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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Durchführung einer Notbremsfunktion mittels einer elektromechanischen Feststellbremse eines Fahrzeugs.
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Moderne Kraftfahrzeuge weisen neben einer Betriebsbremse in zunehmendem Maße eine elektromechanische Feststellbremse (auch elektrische Parkbremse genannt) als fremdkraftbetätigte Feststellbremse auf, die durch Betätigen eines Feststellbremstaster zugespannt oder gelöst werden kann.
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Eine der zentralen Sicherheitsanforderungen bei der Ansteuerung einer solchen elektromechanischen Feststellbremse (EPB) betrifft das Zuspannen während der Fahrt in der Rückfallebene, wenn das Fahrzeug nicht mehr über die hydraulische Bremse als Betriebsbremse abgebremst werden kann. In dieser Situation soll der Fahrer die Möglichkeit haben, das Fahrzeug mit Hilfe der Feststellbremsmotoren abzubremsen, also eine Notbremsfunktion zu aktivieren. Der Fahrerwunsch wird dabei über den Feststellbremstaster generiert.
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Infolgedessen besteht die Anforderung, dass das Fahrzeug in dieser besonderen Situation auf keinen Fall destabilisiert werden kann. Daher ist für eine solche Situation ein geeigneter Algorithmus für eine Blockierverhinderung erforderlich.
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Einen geeigneten Algorithmus für eine Blockierverhinderung beschreibt die
DE 10 2007 022 510 A1 , bei welchem an den gebremsten Rädern des Fahrzeugs eine Schlupfregelung durchgeführt wird und ein entsprechender Regler derart ausgelegt wird, dass bei der Schlupfregelung an einem ersten Rad der Radschlupf eines zweiten gegenüberliegenden Rades berücksichtigt wird. Je nach Höhe des Radschlupfes des anderen Rades wird entschieden, ob die Bremskraft am geregelten ersten Rad erhöht werden kann oder nicht. Somit soll ausgeschlossen werden, dass beide Räder einer Achse gleichzeitig blockieren bzw. einen zu hohen Schlupf aufweisen.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein verbessertes Verfahren zur Schlupfregelung der Räder eines Fahrzeugs nach dem Auslösen einer Bremsung mittels einer elektromechanischen Feststellbremse zu schaffen, welches mit minimalem Applikationsaufwand für jedes beliebige Fahrzeug genutzt werden kann.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
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Ein solches Verfahren zur Durchführung einer Notbremsfunktion mittels einer elektromechanischen Feststellbremse eines Fahrzeugs zeichnet sich dadurch aus, dass
- – eine radindividuelle Schlupfregelung mittels eines Dreipunktreglers an einem abzubremsenden Rad durchgeführt wird,
- – dem Dreipunktregler als Eingangsgröße eine Schlupfdifferenz aus einem vorgegebenen Schlupfsollwert und einem Schlupfistwert des abzubremsenden Rades zugeführt wird,
- – von dem Dreipunktregler eine radindividuelle Stellgröße als Ausgangsgröße erzeugt wird, die einem Bremsaktuator des abzubremsenden Rades zugeführt wird,
- – die Stellgröße auf ein das Zuspannen des Bremsaktuators bewirkendes erstes Steuersignal gesetzt wird, wenn die Eingangsgröße des Dreipunktreglers einen ersten Schwellwert überschreitet,
- – die Stellgröße auf ein das Lösen des Bremsaktuators bewirkendes zweites Steuersignal gesetzt wird, wenn die Eingangsgröße des Dreipunktreglers einen zweiten Schwellwert unterschreitet, und
- – die Stellgröße auf ein Anhalten des Bremsaktuators bewirkendes drittes Steuersignal gesetzt wird, wenn die Eingangsgröße innerhalb einer Totzone des Dreipunktreglers liegt.
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Da Bremsaktuatoren für eine elektromechanische Feststellbremse generell für drei Ansteuerbefehle, nämlich „Zuspannen“, „Lösen“ und „Bremsen“ ausgelegt sind, führte die erfindungsgemäße Verwendung eines Dreipunktreglers, welche ebenso nur drei Zustände für die Stellgröße annehmen kann, zu einem minimalen Applikationsaufwand. Da die Fahrzeuge in der Regel auch eine ABS-Regelung aufweisen, ist der Messwert für den Schlupfistwert des abzubremsenden Rades als Rückführgröße für den Dreipunktregler bereits vorhanden. Um möglichst die von dem Bremsaktuator bewirkten Stellbewegungen auf das notwendige zu reduzieren, wird bei der Auslegung des Dreipunktreglers auf eine möglichst große Totzone geachtet, die dem dritten Steuersignal als Stellgröße und dem Ansteuerbefehl „Bremsen“ des Bremsaktuators entspricht. Das erste Steuersignal als Stellgröße entspricht dem Ansteuerbefehl „Zuspannen“ und das zweite Steuersignal als Stellgröße entspricht dem Ansteuerbefehl „Lösen“ des Bremsaktuators.
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Um ein sehr häufiges Umschalten der Schaltgrenze des Dreipunktreglers zu vermeiden, weist nach einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung der Übergang zwischen dem ersten Steuersignal und dem dritten Steuersignal sowie der Übergang zwischen dem zweiten Steuersignal und dem dritten Steuersignal eine Hysterese auf.
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Des Weiteren wird gemäß einer Weiterbildung der Erfindung die Ausgangsgröße des Dreipunktreglers mittels einer als PT1-Glied ausgeführten Rückkopplung auf den Eingang des Dreipunktreglers rückgekoppelt, wobei als Eingangsgröße des Dreipunktreglers eine Differenz zwischen der Schlupfdifferenz und der rückgekoppelten Ausgangsgröße gebildet wird und die Zeitkonstante des PT1-Gliedes der Prozesszeitkonstante des abzubremsenden Rades entspricht. Damit wird eine dynamische Verbesserung des Regelverhaltens des Dreipunktreglers erreicht.
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Eine besonders vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung ergibt sich dadurch, dass zur Schlupfregelung ein vorgegebener Schlupfsollwert mittels einer Schlupferzeugungseinheit sukzessiv um einen Schlupferhöhungswert erhöht wird, wenn jeweils die Zeitdauer, in welcher von dem Dreipunktregler ununterbrochen das dritte Steuersignal als Reglerantwort ausgegeben wird, größer ist als ein vorbestimmter erster Zeitschwellenwert.
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Damit wird verhindert, dass die elektromechanische Feststellbremse nicht an deren Leistungsgrenze betrieben wird, wenn der Dreipunktregler für eine längere Zeitdauer ununterbrochen das dritte Steuersignal, also den Ansteuerbefehl zum „Bremsen“ für den Bremsaktuator des abzubremsenden Rades ausgibt. Wenn die Zeitdauer länger wird als ein vorbestimmter erster Zeitschwellenwert, wird der Schlupfsollwert um einen bestimmten Wert, dem Schlupferhöhungswert inkrementiert. Entweder führt dieser erhöhte Schlupfsollwert zu einer Reaktion, also zu einer Reglerantwort des Dreipunktreglers oder nicht. Falls der Dreipunktregler nicht reagiert, wird nach einem weiteren Ablauf einer Zeitdauer, die größer als der erste Zeitschwellenwert ist, der erhöhte Schlupfsollwert wieder mit dem Schlupferhöhungswert inkrementiert. Solche Routinen werden sukzessive wiederholt, mit der Folge, dass die Schlupfdifferenz ansteigt und der erste Schwellwert überschritten wird. Damit kommt es zu einem erneuten Zuspannen der Feststellbremse, wodurch der Schlupfistwert wieder größer wird, bis aufgrund der hierdurch kleiner werdenden Schlupfdifferenz der Dreipunktregler wieder das dem „Bremsen“ entsprechende dritte Steuersignal ausgibt. Falls dieses dritte Steuersignal wieder ununterbrochen für eine den Zeitschwellenwert übersteigende Zeitdauer von dem Dreipunktregler ausgegeben wird, wird der aktuelle Schlupfsollwert wieder um den Schlupferhöhungswert inkrementiert.
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Dabei ist es besonders vorteilhaft, wenn die Schlupfregelung an dem abzubremsenden Rad mit einem minimalen Schlupfsollwert als vorgegebener Schlupfsollwert gestartet wird. Falls ein entsprechender Straßenbelag vorliegt, wird der Dreipunktregler den Schlupfistwert annähernd auf diesen minimalen Schlupfsollwert einregeln, so dass schließlich der Dreipunktregler in seiner Totzone landet, also das dem Ansteuerbefehl „Bremsen“ entsprechende dritte Steuersignal ausgibt. Falls die Ausgabedauer von diesem dritten Steuersignal den Zeitschwellenwert überschreitet, wird entsprechend dem oben beschriebenen Verfahren dieser minimale Schlupfsollwert um den Schlupferhöhungswert sukzessiv inkrementiert, bis wieder das dritte Steuersignal ausgeben wird.
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Damit verhindert wird, dass die Feststellbremse jenseits ihrer Leistungsgrenze betrieben wird, wird gemäß einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung zur Schlupfregelung ein vorgegebener Schlupfsollwert mittels einer Schlupferzeugungseinheit sukzessiv um einen Schlupfreduzierungswert reduziert, wenn jeweils die Zeitdauer, in welcher von dem Dreipunktregler ununterbrochen das zweite Steuersignal als Reglerantwort ausgegeben wird, größer ist als ein vorbestimmter zweiter Zeitschwellenwert. Somit wird auch diejenige Zeitdauer gemessen, während der der Dreipunktregler ununterbrochen das dem „Lösen“ entsprechende zweite Steuersignal ausgibt. Überschreitet diese Zeitdauer einen zweiten Zeitschwellenwert, wird der vorgegebene Schlupfsollwert um einen Schlupfreduzierungswert reduziert, da ein langes „Lösen“ zum Einfangen eines abstürzendes Rades darauf hindeutet, dass die Feststellbremse jenseits der Leistungsgrenze betrieben wird. Vorzugsweise sollte der Schlupfreduzierungswert größer sein als der Schlupferhöhungswert.
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Gemäß einer letzten vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung werden die von der Schlupferzeugungseinheit ausgegebenen Schlupfsollwerte auf einen vorgegebenen Minimalschlupfwert und einen vorgegebenen Maximalschlupfwert begrenzt.
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Bei einem solchen erfindungsgemäßen Verfahren muss in der Applikation des Schlupfregelalgorithmus lediglich der minimale Schlupfsollwert (Anfangswert) bestimmt werden, um eine funktionierende Blockierverhinderung zu erreichen. Dieser Anfangswert kann für alle Fahrzeuge gleich gewählt werden, wodurch der Applikationsaufwand auf „Null“ sinkt.
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Im Folgenden wird das erfindungsgemäße Verfahren unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren näher erläutert und beschrieben. Es zeigen:
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1 eine schematische Darstellung einer hydraulischen Bremsanlage mit einer elektromechanischen Feststellbremse,
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2 ein Schaltbild eines für die elektromechanische Feststellbremse gemäß 1 verwendeten Dreipunktreglers,
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3 ein Schaltbild eines Dreipunktreglers gemäß 2 mit einer Rückkopplung, und
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4 eine Schaltbild eines für die elektromechanische Feststellbremse gemäß 1 verwendeten Dreipunktreglers mit einer Schlupferzeugungseinheit und einer Schlupfbegrenzungseinheit.
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Das Bremssystem 1 gemäß 1 umfasst eine hydraulische Bremsanlage sowie eine elektromechanische Feststellbremse für die Fahrzeugräder der Hinterachse eines Fahrzeugs, wobei lediglich ein Fahrzeugrad 3 dargestellt ist. Dieses Fahrzeugrad 3 umfasst einen Bremssattel 3.1 mit einer Bremsscheibe 3.2 als Radbremse, die während einer Betriebsbremsung über eine mit einer ABS-Hydraulikeinheit 2 verbundene Bremsleitung 10 mit einem Bremsdruck beaufschlagbar ist. Eine weitere, nur angedeutete Bremsleitung 10.1 führt zu dem zweiten Fahrzeugrad an der Hinterachse. Mit einem Bremspedal 6 wird über einen Bremskraftverstärker mit einem Hauptbremszylinder 5 der eingesteuerte Druck der ABS-Hydraulikeinheit 2 über eine Hydraulikleitung 5.1 zugeführt, die zur Durchführung einer Schlupfregelung ausgelegt ist. Zur Regelung der ABS-Hydraulikeinheit 2 ist ein Steuergerät 4 vorgesehen welches über eine Datenleitung 4.1 mit der ABS-Hydraulikeinheit 2 verbunden ist. Zur Bremsregelung, insbesondere zur Realisierung der Schlupfregelung werden diesem Steuergerät 4 Sensorsignale von Raddrehzahlsensoren (in 1 nicht dargestellt) des Fahrzeugrades 3 sowie der anderen Fahrzeugräder zugeführt.
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Die elektromechanische Feststellbremse umfasst einen an dem Bremssattel 3.1 angeordneten Bremsaktuator 8, der von einer in dem Steuergerät 4 integrierten Steuereinheit 7 gesteuert wird. Zum Aktivieren oder Deaktivieren der Feststellbremse durch den Fahrer des Fahrzeugs dient ein Feststellbremstaster 9, der mit der Steuereinheit 7 der Feststellbremse verbunden ist. In dieser Steuereinheit 7 ist ein Feststellbremse-Algorithmus mit einem als Dreipunktregler 7.1 realisierten Schlupfregler abgelegt. Die Ausgangsgröße dieses Dreipunktreglers 7.1 wird als Steuersignal St1, St2 oder St3 über eine Steuerleitung 8.1 dem als Elektromotor ausgeführten Bremsaktuator 8 zugeführt.
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Bei stehendem Fahrzeug wird ein Feststellbremsvorgang durch eine Betätigung des Feststellbremstaster 9 aktiviert, wobei die Ausgangssignale des Feststellbremstaster 9 der Steuereinheit 7 der Feststellbremse zugeführt werden, die hierauf einen Feststellbremswunsch erkennt und den Bremsaktuator 8 derart ansteuert, dass eine Bremskraft aufgebaut und die Bremsbacken verriegelt werden. Wenn sich der Elektromotor als Bremsaktuator 8 in der verriegelten Stellung befindet, wird der Bremskolben daran gehindert, in die Ausgangsposition zurückzufahren, wodurch die Bremse zugespannt bleibt.
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Mit Hilfe des Feststellbremstaster 9 wird auch eine Notbremsfunktion realisiert, wenn dieser Feststellbremstaster 9 bei fahrendem Fahrzeug durch den Fahrer des Fahrzeugs betätigt wird. Diese Notbremsfunktion wird im Folgenden erläutert.
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Die Betätigung des Feststellbremstasters 9 bei fahrendem Fahrzeug wird von der Steuereinheit 7 als Bremswunsch interpretiert und führt zu einem Steuersignal St1 am Ausgang der Steuereinheit 7, durch welches der Bremsaktuator 8 zum Zuspannen der Feststellbremse entsprechend ansteuert wird. Ein Blockieren des abzubremsenden Fahrzeugrades 3 wird durch einen Dreipunktregler 7.1 mit einem ersten Schwellwert SP und einem zweiten Schwellwert SN verhindert, welcher in 2 detaillierter dargestellt ist. Anstelle einer symmetrischen Auslegung des Dreipunktreglers 7.1 kann dieser auch unsymmetrisch zum Ursprung ausgelegt werden.
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Diesem Dreipunktregler 7.1 wird eine Schlupfdifferenz λdiff aus einem Schlupfsollwert λsoll und einem Schlupfistwert λist zugeführt: λdiff = λsoll – λist, wobei der Schlupfsollwert λsoll mit bspw. 2,5 % vorgegeben wird und der Schlupfistwert λist von dem Steuergerät 4 anhand der Radrehzahlsensoren bestimmt und der Steuereinheit 7 zugeführt wird.
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Um ein häufiges Umschalten an der Schaltgrenze zu vermeiden, weisen die beiden Schwellwerte Sp und SN dieses Dreipunktreglers 7.1 gemäß 2 eine Hysterese mit Hystereseschwellwerten SP1 und SP2 (SP1 > SP2) für den ersten Schwellwert SP und mit Hystereseschwellwerten SN1 und SN2 (SN2 > SN1) für den zweiten Schwellwert SN auf. Überschreitet die Schwellwertdifferenz λdiff den Hystereseschwellwert SP1, gibt der Dreipunktregler 7.1 als Stellgröße ein erstes Steuersignal St1 aus, welches den Bremsaktuator 8 so ansteuert, dass die Feststellbremse zugespannt wird. Unterschreitet die Schlupfdifferenz λdiff den zweiten Hystereseschwellwert SP2 gibt der Dreipunktregler ein drittes Steuersignal St3 aus, welches ein Anhalten des Bremsaktuators 8 bewirkt, indem dessen Betriebsspannung kurzgeschlossen wird. Daher liegen die Bremsbacken des Bremssattels 3.1 weiterhin an der Bremsscheibe 3.2 an, wodurch das Fahrzeug abgebremst wird. Dieses dritte Steuersignal St3 zeigt den Zustand „Bremsen“ der elektromechanischen Feststellbremse an; der Dreipunktregler 7.1 befindet sich in dessen Totzone.
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Fällt während dieses Bremsvorganges die Schlupfdifferenz λdiff unter den Hystereseschwellwert SN1 schaltet der Dreipunktregler 7.1 um und gibt an seinem Ausgang als Stellgröße ein zweites Steuersignal St2 aus, welches den Bremsaktuator 8 derart ansteuert, dass die Feststellbremse gelöst wird. Dieses zweite Steuersignal St2 zeigt also das „Lösen“ der Feststellbremse 8 an. Nimmt nun aufgrund der offenen Feststellbremse die Schlupfdifferenz λdiff wieder zu und übersteigt den zweiten Hystereseschwellwert SN2 schaltet der Dreipunktregler 7.1 wieder und erzeugt das dritte Steuersignal St3 als Stellgröße für den Bremsaktuator 8, der daraufhin aufgrund seiner kurzgeschlossenen Betriebsspannung anhält. Der Dreipunktregler 7.1 befindet sich wieder in seiner Totzone, so lange bis die Schlupfdifferenz λdiff wieder den Hystereseschwellwert Sp1 erreicht.
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Eine dynamische Verbesserung des Regelverhaltens des Dreipunktreglers 7.1 kann mithilfe einer Rückkopplung gemäß 3 erreicht werden. Die Stellgröße des Dreipunktreglers 7.1 wird mittels einer als PT1-Glied ausgeführten Rückkopplung 7.11 auf den Eingang des Dreipunktreglers 7.1 rückgekoppelt, wobei als Eingangsgröße des Dreipunktreglers 7.1 eine Differenz zwischen der Schlupfdifferenz λdiff und der rückgekoppelten Ausgangsgröße Strück gebildet wird und die Zeitkonstante T des PT1-Gliedes der Prozesszeitkonstante des abzubremsenden Rades 3 entspricht. Mit dieser Rückkopplung wird erreicht, dass über das Verzögerungsglied 7.11 die Auswirkung der Stellgröße schon kurz vor der eigentlichen physikalischen Auswirkung wieder im Dreipunktregler 7.1 berücksichtigt wird.
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Um die Stellbewegungen des Dreipunktreglers 7.1 auf das notwendige zu reduzieren, sollte dessen Totzone, die der Stellgröße „Bremsen“ (drittes Steuersignal St3) entspricht, möglichst groß ausgelegt werden. In nachteiliger Weise könnte dies jedoch dazu führen, dass die Feststellbremse nicht an ihrer Leistungsgrenze betrieben wird, wenn der Dreipunktregler 7.1 für eine längere Zeitdauer den Zustand „Bremsen“ anfordert, also das dritte Steuersignal St3 ausgibt.
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Zur Beseitigung dieses Nachteils wird ein Ausführungsbeispiel des Feststellbrems-Algorithmus anhand von 4 beschrieben, mit welchem eine adaptive Schlupfsollwertvorgabe realisiert wird.
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Dieser Feststellbrems-Algorithmus startet mit einem minimalen Schlupfsollwert λsoll1 von bspw. 2,5 %, der einer Schlupferzeugungseinheit 7.2 zugeführt wird. Dieser minimale Schlupfsollwert λsoll1 wird über eine Schlupfbegrenzungseinheit 7.3, die den zugeführten Schlupfsollwert auf einen vorgegebenen Minimalwert λmin und einen vorgegebenen Maximalwert λmax begrenzt, dem Dreipunktregler 7.1 zugeführt, aus dem wieder die Schlupfdifferenz λdiff zum Schlupfistwert λist gebildet wird. Wenn der Straßenbelag einen entsprechenden Reibwert aufweist, wird der Dreipunktregler 7.1 den Schlupf als Schlupfistwert λist annähernd auf den Schlupfsollwert λsoll einregeln, also sich schließlich im Bereich der Totzone befinden und die Stellgröße für das „Bremsen“, also das dritte Steuersignal St3 ausgeben. Die von dem Dreipunktregler 7.1 ausgegebene Stellgröße wird der Schlupferzeugungseinheit 7.2 zugeführt, so dass durch die Schlupferzeugungseinheit 7.1 die Zeitdauer tbrems gemessen werden kann, in welcher der Dreipunktregler 7.1 ununterbrochen das dritte Steuersignal St3 ausgibt. Falls diese Zeitdauer tbrems einen vorbestimmten ersten Zeitschwellenwert tsoll1 überschreitet, d.h. wenn tbrems > tsoll1 gilt, wird der minimale Schlupfsollwert λsoll1 um einen vorbestimmten Schlupferhöhungswert Δλ inkrementiert und dieser erhöhte Schlupfsollwert λsoll2 = λsoll1 + Δλ über die Schlupfbegrenzungseinheit 7.3, sofern dieser Schlupfsollwert innerhalb der Grenzen von λmin und λmax liegt, wieder dem Dreipunktregler 7.1 zugeführt.
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Falls der Dreipunktregler 7.1 auf diesen erhöhten Schlupfsollwert λsoll2 nicht mit einer Umschaltung auf das erste Steuersignal St1 oder das zweite Steuersignal St2 reagiert, also sich weiterhin in der Totzone bewegt, wird nach dem weiteren Ablauf der vorgegebenen Zeitdauer tsoll1 der bereits erhöhte Schlupfsollwert λsoll2 um den vorbestimmten Schlupferhöhungswert Δλ1 weiter inkrementiert. Damit ergibt sich ein Schlupfsollwert λsoll3 gemäß λsoll3 = λsoll2 + Δλ1 = λsoll1 + Δλ1 + Δλ1.
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Auch dieser Schlupfsollwert λsoll3 wird wieder über die Schlupfbegrenzungseinheit 7.3 dem Dreipunktregler 7.1 zugeführt, wenn dieser Schlupfsollwert λsoll3 innerhalb der Grenzen von λmin und λmax liegt. Entweder führt dieser erhöhte Schlupfsollwert λsoll3 zu einer Reglerantwort, also zu einem Umschalten auf das erste oder zweite Steuersignal St1 oder St2, oder zu keiner Reaktion, d.h. der Dreipunktregler 7.1 bleibt weiterhin in seiner Totzone.
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Falls weiterhin das dritte Steuersignal St3 von dem Dreipunktregler 7.1 ausgegeben wird, wird nach einem weiteren Ablauf des vorgegebenen ersten Zeitschwellenwertes tsoll1 der Schlupf-sollwert λsoll3 wieder um den vorgegebenen Schlupferhöhungswert Δλ1 erhöht. Diese Schlupfsollwerterhöhung wird sukzessive so lange mit zunehmenden Werten λsoll4, λsoll5 ... wiederholt, bis der Dreipunktregler das erste Steuersignal St1 ausgibt, da die Schlupfdifferenz λdiff so angestiegen ist, dass diese den Hystereseschwellwert Sp1 überschreitet. Die Ausgabe dieses ersten Steuersignals St1 durch den Dreipunktregler 7.1 führt zu einem Zuspannen der Feststellbremse, wodurch der Schlupfistwert λist größer wird und dadurch die Schlupfdifferenz λdiff sich wieder verkleinert. Falls die Schlupfdifferenz λdiff den Hystereseschwellwert Sp2 wieder unterschreitet, befindet sich der Dreipunktregler 7.1 wieder in seiner Totzone und gibt das dritte Steuersignal St3 aus. Wird dieses dritte Steuersignal St3 wieder für eine Zeitdauer, die länger als der erste Zeitschwellenwert tsoll1 ist, von dem Dreipunktregler 7.1 ausgegeben, wird der Schlupfsollwert λsolli (i = 1, 2, ...) wieder sukzessive mit dem Schlupferhöhungswert Δλ1 inkrementiert.
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Der Dreipunktregler 7.1 kann nach einer wiederholten Erhöhung des Schlupfsollwertes λsolli auch den Hystereseschwellwert SN1 unterschreiten, was die Ausgabe des zweiten Steuersignals St2, welches zum Lösen der Feststellbremse führt, zur Folge hat. Bleibt der Dreipunktregler 7.1 für eine längere Zeitdauer in diesem Zustand, deutet dieses Einfangen des abstützenden Fahrzeugrades 3 darauf hin, dass die Feststellbremse jenseits ihrer Leistungsgrenze betrieben wird. Daher wird auch die Zeitdauer tlös gemessen, während der der Dreipunktregler 7.1 ununterbrochen die Stellgröße „Lösen“, also das zweite Steuersignal St2 ausgibt. Falls diese Zeitdauer tlös einen vorbestimmten zweiten Zeitschwellenwert tsoll2 überschreitet, wird der aktuelle Schlupfsollwert λsolli (i = 1, 2, ...) um einen vorbestimmten Schlupfreduzierungswert Δλ2 reduziert, also λsoll(i+1) = λsolli – Δλ2.
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Dabei ist dieser Schlupfreduzierungswert Δλ2 wesentlich größer als der Schlupferhöhungswert Δλ1 für die Totzone des Dreipunktreglers 7.1. Es gilt also Δλ2 > Δλ1. Dieser reduzierte Schlupfsollwert λsoll(i+1) wird wieder über die Schlupfbegrenzungseinheit 7.3 dem Dreipunktregler 7.1 zugeführt, wenn dieser Schlupfsollwert λsoll3 innerhalb der Grenzen von λmin und λmax liegt. Entweder führt dieser reduzierte Schlupfsollwert λsoll(i+1) zu einer Reglerantwort, also zu einem Umschalten auf das dritte Steuersignal St3, oder zu keiner Reaktion, d.h. es wird sukzessiv der Schlupfsollwert reduziert, bis eine Reglerantwort stattfindet.
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Mit diesem Verfahren zur adaptiven Schlupfsollwertvorgabe wird eine an den Reibwert der Straßenoberfläche sich anpassende Schlupfregelung erreicht, bei welcher der Schlupfistwert sich nahezu immer im Maximum der µ-λ-Kurve befindet. Bei diesem Verfahren kann der Schlupfsollwert λsolli (i = 1, 2, ...) nicht beliebig große oder beliebig kleine Werte annehmen, da der von der Schlupferzeugungseinheit 7.2 ausgegebene Schlupfsollwert auf die vorgegebenen Minimal- und Maximalwerte von λmin und λmax begrenzt wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Bremssystem mit einer hydraulische Bremsanlage und einer elektromechanische Feststellbremse
- 2
- ABS-Hydraulikeinheit
- 3
- Fahrzeugrad
- 3.1
- Bremssattel
- 3.2
- Bremsscheibe
- 4
- Steuergerät der ABS-Hydraulikeinheit 2
- 4.1
- Datenleitung
- 5
- Bremskraftverstärker mit einem Hauptbremszylinder
- 5.1
- Hydraulikleitung
- 6
- Bremspedal
- 7
- Steuereinheit der Feststellbremse
- 7.1
- Dreipunktregler
- 7.11
- Rückkopplung
- 7.2
- Schlupferzeugungseinheit
- 7.3
- Schlupfbegrenzungseinheit
- 8
- Bremsaktuator
- 8.1
- Steuerleitung
- 9
- Feststellbremstaster der Feststellbremse
- 10
- Bremsleitung
- 10.1
- weitere Bremsleitung
- PT1
- Rückkopplung
- SP
- erster Schwellwert des Dreipunktreglers 7.1
- SP1
- Hystereseschwellwert des ersten Schwellwertes SP
- SP2
- Hystereseschwellwert des ersten Schwellwertes SP
- SN
- zweiter Schwellwert des Dreipunktreglers 7.1
- SN1
- Hystereseschwellwert des zweiten Schwellwertes SN
- SN2
- Hystereseschwellwert des zweiten Schwellwertes SN
- St1
- erste Steuersignal
- St2
- zweite Steuersignal
- St3
- dritte Steuersignal
- Strück
- rückgekoppelten Ausgangsgröße
- tbrems
- Zeitdauer
- tlös
- Zeitdauer
- tsoll1
- ersten Zeitschwellenwert
- tsoll2
- zweiter Zeitschwellenwert
- Δλ1
- Schlupferhöhungswert
- Δλ2
- Schlupfreduzierungswert
- Λdiff
- Schlupfdifferenz
- λist
- Schlupfistwert
- λsoll
- Schlupfsollwert
- λsolli
- Schlupfsollwert, i = 1, 2, ...
- λmin
- Minimalschlupfwert
- λmax
- Maximalschlupfwert
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102007022510 A1 [0005]