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Die Erfindung betrifft eine Kalibriervorrichtung zum Kalibrieren eines Paketumlaufzeit-Messgeräts. Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die Erfindung ein Kalibrierverfahren zum Kalibrieren eines Paketumlaufzeit-Messgeräts.
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Vernetzte Messsysteme bestehen aus verschiedenen Komponenten, die über Datenbusse miteinander kommunizieren. Dabei ist es wichtig, dass die Komponenten mit derselben Zeitbasis, in der Regel der Tageszeit, arbeiten. Dazu werden die Systemuhren der Komponenten durch eine Hauptuhr über den Datenbus, beispielsweise per Network-Time-Protocol NTP gemäß RFC 5905, geführt.
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Wird beispielsweise von einem Messgerät ein Messwert abgefragt, so muss die Zeit bekannt sein, zu dem dieser Messwert aufgenommen wurde. Um diesen Zeitpunkt bestimmen zu können, muss diejenige Zeitspanne bekannt sein, die zwischen der Anfrage an die Komponente und Erhalt des Messwerts vergeht. Diese Zeit wird Paketumlaufzeit (englisch: round trip time RTT) genannt. Die Paketumlaufzeit darf einen vorgegebenen Grenzwert nicht überschreiten, um eine vorgegebene Zeitgenauigkeit für den Ausleseprozess nicht zu überschreiten. Vorgaben für die Zeitgenauigkeit finden sich beispielsweise in Vorschriften für Messsysteme zum Erfassen elektrischer Energie.
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Um sicherzustellen, dass ein Messwert, der beispielsweise von einem Gateway von einem Sensor abgefragt wird, vom Gateway den richtigen Zeitstempel erhält, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein. Zum einen muss der Sensor in der Lage sein, ausreichend schnell auf die Anfrage des Gateways zu antworten. Zum anderen muss das Gateway in der Lage sein, die Paketumlaufzeit richtig zu messen.
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Um festzustellen, ob die beiden Bedingungen erfüllt sind, werden Paketumlaufzeit-Messgeräte verwendet, die auch als Simulatoren bezeichnet werden können. Diese werden mit einem Prüfling, beispielsweise einem Sensor oder einem System aus Gateway und Sensor, verbunden, simulieren eine Anfrage an den Prüfling und messen die Zeit bis zum Eintreffen der Antwort. Derartige Paketumlaufzeit-Messgeräte müssen ihrerseits kalibriert werden. Das hat sich als schwierig herausgestellt.
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Aus der
US 2008/0036649 A1 ist Verfahren zum Kalibrieren eines laufzeitbasierten Ortungssystems bekannt, bei dem im Kalibriermodus ein Signal in einen Wellenleiter gesendet wird, der nach einer bekannten Zeit ein reflektiertes Signal abgibt, das vom Empfänger des Systems detektiert wird. Anhand der Abmessungen des Wellenleiters kann die Laufzeit berechnet und das Ortungssystem damit kalibriert werden.
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Die
US 2011/0199107 A1 beschreibt ein Kalibriersystem für ein Testsystem.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Paketumlaufzeit-Messgerät mit einfachen Mitteln zu kalibrieren.
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Die Erfindung löst das Problem durch eine Kalibriervorrichtung zum Kalibrieren eines Paketumlaufzeit-Messgeräts, das eine Latenzzeit-Vorgabevorrichtung zum Verzögern der Weiterleitung eines Datenpakets um eine Latenzzeit enthält. Gemäß einem zweiten Aspekt löst die Erfindung das Problem durch ein Kalibrierverfahren zum Kalibrieren eines Paketumlaufzeit-Messgeräts mit den Schritten: (a) Verbinden eines Prüflings, der auf eine Messwertanfrage einen Messwert liefert, mit dem Paketumlaufzeit-Messgerät und mit einer Latenzzeitvorgabe-Vorrichtung, die eingerichtet ist zum Verzögern der Weiterleitung eines Datenpakets um eine Latenzzeit, (b) automatisches Absenden einer Messwertanfrage mittels des Paketumlaufzeit-Messgeräts und (c) Ermitteln einer ersten Paketumlaufzeit mittels dem Paketumlaufzeit Messgerät.
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Vorteilhaft an der Erfindung ist, dass das Paketumlaufzeit-Messgerät unter vergleichsweise realistischen Bedingungen getestet werden kann. Zwar wäre es möglich, als Prüfling ein Gerät zu wählen, dessen Antwortverhalten bekannt ist. Die Genauigkeit des Paketumlaufzeit-Messgeräts ergäbe sich dann aus dem Vergleich der Zeitmesswerte des Paketumlaufzeit-Messgeräts mit der bekannten Antwortzeit des Prüflings. Hieran aber ist nachteilig, dass das Paketumlaufzeit-Messgerät lediglich für den Standard-Prüfling mit Sicherheit korrekt misst. Anders als bei der erfindungsgemäßen Lösung ist keine Aussage möglich, ob das Paketumlaufzeit-Messgerät auch für andere Prüflinge korrekt misst. Diese Frage ist besonders dann relevant, wenn die Datenkommunikation zwischen dem Paketumlaufzeit-Messgerät und dem Prüfling über den Datenbus so verschlüsselt erfolgt, dass das Paketumlaufzeit-Messgerät und der Prüfling Kryptografieschlüssel austauschen und/oder verwalten müssen.
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Ein weiterer Vorteil ist, dass die Kalibrierung des Paketumlaufzeit-Messgeräts mittels der Erfindung einfach möglich ist. Zwar wäre es möglich, die Datenkommunikation zwischen dem Paketumlaufzeit-Messgerät und dem Prüfling mit einem bezüglich seiner Zeitmessgenauigkeit kalibrierten Logikanalysator (englisch: protocol analyzer) aufzuzeichnen und die Paketumlaufzeit aus den Zeitverläufen zu ermitteln. Diese Analyse ist jedoch sehr aufwendig.
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Im Rahmen der vorliegenden Beschreibung wird unter einer Kalibriervorrichtung eine Vorrichtung verstanden, mittels der ein Paketumlaufzeit-Messgerät kalibriert werden kann. Eine derartige Kalibriervorrichtung umfasst insbesondere einen Kalibrierschein, in dem angegeben ist, mit welcher Messgenauigkeit die Latenzzeit vorgegeben werden kann. Insbesondere ist mit einer erfindungsgemäßen Kalibriervorrichtung eine Kalibrierung eines Paketumlaufzeit-Messgerätes mit einer berechenbaren Messunsicherheit möglich. In anderen Worten ist es für die erfindungsgemäße Kalibriervorrichtung gemäß einer bevorzugten Ausführungsform nicht ausreichend, dass eine Latenzzeit angebbar ist, maßgeblich ist, dass diese Latenzzeit rückgeführt bestimmt ist. Die Tatsache, dass dem so ist, ist im Kalibrierschein angegeben.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist die Latenzzeit-Vorgabevorrichtung eingerichtet zum automatischen Erfassen eines Datenpakets, Speichern des Datenpakets und Weiterleiten des Datenpakets, so dass zwischen dem Eingangszeitpunkt, zu dem das Erfassen des Datenpakets beginnt, und einem Ausgangszeitpunkt, zu dem das Weiterleiten des Datenpakets bestimmt wird, genau die Latenzzeit vergeht. Die Latenzzeit ist rückgeführt gemessen, was im entsprechenden Kalibrierschein angegeben ist.
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Beispielhaft umfasst die Latenzzeit-Vorgabevorrichtung einen Bus-Repeater. Ein Beispiel dafür ist der Bus-Repeater Si824x der Silicon Laboratories. Bus-Repeater sind Standardbauteile und daher kostengünstig.
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Beispielhaft umfasst die Kalibriervorrichtung eine elektronische Auswerteeinheit, die eingerichtet ist zum automatischen Durchführen eines Verfahrens mit den folgenden Schritten: (i) Erfassen einer vom Paketumlaufzeit-Messgerät gemessenen ersten Paketumlaufzeit, wenn die Latenzzeit-Vorgabevorrichtung eine erste Latenzzeit hat, (ii) Verändern der Latenzzeit-Vorgabevorrichtung von der ersten Latenzzeit auf eine zweite Latenzzeit, (iii) Erfassen einer vom Paketumlaufzeit-Messgerät gemessenen zweiten Paketumlaufzeit und (iv) Bestimmen einer Abweichung zwischen einer Paketumlaufzeit-Referenz zwischen der ersten Paketumlaufzeit und der zweiten Paketumlaufzeit einerseits und einer Latenzzeit-Differenz zwischen der ersten Latenzzeit und der zweiten Latenzzeit andererseits.
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Es ist lediglich notwendig, das zu kalibrierende Paketumlaufzeit-Messgerät mit der erfindungsgemäßen Kalibriervorrichtung zu verbinden und die Messung zu starten. Die Auswerteeinheit führt dann die angegebenen Schritte durch, so dass als Ergebnis die Abweichung zwischen dem tatsächlichen Wert, nämlich der Latenzzeit-Differenz und der von dem Paketumlaufzeit-Messgerät gemessenen Paketumlaufzeit-Differenz andererseits bestimmt werden kann. Überschreitet die relative Abweichung zwischen diesen beiden Differenzen einen vorgegebenen Schwellenwert, so wird das Paketumlaufzeit-Messgerät als nicht spezifikationsgemäß abgelehnt.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren umfasst bevorzugt die Schritte eines Veränderns der Latenzzeit, insbesondere auf null, eines automatischen Absendens einer zweiten Messwertanfrage mittels des Paketumlaufzeit-Messgeräts, eines Ermittelns einer zweiten Paketumlaufzeit mittels dem Paketumlaufzeit-Messgerät und eines Ermittelns einer Paketumlaufzeit-Differenz aus den Paketumlaufzeiten. Wie oben beschrieben, kann daraus bestimmt werden, ob das Paketumlaufzeit-Messgerät eine vorgegebene Genauigkeit einhält oder nicht.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Dabei zeigt
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1 eine schematische Ansicht eines erfindungsgemäßen Paketumlaufzeit-Messgeräts, das zum Durchführen eines erfindungsgemäßen Verfahrens mit einem Prüfling verbunden ist und
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2 ein beispielhaftes Schaltbild der Latenzzeit-Vorgabevorrichtung der Kalibriervorrichtung gemäß 1.
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1 zeigt ein zu kalibrierendes Paketumlaufzeit-Messgerät 10, das mit einem Prüfling 12 verbunden ist, im vorliegenden Fall mittels einer Busleitung 14. Der Prüfling 12 kann beispielsweise eine den Messsignaltransport um eine nennenswerte Latenzzeit verzögernde, digitale Signiereinheit 16 aufweisen, die mit dem ein Messsignal abgebenden Sensor 18 verbunden ist. Die Busleitung 14 ist schematisch mit zwei Leitungen 20.1, 20.2 für Simplex-Betrieb eingezeichnet. Es ist aber auch möglich, dass die Busleitung für andere Betriebsarten als Simplex ausgeführt ist. 1 zeigt zudem, dass sowohl der Prüfling 12 als auch das Paketumlaufzeit-Messgerät 10 mit einer Latenzzeit-Vorgabevorrichtung 22 verbunden sind.
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2 zeigt als ein Ausführungsbeispiel für einen DMX-Bus, dass die Latenzzeit-Vorgabevorrichtung 22 einen Bus-Repeater 24 aufweist, der mit einem Totzeitgenerator 26 verbunden ist. Dadurch kann eine Latenzzeit Δtcal quasi kontinuierlich eingestellt werden kann. Beispielsweise kann eine Latenzzeit zwischen Δtcal = 0,1 ms und Δtcal = 500 ms eingestellt werden. Ein Beispiel für einen Totzeitgenerator ist der TMS320C24x von Texas Instruments.
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Die Latenzzeit-Vorgabevorrichtung 22 ist Teil einer Kalibriervorrichtung 28, wobei die Kalibriervorrichtung 28 vollständig durch die Latenzzeit-Vorgabevorrichtung 22 gebildet sein kann. Alternativ kann die Kalibriervorrichtung 28 eine Auswerteeinheit 30 aufweisen, die mit dem Paketumlaufzeit-Messgerät 10 und der Latenzzeit-Vorgabevorrichtung 22 verbunden ist. Im Betrieb steuert die Auswerteeinheit 30 die Latenzzeit-Vorgabevorrichtung 22 so an, dass unterschiedliche Latenzzeiten Δtcal,i (i = 1, 2, 3, ...) eingestellt werden.
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Ein erfindungsgemäßer Kalibriervorgang wird nachfolgend unter Bezugnahme auf 2 in Schritten beschrieben: (i) Schalter 31 aus der gezeigten Stellung in die alternative Stellung bringen. (ii) Paketumlaufzeit-Messgerät 10 eine erste standardisierte Datenabfrage beim Prüfling durchführen und die unbekannte Umlaufzeit tRTT bestimmen lassen. Die Anzeige ist tRTTAnzeige1 = tRTT·(1 + x) = tRTT + x·tRTT. Der Faktor x charakterisiert dabei die durch die Kalibrierung zu bestimmende Messabweichung des Paketumlaufzeit-Messgeräts. (iii) Schalter 31 in die gezeigte Stellung bringen. (iv) Über den Timer 26 eine bekannte Verzögerungszeit ΔT einstellen. (v) Paketumlaufzeit-Messgerät eine zweite standardisierte Datenabfrage beim Prüfling durchführen und die Umlaufzeit tRTT + ΔT + x·tRTT + x·ΔT. (vi) Die Auswerteeinheit berechnet den gesuchten Faktor x, x = (tRTTAnzeige2 – tRTT-Anzeige1)/ΔT – 1. Alternativ zu einem Totzeitgenerator 26 ist es möglich, dass die Latenzzeit-Vorgabevorrichtung 22 mehrere Bus-Repeater oder gleichwirkende Bauteile umfasst, die hintereinander geschaltet werden können.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Paketumlaufzeit-Messgerät
- 12
- Prüfling
- 14
- Busleitung
- 16
- Signiereinheit
- 18
- Sensor
- 20
- Leitung
- 22
- Latenzzeit-Vorgabevorrichtung
- 24
- Bus-Repeater
- 26
- Totzeitgenerator
- 28
- Kalibriervorrichtung
- 30
- Auswerteeinheit
- 31
- Schalter
- tRTT
- Paketumlaufzeit
- x
- erfindungsgemäß zu bestimmender Faktor (Messfehler des Paketumlaufzeit-Messgerätes)
- tRTTAnzeige1,2
- Anzeige des Paketumlaufzeit-Messgerätes
- ΔT
- bekannte, vorgegebene Latenzzeit