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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft elektromechanische Lenksysteme für Kraftfahrzeuge, insbesondere Verfahren zum Ermitteln einer Lenkunterstützungskraft.
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Technischer Hintergrund
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Elektromechanische Lenksysteme umfassen einen Lenkunterstützungsantrieb, um eine Lenkunterstützungskraft bereitzustellen. Die Lenkunterstützungskraft dient dazu, den Fahrer bei Lenkbewegungen zu unterstützen. Üblicherweise wird die Lenkunterstützungskraft abhängig von einem über ein Lenkrad des Lenksystems aufgebrachten Handmoment ermittelt und über den Lenkunterstützungsantrieb in das Lenksystem eingebracht. Das Handmoment wird dabei als Fahrerwunsch interpretiert und über ein Kennfeld einer Lenkunterstützungskraft zugeordnet. Über die Abhängigkeit zu dem Handmoment hinaus kann durch das Lenkunterstützungskennfeld die Lenkunterstützungskraft auch abhängig von der Fahrzeuggeschwindigkeit und abhängig von zusätzlichen Lenkfunktionen im Bereich der Fahrerassistenz, wie beispielsweise Einparkassistenz, Spurhalteassistenz und dergleichen bestimmt werden.
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Die Lenkunterstützungskraft und das Handmoment bestimmen eine Zahnstangenkraft, die über die Zahnstange auf die gelenkten Räder wirkt. Da die Zahnstangenkraft von einem Fahrzustand des Kraftfahrzeugs abhängt, bestimmt die bereitgestellte Lenkunterstützungskraft das Handmoment, das vom Fahrer aufgebracht werden muss. Die Lenkunterstützungskraft wird daher vom Fahrer über das Handmoment haptisch wahrgenommen. Die haptische Wahrnehmung der Lenkunterstützungskraft ist für den Fahrer eine wichtige Information über den Zustand des Kraftfahrzeugs, insbesondere über die Höhe der Querbeschleunigung, respektive der Reifenseitenkraft, die auf die gelenkten Räder wirkt.
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Aus der Druckschrift
DE 10 2011 052 881 A1 ist ein Verfahren zum Bestimmen einer Zahnstangenkraft für eine Lenkvorrichtung bekannt. Es wird eine erste Zahnstangenkraft in Abhängigkeit von mindestens einer in der Lenkvorrichtung auftretenden Kraft ermittelt. Um aus Gründen des Fahrkomforts eine weniger starke Rückmeldung der Kraftverhältnisse in der Lenkvorrichtung zu geben, wird eine zweite Zahnstangenkraft in Abhängigkeit von mindestens einer Fahrzeuggröße, die den Bewegungszustand des Fahrzeugs charakterisiert, ermittelt und anhand der ersten Zahnstangenkraft und der zweiten Zahnstangenkraft eine reflektierende Zahnstangenkraft gebildet.
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Die Druckschrift
DE 10 2013 009 300 A1 offenbart ein Verfahren zur Erkennung einer kritischen Fahrsituation eines Fahrzeugs, wobei eine Abweichung von einem vordefinierten Zusammenhang zwischen der Zahnstangenkraft einer Zahnstange und dem Lenkeinschlag des Fahrzeugs erkannt wird und bei einer erkannten Abweichung eine kritische Fahrsituation des Fahrzeugs festgestellt wird.
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Die obigen Lenksysteme stellen eine Lenkunterstützungskraft bereit, die in einem vorgegebenen Zusammenhang zum gemessenen Handmoment stehen. Der Verlauf des Handmoments folgt gemäß der Vorderachsenaufhängung dem Verlauf des Rückstellmoments der gelenkten Räder der Vorderachse. Dadurch wirken sich Änderungen der Zahnstangenkraft, die sich aufgrund von Änderungen der Reibung und Haftung zwischen den gelenkten Rädern und der Fahrbahn ergeben, nur abgeschwächt über das Handmoment auf den Fahrer.
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die Wahrnehmbarkeit von auf die Zahnstangenkraft wirkenden Änderungen eines Fahrzustands des Kraftfahrzeugs zu verbessern.
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Offenbarung der Erfindung
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Diese Aufgabe wird durch das Verfahren zum Ermitteln einer Lenkunterstützungskraft für ein Lenksystem eines Kraftfahrzeugs gemäß Anspruch 1 sowie durch das Lenkungssteuergerät und das Lenksystem gemäß den nebengeordneten Ansprüchen gelöst.
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Weitere Ausgestaltungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Gemäß einem ersten Aspekt ist ein Verfahren zum Ermitteln einer Lenkunterstützungskraft für ein Lenksystem eines Kraftfahrzeugs vorgesehen, mit folgenden Schritten:
- – Bestimmen einer Lenkunterstützungskraft basierend auf einem von einem Fahrer aufgebrachten Handmoment;
- – Modifizieren der Lenkunterstützungskraft abhängig von einem sich auf eine Querkraft des Lenksystems auswirkenden Fahrzustand.
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Eine Idee des obigen Verfahrens besteht darin, die Lenkunterstützungskraft abhängig von einer Änderung eines Fahrzustands, der sich in einer Änderung der Zahnstangenkraft auswirkt, anzupassen. Bisher folgt die Lenkunterstützungskraft bzw. das vom Fahrer wahrnehmbare Handmoment der Zahnstangenkraft, so dass äußere Einwirkungen auf die Zahnstangenkraft durch die Bindung an die Lenkunterstützungskraft vom Fahrer in abgeschwächter Form wahrgenommen werden. Im Gegensatz dazu wird nach obigem Verfahren der Verlauf der Lenkunterstützungskraft abhängig von die Zahnstangenkraft beeinflussenden Fahrzuständen so modifiziert, dass entweder die Wahrnehmbarkeit des betreffenden Fahrzustands unterdrückt wird oder dem Fahrer durch die Änderung des resultierenden Handmoments eine haptische Information zur Verfügung gestellt wird.
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Dadurch kann der haptische Informationsgehalt im Verlauf des Handmoments bzw. der Lenkunterstützungskraft gezielt beeinflusst und so dem Fahrer über das wirkende Handmoment eine verbesserte Rückmeldung über den Fahrzustand des Kraftfahrzeugs gegeben werden.
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Die Querbeschleunigung bestimmt maßgeblich die Zahnstangenkraft, und der Verlauf der Lenkunterstützungskraft kann beispielsweise abhängig von der Querbeschleunigung ermittelt werden. Damit ist es möglich, die maximal übertragbare Querbeschleunigung in Form einer haptischen Rückmeldung im Handmoment zu kommunizieren.
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Insbesondere kann der Momentenabriss beim Übergang in den nichtlinearen Bereich der Haftreibung dem Fahrer deutlicher dargestellt oder auch unterdrückt werden, oder es kann eine maximal durch die gelenkten Räder übertragbare Querkraft bzw. eine maximale Querbeschleunigung durch eine vom Fahrer wahrnehmbare plötzliche Veränderung der Lenkunterstützungskraft angegeben werden. Dadurch wird der Fahrer unterstützt, eine bessere Ausnützung des fahrdynamischen Potenzials zu erzielen. Somit kann zusätzlich zur Berechnung der Lenkunterstützungskraft abhängig von dem Handmoment durch Einbeziehung weiterer Zustandsgrößen ein zusätzlicher Informationsgehalt generiert werden.
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Somit lassen sich vielfältige Möglichkeiten bei dem Bereitstellen einer zusätzlichen haptischen Information über das Handmoment zur Verfügung stellen, wie z.B. der Übergang der Haftreibung in die Gleitreibung an den Reifen der gelenkten Räder, wie sich beispielsweise durch einen Vergleich der gemessenen oder beobachteten Zahnstangenkraft mit einer Referenz-Zahnstangenkraft eines linearen Referenzmodells ergibt. Insgesamt lassen sich solche haptischen Rückmeldungen in einfacher Weise über stehende Lenksysteme ergänzen.
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Allgemein kann der Fahrzustand anhand einer Abweichung festgestellt werden, die durch die tatsächliche Querkraft des Lenksystems und eine vorgegebene Referenzgröße bestimmt ist.
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Weiterhin kann der Fahrzustand anhand einer Abweichung einer tatsächlich auf eine Zahnstange des Lenksystems wirkenden Zahnstangenkraft von einer sich aus der Fahrzeuggeschwindigkeit ergebenden Referenz-Zahnstangenkraft festgestellt werden. Die Abweichung tritt insbesondere bei äußeren Einwirkungen auf das Lenksystem, wie beispielsweise bei einer Änderung einer von den gelenkten Rädern aufnehmbaren Querkraft, auf.
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Insbesondere kann die Lenkunterstützungskraft aus einem modifizierten Handmoment gemäß einer vorgegebenen Lenkunterstützungsfunktion, insbesondere einem Lenkunterstützungskennfeld, bestimmt werden. Das modifizierte Handmoment kann durch Beaufschlagen des Handmoments mit einer Anpassungsgröße ermittelt werden, wobei insbesondere die Anpassungsgröße basierend auf einer Abweichung einer tatsächlich auf eine Zahnstange des Lenksystems wirkenden Zahnstangenkraft von einer sich aus der Fahrzeuggeschwindigkeit ergebenden Referenz-Zahnstangenkraft bestimmt wird.
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Weiterhin kann die Anpassungsgröße gemäß einer vorgegebenen Anpassungsfunktion abhängig von der Abweichung bestimmt werden.
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Gemäß einer Ausführungsform kann die Lenkunterstützungskraft in einem Bereich von Fahrzuständen, in dem die Querkraft aufgrund des Reibverhaltens zwischen Rädern und Fahrbahn nichtlinear von dem Lenkwinkel abhängt, so modifiziert werden, dass das aufzubringende Handmoment in dem Bereich von Fahrzuständen gemäß einer vorgegebenen Verlaufsfunktion, insbesondere zumindest abschnittsweise linear, über dem Lenkwinkel verläuft.
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Weiterhin kann die Lenkunterstützungskraft so modifiziert werden, dass bei Erreichen eines Lenkwinkels, an dem eine von den Rädern auf der Fahrbahn erreichbare maximale Querbeschleunigung erreicht wird, das aufzubringende Handmoment insbesondere sprunghaft reduziert oder erhöht wird.
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Insbesondere kann die Lenkunterstützungskraft an die Zahnstange angelegt oder in diese eingekoppelt werden.
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Weiterhin kann die Lenkunterstützungskraft durch ein Motormoment eines Stellmotors des Lenkunterstützungsantriebs bereitgestellt werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt ist eine Steuereinheit, insbesondere ein Lenkungssteuergerät, vorgesehen, das ausgebildet ist, um eine Lenkunterstützungskraft basierend auf einem von einem Fahrer aufgebrachten Handmoment zu bestimmen und die Lenkunterstützungskraft abhängig von einem sich auf eine Querkraft des Lenksystems auswirkenden Fahrzustand zu modifizieren.
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Gemäß einem weiteren Aspekt ist ein Lenksystem vorgesehen, umfassend:
- – eine Zahnstange, die mit gelenkten Rädern verbunden ist, wobei auf die Zahnstange ein von einem Fahrer ausgeübtes Handmoment einwirkt,
- – die obige Steuereinheit;
- – einen Lenkunterstützungsantrieb, der ausgebildet ist, um auf die Zahnstange die Lenkunterstützungskraft aufzubringen.
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Kurzbeschreibung der Zeichnungen
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Ausführungsformen werden nachfolgend anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine schematische Darstellung eines Lenksystems mit elektromechanischer Lenkunterstützung;
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2 ein Diagramm zur Darstellung des Verlaufs der Zahnstangenkraft;
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3 eine schematische Blockdarstellung der in der Steuereinheit ausgeführten Funktion zur Ermittlung der Lenkunterstützungskraft; und
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4 ein Diagramm zur Darstellung der Verläufe einer Zahnstangenkraft, einer Referenz-Zahnstangenkraft, eines Soll-Motormoment, eines Handmoments sowie einer Zahnstangenkraftabweichung über dem Lenkwinkel.
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Beschreibung von Ausführungsformen
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In 1 ist eine schematische Darstellung eines Lenksystems 1 gezeigt. Das Lenksystem 1 weist eine Zahnstange 2 auf, die mit gelenkten Rädern 3 in an sich bekannter Weise gekoppelt ist, so dass diese gemäß einem vorgegebenen Lenkwinkel durch eine translatorische Bewegung der Zahnstange 2 gestellt werden können.
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Die Zahnstange 2 ist über eine erste mechanische Kopplung 4 mit einer Lenkwelle 5 gekoppelt, über das ein über ein Lenkrad 7 manuell aufgebrachtes Handmoment auf die Lenkstange 2 als Lenkkraft aufgebracht werden kann.
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Es ist weiterhin ein Lenkunterstützungsantrieb 6 vorgesehen, der einen Stellmotor 61 aufweist, der über eine zweite mechanische Kopplung 62 mit der Zahnstange 2 insbesondere mit einem Kopplungsbereich 21 der Zahnstange 2 gekoppelt ist. Der Stellmotor 61 kann insbesondere als eine elektronisch kommutierte Maschine ausgebildet sein. Über den Lenkunterstützungsantrieb 6 kann durch Ansteuern des Stellmotors 61 eine Lenkunterstützungskraft auf die Zahnstange 2 aufgebracht werden.
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Weiterhin ist eine Steuereinheit 10 vorgesehen, die mit dem Lenkunterstützungsantrieb 6 verbunden ist, um die Lenkunterstützungskraft gesteuert bereitzustellen.
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Herkömmlich wird die Lenkunterstützungskraft im Wesentlichen abhängig von der auf die Zahnstange 2 wirkenden Zahnstangenkraft eingestellt, diese Abhängigkeit kann über einen großen Stellbereich linear verlaufen. Zusätzlich kann die Fahrzeuggeschwindigkeit, die die Lenkbarkeit der gelenkten Räder 3 erheblich beeinflusst, als Parameter für die Ermittlung der Lenkunterstützungskraft verwendet werden.
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Wie in dem Diagramm der 2 gezeigt ist, wirkt der Fahrzustand des Kraftfahrzeugs bei Kurvenfahrten über die Querbeschleunigung, die sich aus Fahrzeuggeschwindigkeit und dem Lenkwinkel ergibt, unmittelbar auf die Zahnstange 2 und bewirkt die resultierende Zahnstangenkraft entsprechend einer linearen Abhängigkeit, da eine feste Kopplung der gelenkten Räder 3 an die Fahrbahn aufgrund der ausreichend hohen Haftung und Reibung besteht. Ab einer bestimmten Querbeschleunigung gelangt die Kopplung der gelenkten Räder 3 an die Fahrbahn in einen nichtlinearen Bereich und es entsteht seitlicher Schlupf, so dass der weitere Verlauf der Zahnstangenkraft bei Anstieg einer auf die Räder wirkenden Querkraft Q und bei sich entsprechender erhöhender Querbeschleunigung geringer ist, bis eine maximal von den gelenkten Rädern aufnehmbare Querkraft Q erreicht ist. Dies ist in 2 für eine vorgegebene Fahrzeuggeschwindigkeit gezeigt. Dort wird die der Querkraft Q entsprechende Zahnstangenkraft F_Zahnstange über dem Lenkwinkel Phi_LRW aufgetragen. Der Lenkwinkel Phi_LRW1 entspricht dem Übergang der Zahnstangenkraft F_Zahnstange in den nicht-linearen Bereich und der Lenkwinkel Phi_LRW2 dem Punkt, an dem die maximale aufnehmbare Querkraft bzw. die maximale Querbeschleunigung erreicht ist und die Zahnstangenkraft F_Zahnstange nicht weiter ansteigt.
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Die konventionelle Kopplung der Lenkunterstützungskraft an die Zahnstangenkraft führt dazu, dass der Fahrer über das sich daraus ergebende Handmoment den Übergang an dem Punkt Phi_LRW1 und das Erreichen des Punktes Phi_LRW2 jeweils durch ein etwas leichtgängigeres Lenken wahrnimmt. Durch die Lenkunterstützungskraft sind diese Punkte jedoch nur abgeschwächt wahrnehmbar.
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Um hinsichtlich der Querbeschleunigung zusätzliches haptisches Feedback an den Fahrer bereitzustellen, kann nun vorgesehen sein, die Lenkunterstützungskraft zu modifizieren.
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Eine Modifizierung der Lenkunterstützungskraft kann beispielsweise vorsehen,
- – dass der Verlauf der Lenkunterstützungskraft über dem Lenkwinkel bei Fahrzuständen zwischen dem Punkt Phi_LRW1 und dem Punkt Phi_LRW2 so modifiziert wird, dass der Fahrer den Übergang in den nichtlinearen Bereich nicht wahrnimmt; und/oder
- – dass der Verlauf der Lenkunterstützungskraft über dem Lenkwinkel an dem Punkt Phi_LRW2, d.h. an dem Punkt der maximal übertragbaren Querbeschleunigung, so modifiziert wird, dass der Punkt Phi_LRW2 in Form einer haptischen Rückmeldung im Handmoment deutlicher wahrgenommen werden kann.
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Die haptische Rückmeldung kann in Form einer plötzlichen Änderung des vom Fahrer aufzubringenden Handmoments bewirkt werden.
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Diesbezüglich ist in der Steuereinheit 10 eine Funktion entsprechend dem Blockdiagramm der 3 realisiert.
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Grundsätzlich sieht das Modell vor, ein vom Fahrer aufgebrachtes Handmoment M_Hand in einem Modifikationsblock 101 mit Hilfe einer bereitgestellten Anpassungsgröße K zu modifizieren. Das Modifizieren kann durch Beaufschlagen des Handmoments M_Hand mit der Anpassungsgröße K, beispielsweise durch Multiplikation oder Addition oder dergleichen, erfolgen.
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Wie bisher wird dann das resultierende modifizierte Handmoment M_Hand_mod einem Lenkunterstützungskennfeld oder einer entsprechenden Lenkunterstützungsfunktion zur Umsetzung in eine Lenkunterstützungskraft in einem Kennfeldblock 102 zugeführt, um ein zur Lenkunterstützungskraft äquivalentes Motormoment M_Motor_Soll an den Lenkunterstützungsantrieb 6 zu übermitteln. Die Lenkunterstützungsfunktion kann beispielsweise das Lenkunterstützungsmoment dem modifizierten Handmoment in linearer Weise mit einer Fahrzeuggeschwindigkeit v_Fzg als Parameter zuweisen.
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Durch die Anpassung der Anpassungsgröße ist es nun möglich, den Verlauf des vom Fahrer aufzubringenden Handmoments entsprechend eines Fahrzustands des Kraftfahrzeugs einzustellen.
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Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass die haptische Wahrnehmbarkeit eines Übergangs in den nichtlinearen Bereich an Punkt Phi_LRW1, der sich aufgrund der Erhöhung der Gleitreibungsanteile an den gelenkten Rädern einstellt, reduziert wird. Dazu kann die maximal übertragbare Querkraft durch eine Verschiebung des Abfalls des Handmoments hin zu dem Fahrzustand der maximalen Querbeschleunigung (Punkt Phi_LRW2) verschoben werden, um das fahrdynamische Potenzial besser ausnutzen zu können. Dazu wird bei Erreichen des nichtlinearen Bereichs bzw. bei einem Überschreiten des Punkts Phi_LRW1 durch den Lenkwinkel zunächst die Differenz zwischen modellbasierter linearer Zahnstangenkraft und tatsächlicher nichtlinearer Zahnstangenkraft mit einer die Differenz ausgleichenden Reduzierung der Lenkunterstützungskraft ausgeregelt, so dass das Handmoment weiterhin im Wesentlichen linear mit der modellbasierten linearen Zahnstangenkraft über dem Lenkwinkel Phi_LRW verläuft. Auf diese Weise ist der Übergang in den nichtlinearen Bereich am Punkt Phi_LRW1 nicht oder nur reduziert haptisch wahrnehmbar.
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Alternativ kann der Momentenabriss beim Übergang in den nichtlinearen Bereich an dem Punkt Phi_LRW1 dem Fahrer deutlicher haptisch dargestellt werden. Dies erfolgt dadurch, dass die resultierende Lenkunterstützungskraft bei Erreichen des nichtlinearen Bereichs bzw. bei einem Überschreiten des Punkts Phi_LRW1 durch den Lenkwinkel zunächst die Differenz zwischen modellbasierter linearer Zahnstangenkraft und tatsächlicher nichtlinearer Zahnstangenkraft abhängig von der Differenz zwischen modellbasierter linearer Zahnstangenkraft und tatsächlicher nichtlinearer Zahnstangenkraft erhöht wird. Auf diese Weise ist der Übergang in den nichtlinearen Bereich am Punkt Phi_LRW1 besonders deutlich durch eine Abnahme des Handmoments haptisch wahrnehmbar.
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Dies kann ebenfalls bei Erreichen der maximalen Querbeschleunigung durchgeführt werden. Wird der Punkt Phi_LRW2 erreicht, so kann die resultierende Lenkunterstützungskraft sprunghaft erhöht werden, so dass dies der Fahrer durch ein Abriss des Handmoments haptisch in verbesserter Weise wahrnehmen kann. Dies kann dem Fahrer einen Verlust der Lenkbarkeit des Kraftfahrzeugs signalisieren, so dass dieser den Lenkwinkel reduziert und/oder die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs verringern kann.
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Um die obigen beispielhaften Verläufe der Lenkunterstützungskräfte zu generieren, wird in einem Zahnstangenkraftschätzblock 103 die durch äußere Kräfte anliegende Zahnstangenkraft modelliert. Dazu werden die von dem Lenkunterstützungsantrieb 6 bereitgestellten Größen des Stellmotors 61, wie die Stellung des Stellmotors 61 Phi_Motor, die Winkelgeschwindigkeit Phv_Motor des Stellmotors 61 und das Ist-Moment M_Motor des Stellmotors 61 bereitgestellt. Durch zusätzliche Kenntnis einer Massenträgheit des Lenksystems 1 kann die real anliegende Zahnstangenkraft F_Zahnstange sehr genau bestimmt werden.
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In einem Zahnstangen-Referenzmodellblock 104 kann weiterhin wie oben beschrieben abhängig von der Fahrzeuggeschwindigkeit v_Fzg und dem Lenkwinkel Phi_LRW eine Referenz-Zahnstangenkraft F_Zahnstange_ref über die auf die gelenkten Räder 3 wirkende Zentrifugalkraft bestimmt werden.
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Im Fall des Übergangs von der Gleit- zur Haftreibung steigt die durch den Lenkwinkel Phi_LRW und die Fahrzeuggeschwindigkeit v_Fzg berechnete Referenz-Zahnstangenkraft F_Zahnstange_ref weiterhin linear an, während die tatsächliche Zahnstangenkraft jedoch gemäß dem Zahnstangenkraftschätzblock 103 tatsächlich bereits degressiv verläuft. So ergibt sich eine Zahnstangenkraftabweichung A zwischen der geschätzten bzw. modellierten Zahnstangenkraft F_Zahnstange und der Referenz-Zahnstangenkraft F_Zahnstange_ref, die in einem Vergleichsblock 105 bestimmt wird.
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Die Zahnstangenkraftabweichung A wird gemeinsam mit dem Lenkwinkel Phi_LRW in einem Kennfeldblock 106 der Anpassungsgröße K zugeordnet wird. Die Anpassungsgröße K kann je nach Zielsetzung ein Verstärkungs- oder Abschwächungsfaktor sein, der gemäß einer Anpassungsfunktion abhängig von der Zahnstangenkraftabweichung A definiert ist, um durch das Erhöhen oder Erniedrigen des aufzubringenden Handmoments dem Fahrer ein Fahrzustand besonders deutlich haptisch darstellen zu können oder um dessen Wahrnehmbarkeit zu unterdrücken.
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Es ist Ziel, die Veränderung des Kraftschlusses zwischen den gelenkten Rädern und der Fahrbahn dem Fahrer durch Modifikation des Lenkmomentenverlaufs transparent mitzuteilen, so dass dieser seine Fahrweise entsprechend anpassen kann. Die Modifikation kann zusätzlich unterstützt werden von Signalen, die durch andere Steuergeräte, wie beispielsweise Bremsregelsysteme und dergleichen, zur Verfügung gestellt werden. So kann die Generierung der Anpassungsgröße weiterhin abhängig von weiteren Fahrzustandsgrößen wie z.B. Raddrehzahlen, die von einem Fahrstabilitätsprogramm bereitgestellt werden und die einen Fahrzustand des Kraftfahrzeugs bezeichnen, durchgeführt werden. Diese können zur Plausibilisierung der der lenkungsinternen Berechnung hinzugezogen werden und tragen damit zu einer hohen Robustheit bei.
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Weiterhin können Systeme vorgesehen sein, die auf Basis von Laserscannen die Fahrbahn vor dem Kraftfahrzeug analysieren, um Fahrwerksysteme anzupassen. Diese Information kann zur Modifikation der Lenkunterstützungskraft eingesetzt werden, um so das Lenkgefüge sogar vorausschauend anzupassen. Durch Umfeldsensorik, digitale Karteninformationen und/oder Inter-Fahrzeug-Kommunikation kann das oben angegebene Zahnstangen-Referenzmodell angepasst werden, um auch in Abhängigkeit eines Fahrbahnreibwertes beispielsweise die Schätzung bzw. Modellierung der maximal erreichbaren Querbeschleunigung verbessern zu können.
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Letztlich kann mit dem obigen Verfahren eine deutliche Erhöhung der Fahrsicherheit erreicht werden, da es möglich ist, dem Fahrer den Übergang in den nichtlinearen Bereich der Kopplung zwischen den Rädern und der Fahrbahn und das Erreichen der maximalen Querbeschleunigung haptisch besser und gezielter darzustellen als dies mit Systemen nach dem Stand der Technik möglich ist.
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Weiterhin kann das obige Verfahren das Lenksystem 1 auch so beeinflussen, dass ein Eingriff von Fahrdynamikregelsystemen über eine Bremse oder einen Dämpfer eine höhere Wirksamkeit bei weniger Rückwirkungen auf das Handmoment hat. Dadurch können Lenkmomentempfehlungen derart ausgelegt werden, dass beispielsweise Bremseingriffe minimiert werden, um eine möglichst schnelle Stabilisierung des Fahrzustandes im Grenzbereich zu erhalten.
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4 zeigt für eine beispielhafte Ausgestaltung ein Diagramm der Verläufe der Zahnstangenkraft F_Zahnstange, der Referenz-Zahnstangenkraft F_Zahnstange_ref, dem Soll-Motormoment M_Motor_soll, dem Handmoment M_Hand sowie der Zahnstangenkraftabweichung A über dem Lenkwinkel Phi_LRW bei einer vorgegebenen Fahrzeuggeschwindigkeit v_Fzg. Man erkennt anhand des Verlaufs der Zahnstangenkraftabweichung A, dass bei einem Lenkwinkel Phi_LRW1 die Zahnstangenkraft F_Zahnstange in einen nichtlinearen Bereich gelangt. Um dieses Verhalten zu kompensieren, wird ab dem Lenkwinkel Phi_LRW1 die Anpassungsgröße K so angepasst, dass ein entsprechendes modifiziertes Handmoment an den Kennfeldblock 102 übermittelt wird, um eine entsprechend angepasste Lenkunterstützungskraft in Form des Soll-Motormoments M_Motor_soll zu generieren.
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Man erkennt im gezeigten Ausführungsbeispiel, dass durch die Modifikation des Handmoments M_Hand der Verlauf des Handmoments über den nichtlinearen Bereich hinausgehend linear verläuft, so dass der Fahrer den Übergang in den nichtlinearen Bereich nicht haptisch wahrnimmt. Stattdessen soll das Erreichen eines Lenkwinkels, bei dem einer maximale Querbeschleunigung auftritt, dem Fahrer durch eine sprunghafte Änderung, d.h. Erhöhung der Lenkunterstützungskraft bzw. Abnahme des Handmoments, signalisiert werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Lenksystem
- 2
- Zahnstange
- 3
- Räder
- 4
- erste mechanische Kopplung
- 6
- Lenkunterstützungsantrieb
- 61
- Stellmotor
- 62
- zweite mechanische Kopplung
- 7
- Lenkrad
- 10
- Steuereinheit
- F_Zahnstange
- Zahnstangenkraft
- F_Zahnstange_ref
- Referenz-Zahnstangenkraft
- Phi_LRW
- Lenkwinkel
- M_Motor_Soll
- Motormoment
- M_Hand
- Handmoment
- M_Hand_mod
- modifiziertes Handmoment
- Phv_Motor
- Winkelgeschwindigkeit
- Phi_Motor
- Stellung des Stellmotors
- v_Fzg
- Fahrzeuggeschwindigkeit
- A
- Zahnstangenkraftabweichung
- K
- Anpassungsgröße
- Q
- Querkraft
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102011052881 A1 [0004]
- DE 102013009300 A1 [0005]