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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Einstellen eines Reibwerts an einem Fahrzeug sowie ein Fahrzeug mit einem zur Durchführung des vorgestellten Verfahrens konfigurierten Steuergerät.
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Zur Kontrolle eines Fahrzeugs werden häufig Assistenzsysteme verwendet, die bspw. Brems- und/oder Lenksysteme regeln, um das Fahrzeug zu stabilisieren. Um derartige Assistenzsysteme optimal an aktuelle Fahr- und Umgebungsbedingungen anzupassen, kann ein Reibwertschätzer, d. h. ein Reibwert, verwendet werden, der ein zur Verfügung stehendes Haftungsniveau zwischen jeweiligen Reifen des Fahrzeugs und einer Fahrbahn beschreibt. Da sich der Reibwert während einer Fahrt schnell ändern kann, wird eine situationsabhängige Reibwerterkennung benötigt.
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Die französische Druckschrift
FR 3 014 807 A1 beschreibt ein Verfahren, bei dem eine Vorhersage eines Reibwerts erzielt wird, indem ein Reibwertschätzer zur Vorhersage einer möglichen Haftreibung verwendet wird.
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In der deutschen Druckschrift
DE 10 2012 112 725 A1 wird ein Verfahren zur Schätzung eines Reibwerts offenbart, bei dem eine Reibwertklassifizierung aus Kamerabilddaten einer vor einem jeweiligen Fahrzeug befindlichen Strecke erfolgt.
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Ein Verfahren, bei dem ein Reibwert durch Kombination verschiedener Schätzverfahren unter Verwendung jeweiliger Vertrauenswerte ermittelt wird, ist in der deutschen Druckschrift
DE 10 2014 103 843 A1 offenbart.
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Die Druckschrift
EP 2 327 596 A1 beschreibt ein Verfahren zum Begrenzen eines Drehmoments oder einer hierfür charakteristischen Größe eines zur Stabilisierung eines Fahrzeugs dienenden Regelkreises. Dabei wird ein Reibwert über fahrzeuginterne Größen geschätzt. In Abhängigkeit des Reibwerts wird ein Grenzwert für das Drehmoment oder die hierfür charakteristischen Größe bestimmt. Das Drehmoment oder die hierfür charakteristische Größe wird anschließend auf den Grenzwert begrenzt.
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Vor diesem Hintergrund ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren bereitzustellen, das in wechselnden Fahrsituationen eines Fahrzeugs stets eine verlässliche Einstellung eines Reibwerts ermöglicht.
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Es wird somit ein Verfahren zum Bereitstellen eines Reibwerts zwischen mindestens einem Reifen eines Fahrzeugs und einer Fahrbahn vorgestellt, bei dem der Reibwert im Normalfall ausgehend von einem Startwert kontinuierlich über einen graduellen Verlauf einem vorgegebenen Zielreibwert angenähert wird und für den Fall, dass sich das Fahrzeug in einer vorgegebenen Fahrsituation befindet, ein neuer Zielreibwert auf Grundlage von mittels mindestens eines Beschleunigungssensors des Fahrzeugs gemessenen Beschleunigungswerten ermittelt wird, und wobei der Reibwert zum Adaptieren mindestens eines Regelungssystems des Fahrzeugs an aktuelle Fahrbahnverhältnisse verwendet wird. Bei dem vorgestellten Verfahren ist vorgesehen, dass eine Geschwindigkeit, mit der ein neuer Zielreibwert ermittelt werden soll, über einen Filter gesteuert wird, wobei eine entsprechende Filterkonstante von mindestens einem mittels eines Sensors gemessenen Fahrzeugparameter abhängig ist.
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Ausgestaltungen ergeben sich aus der Beschreibung und den abhängigen Ansprüchen.
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Das vorgestellte Verfahren dient insbesondere zum sicheren Bereitstellen eines Zielreibwerts und, dadurch bedingt, dem Einstellen eines Reibwerts bzw. Bereitstellen eines Reibwerts in verschiedenen Fahrsituationen eines Fahrzeugs, um Regelsysteme, wie bspw. ein Stabilisationsprogramm an den aktuellen Reibwert anzupassen. Dazu ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass der Reibwert im Normalfall, d. h. standardmäßig, dadurch bereitgestellt wird, dass sich der Reibwert ausgehend von einem Startwert graduell einem vorgegebenen Zielreibwert nähert und im Falle des Auftretens einer vorgegebenen Fahrsituation, wie bspw. einem kritischen Fahrmanöver, mittels eines mathematischen Verfahrens korrigiert wird, das den Zielreibwert global, d. h. radunabhängig bzw. für das gesamt Fahrzeug gleichzeitig, ermittelt. Der globale Zielreibwert wird dabei mittels von mindestens einem Beschleunigungssensor erfassten Werten bestimmt, so dass Einflüsse von radindividuellem Schlupf auf den Zielreibwert und, dadurch bedingt, auf einen jeweiligen eingestellten Reibwert vermieden werden.
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Es ist insbesondere vorgesehen, dass der erfindungsgemäß bereitgestellte Reibwert zum Adaptieren, d. h. zum Einstellen, mindestens eines Regelungssystems, wie bspw. einem Hybridbremssystem oder einer Allrad- bzw. Hinterachslenkungsvorsteuerung eines Fahrzeugs verwendet wird.
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Mittels des erfindungsgemäß bereitgestellten Reibwerts können Regelungssysteme an eine aktuelle Umgebungs- bzw. Fahrbahnbedingung angepasst werden, noch bevor ein Regeleingriff erforderlich ist. Dazu kann aufgrund eines jeweiligen aktuell bestimmten Reibwerts bspw. eine aktuelle Klassifikation in die Kategorien „Eis“, „Schnee“, „Regen“ oder „Trocken“ erfolgen, wobei die Kategorien jeweils bestimmte Brems- und/oder Beschleunigungseinstellungen bedingen, wodurch Regeleingriffe reduziert und ein Fahrkomfort gesteigert werden kann.
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Unter einem graduellen Verlauf ist im Kontext der vorliegenden Erfindung ein sich kontinuierlich mit mindestens einer Steigung ungleich Null verändernder Verlauf einer Abfolge von Werten, d. h. eine Kurve in einem Diagramm, zu verstehen. Der erfindungsgemäß vorgesehene graduelle Verlauf kann mit jedem denkbaren Gradienten, wie bspw. durch einen Rampenverlauf, insbesondere einen variablen Verlauf umgesetzt werden.
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In Ausgestaltung kann das vorgestellte Verfahren ausgehend von einem Startwert, der fest hinterlegt oder anhand von Umgebungs- und/oder Fahrzeugparametern bestimmt werden kann, initialisiert werden. Der Startwert kann bspw. anhand eines aktuellen Fahrzeugstandorts, einer aktuellen Außentemperatur, einer aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit oder jedem weiteren geeigneten Parameter bestimmt werden. Sobald der Startwert bekannt ist, wird der Reibwert angelernt, d. h. einem aktuellen Zielreibwert graduell so lange angenähert, bis der Zielreibwert dem aktuellen Reibwert entspricht. Es ist insbesondere vorgesehen, dass der Reibwert während eines Fahrzustands angelernt wird und für den Fall, dass der aktuelle Fahrzustand nicht erkannt werden kann, der Zielreibwert auf Grundlage von mittels mindestens eines Beschleunigungssensors des Fahrzeugs gemessenen Beschleunigungswerten ermittelt wird, so dass stets ein verlässlicher Reibwert zur Verfügung steht.
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In einer möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens ist vorgesehen, dass der Reibwert ausgehend von einem Startwert bestimmt wird und der Startwert fest vorgegeben oder mittels mindestens eines Messwerts der folgenden Liste an Messwerten ermittelt wird: aktueller Fahrzeugstandort, Außentemperatur oder Umgebungsbedingungen.
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Der Startwert, von dem aus der Reibwert über den graduellen Verlauf an einen jeweiligen Zielreibwert angelernt, d. h. dem Zielreibwert angehnähert wird, kann in Abhängigkeit äußerer Parameter, wie bspw. Witterungsbedingungen, und/oder innerer Parameter eines jeweiligen Fahrzeugs, wie bspw. einer Fahrzeuggeschwindigkeit, gewählt werden.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens ist vorgesehen, dass die vorgegebene Fahrsituation mit einer aktuellen Fahrsituation anhand mindestens eines Fahrzeugparameters der folgenden Fahrzeugparameter abgeglichen wird: rad- oder achsselektive Schlupfschwellen für eine beschleunigte oder gebremste Fahrt, Signale eines Fahrwerksregelungssystems, Unter-/ und Übersteuerungssignale, Soll-ist-Gierratenabweichung, Soll-ist-Schwimmwinkelabweichung von vorgegebenen Schwimmwinkelgrenzen, Schräglaufwinkel- und/oder Momentanpoländerungen und/oder entsprechende abhängige Schwellen.
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Um eine Fahrsituation, in der bspw. ein neuer Zielreibwert zu setzen ist bzw. ein jeweiliges Verfahren zum Bereitstellen des Zielreibwerts zu ändern ist, zu erkennen, ist vorgesehen, dass ein Situationserkenner ausgeführt wird, der die aktuelle Fahrsituation eines jeweiligen Fahrzeugs kontinuierlich oder dynamisch in Abhängigkeit von Änderungen in von jeweiliger Sensorik gemessener Werte, erkennt und zur Wahl einer jeweiligen Methode zum Bereitstellen des Zielreibwerts verwendet. Dazu ist vorgesehen, dass Fahrzeugparameter, wie bspw. rad- oder achsselektive Schlupfschwellen für eine beschleunigte oder gebremste Fahrt, Signale eines Fahrwerksregelungssystems, Unter- und Übersteuerungssignale, Soll-ist-Gierratenabweichungen, Soll-ist-Schwimmwinkelabweichungen von vorgegebenen Schwimmwinkelgrenzen, Schräglaufwinkel- und/oder Momentanpoländerungen und/oder entsprechende abhängige Schwellen mittels eines Steuergeräts ermittelt und mit vorgegebenen Werten von Fahrsituationen abgeglichen werden. Entsprechend kann bspw. eine Fahrsituation, in der ein neuer Zielreibwert zu setzen ist, erkannt werden, wenn die Fahrsituation in einem Geschwindigkeitsbereich zwischen 30 km/h und 60 km/h bei konstanter Fahrt liegt und das Fahrzeug sich mit 50 km/h fortbewegt.
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Vorzugsweise werden Situationen, in denen ein neuer Zielreibwert zu setzen ist, dann erkannt, wenn ein Regelsystemeingriff von bspw. einem Stabilisierungsprogramm gemeldet wird.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens ist vorgesehen, dass der Zielreibwert für den Fall, dass sich das Fahrzeug nicht in einer vorgegebenen Fahrsituation befindet, mittels eines mathematischen Modells, das an dem Fahrzeug anliegende Längs- und/oder Querkräfte rad- oder achsweise bestimmt bzw. modelliert, ermittelt wird.
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Mittels eines Modellreibwerts, der parallel und unabhängig von dem graduellen Verlauf des Reibwerts berechnet wird, kann eine rad- oder achsweise Betrachtung des Reibwerts ermöglicht werden. Um den Modellreibwert bei der Ermittlung des Reibwerts zu berücksichtigen, kann der Modellreibwert in bestimmten Situationen, bspw. wenn der Modellwert größer als der Reibwert ist, als neuer Zielreibwert verwendet werden, so dass der Reibwert rad- bzw. achsindividuell bereitgestellt werden kann.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens ist vorgesehen, dass das mathematische Modell zum Berechnen des Modellreibwerts Eingangswerte von einem Reifenmodell und/oder einem Beschleunigungssensor des Fahrzeugs erhält.
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Um bei der Berechnung des Modellreibwerts und, dadurch bedingt, bei der Ermittlung des Reibwerts einen Reifenzustand und/oder eine Beschleunigung eines jeweiligen Fahrzeugs zu berücksichtigen, ist vorgesehen, dass der Modellreibwert auf Grundlage von mittels eines Reifenmodells berechneten Reifeneigenschaften und/oder einem mittels eines Beschleunigungssensors aktuell gemessenen Beschleunigungswert berechnet wird. Selbstverständlich ist dazu auch die Nutzung eines Antriebsstrang- und Bremsenmodells denkbar. Dabei kann der Modellreibwert als Anpassungsfaktor für den Reibwert dienen, um den Reibwert an aktuelle Fahrparameter des Fahrzeugs anzupassen.
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Der Modellreibwert kann radweise bspw. mittels Gleichung (1) berechnet werden.
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Dabei steht µx_Modell für einen Modellreibwert in Längsrichtung, µx_FA für einen Reibwert in Längsrichtung der Vorderachse, µx_RA für einen Reibwert in Längsrichtung der Hinterachse, axist für eine aktuelle Beschleunigung und g für die Erdbeschleunigung. Diese Formelzeichen werden im Weiteren beibehalten.
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Eine Berechnung einer Reibwertausnutzung bzw. eines Modellreibwerts je Achse kann mittels einer exemplarischen Berechnungsvorschrift gemäß Gleichung (2) erfolgen.
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Dabei steht µx_FA für eine Reibwertausnutzung einer Vorderachse eines jeweiligen Fahrzeugs in Längsrichtung, Fx_FA für an der Vorderachse anliegende Längskräfte, Fx_RA für an einer Hinterachse anliegende Längskräfte, Fz_FA für eine Achslast an der Vorderachse und Fz_RA für eine Achslast an der Hinterachse. Eine reifenweise Berechnung der Reibwertausnutzung kann mittels eines Radlastmodells anteilig berechnet werden.
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In Querrichtung kann die Reibwertausnutzung aus einer auf Fahrzeugebene auftretenden Beschleunigung ermittelt werden, wobei ein Querkraft- und Radlastmodell zur Berechnung einer rad- bzw. achsweisen Modellreibwertermittlung gemäß Gleichungen (3) und (4) genutzt werden kann.
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Dabei steht µy_Modell für einen Modellreibwert in Querrichtung, µy_ FA für einen Reibwert in Querrichtung der Vorderachse und µy_RA für einen Reibwert in Querrichtung der Hinterachse.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens ist vorgesehen, dass, wenn eine Fahrsituation, in der ein neuer Zielreibwert zu ermitteln ist, erkannt wird, der Zielreibwert mittels eines mathematischen Modells, das an dem Fahrzeug anliegende Längs- oder Querkräfte für alle Räder des Fahrzeugs gemeinsam bestimmt, ermittelt wird.
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Um ein sicheres Bereitstellen eines Reibwerts auch in Fahrsituationen zu ermöglichen, die bspw. zwischen verschiedenen Rädern unterschiedlichen Schlupf bedingen, ist vorgesehen, dass der Zielreibwert mittels eines mathematischen Modells, das an dem Fahrzeug anliegende Längs- oder Querkräfte für alle Räder des Fahrzeugs gemeinsam bestimmt, ermittelt wird. Durch Verwendung eines globalen, d. h. für alle Räder bzw. Achsen eines Fahrzeugs gemeinsamen Reibwerts, können achs- bzw. radindividuelle Einflüsse minimiert und Fehlstellungen verhindert werden.
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Da Fahrsituationen, in denen ein neuer Zielreibwert zu verwenden ist bzw. ein Zielreibwertwechsel zu erfolgen hat, in der Regel kritische Fahrsituationen sind, die bspw. mit Reibungsverlust und einer entsprechenden Gefährdung verbunden sind, ist vorgesehen, dass ein Gradient zum Anlernen eines jeweils aktuellen Reibwerts an einen jeweiligen neuen Zielreibwert schnell überbrückt wird und bspw. eine Filterkonstante, die ein Anlerntempo des Reibwerts regelt, verändert wird.
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Insbesondere ist vorgesehen, dass ein neuer Zielreibwert mittels Gleichung (5) berechnet wird.
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Dabei steht µyglobal für eine an dem gesamten Fahrzeug anliegende Längskraft, µxglobal für eine an dem gesamten Fahrzeug anliegende Querkraft und AFaktor(a) für zusammenhängende Skalierungsfaktoren, die abhängig von a (Fahrzeuggrößen) sind.
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Ferner betrifft die vorliegende Erfindung ein Fahrzeug mit einem Steuergerät, das dazu konfiguriert ist, einen Reibwert zwischen mindestens einem Reifen eines Fahrzeugs und einer Fahrbahn bereitzustellen, wobei der Reibwert im Normalfall ausgehend von einem Startwert kontinuierlich über einen graduellen Verlauf einem vorgegebenen Zielreibwert anzunähern ist und für den Fall, dass das Fahrzeug sich in einer vorgegebenen Fahrsituation befindet, ein neuer Zielreibwert auf Grundlage von mittels mindestens eines Beschleunigungssensors des Fahrzeugs zu messenden Beschleunigungswerten zu ermitteln ist, und wobei der Reibwert zum Adaptieren mindestens eines Regelungssystems des Fahrzeugs an aktuelle Fahrbahnverhältnisse zu verwenden ist.
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Das vorgestellte Fahrzeug dient insbesondere zur Durchführung des vorgestellten Verfahrens.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und den beiliegenden Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
- 1 zeigt eine schematische Darstellung eines Ablaufs einer möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens.
- 2 zeigt eine schematische Darstellung eines Ablaufs einer weiteren möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens.
- 3 zeigt eine schematische Darstellung eines Ablaufs einer noch weiteren möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens.
- 4 zeigt einen schematischen Aufbau einer möglichen Ausgestaltung eines Steuergeräts zur Durchführung einer möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens.
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Die Figuren werden zusammenhängen beschrieben. Gleiche Bezugszeichen bezeichnen gleiche Merkmale.
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In 1 ist in einem Diagramm 1, das auf der Ordinate 3 einen Reibwert µ und auf der Abszisse 5 einen Zeitverlauf abbildet und ein Diagramm 2, das auf der Ordinate 7 eine ggf. auftretende Fahrsituation bzw. ein „event“ gemäß einer vorgegebenen Liste an Fahrsituationen und auf der Abszisse 9 einen Zeitverlauf abbildet, dargestellt.
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In 1 befindet sich ein jeweiliges zu betrachtendes Fahrzeug nicht in einem „event“, so dass Diagramm 2 keine Inhalte darstellt.
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In Diagramm 1 ist ein Kurvenverlauf 11 eines Reibwerts dargestellt, der eine Veränderung eines in dem Fahrzeug berechneten Reibwerts zu verschiedenen Zeitpunkten beim Betrieb des Fahrzeugs abbildet.
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Eine Linie 13 gibt einen maximalen Reibwert µmax und eine Linie 15 eine Reibwertschwelle µGm an, der sich der Reibwert im Normalbetrieb graduell nähert. Ein Kurvenverlauf 16 gibt einen Verlauf eines Modellreibwerts an, der mittels eines mathematischen Modells auf Grundlage von Fahrparametern des Fahrzeugs, wie bspw. Beschleunigungswerten insbesondere radselektiv berechnet wird. Wie durch Kurvenverlauf 11 dargestellt, wird der Reibwert ausgehend von einem Startwert zum Zeitpunkt t0 mittels eines graduellen Verlaufs kontinuierlich erhöht, bis ein erster Zielreibwert zum Zeitpunkt t1 erreicht ist. Der erste Zielreibwert kann bspw. in Abhängigkeit einer aktuellen Fahrsituation des Fahrzeugs vorgegeben sein, so dass, wenn das Fahrzeug bspw. steht, der erste Zielreibwert niedrig angesetzt wird und der Reibwert diesen Zielreibwert nicht übersteigt solange das Fahrzeug sich in der Fahrsituation befindet, d. h. steht.
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Sobald der erste Zielreibwert durch den Kurvenverlauf 11 des Reibwerts erreicht ist, d. h. der aktuelle Reibwert dem ersten Zielreibwert entspricht, wird der Reibwert nicht mehr graduell erhöht und bleibt konstant, wie durch den Kurvenverlauf 11 zwischen den Zeitpunkten t1 und t2 angedeutet.
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Sobald sich die Fahrsituation des Fahrzeugs ändert, wird der Zielreibwert automatisch angepasst, wie im Bereich zwischen den Zeitpunkten t2 und t3 angedeutet. Dies bedeutet, dass, wenn das Fahrzeug bspw. beginnt zu fahren, ein neuer Zielreibwert für den graduellen Verlauf gesetzt, d. h. bereitgestellt, wird. Bedingt durch den graduellen Verlauf des Reibwerts steigt dieser bis zu dem neuen Zielreibwert zum Zeitpunkt t3 an und bleibt so lange konstant, bis zum Zeitpunkt t4 das Fahrzeug in eine neue Fahrsituation wechselt oder ein neuer Zielreibwert bereitgestellt wird. Sobald der neue Zielreibwert bereitgestellt ist, wird der Reibwert erneut graduell erhöht, bis der Reibwert zum Zeitpunkt t5 eine maximale Reibwertschwelle 18 erreicht. Anschließend bleibt der Reibwert konstant. Dabei wird der Zielreibwert für eine jeweilige Fahrsituation, wie bspw. einen Stillstand fest vorgegeben oder, falls bspw. der Modellreibwert größer als der vorgegebene Zielreibwert ist oder ein Event eintritt, durch einen neuen Zielreibwert ersetzt.
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Jederzeit im Verlauf der Veränderung des Reibwerts kann in einem Speicher ein neuer Startwert 14 hinterlegt werden, der bei einem erneuten Beginn des Verfahrens als Ausgangspunkt zum Zeitpunkt t0 dient.
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Parallel zum Bereitstellen jeweiliger Zielreibwerte berechnet ein mathematisches Modell bspw. auf Grundlage einer aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit radselektiv einen aktuellen Modellreibwert, wie durch Kurvenverlauf 16 angedeutet.
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In 2 ist eine Interaktion des Kurverlaufs 16 des Modellreibwerts und des Kurvenverlaufs 11 des Reibwerts dargestellt. Dies bedeutet, dass jeweilige Zielreibwerte in Abhängigkeit von durch das mathematische Modell berechneten Zielreibwerten angepasst werden. Ausgehend von einem Startwert zum Zeitpunkt t0 wird der Reibwert analog zum Verlauf in 1 so lange erhöht, bis der erste Zielreibwert zum Zeitpunkt t1 erreicht ist und so lange konstant gehalten, bis sich der Zielreibwert zum Zeitpunkt t2 ändert. Sobald der Modellreibwert, wie durch Kurvenverlauf 16 dargestellt, höher ist als der aktuelle Reibwert, wird der aktuelle Zielreibwert an den aktuellen Modellreibwert angepasst, so dass der Reibwert graduell an den aktuellen Modellreibwert angepasst wird, wie durch einen Abschnitt 15 des Kurvenverlaufs 11 bzw. des Kurvenverlaufs 16 angedeutet. Sollte der Modellreibwert sich nach dieser Zielreibwertanpassung wieder reduzieren, d. h. unter den neuen Zielreibwert fallen, wird der Reibwert graduell so lange gesteigert, bis das mathematische Modell erneut einen Zielreibwert liefert, der höher als der neue Zielreibwert liegt. Auf diese Weise können kleine Abweichungen, bedingt durch Messfehler oder kurze Fahrbahnänderungen, ausgeglichen werden, ohne dass das Fahrzeug sich auf diese Messfehler oder Fahrbahnänderungen unnötigerweise einstellt. Entsprechend bleibt der Reibwert zum Zeitpunkt t3 konstant, obwohl der Modellreibwert gemäß Kurvenverlauf 16 sinkt. Im weiteren Verlauf erhöht sich der Modellreibwert erneut und bedingt einen neuen Zielreibwert, so dass der Reibwert erneut graduell erhöht wird.
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Zum Zeitpunkt t4 wird ein neuer Startwert gesetzt, um das Fahrzeug bei einem Neustart bereits mit einem zum Zeitpunkt t4 ermittelten Reibwert zu starten.
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Im weiteren Verlauf nach dem Zeitpunkt t4 überschreitet der Modellreibwert den maximalen Modellreibwert gemäß Linie 13, was bewirkt, dass der Reibwert zunächst so lange graduell erhöht wird, bis der Reibwert dem Modellreibwert entspricht und im Folgenden nicht mehr graduell erhöht sondern graduell reduziert wird, bis der maximale Modellreibwert zum Zeitpunkt t5 wieder erreicht ist.
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3 zeigt Anpassungsvorgänge des Reibwerts beim Auftreten von vorgegebenen Fahrsituationen, d. h. „events“.
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Ausgehend von einem Startwert zum Zeitpunkt t0 wird der Reibwert analog zu den 1 und 2 erhöht, bis ein erster Zielreibwert zum Zeitpunkt t1 erreicht ist. Der Reibwert gemäß Kurvenverlauf 11 wird bis zum Zeitpunkt t2 konstant gehalten und erhöht sich nach dem Zeitpunkt t2 gemäß einem Modellreibwert, wie er durch den Kurvenverlauf 16 dargestellt ist. Insbesondere erhöht sich der Reibwert im Abschnitt 15 des Kurvenverlaufs 11 bzw. des Kurvenverlaufs 16.
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Sobald ein erstes Event 17, wie es in Diagramm 2 dargestellt ist, erkannt wird, d. h. eine Fahrsituation des Fahrzeugs bspw. durch Änderungen von Fahrzeugparametern, wie bspw. einer Schwimmwinkel- und/oder Beschleunigungsänderung außerhalb zulässiger Varianzen, wird ein neuer Zielreibwert gesetzt, der auf Grundlage eines weiteren mathematischen Modell berechnet wurde, das einen globalen, d. h. radunabhängigen Reibwert bereitstellt, wie durch Pfeil 19 angedeutet. In Abhängigkeit einer Art des Events 17 wird eine Filterkonstante, die eine Geschwindigkeit des graduellen Erhöhens des Reibwerts beeinflusst, zum Zeitpunkt t3 angepasst. Sobald der neue Zielreibwert gemäß dem weiteren mathematischen Modell erreicht wurde, wird der Reibwert konstant gehalten. Der Reibwert wird hier nicht mehr erhöht, da der Reibwert zu diesem Zeitpunkt über einem maximalen graduellen Reibwert gemäß Linie 18 liegt.
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In Reaktion auf ein zweites Event 21 und einen entsprechend durch des weitere mathematische Modell neu berechneten Zielreibwert, wird der Reibwert in seinem weiteren Verlauf angepasst, d. h. mittels eines gemäß einem entsprechend gewählten Filter reduziert, wie durch Pfeil 23 angedeutet.
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Sobald das zweite Event 21 beendet ist, wird der Reibwert regulär gemäß dem Modellreibwert bis zu einem Zielreibwert 25 erhöht, wie durch einen Bereich 27 angedeutet. Da der Zielreibwert 25 über dem maximalen Modellschwellenwert gemäß Kurvenverlauf 16 liegt, wird der Reibwert im weiteren Verlauf so lange reduziert bis ein drittes Event 29 auftritt, das einen Zielreibwert 31 bedingt, dem der Reibwert mit einem entsprechend schnellen Filter graduell angepasst wird, wie durch Pfeil 33 angedeutet. Sobald das dritte Event 29 beendet ist, wird der Reibwert graduell der Gradientenschwelle gemäß Linie 18 angenähert.
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In 4 ist eine mögliche Ausgestaltung eines Verfahrens zum Ermitteln eines Reibwerts dargestellt. Ausgehend von einem Radlastmodell 40 zur Berechnung radindividueller Lasten auf Grundlage von Fahrzeugparametern Beschleunigung 41, Fahrzeuggeschwindigkeit 42 und Fahrzeuggewicht 43 werden jeweilige berechnete Radlasten gemäß Pfeil 44 zur Berechnung eines Modellreibwerts in einem Rechenschritt 45 mittels weiterer Fahrzeugparameter Längskraft 46, Längsbeschleunigung 47 und Querbeschleunigung 48 zur Verfügung gestellt.
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Parallel wird eine globale Reibwertermittlung mittels eines Rechenmodells 49 durchgeführt. Das Rechenmodell bestimmt auf Grundlage von Parametern Beschleunigung 50, gemessen durch einen fahrzeugfesten Beschleunigungssensor, Erdbeschleunigung 51 und Fahrzeuggeschwindigkeit 52 einen Reibwert in Querrichtung 53 und einen Reibwert in Längsrichtung 54 und verrechnet diese zu einem globalen Reibwert 55.
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Im Normalfall wird der Reibwert mittels eines Gradienten gemäß einem Gradientenmodell 56 auf Grundlage von Fahrzeugparametern Fahrzeuggeschwindigkeit 57, Fahrtrichtung 58 und ggf. weiterer Parameter 59 und 60 berechnet und mit einer jeweilig aktuellen Reibwertschwelle 61 und/oder einem Modellreibwert 62 abgeglichen zum Bestimmen eines Maximal- bzw. Zielreibwerts 63 abgeglichen.
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Für den Fall einer erkannten vorgegebenen Fahrsituation mittels eines Fahrsituationserkenners 64, auf Grundlage eines Fahrzeugparameters 65, 66, 67, 68, 69 oder 70, wird eine Zielreibwertumschaltung 71 vorgenommen, die den Zielreibwert 63 durch den globalen Reibwert 55 ersetzt. Entsprechend wird der Reibwert im Falles einer erkannten Fahrsituation durch den globalen Reibwert begrenzt und an diesen gemäß eines Gradienten 72 mittels eines Filters 73 angelernt.