte Fliehkraft genutzt, um eine geometrische Veränderung der Dichtscheibe und damit eine veränderte Dichtwirkung mit zunehmender Drehzahl zu erreichen. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Ausführungsformen, die zu unterschiedlichen Wirkungen führen. Bei einer ersten Ausführungsform weist die Dichtlippe einen Radius auf, welcher größer als ein Radius der am zweiten Maschinenelement angeordneten Gegendichtfläche ist. Somit führt eine höhere Drehzahl zu einem Öffnen der Dichtungseinheit und somit zu weniger Reibungsverlusten, zu einer besseren Energiebilanz und zu weniger Verschleiß. Bei einer zweiten Ausführungsform weist die Dichtlippe einen Radius auf, welcher kleiner als ein Radius der am zweiten Maschinenelement angeordneten Gegendichtfläche ist. Somit führt eine höhere Drehzahl zu einem Schließen oder zu einer erhöhten Dichtwirkung durch eine höhere Anpresskraft. Hiermit kann dem Effekt entgegengewirkt werden, dass sich die Viskosität von Öl bei höheren Temperaturen derart verändert, dass es flüssiger wird und aus der Dichtungseinheit austritt. Auch können durch diese Ausführungsform hohe Leckageanforderungen z. B. in der Medizintechnik erfüllt werden. Grundsätzlich erlaubt die Erfindung einer Erweiterung des Einsatzspektrums durch Verstärkung der Dichtwirkung vor allem beim Betrieb mit höheren Drehzahlen.
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Die Dichtwirkung der erfindungsgemäßen Dichtungseinheit z. B. für Wälzlager und Wellen kann in Abhängigkeit von der Drehzahl in einem hohen Maße verändert werden. Dies wird dadurch erreicht, dass in der rotierbaren Dichtlippe die mehreren Fliehkraftelemente eingebettet sind, welche aus einem Material mit einem hohen spezifischen Gewicht bestehen. Durch die Rotation der Dichtlippe wird aufgrund der Fliehkraft der Fliehkraftelemente die Dichtscheibe geometrisch verändert. Der Außendurchmesser der Dichtscheibe wird aufgrund der Fliehkraft und des elastischen Materials der Dichtscheibe größer. Dadurch wird die Kontaktpressung zwischen der Dichtlippe und der Gegendichtfläche je nach Ausführungsform niedriger oder höher und damit auch die Dichtwirkung entsprechend verändert. Durch die Form der Dichtscheibe und der Gegendichtfläche sowie durch die Elastizität bzw. Steifigkeit des Kunststoffes der Dichtscheibe sowie durch die Dichte und Größe der Fliehkraftelemente wird der Effekt der Fliehkraft beeinflusst, sodass eine Veränderung der Kontaktpressung je nach Ausführungsform früher oder später bzw. steiler oder flacher mit der Drehzahl ansteigt oder abfällt.
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Der elastische Kunststoff ist bevorzugt durch ein Elastomer gebildet. Die Fliehkraftelemente können teilweise oder bevorzugt vollständig in der Dichtscheibe bzw. in der Dichtlippe eingebettet sein.
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Die Fliehkraftelemente bestehen bevorzugt aus einem Metall. Sie sind bevorzugt in der Dichtlippe umfänglich gleichverteilt angeordnet. Die Anzahl der Fliehkraftelemente beträgt bevorzugt mindestens drei.
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In der Dichtscheibe ist bevorzugt weiterhin eine umfängliche Armierung angeordnet. Die erfindungsgemäße Maschinenelementanordnung umfasst ein erstes Maschinenelement und ein zweites Maschinenelement. Das erste Maschinenelement ist gegenüber dem zweiten Maschinenelement rotierbar. Die erfindungsgemäße Maschinenelementanordnung umfasst weiterhin die erfindungsgemäße Dichtungseinheit. Die erfindungsgemäße Maschinenelementanordnung umfasst bevorzugt eine bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Dichtungseinheit. Die Dichtscheibe der Dichtungseinheit sitzt mit ihrem Dichtungssitz dicht auf dem ersten Maschinenelement und ist gemeinsam mit dem ersten Maschinenelement rotierbar. Die Dichtscheibe der Dichtungseinheit kommt mit ihrer Dichtlippe auf einer am zweiten Maschinenelement angeordneten Gegendichtfläche zum Anliegen.
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Das erste Maschinenelement ist bevorzugt durch eine Welle gebildet, während das zweite Maschinenelement durch eine Lager- oder Gehäusekomponente gebildet ist.
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Alternativ bevorzugt sind das erste Maschinenelement und das zweite Maschinenelement durch jeweils einen Lagerring eines rotativen Lagers gebildet. Bei den beiden Lagerringen handelt es sich um einen Innenring und um einen Außenring. Bei dem rotativen Lager handelt es sich bevorzugt um ein Wälzlager. Somit handelt es sich bei der erfindungsgemäßen Maschinenelementanordnung bevorzugt um ein abgedichtetes Wälzlager.
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Die umlaufende Dichtlippe weist bevorzugt einen Radius auf, welcher kleiner als ein Radius der am zweiten Maschinenelement angeordneten umlaufenden Gegendichtfläche ist. Somit ist die Dichtlippe radial innerhalb der Gegendichtfläche angeordnet. Bei steigender Drehzahl wird die Dichtlippe zunehmend gegen die Gegendichtfläche gepresst. Die umlaufende Gegendichtfläche ist radial nach innen ausgerichtet. Die umlaufende Dichtlippe ist radial nach außen ausgerichtet. Die Gegendichtfläche ist bevorzugt an einer inneren Wandung einer Hohlzylinderform des zweiten Maschinenelementes ausgebildet.
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Die umlaufende Dichtlippe weist alternativ bevorzugt einen Radius auf, welcher größer als ein Radius der am zweiten Maschinenelement angeordneten umlaufenden Gegendichtfläche ist. Somit ist die Dichtlippe radial außerhalb der Gegendichtfläche angeordnet. Bei steigender Drehzahl wird die Dichtlippe zunehmend von der Gegendichtfläche weggedrückt. Die umlaufende Gegendichtfläche ist radial nach außen ausgerichtet. Die umlaufende Dichtlippe ist radial nach innen ausgerichtet. Die Gegendichtfläche ist bevorzugt an ein oder zwei umfänglich ausgebildeten Vorsprüngen am zweiten Maschinenelement ausgebildet. Die Dichtlippe liegt radial außen auf dem Vorsprung auf.
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Die genannten Radien beziehen sich jeweils auf eine Kreisringform der Dichtlippe bzw. der Gegendichtfläche und sind auf eine Rotationsachse des ersten Maschinenelementes bezogen.
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Weitere Einzelheiten, Vorteile und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, unter Bezugnahme auf die Zeichnung. Es zeigen:
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1 eine bevorzugte Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Dichtungseinheit in einer seitlichen Ansicht;
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2 eine bevorzugte Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Maschinenelementanordnung in einer Querschnittsansicht; und
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3 eine weitere bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Maschinenelementanordnung in einer Querschnittsansicht.
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1 zeigt eine bevorzugte Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Dichtungseinheit in einer seitlichen Ansicht. Die Dichtungseinheit umfasst eine kreisringförmige Dichtscheibe 01, die einen kreisförmigen Dichtungssitz 02 umfasst, mit welcher sie dicht auf einer ein erstes Maschinenelement bildenden Welle 03 zu befestigen ist. Die Welle 03 ist rotierbar. Bei einer Rotation der Welle 03 rotiert die Dichtscheibe 01 ebenso. Die Dichtscheibe 01 weist an ihrem äußeren Umfang eine umlaufende torusförmige Dichtlippe 04 auf, welche an einer Gegendichtfläche 06 (gezeigt in 2 und 3) eines ein zweites Maschinenelement bildenden Gehäuses 07 (gezeigt in 2 und 3) zum Anliegen kommt.
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Die Dichtscheibe 01 besteht aus einem elastischen Kunststoff. In der Dichtlippe 04 sind vier Fliehkraftelemente 08 aus einem Metall eingebettet. Das Metall weist eine wesentliche höhere Dichte als der Kunststoff auf. Die vier Fliehkraftelemente 08 sind umfänglich gleich verteilt, sodass jeweils zwei benachbarte der Fliehkraftelemente 08 einen Winkel von 90° zueinander aufweisen.
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2 zeigt eine bevorzugte Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Maschinenelementanordnung in einer Querschnittsansicht. Die Maschinenelementanordnung umfasst die bereits in 1 gezeigte Welle 03 mit der darauf sitzenden Dichtscheibe 01. Die Welle 03 mit der darauf sitzenden Dichtscheibe 01 ist um eine Achse 11 rotierbar. Die rotierbare Welle 03 wird von dem ruhenden Gehäuse 07 umgeben. Die Dichtscheibe 01 dichtet die Welle 03 gegenüber dem Gehäuse 07 ab. Die Dichtlippe 04 kommt auf einer die Gegendichtfläche 06 bildenden zylinderförmigen Innenwand 12 des Gehäuses 07 zum Anliegen. Bei zunehmender Drehzahl der Welle 03 mit der darauf sitzenden Dichtscheibe 01 bewirken die Fliehkraftelemente 08 eine zunehmende Fliehkraft auf die Dichtlippe 04, sodass diese radial nach außen gepresst wird, wodurch sich der Anpressdruck gegen die Innenwand 12 des Gehäuses 07 erhöht und die Dichtwirkung größer wird. Die umlaufende Dichtlippe 04 weist in Bezug auf die Achse 11 einen kleineren Radius als die die Gegendichtfläche 06 bildende zylinderförmige Innenwand 12 des Gehäuses 07 auf.
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Die Dichtscheibe 01 ist durch eine Armierung 13 verstärkt.
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3 zeigt eine weitere bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Maschinenelementanordnung in einer Querschnittsansicht. Diese Ausführungsform gleicht zunächst der in 2 gezeigten Ausführungsform, die jedoch eine alternative Ausbildung der Gegendichtfläche 06 besitzt. Die Gegendichtfläche 06 ist bei dieser Ausführungsform doppelt an zwei umlaufenden Vorsprüngen 14 in einer torusförmigen Ausnehmung 16 im Gehäuse 07 gebildet. Die torusförmige Ausnehmung 16 ist stirnseitig an zwei Gehäusehälften 17 des Gehäuses 07 ausgebildet, die durch Schrauben 18 fest miteinander verbunden sind. Bei zunehmender Drehzahl der Welle 03 mit der darauf sitzenden Dichtscheibe 01 bewirken die Fliehkraftelemente 08 eine zunehmende Fliehkraft auf die Dichtlippe 04, sodass diese radial nach außen gepresst wird, wodurch sich der Anpressdruck gegen die umlaufenden Vorsprünge 14 des Gehäuses 07 verringert und die Dichtwirkung kleiner wird und die Dichtlippe 04 zunehmend von den umlaufenden Vorsprüngen 14 des Gehäuses 07 abhebt. Die umlaufende Dichtlippe 04 weist in Bezug auf die Achse 11 einen größeren Radius als die die Gegendichtfläche 06 bildenden umlaufenden Vorsprünge 14 des Gehäuses 07 auf.
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Bezugszeichenliste
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- 01
- Dichtscheibe
- 02
- Dichtungssitz
- 03
- Welle
- 04
- Dichtlippe
- 05
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- 06
- Gegendichtfläche
- 07
- Gehäuse
- 08
- Fliehkraftelement
- 09
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- 10
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- 11
- Achse
- 12
- Innenwand
- 13
- Armierung
- 14
- umlaufender Vorsprung
- 15
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- 16
- torusförmige Ausnehmung
- 17
- Gehäusehälfte
- 18
- Schraube
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102012216271 A1 [0002]
- DE 102007045819 A1 [0003]
- DE 102008017306 A1 [0004]
- DE 10336341 A1 [0005]