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Die Erfindung betrifft ein Kraftrückkopplungssystem für ein medizinisches Instrument mit einem Roboter zur Bewegung des medizinischen Instruments und einer Haptikschnittstelle, die ein Bedienelement für den Roboter und eine Kraftrückkopplungseinrichtung aufweist, die dazu ausgebildet ist, eine von dem medizinischen Instrument ausgeübte Kraft über das Bedienelement an einen Benutzer zurückzumelden.
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Derartige Kraftrückkopplungssysteme können insbesondere in der minimalinvasiven Chirurgie gewinnbringend eingesetzt werden, weil ein den Eingriff durchführender Operateur anders als bei offenen Operationen keinen unmittelbaren Tastkontakt mit dem Gewebe hat. Wird das für den minimalinvasiven Eingriff verwendete, medizinische Instrument zudem von einem Roboter geführt, kann der Operateur mithilfe des Kraftrückkopplungssystems zumindest eine Information über die von dem Instrument auf das Gewebe ausgeübten Kräfte erhalten.
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Um die von dem Instrument ausgeübten Kräfte zu erfassen, ist vorgeschlagen worden, Dehnungsmessstreifen oder sonstige Sensoren, bei denen eine Formänderung zu einer messbaren Änderung eines elektrischen Signals führt, zu verwenden. Alternativ können auf dem piezoelektrischen Effekt basierende Sensoren oder Fiber Bragg Grating(FBG)-Sensoren, die optisch kleinste Verformungen von dotierten Glasfasern messen, eingesetzt werden. Ein grundlegendes Problem dieser Ansätze ist, dass die jeweiligen Sensoren in die medizinischen Instrumente integriert werden müssen, so dass spezielle Instrumente benötigt werden. Außerdem stellt dieser Ansatz hohe Anforderungen an die Sensoren, da diese eine Reinigung und Sterilisierung der Instrumente ohne Funktionseinschränkungen überstehen müssen.
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Soll die Messung der Kräfte hingegen außerhalb des Patienten erfolgen, ist eine Umrechnung der außerhalb des Patienten gemessenen Werte auf die an einem Instrumentenkopf wirkenden Kräfte schwierig, da sie von der Form des Instruments abhängen und außerdem durch unvermeidliche Kraftwirkungen auf das Instrument in einem Abstand von dem Kopf und unabhängig von dem eigentlich interessierenden Gewebekontakt überlagert werden.
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Die optische Kohärenztomographie, abgekürzt OCT für englisch optical coherence tomography, ist ein bekanntes Messverfahren, das zur Darstellung oberflächennaher Gewebsstrukturen im Bereich der Medizin verwendet wird. Bekannt ist insbesondere eine Darstellung von Zellschichten in Auge und Gefäßen. Das verwendete Licht dringt bei der optischen Kohärenztomographie zum Beispiel etwa 2 mm tief in das Gewebe ein, bei einer räumlichen Auflösung von zum Beispiel etwa 10 µm. Ebenfalls möglich ist eine sehr hohe zeitliche Auflösung von zum Beispiel etwa 200 kHz.
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In dem Fachartikel „Phantom validation of optical soft tissue navigation for Brachytherapy“ von C. Otte et al, MICCAI Workshop on Image-Guidance and Multimodal Dose Planning in Radiation Therapy, MICCAI 2012 ist beschrieben, dass die optische Kohärenztomographie zur Erfassung einer Gewebsdeformation an einem Gelatine-Phantom geeignet ist.
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Aus der Druckschrift
DE 10 2005 045 480 A1 ist ein Verfahren zum Aufspüren und Lokalisieren von im Inneren eines Gewebes vorhandenen, besonderen Strukturen bekannt geworden. Bei dem bekannten Verfahren ist an einem medizinischen Instrument ein Ultraschall-Transducer angeordnet, mit dem ein Ultraschall-Signal in das Gewebe eingestrahlt wird. Räumliche Veränderungen des Gewebes, etwa das Vorhandensein einer Koronararterie, werden anhand des reflektierten Ultraschallsignals erkannt und haptisch an einen Benutzer zurückgemeldet.
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Aus der Druckschrift
US 2012/0265062 A1 ist ein OCT-Katheter bekannt geworden, mit dem die elastischen Eigenschaften einer Gefäßwand untersucht werden können. Hierzu erzeugt der Katheter mit Hilfe eines gerichteten Flüssigkeitsstrahls oder einer mechanischen Vorrichtung eine Verformung der Gefäßwand, die mittels OCT gemessen wird.
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Davon ausgehend ist es die Aufgabe der Erfindung, ein Kraftrückkopplungssystem für ein medizinisches Instrument mit einem Roboter zur Bewegung des medizinischen Instruments und einer Haptikschnittstelle zur Verfügung zu stellen, mit dem die von einem beliebigen medizinischen Instrument auf ein Gewebe ausgeübte Kraft einfach und genau ermittelt werden kann.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch das Kraftrückkopplungssystem mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den sich anschließenden Unteransprüchen angegeben.
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Das Kraftrückkopplungssystem ist für ein medizinisches Instrument bestimmt und hat
- • einen Roboter zur Bewegung des medizinischen Instruments,
- • eine Haptikschnittstelle, die ein Bedienelement für den Roboter und eine Kraftrückkopplungseinheit aufweist, die dazu ausgebildet ist, eine von dem medizinischen Instrument ausgeübte Kraft über das Bedienelement an einen Benutzer zurückzumelden,
- • eine OCT-Messeinrichtung, deren Sichtfeld auf eine Umgebung eines Kopfs des medizinischen Instruments gerichtet ist und die dazu ausgebildet ist, Lageinformationen über in unterschiedlichen Tiefen des Gewebes angeordnete Gewebsstrukturen zu erfassen, und
- • eine Steuerung, die dazu ausgebildet ist, auf Grundlage der Lageinformationen eine von dem medizinischen Instrument ausgeübte Kraft zu berechnen und an die Haptikschnittstelle zu übermitteln.
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Das medizinische Instrument kann beispielsweise eine Zange, ein Dissektor, eine Injektions-, Biopsie- oder sonstige Nadel, eine Pinzette, ein Greifer, ein Spatel, eine Ablationseinrichtung oder ein sonstiges medizinisches Instrument sein. Das medizinische Instrument kann in eine Halterung des Roboters eingesetzt sein. Die Bedienperson bewegt dann das medizinische Instrument mithilfe des Roboters. Der Roboter kann eine mechatronische Führung sein, beispielsweise ein Telemanipulator.
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Die Steuerung des Roboters erfolgt über das Bedienelement der Haptikschnittstelle. Das Bedienelement kann beispielsweise ein Joystick, ein Handgriff oder eine sonstige Eingabevorrichtung sein. Als Haptikschnittstelle (englisch haptic feedback device) kommen unter anderem kommerziell erhältliche Geräte in Betracht. Ein Beispiel ist das sigma.7 des Herstellers Force Dimension aus der Schweiz. Die Haptikschnittstelle meldet eine von dem medizinischen Instrument ausgeübte Kraft an den Benutzer zurück, insbesondere indem über das Bedienelement eine entsprechende Gegenkraft auf den Benutzer ausgeübt wird. Einbezogen ist die Rückmeldung einer Kraft, die einer geeigneten Skalierung unterzogen wurde, um die Kraft in der gewünschten Weise fühlbar zu machen, oder die in anderer Hinsicht nur annähernd der tatsächlich von dem medizinischen Instrument ausgeübten Kraft entspricht.
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Die OCT-Messeinrichtung weist eine Optik auf, über die Licht geringer oder mittlerer Kohärenzlänge auf das Gewebe gerichtet wird. Das Licht wird aufgrund unterschiedlicher Effekte teilweise von dem Gewebe zurückgeworfen. Hierzu zählt nicht nur an der Oberfläche des Gewebes zurückgeworfenes Licht, sondern insbesondere auch Licht, das bis zu einer gewissen Tiefe in das Gewebe eindringt und an unterschiedlichen Gewebsstrukturen, die sich in unterschiedlichen Tiefen des Gewebes, das heißt in einem unterschiedlichen Abstand von der im Sichtfeld der OCT-Messeinrichtung befindlichen Oberfläche, befinden. Das zurückgeworfene Licht wird interferometrisch, das heißt durch Überlagerung mit Teilen des eingestrahlten Lichts, ausgewertet. Dabei kann die Länge des Referenzwegs (Scantiefe) von der OCT-Messeinrichtung angepasst werden. Auf diese Weise werden Lageinformationen über in unterschiedlichen Tiefen des Gewebes angeordnete Gewebsstrukturen erfasst. Im einfachsten Fall können diese Lageinformationen in Form eines Profils der Reflexionsintensität an einem Punkt auf der Oberfläche des Gewebes, aufgetragen über die Eindringtiefe in das Gewebe, dargestellt werden.
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Dies entspricht einem axialen Tiefenprofil, bezeichnet auch als A-Scan oder amplitude mode scan. Ebenfalls möglich ist eine gleichzeitige Erfassung derartiger Tiefeninformationen für eine Vielzahl von benachbarten Punkten an der Oberfläche des Gewebes, sowohl simultan als auch durch Rasterung. Auch die Phase des Messsignals bzw. des Dopplersignals kann von der Steuerung ausgewertet werden. Dies bietet Aufschluss über Bewegungen der Strukturen des Gewebes mit einer sehr hohen Auflösung von bis zu wenigen Nanometern, so dass auch Gewebsdeformationen sehr genau erfasst werden können.
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Bei dem Gewebe kann es sich insbesondere um menschliches oder tierisches Gewebe handeln, das Gegenstand eines minimalinvasiven chirurgischen Eingriffs ist. Das Verfahren eignet sich darüber hinaus auch zur Untersuchung unbelebten Gewebes.
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Die Lageinformationen können insbesondere fortlaufend und/oder mit hoher zeitlicher Auflösung erfasst werden, sodass aus dem zeitlichen Verlauf der Lageinformationen der unterschiedlichen Gewebsstrukturen auf eine Verformung des Gewebes unter dem Einfluss des Kopfs des medizinischen Instruments geschlossen werden kann. Es handelt sich bei der OCT-Messeinrichtung somit um einen Deformationssensor.
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Das Sichtfeld der OCT-Messeinrichtung ist auf eine Umgebung eines Kopfs des medizinischen Instruments gerichtet, sodass insbesondere die Verformung des Gewebes, die durch Wechselwirkung mit dem Kopf des medizinischen Instruments verursacht wird, erfasst werden kann. Als Kopf des medizinischen Instruments wird dabei ein das Gewebe berührender Teil des Instruments verstanden. Es kann sich bei dem Kopf zum Beispiel um eine Spitze, eine Kante oder Teilfläche des medizinischen Instruments handeln. Das Sichtfeld kann auch nur in einem einzigen Punkt oder Feld auf der Oberfläche des Gewebes bestehen, für den oder das ein Tiefenprofil ermittelt wird.
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Mithilfe der Steuerung kann auf Grundlage der erfassten Lageinformationen der Gewebsstrukturen eine von dem medizinischen Instrument ausgeübte Kraft berechnet und an die Haptikschnittstelle übermittelt werden.
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Es versteht sich, dass die berechnete Kraft nicht vollständig mit der tatsächlich ausgeübten Kraft übereinstimmen muss. Möglich ist jedoch eine sehr gute Annäherung an diesen tatsächlichen Wert, insbesondere weil die Kraftwirkung auf Grundlage der Verformung des Gewebes unmittelbar im Bereich des Instrumentenkopfs erfasst wird. Sonstige Krafteinwirkungen auf das Instrument, beispielsweise ausgeübt von sonstigen Körperpartien auf einen Schaftabschnitt des Instruments, verfälschen die Messung nicht.
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Ein weiterer Vorteil ist, dass das Kraftrückkopplungssystem für beliebige Instrumente geeignet ist und dass die Instrumente selbst unverändert eingesetzt werden können. Der Einsatz des Systems bringt mithin keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der verwendbaren Instrumente oder der Reinigungs- und Sterilisationsfähigkeit der Instrumente mit sich. Das Kraftrückkopplungssystem ist daher besonders flexibel einsetzbar.
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Von besonderem Vorteil ist auch die mit der OCT-Messeinrichtung mögliche, relativ hohe Abtastrate. Für eine gute haptische Rückkopplung sind in der Regel Abtastraten von 1 kHz oder mehr wünschenswert. Die OCT-Messeinrichtung kann die für die haptische Rückkopplung benötigten Daten ohne Weiteres mit dieser Frequenz oder wesentlich schneller zur Verfügung stellen, beispielsweise mit etwa 100 kHz (A-Scanrate). Der Benutzer erhält dadurch eine besonders präzise Kraftrückkopplung und kann das Instrument entsprechend feinfühlig steuern.
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In einer Ausgestaltung weist die OCT-Messeinrichtung einen beweglich gelagerten Spiegel zur Ablenkung des von der OCT-Messeinrichtung verwendeten Lichts auf. Mit dem Spiegel, dessen Bewegung von der Steuerung kontrolliert werden kann, kann das von der OCT-Messeinrichtung verwendete Licht gezielt abgelenkt werden, insbesondere um das Sichtfeld der OCT-Messeinrichtung einer Bewegung des Kopfs des medizinischen Instruments nachzuführen. Der Spiegel kann darüber hinaus auch zum Rastern eines Oberflächenbereichs um den Kopf des medizinischen Bereichs herum eingesetzt werden. Der Spiegel kann an einem Scanner befestigt sein, insbesondere an einem Galvanometerscanner.
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In einer Ausgestaltung weist das Kraftrückkopplungssystem ein Endoskop oder ein Operationsmikroskop auf, in das die OCT-Messeinrichtung (gegebenenfalls einschließlich des beweglich gelagerten Spiegels) integriert ist. Grundsätzlich kann die OCT-Messeinrichtung auch als unabhängige Einheit realisiert werden, die weder mit dem Roboter noch mit dem medizinischen Instrument oder mit einem zusätzlich verwendeten Endoskop oder Operationsmikroskop mechanisch gekoppelt ist. Die Integration in ein Endoskop oder Operationsmikroskop ist von besonderem Vorteil, weil bei minimalinvasiven Operationen in aller Regel zusätzlich zu der Kraftrückkopplung eine visuelle Kontrolle erforderlich ist. Das hierfür verwendete Endoskop oder Operationsmikroskop wird dabei auf eine Umgebung des Kopfs des medizinischen Instruments gerichtet. Bei in das Endoskop oder das Operationsmikroskop integrierter OCT-Messeinrichtung ist daher keine gesonderte Ausrichtung der OCT-Messeinrichtung erforderlich. Die Integration in das Endoskop oder Operationsmikroskop kann insbesondere durch Anordnen und/oder Befestigen einer Glasfaser der OCT-Messeinrichtung nahe an der optischen Achse des Endoskops oder des Operationsmikroskops erfolgen.
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In einer Ausgestaltung weist das Kraftrückkopplungssystem einen Lagesensor auf, der dazu ausgebildet ist, eine Anordnung der OCT-Messeinrichtung relativ zu dem medizinischen Instrument zu erfassen und der Steuerung zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise können die von der OCT-Messeinrichtung zur Verfügung gestellten Lageinformationen auf die Anordnung des Instruments, insbesondere des Kopfs des medizinischen Instruments, bezogen werden. Der Lagesensor kann zum Beispiel eine Spule oder mehrere Spulen für ein elektromagnetisches Tracking oder einen oder mehrere optische Markierungen für ein optisches Tracking aufweisen. Ebenfalls möglich ist eine Lagebestimmung des Kopfes des medizinischen Instruments relativ zur der OCT-Messeinrichtung auf Grundlage von Videobildern (beispielsweise aufgezeichnet mit einem Endoskop oder Operationsmikroskop) oder auf Grundlage von dreidimensionalen OCT-Datensätzen, die mit der OCT-Messeinrichtung erfasst worden sind. In beiden Fällen kann das medizinische Instrument bzw. dessen Kopf in den betreffenden Daten lokalisiert werden.
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In einer Ausgestaltung weist das Kraftrückkopplungssystem einen zweiten Roboter auf, an dem die OCT-Messeinrichtung befestigt ist. Falls die OCT-Messeinrichtung in ein Endoskop oder ein Operationsmikroskop integriert ist, kann sie gemeinsam damit von dem zweiten Roboter geführt werden. Der zweite Roboter kann von der Steuerung, wahlweise über die Haptikschnittstelle, gesteuert werden. Auf diese Weise kann der Ort der von der OCT-Messeinrichtung erfassten Lageinformation automatisch von der Steuerung vorgegeben werden. Diese Lösung kann auch mit dem beweglich gelagerten Spiegel kombiniert werden. Ein Bewegen des Endoskops bzw. des Operationsmikroskops ist dann nur bei größeren Bewegungen des Kopfes des medizinischen Instruments erforderlich. Es versteht sich, dass der erste Roboter und der zweite Roboter auch Teile eines Robotersystems sein können, das beispielsweise zwei Roboterarme aufweist. In diesem Fall bildet der eine Teil des Robotersystems den ersten Roboter und der andere Teil des Robotersystems den zweiten Roboter.
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In einer Ausgestaltung ist die Steuerung dazu ausgebildet, den zweiten Roboter so anzusteuern, dass eine Anordnung der OCT-Messeinrichtung relativ zu dem medizinischen Instrument konstant gehalten wird. Auf diese Weise erhält der Benutzer automatisch eine Rückkopplung der vom Kopf des Instruments ausgeübten Kraft und kann sich während der Operation ganz auf die Führung des medizinischen Instruments konzentrieren.
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In einer Ausgestaltung ist die OCT-Messeinrichtung an dem medizinischen Instrument befestigt. Insbesondere kann sie in das Instrument integriert sein, zum Beispiel durch Anordnen und/oder Befestigen einer Glasfaser, über die das Licht auf das Gewebe gerichtet wird, an oder in dem medizinischen Instrument. Auf diese Weise ist ebenfalls eine stets optimale Ausrichtung des Sichtfelds der OCT-Messeinrichtung bezogen auf den Kopf des Instruments möglich. Denkbar ist insbesondere eine lösbare Befestigung der OCT-Messeinrichtung an dem Instrument, sodass sie weiterhin mit unterschiedlichen, herkömmlichen Instrumenten kombiniert werden kann.
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Bei der Erfindung ist die Steuerung dazu ausgebildet, auf Grundlage der Lageinformationen eine Gewebsdeformation zu bestimmen. Hierzu können die von der OCT-Messeinrichtung zur Verfügung gestellten Lageinformationen zu mindestens zwei unterschiedlichen Zeitpunkten ausgewertet werden, wobei die Anordnung derselben Gewebestrukturen zu den beiden Zeitpunkten miteinander verglichen wird. Änderungen der relativen Anordnung der Gewebsstrukturen beschreiben eine Deformation des Gewebes, insbesondere eine Kompression oder Expansion entlang einer Sichtachse der OCT-Messeinrichtung. Bevorzugt stimmt diese Sichtachse mit der Richtung einer Normale auf die Gewebsoberfläche und/oder mit einer Bewegungsrichtung des Instrumentenkopfs überein. Anderenfalls kann eine Umrechnung der bestimmten Gewebsdeformation erfolgen, um die von dem Instrumentenkopf auf das Gewebe ausgeübte Kraft zu ermitteln.
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In einer Ausgestaltung sind in der Steuerung Daten über elastische Eigenschaften mindestens eines Gewebetyps hinterlegt und die Steuerung ist dazu ausgebildet, auf Grundlage der ermittelten Gewebsdeformation und der Daten über elastische Eigenschaften des mindestens einen Gewebetyps die von dem medizinischen Instrument ausgeübte Kraft zu ermitteln. Die Daten über elastische Eigenschaften können beispielsweise ein typischer Elastizitätsmodul des Gewebetyps sein. Diese Daten und die Gewebsdeformation ermöglichen eine Berechnung der Kraft. Sofern die OCT-Messeinrichtung vollständige Lageinformationen über den von dem Instrumentenkopf verformten Gewebebereich liefert, ist auf dieser Basis sogar eine exakte Berechnung der Kraft möglich. Anderenfalls, insbesondere wenn lediglich ein Tiefenprofil im Bereich des Instrumentenkopfs erfasst wird, ist zumindest eine näherungsweise Berechnung der tatsächlich ausgeübten Kraft möglich. In einer weiteren Ausgestaltung sind in der Steuerung Daten über elastische Eigenschaften mehrerer Gewebetypen hinterlegt und es ist eine Eingabevorrichtung zur Auswahl eines Gewebetyps vorhanden. Auf diese Weise kann der Benutzer während eines Eingriffs den jeweils bearbeiteten Gewebetyp auswählen, um eine angemessene Kraftrückkopplung zu erhalten.
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In einer Ausgestaltung sind mehrere Datensätze über elastische Eigenschaften des mindestens einen Gewebetyps in der Steuerung hinterlegt, die sich jeweils auf mindestens einen definierten Instrumententyp beziehen. Auf diese Weise kann für jeden Instrumententyp eine individuelle Kraftwirkung ermittelt werden, auch wenn die Gewebsdeformation nicht vollständig, sondern beispielsweise nur entlang eines Tiefenprofils ausgewertet wird. Das Hinterlegen individueller Datensätze für bestimmte Instrumententypen vereinfacht die Berechnung der Kräfte erheblich.
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In einer Ausgestaltung sind in der Steuerung Daten über die Geometrie des medizinischen Instruments hinterlegt und die Steuerung ist dazu ausgebildet, die Daten über die Geometrie des Instruments beim Ermitteln der von dem Instrument ausgeübten Kraft zu berücksichtigen. Auch auf diese Weise können die Eigenschaften eines bestimmten Instruments bei der Berechnung der Kraftwirkung berücksichtigt werden.
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In einer Ausgestaltung ist in der Steuerung eine Zuordnung hinterlegt, die einer bestimmten Gewebsdeformation eine von dem medizinischen Instrument ausgeübte Kraft zuordnet. Auch diese Zuordnung kann für jeden Instrumententyp einzeln hinterlegt werden. Die Zuordnung kann zu einer einfachen, näherungsweisen Berechnung der ausgeübten Kraft herangezogen werden. Sie kann grundsätzlich frei konfiguriert werden.
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Möglich ist insbesondere die Hinterlegung der Zuordnung in Form einer Tabelle oder in Form einer mathematischen Funktion. Die Zuordnung kann so gewählt werden, dass die tatsächlich ausgeübte Kraft so exakt wie möglich berechnet wird. Alternativ kann die Zuordnung so gewählt werden, dass Unterschiede in den Eigenschaften unterschiedlicher Gewebe besonders deutlich spürbar werden, beispielsweise durch Berücksichtigung unterschiedlicher Skalierungsfaktoren. Dadurch kann die „Ertastbarkeit“ von Gewebeunterschieden verbessert werden.
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In einer Ausgestaltung weist das Kraftrückkopplungssystem eine Vorrichtung zur Anregung von Schwingungen in dem Gewebe auf, wobei die Steuerung dazu ausgebildet ist, während einer Schwingung des Gewebes erfasste Lageinformationen auszuwerten, um Daten über elastische Eigenschaften des Gewebes zu gewinnen. Die Schwingungen können durch Einkopplung von Schwingungen in das Gewebe angeregt werden, aber auch durch eine impulsartige Anregung. Bei dieser Lösung werden also die zur Bestimmung der Kraft benötigten Informationen über die elastischen Eigenschaften des Gewebes nicht durch Rückgriff auf beispielhaft hinterlegte elastische Eigenschaften bestimmt, sondern durch eine insbesondere während eines Eingriffs durchführbare, elastographische Messung an dem betreffenden Gewebe selbst. Insbesondere können aus den während der Schwingung des Gewebes erfassten Lageinformationen eine Schwingungsamplitude und/oder eine relative Phase der Schwingung bestimmt werden, sodass Elastizitäts- und Dämpfungseigenschaften des Gewebes ermittelt werden können. Ebenfalls möglich ist eine Messung der Transversalwellengeschwindigkeit nach impulsartiger Anregung. Hierzu können A-Scans an mehreren Orten des Gewebes ausgewertet werden. Auf diese Weise erhält der Benutzer eine besonders präzise Rückkopplung über die tatsächlich vorliegenden Eigenschaften des Gewebes. Dadurch können zum Beispiel pathologische Veränderungen des Gewebes unter Umständen besser erkannt werden.
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In einer Ausgestaltung ist die Vorrichtung zur Anregung von Schwingungen dazu ausgebildet, eine Schwingung des Instrumentenkopfs zu erzeugen, die auf das Gewebe übertragen wird. Auf diese Weise kann das Gewebe durch unmittelbaren Kontakt mit dem Instrumentenkopf zu einer Schwingung angeregt werden. Die von der OCT-Messeinrichtung erfassten Lageinformationen ermöglichen dann eine Charakterisierung der Schwingungsantwort des Gewebes im Bereich des Instrumentenkopfs.
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In einer Ausgestaltung ist die Vorrichtung zur Anregung von Schwingungen dazu ausgebildet, eine Schallwelle zu erzeugen, die kontaktlos auf das Gewebe übertragen wird. Auf diese Weise können die elastischen Eigenschaften des Gewebes bestimmt werden, ohne dass ein unmittelbarer Kontakt zum Instrumentenkopf oder zu einer sonstigen Einrichtung des Kraftrückkopplungssystems besteht.
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In einer Ausgestaltung weist die Vorrichtung zur Einkopplung von Schwingungen einen Schallquelle auf, der im Bereich der OCT-Messeinrichtung angeordnet ist. Mit der Schallquelle werden Schallwellen erzeugt, um eine kontaktlose Schwingungsanregung zu ermöglichen.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines in Figuren dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Kraftrückkopplungssystems,
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2 in den Teilen a) bis c) drei schematische Darstellungen zur Veranschaulichung von Ausgangssignalen der OCT-Messeinrichtung zu unterschiedlichen Zeitpunkten,
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3 eine schematische Darstellung einer OCT-Messeinrichtung mit einem beweglich gelagerten Spiegel.
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1 zeigt einen Patienten mit einem Organ 10, an dem gerade ein minimalinvasiver, chirurgischer Eingriff durchgeführt wird. Das hierzu verwendete Kraftrückkopplungssystem umfasst ein Robotersystem 12 mit einem ersten Roboterarm 14 (vorstehend auch als erster Roboter bezeichnet) und einem zweiten Roboterarm 16 (vorstehend auch als zweiter Roboter bezeichnet).
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Der erste Roboterarm 14 hat eine Halterung 18, in oder an der ein medizinisches Instrument 20 gehalten ist. Bei dem medizinischen Instrument 20 handelt es sich im dargestellten Beispiel um einen Dissektor mit einer Spitze, die allgemein auch als Kopf 22 des medizinischen Instruments 20 bezeichnet wird. Der Kopf 22 des medizinischen Instruments 20 liegt am Gewebe des Organs 10 an und übt eine Kraft darauf aus.
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Der zweite Roboterarm 16 weist ebenfalls eine Halterung 24 auf, in oder an der eine OCT-Messeinrichtung 26 gehalten ist. Auf diese Weise kann nicht nur das medizinische Instrument 20, sondern auch die OCT-Messeinrichtung 26 von dem Robotersystem 12 bewegt werden.
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Die OCT-Messeinrichtung 26 weist ein nicht dargestelltes Sichtfeld auf, das auf eine Umgebung des Kopfs 22 des medizinischen Instruments 20 gerichtet ist. Ein Ausgang der OCT-Messeinrichtung 26 ist über eine Leitung 28, bei der es sich beispielsweise um eine Glasfaser oder um eine elektrische Leitung handeln kann, mit einer Steuerung 30 verbunden. Die Steuerung 30 ist dazu ausgebildet, ein Ausgangssignal der OCT-Messeinrichtung auszuwerten, insbesondere die von der OCT-Messeinrichtung 26 erfassten Lageinformationen. Die Steuerung 30 ist außerdem über eine zweite Leitung 32 mit dem Robotersystem 12 verbunden, sodass sie die Bewegung des ersten Roboterarms 14 und des zweiten Roboterarms 16 steuern kann.
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Das Kraftrückkopplungssystem weist weiterhin eine Haptikschnittstelle 34 mit einem Bedienelement 36 in Form eines von einem Benutzer mit der Hand zu führenden Griffs auf. Die Haptikschnittstelle 34 ist über eine dritte Leitung 38 mit der Steuerung 30 verbunden, sodass ein Benutzer die Bewegung des medizinischen Instruments 20 mithilfe des ersten Roboterarms 14 steuern kann. Zugleich übermittelt die Steuerung 30 auf Grundlage der von der OCT-Messeinrichtung 26 erfassten Lageinformationen eine von dem medizinischen Instrument 20 auf das Gewebe des Organs 10 ausgeübte Kraft an die Haptikschnittstelle 34, die diese Kraft über das Bedienelement 36 an den Benutzer zurückmeldet.
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In der 1 ist die OCT-Messeinrichtung 26 nur schematisch durch ein stabförmiges Element angedeutet. Dabei kann es sich in einer Alternative um ein Endoskop 40 handeln, in das die OCT-Messeinrichtung 26 integriert ist.
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Ebenfalls in der 1 nur schematisch angedeutet ist, dass in der Steuerung 30 Daten 42 über elastische Eigenschaften des untersuchten Gewebetyps hinterlegt sind. Wie die Unterteilung des mit 42 bezeichneten Kästchens andeutet, können diese Daten wahlweise für mehrere, unterschiedliche Gewebetypen hinterlegt sein.
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Ebenfalls in der Steuerung 30 hinterlegt sind Daten 44 über die Geometrie des medizinischen Instruments 20, insbesondere über die Geometrie von dessen Kopf 22. Auch hier deutet die Unterteilung des mit 44 bezeichneten Kästchens an, dass Daten über die Geometrie mehrerer unterschiedlicher Instrumente in der Steuerung 30 hinterlegt sein können.
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Die Funktionsweise des Kraftrückkopplungssystems aus 1 wird anhand der 2 näher erläutert. Die 2 weist drei Teile a) bis c) auf, die im oberen Abschnitt jeweils die relative Anordnung des medizinischen Instruments 20, der OCT-Messeinrichtung 26 und des Organs 10 zeigen und im unteren Abschnitt ein Diagramm, in dem eine Intensität I eines Ausgangssignals der OCT-Messeinrichtung 26 über eine Eindringtiefe x in das Gewebe des Organs 10 aufgetragen ist. Die Eindringtiefe x bezieht sich auf eine optische Achse 46 der OCT-Messeinrichtung 26 und stimmt daher nicht notwendigerweise mit Abständen bestimmter Gewebestrukturen von einer Oberfläche des Organs 10 überein.
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In der 2a) liegt der Kopf 22 des medizinischen Instruments 20 an einer Oberfläche des Organs 10 an, übt jedoch noch keine nennenswerte Kraft auf das Gewebe aus. Dementsprechend befinden sich die durch drei annähernd parallel verlaufende Linien angedeuteten Gewebsstrukturen 48 in einer relativen Anordnung, die einem nicht-deformierten Zustand des Gewebes entspricht.
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Das in der 2a) unten dargestellte Messsignal ist ein entlang der optischen Achse 46 der OCT-Messeinrichtung 26 erfasstes Tiefenprofil, das vier klar erkennbare Maxima 50, 52, 54 und 56 aufweist. Das zu der geringsten Eindringtiefe zählende Maxima 50 kann der Oberfläche des Organs 10 zugeordnet werden. Die in zunehmend größeren Eindringtiefen verzeichneten Maxima 52, 54, 56 stammen von den in unterschiedlicher Tiefe des Gewebes angeordneten Gewebsstrukturen 48.
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2b) zeigt dieselben Elemente wie die 2a), und ist mit denselben Bezugszeichen versehen. Sie bezieht sich jedoch auf einen anderen Zeitpunkt, zu dem mit dem Kopf 22 des medizinischen Instruments 22 eine größere Kraft auf das Gewebe ausgeübt wird, sodass es zu einer Deformation des Gewebes kommt. Dies zeigt sich im oberen Teil der 2b) an einer an der Oberfläche des Organs 10 ausgebildeten Vertiefung, die sich in Form einer Kompression des Gewebes in die Tiefe des Gewebes hinein fortsetzt und zu einer Änderung der Abstände zwischen der Oberfläche und den Gewebsstrukturen 48 sowie zwischen den einzelnen Gewebsstrukturen 48 führt. Im unteren Teil der 2b erkennt man weiterhin die vier Maxima 50 bis 56, die denselben Strukturen zugeordnet werden können wie in der 2a). Sie befinden sich nunmehr jedoch in einem geringeren Abstand voneinander und erlauben dadurch Rückschlüsse auf eine Deformation des Gewebes und auf die von dem Instrument 20 auf das Gewebe ausgeübte Kraft.
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In der 2c) ist nochmals dieselbe Anordnung dargestellt, wobei der Kopf des Instruments 22 noch weiter auf das Organ 10 zubewegt wurde, sodass sich die Deformation der Oberfläche und der Gewebsstrukturen 48 gegenüber der Situation in 2b) verstärkt hat. Im unteren Teil der 2c) kommt dies in einem noch stärkeren Zusammenrücken der Maxima 50 bis 56 in Richtung der Eindringtiefe x zum Ausdruck.
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In allen in der 2 dargestellten Situationen ist ein Sichtfeld der OCT-Messeinrichtung 26, das mit der optischen Achse 46 zusammenfällt, auf eine Umgebung des Kopfs 22 des medizinischen Instruments 20 gerichtet. Insbesondere kann die OCT-Messeinrichtung 26 hierzu mithilfe der Steuerung 30 und dem zweiten Roboterarm 16 automatisch nachgeführt werden.
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3 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel, bei dem die OCT-Messeinrichtung 26 einen beweglich gelagerten Spiegel 58 aufweist, mit dem das von der OCT-Messeinrichtung 26 verwendete Licht gezielt und unter Kontrolle der Steuerung 30 abgelenkt wird, um das Sichtfeld der OCT-Messeinrichtung 26 dem Kopf 22 des medizinischen Instruments 20 nachzuführen oder um eine Umgebung des Gewebes um den Kopf herum rasterförmig zu scannen. Man erkennt, dass die Blickrichtung 60 der OCT-Messeinrichtung 26 durch Ablenken des Lichts an dem Spiegel 58 von der optischen Achse der OCT-Messeinrichtung 46 abweichen kann.