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Stand der Technik
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Arthrose ist eine in der Gesellschaft zunehmende Erkrankung, die häufig durch künstlichen Gelenkersatz behandelt wird und dadurch mit den entsprechenden Nachteilen durch Materialien, Abnutzung und Notwendigkeit zum Auswechseln des künstlichen Gelenkes verbunden ist. Zudem muss vor dem Einpflanzen eines künstlichen Gelenkes das eigene Gelenk entfernt werden. Bei Versagen des künstlichen Gelenkes oder dem notwendigen Wechsel nach einer gewissen Zeit muss immer mehr körpereigener Knochen entfernt werden, um ein neues künstliches Gelenk einpflanzen zu können. Es ist somit wünschenswert ein Verfahren zu haben, welches die körpereigenen Strukturen, und somit das körpereigene Gelenk, erhält.
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Hintergrund
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Gelenk – hydrodynamischer Aspekt
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Ein Gelenk, wie beispielsweise das Hüftgelenk, hat mehrere Anteile. Eine Gelenkkapsel umgibt die Enden der miteinander artikulierenden Knochen, also der Knochen die an der Gelenkbildung beteiligt sind. Die Knochenenden, welche von der Gelenkkapsel umgeben sind, werden als intraartikulärer Knochen bezeichnet und sind weitgehend von Knorpel überzogen. Die Knochen sind weiterhin durch Bänder verbunden und stabilisiert. Im Gelenk findet sich eine Flüssigkeit, die Synovialflüssigkeit, welche thixotrope Eigenschaften hat. Thixotrop heißt, dass die Flüssigkeit in Ruhe höher viskös ist als in Bewegung. Als Beschreibung dient der Joghurt, der niedriger viskös wird, wenn er gerührt wird. Dieser Effekt wird auf die Hyaluronsäure (Hyaluronan) zurückgeführt, welche sich in der Synovialflüssigkeit befindet.
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Bei der Beschreibung der Gelenkfunktion fokussiert sich alles auf die Gelenkmechanik. Nur wenig Beachtung findet die Synovialflüssigkeit. Sie wird nur als Gleitmittel verstanden.
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Betrachtet man das Gelenk aus der Sicht des Zusammenspiels zwischen der Gelenkkapsel, dem intraartikulären Knochen und der Synovialflüssigkeit, so ergibt sich ein hydrodynamischer Aspekt des Gelenkes.
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Die Gelenkkapsel besteht aus Kollagenfasern, welche kaum – nur minimal – dehnbar sind. Der Raum, welcher durch die Kapsel und den intraartikulären Anteil der angrenzenden Knochen gebildet wird, wird als konstant betrachtet, da er von Synovialflüssigkeit ausgefüllt wird und Flüssigkeit nicht komprimierbar ist. Durch die Viskosität der Flüssigkeit sind schnelle Verschiebungen der Flüssigkeit in andere Kompartimente nicht zu erwarten, so dass keine relevante Volumenänderung erfolgt.
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Von außen auf das Gelenk einwirkende Kräfte werden auf die Flüssigkeit im Gelenk übertragen. Sind die auf das Gelenk einwirkenden Kräfte nicht alle gleich groß, so entsteht ein Kräftegradient. Da Flüssigkeit nicht komprimierbar ist, wird sie entlang dieses Gradienten verschoben bis ein Ausgleich des Gradienten erfolgt ist. Die Verschiebung der Flüssigkeit wird durch die Flexibilität der Gelenkkapsel ermöglicht und erfolgt so lange, bis ein Kräfteausgleich erfolgt ist.
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Bei physiologischen (normalen) Stellungen des Gelenkes ist die gesamte Oberfläche des Gelenkinnenraumes von Flüssigkeit benetzt. So wird jeder extern induzierte Kräftegradient durch die Flüssigkeitsverschiebung im Gelenk ausgeglichen. Sind die Kräftegradienten ausgeglichen, das heißt, dass kein Kräftegradient mehr besteht, so ist jeweils die Kraft, welche durch die Flüssigkeit ausgeübt wird, senkrecht auf jeden Punkt der intraartikulären Oberfläche gleich groß. Die Kraft, die auf die Kapsel wirkt, wirkt als Zugkraft auf die Insertionsstellen der Kapsel, also die Stellen, an welchen die Kapsel am Knochen festgewachsen ist. Die Kraft, welche auf den intraartikulären Knochen wirkt, wirkt als Druck.
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Da die Fläche des intraartikulären – und von Flüssigkeit bedeckten – Knochens in jeder Stellung immer gleich bleibt und die Kräfte, welche senkrecht auf die Oberfläche wirken, an jedem Punkt gleich groß sind, hat die resultierende Kraft, welche auf den intraartikulären Teil des Knochens wirkt unabhängig von der Gelenkstellung immer die gleiche Richtung, bezogen auf den Knochen, zu welchem der intraartikuläre Knochenanteil gehört. Bildhaft schematisch dargestellt wird dies in 1b.
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An den Insertionsstellen ist die Gelenkkapsel am Knochen festgewachsen. Die Insertionsstellen sind bei jeder Gelenkstellung gleich und physiologischerweise von Synovialflüssigkeit benetzt. Die Flüssigkeit gewährleistet, dass an jeder Stelle die Zugkraft, welche durch den Druck der Flüssigkeit auf die Insertionsstelle ausgeübt wird an jedem Punkt gleich groß ist, unabhängig von der Stellung des Gelenkes. Somit ergibt sich für die resultierende Zugkraft der Kapsel immer die gleiche Richtung bezogen auf jeweils einen der artikulierenden den Knochen, am welchem die Gelenkkapsel festgewachsen ist. Bildhaft schematisch dargestellt wird dies in 1c. Das gilt für physiologische Stellungen des Gelenkes.
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Zusammenfassend haben, bedingt durch die Flüssigkeit, die resultierende Druckkraft auf den Knochen und die resultierende Zugkraft durch die Kapsel, unabhängig von der Gelenkstellung, immer jeweils die gleiche Richtung in Bezug auf den gelenktragenden Knochens (Knochenschaft bei einem Röhrenknochen). Somit können sich die Knochenbälkchen (Spongiosa) im Knochen entsprechend den Zug- und Druckbelastungen ausrichten. Dass sich die Spongiosa nach Zug und Druck ausrichtet beschreibt das Wolff'sche Gesetz.
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Hyaluronsäure ist für die Viskosität und den thixotropen Effekt der Synovialflüssigkeit verantwortlich. Hyaluronsäure findet sich jedoch auch im Muskel. Durch die genannten Eigenschaften der Hyaluronsäure ist eine Energieersparnis der Muskulatur in Ruhe möglich, da sowohl die Gelenkflüssigkeit als auch die Muskulatur etwas versteift wird. Dadurch muss weniger Muskelarbeit aufgewendet werden, um die jeweilige Position zu halten. Durch die Hyaluronsäure wird die Bewegung zwischen Muskulatur und Gelenk synchronisiert und harmonisiert, also abgestimmt. Um eine niedrigere Viskosität in Muskel und Gelenk zu erzielen und damit schnellere Bewegungen zu ermöglichen, müssen sich Sportler aus diesem Grunde vor dem Wettkampf warmlaufen.
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Bei Arthrose findet man Anbauten am Knochen (Osteophyten), welche die Oberfläche des intraartikulären Knochens vergrößern. Da es sich in der Regel um die Verkalkung der Gelenkkapsel im Insertionsbereich handelt, wird sowohl die intraartikuläre Knochenoberfläche als auch die Insertionsstelle der Gelenkkapsel verändert. Somit ändert sich sowohl die Richtung der resultierenden Druckkraft auf den intraartikulären Knochen als auch die Richtung der resultierenden Zugkraft durch die Gelenkkapsel.
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Dass die veränderte Richtung resultierender Kräfte auch bei Knochenbrüchen eine Rolle spielen kann, sei hier nur erwähnt. Die Veränderung der Richtung resultierender Kräfte ist nicht nur durch strukturellen Umbau, sondern auch funktionell durch unphysiologische Gelenkstellungen möglich, beispielsweise, wenn die Gelenkkapsel die intraartikuläre Knochenoberfläche berührt und somit das Verteilungsmuster der Flüssigkeit auf der Knochenoberfläche verändert wird.
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Veränderungen der Form von beispielsweise Hüftköpfen – im Rahmen einer Arthrose – kann als Versuch des Körpers gedeutet werden, die ursprüngliche Richtung der resultierenden Druckkraft und auch der resultierenden Zugkraft, bezogen auf den artikulierenden Knochen, wiederherzustellen.
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Die Therapie bei Arthrose ist häufig der Gelenkersatz durch eine Totalendoprothese (TEP), mit den eingangs erwähnten Problemen. Die Beschreibung des Zusammenspiels zwischen Gelenk und Muskulatur auf der Basis der Hyaluronsäure macht deutlich, dass es wünschenswert wäre das Gelenk zu erhalten.
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Problemstellung
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Der Gedanke zur Therapie ist eine Umstellungsosteotomie, das heißt eine Durchtrennung der des Knochens, um die Gelenkkapsel und den intraartikulären Knochen so auszurichten, dass die resultierenden Kräfte wieder in der urspürglichen Richtung erfolgen, in der sie normalerweise im Verhältnis zur Knochenachse einwirken. An der Hüfte beispielsweise ist diese Knochenachse die Achse des collum ossis femoris, umgangssprachlich des Schenkelhalses.
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Es ist wichtig die Knochenenden an der Durchtrennungsstelle in drei Dimensionen so anzuordnen, dass nach der Veränderung der Stellung möglichst viel Kontakt zwischen den Knochenenden besteht, um eine möglichst gute und stabile Knochenheilung zu gewährleisten. Das ist gegeben, wenn die Knochenenden eine gewölbte Oberfläche haben, also nicht plan sind, wobei ein Knochenende konvex, das andere – kongruent dazu – konkav gestaltet wird. Das kann erfolgen, indem man die Knochenenden durchtrennt und dann modelliert, was jedoch zu Knochenverlust führt.
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Somit ist es wünschenswert, dass der Knochen gleich in der oben genannten Form durchtrennt wird, so dass eine gewölbte Schnittfläche entsteht.
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Lösungsansatz:
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Der Knochen besteht aus einer Compacta (Knochenschale, Schalenknochen), die mit Spongiosa (Knochenbälkchen) im Inneren ausgefüllt ist.
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Die Bildgebung in der Medizin (Kernspintomographie, Computertomographie, Ultraschallbildgebung und andere Verfahren) macht ständig Fortschritte und ermöglicht eine immer bessere Auflösung und damit genauere Darstellung der Strukturen. Somit ist die Struktur der Knochenbälkchen zunehmend präziser darstellbar.
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Man kennt Verfahren zur Zerkleinerung von Nierensteinen durch fokussierte Stoßwellen (ESWT, extracorporal shockwave lithotripsy), die auch zur Entfernung von Überbeinen am Knochen (Exostosen) eingesetzt werden. Somit sind auch kleine Knochenbälkchen durchtrennbar, wenn die Energie genau fokussiert und dosiert wird. Durchtrennt man die Knochenbälkchen nach einem bestimmten Muster, so lässt sich eine gewölbte Schnittfläche in der Spongiosa produzieren, die eine Rotation der konvexen Schnittfläche in der konkaven ermöglicht und dabei viel Knochenkontakt für die Heilung ermöglicht. Nach dem Prinzip der Durchtrennung der Knochenbälkchen ist auch die Durchtrennung der Compacta möglich.
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Erfindung:
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Die Erfindung erstreckt sich auf ein Gerät oder die Kombination mehrerer Geräte, wodurch folgendes Verfahren ermöglicht wird. Bildgebung, welche die Strukturen des Knochens in präziser Weise darstellen kann, wird kombiniert mit einer Methode zur kontaktfreien Durchtrennung von Knochen – also ohne direkten Knochenkontakt –, zum heutigen Stand der Technik beispielsweise mittels fokussierter Stoßwelle, zur gezielten dreidimensionalen Durchtrennung von Knochen. Eine präzise Steuerung der Stoßwelle oder, nach dem jeweiligen Stand der Technik, eines anderen Verfahrens zur kontaktfreien Durchtrennung von Knochen ist unverzichtbar und wird vorzugsweise durch ein Planungs- und Steuerungsprogramm zur automatischen Ausrichtung der Stoßwellenapplikation oder eines anderen Verfahrens zur kontaktfreien Durchtrennung von Knochen unterstützt. Entsprechend der raschen und kontinuierlichen Entwicklung im Bereich der Bildgebung in der Medizin ist es günstig jeweils die präzisesten Bildgebungen nach dem jeweiligen Stand der Technik heranzuziehen.
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Erklärung zu den Abbildungen:
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Legende zu Fig. 1a, b, c
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- a:
- schematisch: Bezeichnung der Gelenkanteile.
- b:
- schematisch: einwirkende Kräfte auf die intraartikuläre Knochenoberfläche; kleine Pfeile (schematisch): Kraftvektoren senkrecht zur Oberfläche durch die Gelenkflüssigkeit an allen Stellen gleich groß. Großer Pfeil (schematisch): resultierender Kraftvektor.
- c:
- schematisch: Zugkräfte durch die Gelenkkapsel; kleine Pfeile (schematisch): Kraftvektoren an allen Insertionsstellen der Kapsel durch die Gelenkflüssigkeit gleich groß. Großer Pfeil (schematisch): resultierender Kraftvektor.
- A:
- Gelenkkapsel (schematisch).
- B:
- Knochen, Knochenachse (schematisch).
- C:
- Knochen, intraartikulärer Anteil (schematisch).