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Die Erfindung betrifft ein Bremssystem für ein Fahrzeug und ein Fahrzeug. Ebenso betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeugs. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Herstellungsverfahren für ein Bremssystem für ein Fahrzeug.
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Stand der Technik
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In der
DE 10 2011 075 968 A1 sind eine Steuervorrichtung für ein Bremssystem eines Fahrzeugs und ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeugs beschrieben. Das jeweilige Bremssystem hat zwei Bremskreise mit jeweils zwei Radbremszylindern. Den beiden Radbremszylindern des ersten Bremskreises sind die Räder an der Vorderseite zugeordnet, während den beiden Radbremszylindern des zweiten Bremskreises die Räder an der Hinterachse zugeordnet sind. Der zweite Bremskreis soll durch ein Schließen eines Trennventils derart von einem Hauptbremszylinder des Bremssystems abkoppelbar sein, dass eine Bremsflüssigkeitsverschiebung aus dem Hauptbremszylinder in die Radbremszylinder des zweiten Bremskreises unterbindbar ist. Des Weiteren soll mittels einer Pumpe des zweiten Bremskreises Bremsflüssigkeit aus einem Bremsflüssigkeitsreservoir des Bremssystems in die (von dem Hauptbremszylinder entkoppelten) Radbremszylinder des zweiten Bremskreises pumpbar sein.
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Offenbarung der Erfindung
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Die Erfindung schafft ein Bremssystem für ein Fahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 1, ein Fahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 9, ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 10 und ein Herstellungsverfahren für ein Bremssystem für ein Fahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 13.
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Vorteile der Erfindung
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Die Erfindung schafft Möglichkeiten zum Gewährleisten einer idealen Bremskraftverteilung zumindest während des Betriebs (Normalbetriebs) des jeweiligen Bremssystems. Gleichzeitig ist ein mit dem jeweiligen Bremssystem ausgestattetes Fahrzeug im Fehlerfall/in der Rückfallebene schnell und verlässlich abbremsbar. Die Erfindung vereinigt somit einen angenehmen Bremskomfort des mit dem jeweiligen Bremssystem ausgestatteten Fahrzeugs mit einem hohen Sicherheitsstandard von diesem.
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Da eine maximal erreichbare Verzögerung von einer mittels des Grenzwerts z-kritisch installierten Bremskraftversteilung abhängt ist, ermöglicht das erfindungsgemäße Bremssystem aufgrund seiner mechanischen Auslegung für ein z-kritisch von mindestens 0,7 g eine hohe Verzögerung zum Abbremsen des Fahrzeugs ohne eine Blockierung einer Fahrzeugachse, speziell ohne eine Blockierung der Hinterachse des Fahrzeugs. Gleichzeitig ist die gewünschte ideale Bremskraftverteilung im Betrieb (Normalbetrieb) des Bremssystems verlässlich einhaltbar. Eine hohe Verzögerung und eine laterale Stabilität sind bei dem erfindungsgemäßen Bremssystem sogar in der Rückfallebene realisiert.
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Unter dem Grenzwert z-kritisch wird ein für eine Stabilität des jeweiligen Fahrzeugs relevanter Grenzwert verstanden, welcher gerade dann erreicht ist, wenn die Kraftschlussbeanspruchung an der Vorderachse des Fahrzeugs und die Kraftschlussbeanspruchung an der Hinterachse des Fahrzeugs gleich sind. (Sofern diese Bedingung für alle Abbremsungen eingehalten ist, spricht man von einer idealen Bremskraftverteilung.) Die maximale Abbremsung unter Nutzung der installierten Bremskraftverteilung, welche gerade noch die Stabilität gewährleistet, wird als der Grenzwert z-kritisch (manchmal auch z-krit) bezeichnet.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform des Bremssystems ist der mindestens eine Vorderachs-Radbremszylinder in einem an einem Hauptbremszylinder des Bremssystems angebundenen Vorderachs-Bremskreis angeordnet, und der mindestens eine Hinterachs-Radbremszylinder ist in einem Hinterachs-Bremskreis angeordnet, wobei der Hinterachs-Bremskreis über ein Schließen eines Trennventils von dem Hauptbremszylinder abkoppelbar ist. Mittels eines Schließens des Trennventils kann damit ein Einbremsen eines Fahrers, welcher ein an den Hauptbremszylinder angebundenes Bremsbetätigungselement (Bremspedal) betätigt, über den Hauptbremszylinder in den mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder des Hinterachs-Bremskreises unterbunden werden. Wie unten genauer ausgeführt wird, kann dieser Vorgang zum Einstellen einer gewünschten (idealen) Bremskraftverteilung zwischen der Vorderachse und der Hinterachse genutzt werden.
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Außerdem kann der Hinterachs-Bremskreis über eine Saugleitung an ein Bremsflüssigkeitsreservoir des Bremssystems angebunden sein, wobei mindestens eine Pumpe des Hinterachs-Bremskreises mittels der Steuerelektronik so ansteuerbar ist, dass Bremsflüssigkeit mittels der mindestens einen Pumpe des Hinterachs-Bremskreises aus dem Bremsflüssigkeitsreservoir in den mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder des Hinterachs-Bremskreises pumpbar ist. Sofern gewünscht, kann damit der mindestens eine zweite Bremsdruck in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder des Hinterachs-Bremskreises (gegenüber der Betätigung des Bremsbetätigungselements durch den Fahrer) gesteigert werden. Auch dieser Vorgang kann zum Realisieren der gewünschten (idealen) Bremskraftverteilung zwischen der Vorderachse und der Hinterachse genutzt werden.
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Bevorzugter Weise umfasst das Bremssystem einen Bremskraftverstärker, wobei bei einer Funktionsbeeinträchtigung und/oder einem Funktionsausfall der mindestens einen hydraulischen Komponente des Bremssystems und/oder der Steuerelektronik der Bremskraftverstärker derart aktivierbar ist, dass der mindestens eine erste Bremsdruck in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder und/oder der mindestens eine zweite Bremsdruck in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder steigerbar sind. Damit kann selbst bei einer Funktionsbeeinträchtigung oder einem Ausfall eines ESP-Systems des Bremssystems der Fahrer beim Abbremsen seines Fahrzeugs mittels des (z.B. elektromechanischen) Bremskraftverstärkers noch signifikant unterstützt werden. Deshalb hat der Fahrer selbst in einem derartigen Fehlerfall noch die Möglichkeit, sein Fahrzeug mit einem relativ geringen Kraftaufwand schnell in den Stillstand zu bringen. Die hier beschriebene Ausführung des Bremssystems schafft somit einen hohen Sicherheitsstandard für dieses.
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Vorzugsweise ist das Bremssystem mechanisch für ein z-kritisch von mindestens 0,8 g ausgelegt. Insbesondere kann das Bremssystem mechanisch für ein z-kritisch von mindestens 0,9 g ausgelegt sein. Es ist weiterhin möglich, dass das Bremssystem mechanisch für ein z-kritisch von mindestens 1 g ausgelegt ist. Damit ist im Fehlerfall/in der Rückfallebene noch ein vergleichsweise starker Bremsdruckaufbau in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder und in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder möglich. Das mit dem Bremssystem ausgestattete Fahrzeug kann deshalb schnell und verlässlich angehalten werden.
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Als Alternative oder als Ergänzung zu den zuvor beschriebenen Ausführungsformen kann das Bremssystem aufgrund der Steuerelektronik in dem Betrieb mit einem z-kritisch von höchstens 0,6 g betreibbar sein. Sofern gewünscht, kann das Bremssystem aufgrund der Steuerelektronik in dem Betrieb mit einem z-kritisch von höchstens 0,5 g betreibbar sein. Insbesondere kann das Bremssystem aufgrund der Steuerelektronik in dem Betrieb mit einem z-kritisch von höchstens 0,4 g betreibbar sein. Eine ideale Bremskraftverteilung ist somit zumindest für den mittels der Steuerelektronik angesteuerten Betrieb (Normalbetrieb) des Bremssystems verlässlich gewährleistbar.
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Die vorausgehend beschriebenen Vorteile sind auch bei einem Fahrzeug mit einem derartigen Bremssystem realisiert.
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Außerdem sind die oben beschriebenen Vorteile bei einem Ausführen eines korrespondierenden Verfahrens zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeugs gewährleistet. Das Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeugs ist entsprechend den oben erläuterten Ausführungsformen des Bremssystems weiterbildbar.
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Des Weiteren schafft auch ein Ausführen eines korrespondierenden Herstellungsverfahrens für ein Bremssystem für ein Fahrzeug die oben schon beschriebenen Vorteile. Auch das Herstellungsverfahren für ein Bremssystem für ein Fahrzeug ist gemäß den oben beschriebenen Ausführungsformen des Bremssystems weiterbildbar.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Weitere Merkmale und Vorteile der vorliegenden Erfindung werden nachfolgend anhand der Figuren erläutert. Es zeigen:
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1a und 1b eine schematische Darstellung einer Ausführungsform des Bremssystems und ein Koordinatensystem zum Erläutern von dessen Fahrzeugachsen-Bremskraftverteilung;
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2 ein Flussdiagramm zum Erläutern einer Ausführungsform des Verfahrens zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeugs; und
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3 ein Flussdiagramm zum Erläutern einer Ausführungsform des Herstellungsverfahrens für ein Bremssystem für ein Fahrzeug.
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Ausführungsformen der Erfindung
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1a und 1b zeigen eine schematische Darstellung einer Ausführungsform des Bremssystems und ein Koordinatensystem zum Erläutern von dessen Fahrzeugachsen-Bremskraftverteilung.
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Das in 1a schematisch dargestellte Bremssystem ist in einem (nicht dargestellten) Fahrzeug/Kraftfahrzeug mit zumindest einer Vorderachse und einer Hinterachse einsetzbar. Die Verwendbarkeit des Bremssystems ist jedoch nicht auf einen bestimmten Fahrzeugtyp/Kraftfahrzeugtyp limitiert. Beispielsweise kann das Fahrzeug/Kraftfahrzeug zusätzlich zu der Vorderachse und der Hinterachse noch mindestens eine weitere Fahrzeugachse aufweisen.
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Das Bremssystem umfasst mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder 10, in welchem mindestens ein erster Bremsdruck so aufbaubar, dass mittels des mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinders 10 jeweils ein Vorderachs-Bremsmoment auf die Vorderachse des mit dem Bremssystem ausgestatteten Fahrzeugs und/oder auf mindestens ein Rad der Vorderachse ausübbar ist. Mittels des mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinders 10 ist (insgesamt) eine Vorderachs-Bremskraft Ffa (Brake Force Front Axle) auf die Vorderachse und/oder auf das mindestens eine Rad der Vorderachse ausübbar. Ebenso hat das Bremssystem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder 12, in welchem mindestens ein zweiter Bremsdruck so aufbaubar ist, dass mittels des mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinders 12 jeweils ein Hinterachs-Bremsmoment auf die Hinterachse des Fahrzeugs und/oder auf mindestens ein Rad der Hinterachse ausübbar ist. Unabhängig von der Anzahl der Hinterachs-Radbremszylinder 12 ist mit dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder 12 eine Hinterachs-Bremskraft Fra (Brake Force Rear Axle) auf die Hinterachse und/oder das mindestens eine Rad der Hinterachse bewirkbar.
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Die Ausbildbarkeit des mit dem Bremssystem ausstattbaren Fahrzeugs ist nicht auf eine bestimmte Anzahl der an der Vorderachse und der Hinterachse angebrachten Räder beschränkt. Lediglich bespielhaft wird im Weiteren davon ausgegangen, dass das mit dem Bremssystem ausgestattete Fahrzeug sowohl an der Vorderachse als auch an der Hinterachse je zwei Räder aufweist. Bevorzugter Weise ist in diesem Fall das Bremssystem mit zwei der Vorderachse zugeordneten Vorderachs-Radbremszylindern 10 (welche zusammen die Vorderachs-Bremskraft Ffa bewirkten) und zwei der Hinterachse zugeordneten Hinterachs-Radbremszylindern 12 (zum gemeinsamen Bewirken der Hinterachs-Bremskraft Fra) ausgestattet.
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Des Weiteren umfasst das Bremssystem auch eine Steuerelektronik 14, mittels welcher mindestens eine hydraulische Komponente 16 und 18 des Bremssystems so ansteuerbar ist, dass der mindestens eine erste Bremsdruck in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder 10 und/oder der mindestens eine zweite Bremsdruck in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder 12 variierbar sind. Unter der mindestens einen mittels der Steuerelektronik 14 derart ansteuerbaren hydraulischen Komponente 16 und 18 kann auch mindestens eine in ein EPS-System 20 des Bremssystems integrierte hydraulische Komponente 16 und 18 verstanden werden. Die Steuerelektronik 14 kann insbesondere zur Steuerung des ESP-Systems 20 (wie z.B. eines ESPhev-II) ausgelegt sein. Außerdem kann die Steuerelektronik 14 an dem ESP-System 20 montiert sein. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass auch mindestens eine außerhalb des ESP-Systems 20 angeordnete hydraulische Komponente des Bremssystems oder mindestens eine hydraulische Komponente eines ESP-System-losen Bremssystems mittels der Steuerelektronik 14 ansteuerbar sind. Beispiele für die mindestens eine mittels der Steuerelektronik 14 ansteuerbare hydraulische Komponente 16 und 18 des Bremssystems werden unten noch beschrieben.
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Im Allgemeinen wird bevorzugt, dass während eines Abbremsens eines Fahrzeugs eine Kraftbeanspruchung an der Vorderachse des Fahrzeugs und eine Kraftbeanspruchung an der Hinterachse des Fahrzeugs gleich sind. Sofern diese Bedingung für Abbremsungen eingehalten ist, spricht man von einer idealen Bremskraftverteilung. Mit dieser wird, wenn an allen Rädern die höchste Kraftschlussbeanspruchung (als Haftbeiwert µ-Haft) herrscht, der kürzeste Bremsweg erreicht.
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Für das Bremssystem der 1a ist ein Grenzwert z-kritisch (auch z-krit) definierbar, welcher die maximale Abbremsung angibt, bei welcher eine Kraftbeanspruchung an der Vorderachse des Fahrzeugs und eine Kraftbeanspruchung an der Hinterachse des Fahrzeugs (noch) gleich sind. Man kann dies auch damit umschreiben, dass der Grenzwert z-kritisch für die Stabilität gerade dann erreicht ist, wenn die Kraftbeanspruchung an der Vorderachse und an der Hinterachse (noch) gleich sind. Ebenso kann die maximale Abbremsung unter Nutzung der installierten Bremskraftverteilung, die nach obiger Bedingung noch die Stabilität gewährleistet, als der Grenzwert z-kritisch (auch z-krit) bezeichnet werden.
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Die installierte Bremskraftverteilung eines herkömmlichen Bremssystems weicht aufgrund konstruktiver Randbedingungen häufig von der idealen Bremskraftverteilung ab, so dass die Kraftschlussbeanspruchung zwischen Vorderachse und Hinterachse nicht immer gleich und im Sinne der Stabilität nicht für alle Abbremsungen optimiert ist. Dieser Nachteil ist jedoch mittels des Bremssystems der 1a umgehbar.
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Das Bremssystem der 1a ist mechanisch für ein z-kritisch (z-krit) von mindestens 0,7 g ausgelegt. Dies kann auch damit umschrieben werden, dass das Bremssystem aufgrund einer baulichen Auslegung/Ausbildung seiner mechanischen Komponenten für ein z-kritisch (z-krit) von mindestens 0,7 g ausgelegt ist. Ebenso kann man von einer Auslegung der Basisbremse auf ein z-kritisch von mindestens 0,7 g sprechen. Gleichzeitig ist das Bremssystem aufgrund der Steuerelektronik 14 in einen Betrieb (Normalbetrieb) mit einem z-kritisch (z-krit) von höchstens 0,7 g steuerbar. Man kann dies auch damit umschreiben, dass aufgrund der Auslegung/Programmierung der Steuerelektronik 14 diese das Bremssystem zumindest in dem Betrieb (Normalbetrieb) so ansteuert, dass während des Betriebs (Normalbetriebs) z-kritisch (z-krit) bei höchstens 0,7 g liegt.
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Die Vorteile der in dem vorausgehenden Absatz beschriebenen Auslegung des Bremssystems werden nachfolgend anhand der 1b erläutert:
1b zeigt ein Koordinatensystem, dessen Abszisse die Vorderachs-Bremskraft Ffa (Brake Force Front Axle) und dessen Ordinate die Hinterachs-Bremskraft Fra (Brake Force Rear Axle) wiedergeben. Mittels der in das Koordinatensystem eingetragenen Achse G sind die erreichbaren Verzögerungen (in m/s2) angegeben.
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In dem Betrieb (Normalbetrieb) wird die mindestens eine hydraulische Komponente 16 und 18, bzw. das ESP-System 20 des Bremssystems so angesteuert, dass von einem z-kritisch (z-krit) von höchstens 0,7 g ausgegangen wird. Eine in das Koordinatensystem eingetragene Kurve fi gibt die in dem Betrieb (Normalbetrieb) mittels der Steuerelektronik 14 bewirkte/realisierte Fahrzeugachsen-Bremskraftverteilung wieder. Die Kurve fi (bei dem Betrieb/Normalbetrieb mit dem z-kritisch von höchstens 0,7 g) entspricht der idealen Bremskraftverteilung/idealen Fahrzeugachsen-Bremskraftverteilung (Ideal Brake Force Distribution). (Für die ideale Bremskraftverteilung wird hier die Hinterachse weniger stark als die Vorderachse abgebremst, wodurch eine verbesserte Stabilität des abgebremsten Fahrzeugs erreicht wird.)
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Sofern jedoch eine Funktionsbeeinträchtigung oder ein Funktionsausfall an zumindest einer Komponente des Bremssystems, wie z.B. an der mindestens einen hydraulischen Komponente 16 und 18 und/oder an der Steuerelektronik 14, auftritt, kann in der Rückfallebene (Fail-Operational-Ebene) ein z-kritisch von mindestens 0,7 g genutzt werden. Die in der Rückfallebene auftretende Fahrzeugachsen-Bremskraftverteilung, welche in 1b mittels der Kurve f0 dargestellt ist, weist ab einer Grenz-Verzögerung x0 (z.B. von etwa 0,5 g) größere Werte für die Hinterachs-Bremskraft Fra als die Kurve fi auf. Außerdem weist die Kurve f0 ab der Grenz-Verzögerung x0 eine stärkere Zunahme der Hinterachs-Bremskraft Fra im Vergleich mit der Kurve fi auf. In der Rückfallebene kann deshalb mittels eines zeitweisen Verzichts auf die ideale Bremskraftverteilung eine stärkere Abbremsung der Hinterachse bewirkt werden. Auf diese Weise ist in der Rückfallebene, wie mittels eines Pfeils P gezeigt ist, eine gesteigerte Verzögerung des abzubremsenden Fahrzeugs mittels der Radbremszylinder 10 und 12 erreichbar. Das in 1a dargestellte Bremssystem kann somit das Fahrzeug schneller und mit einem kürzeren Bremsweg in den Stillstand bringen und weist deshalb einen verbesserten Sicherheitsstandard auf.
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Das Bremssystem kann mechanisch auch für ein z-kritisch von mindestens 0,8 g ausgelegt sein. Insbesondere kann das Bremssystem mechanisch für ein z-kritisch von mindestens 0,9 g, auch für ein z-kritisch von mindestens 1 g, ausgelegt sein. Als Alternative oder als Ergänzung dazu kann das Bremssystem aufgrund der Steuerelektronik 14 in dem Betrieb (Normalbetrieb) mit einem z-kritisch von höchstens 0,6 g betreibbar sein. Sofern gewünscht, kann das Bremssystem auch aufgrund der Steuerelektronik 14 in dem Betrieb (Normalbetrieb) mit einem z-kritisch von höchstens 0,5 g oder mit einem z-kritisch von höchstens 0,4 g betreibbar sein. Somit sind die Vorteile der idealen Bremskraftverteilung in dem mittels der Steuerelektronik 14 angesteuerten Betrieb (Normalbetrieb) des Bremssystems gleichzeitig mit dem hohen Sicherheitsstandard des Bremssystems in seiner Rückfallebene gewährleistbar.
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Beispielhaft ist in der Ausführungsform der 1a der mindestens eine Vorderachs-Radbremszylinder in einem (schematisch dargestellten) Vorderachs-Bremskreis 22 angeordnet, welcher an einem Hauptbremszylinder 24 des Bremssystems (unentkoppelbar) angebunden ist. Außerdem ist der mindestens eine Hinterachs-Radbremszylinder 12 in einem (schematisch dargestellten) Hinterachs-Bremskreis 26 angeordnet, wobei der Hinterachs-Bremskreis 26 über ein Schließen eines Trennventils 16 (als einer der hydraulischen Komponenten 16 und 18 des Bremssystems) von dem Hauptbremszylinder 24 abkoppelbar ist. Zusätzlich ist der Hinterachs-Bremskreis 26 über eine Saugleitung 28 an ein Bremsflüssigkeitsreservoir 30 des Bremssystems (mit darin vorliegenden Atmosphärendruck) angebunden. Der Hinterachs-Bremskreis 26 weist auch mindestens eine Pumpe 18 (als eine der hydraulischen Komponenten 16 und 18 des Bremssystems) auf, deren Pumpenmotor 32 mittels der Steuerelektronik 14 so ansteuerbar ist, dass Bremsflüssigkeit mittels der mindestens einen Pumpe 18 des Hinterachs-Bremskreises 26 aus dem Bremsflüssigkeitsreservoir 30 in den mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder 12 des Hinterachs-Bremskreises 26 pumpbar ist. Der Hinterachs-Bremskreis 26 ist damit verlässlich im By-Wire-Modus/By-Wire-Betriebsmodus betreibbar. Insbesondere ein ESPhev-II ist als ESP-System 20 für ein Betreiben im By-Wire-Modus/By-Wire-Betriebsmodus optimiert.
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Die mechanische Auslegung eines Bremssystems/die Auslegung seiner Basisbremse auf ein z-kritisch von mindestens 0,7 g hat herkömmlicherweise zur Folge, das im Normalzustand zu hohe oder zu niedrige Kräfte an der Hinterachse/Vorderachse abgesetzt werden und die Fahrzeugachsen-Bremskraftverteilung des herkömmlichen Bremssystems deshalb stark von der idealen Bremskraftverteilung abweicht. Mittels der Entkoppelbarkeit des mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinders 12 des Hinterachs-Bremskreises 26 von dem Hauptbremszylinder 24 durch Schließen des Trennventils 16 können die herkömmlicherweise auftretenden Nachteil einer mechanischen Auslegung des Bremssystems für ein z-kritisch von mindestens 0,7 g jedoch umgangen/behoben werden. Insbesondere ist auf diese Weise die in 1b eingetragene Kurve fi für die ideale Bremskraftverteilung während der meisten Bremsungen sicherstellbar. Lediglich in der Rückfallebene ist ein Verzicht der mittels der Kurve fi wiedergegebenen idealen Bremskraftverteilung während einer Bremsung in Kauf zu nehmen.
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Vorzugsweise weist das vorteilhafte Bremssystem auch einen Bremskraftverstärker 34, insbesondere einen elektromechanischen Bremskraftverstärker 34, auf. Mittels eines Betriebs des (elektromechanischen) Bremskraftverstärkers 34 kann ein Fahrer des mit dem Bremssystem ausgestatteten Fahrzeugs während einer Betätigung eines an den Hauptbremszylinder 24 angebundenen Bremsbetätigungselements 36, wie z.B. einer Betätigung eines Bremspedals 36, kraftmäßig unterstützt werden.
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Bevorzugter Weise ist der Bremskraftverstärker 34 außerdem bei einer Funktionsbeeinträchtigung und/oder einem Funktionsausfall der mindestens einen Komponente des Bremssystems, wie z.B. der mindestens einen hydraulischen Komponente 16 und 18 und/oder der Steuerelektronik 14, derart aktivierbar, dass der mindestens eine erste Bremsdruck in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder 10 und/oder der mindestens eine zweite Bremsdruck in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder 12 (mittels der Aktivierung des Bremskraftverstärkers 34) steigerbar sind. Insbesondere ein elektromechanischer Bremskraftverstärker 34 eignet sich gut zum Steigern des mindestens einen ersten Bremsdrucks in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder 10 und/oder des mindestens einen zweiten Bremsdrucks in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder 12 in der Rückfallebene des Bremssystems. Selbst bei einer Funktionsbeeinträchtigung oder einem Funktionsausfall des ESP-Systems 20 kann in diesem Fall mittels des Bremskraftverstärkers 34 der Fahrer beim Betätigen des Bremsbetätigungselements 36 noch kraftmäßig unterstützt werden. Der Fahrer hat somit in der Rückfallebene nicht nur die Vorteile der mechanischen Auslegung des Bremssystems für ein z-kritisch von mindestens 0,7 g, sondern auch einen guten Bedienkomfort des Bremsbetätigungselements 36 zum Bewirken einer hohen Verzögerung beim Abbremsen seines Fahrzeugs.
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In der Rückfallebene ist somit eine hohe Verzögerung des Fahrzeugs ohne radindividuelle Eingriffe erreichbar. Stattdessen können die Vorteile des vergleichsweise hohen z-kritisch zur gleichzeitigen und gemeinsamen Bremsdrucksteigerung in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder 10 und in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder 12 mittels des Bremskraftverstärkers 34 genutzt werden. Vor allem kann der Fahrer aufgrund der vorteilhaften Aktivierbarkeit des Bremskraftverstärkers 34 in der Rückfallebene sein Fahrzeug mit einem vergleichsweise geringen Kraftaufwand schnell in den Stillstand bringen.
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Insbesondere ein elektromechanischer Bremskraftverstärker 34 ist in der Rückfallebene leicht zur gleichzeitigen und gemeinsamen Bremsdrucksteigerung in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder 10 und in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder 12 aktivierbar. Beispielsweise kann die entsprechende Aktivierung des elektromechanischen Bremskraftverstärkers 34 in der Rückfallebene durch ein Ansteuern mittels der Steuerelektronik 14 erfolgen. Als Alternative zu der Steuerelektronik 14 kann jedoch auch eine andere fahrzeugeigene Steuervorrichtung zum vorteilhaften Aktivieren des elektromechanischen Bremskraftverstärkers 34 in der Rückfallebene verwendet werden.
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Zusammenfassend ist damit an dem Bremssystem der 1a ein Redundanzkonzept aus dem ESP-System 20 und dem (elektromechanischen) Bremskraftverstärker 34 realisiert, welches ein vorteilhaftes Fail-Operational-Konzept für die Rückfallebene (Fail-Operational-Ebene) aufweist. Sofern das ESP-System 20 in der Rückfallebene nicht (voll-)verfügbar ist, kann die entfallende Einsetzbarkeit des ESP-Systems 20 mittels des (elektromechanischen) Bremskraftverstärkers 34 kompensiert werden.
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2 zeigt ein Flussdiagramm zum Erläutern einer Ausführungsform des Verfahrens zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeugs.
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Das im Weiteren beschriebene Verfahren ist mit einem Bremssystem eines Fahrzeugs/Kraftfahrzeugs ausführbar, für welches ein Grenzwert z-kritisch definierbar ist, welcher eine maximale Abbremsung angibt, bei welcher eine Kraftschlussbeanspruchung an einer Vorderachse des Fahrzeugs und eine Kraftschlussbeanspruchung an einer Hinterachse des Fahrzeugs gleich sind, und welches mechanisch für ein z-kritisch von mindestens 0,7 g ausgelegt ist. Die Ausführbarkeit des Verfahrens ist nicht auf das oben beschriebene Bremssystem limitiert.
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In einem Verfahrensschritt S1 wird das Bremssystem in einem Normalmodus des Bremssystems mit einem z-kritisch von höchstens 0,7 g betrieben. Zum Abbremsen des Fahrzeugs wird genutzt, dass aufgrund mindestens eines gesteigerten ersten Bremsdrucks in mindestens einem Vorderachs-Radbremszylinder jeweils ein Vorderachs-Bremsmoment auf die Vorderachse und/oder auf mindestens ein Rad der Vorderachse und aufgrund mindestens eines gesteigerten zweiter Bremsdrucks in mindestens einem Hinterachs-Radbremszylinder jeweils ein Hinterachs-Bremsmoment auf die Hinterachse und/oder auf mindestens ein Rad der Hinterachse ausgeübt werden. Außerdem werden der mindestens eine erste Bremsdruck in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder und/oder der mindestens eine zweite Bremsdruck in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder mittels mindestens einer hydraulischen Komponente des Bremssystems variiert. Beispielsweise kann der mindestens eine zweite Bremsdruck in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder variiert werden, indem ein Hinterachs-Bremskreis mit dem darin angeordneten mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder über ein Schließen eines Trennventils von einem Hauptbremszylinder des Bremssystems abgekoppelt wird, und Bremsflüssigkeit mittels mindestens einer Pumpe des Hinterachs-Bremskreises aus einem Bremsflüssigkeitsreservoir des Bremssystems in den mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder des Hinterachs-Bremskreises gepumpt wird.
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Mittels eines Verfahrensschritts S2 kann das Bremssystem bei einer Funktionsbeeinträchtigung und/oder einem Funktionsausfall der mindestens einen hydraulischen Komponente des Bremssystems noch vorteilhaft betrieben werden. Dabei wird ein Bremskraftverstärker des Bremssystems derart aktiviert, dass der mindestens eine erste Bremsdruck in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder und/oder der mindestens eine zweite Bremsdruck in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder gesteigert werden.
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Somit realisiert auch ein Ausführen des hier beschriebenen Verfahrens die oben schon beschriebenen Vorteile.
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3 zeigt ein Flussdiagramm zum Erläutern einer Ausführungsform des Herstellungsverfahrens für ein Bremssystem für ein Fahrzeug.
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In einem Verfahrensschritt S10 wird das Bremssystem mit mindestens einem Vorderachs-Radbremszylinder, in welchem mindestens ein erster Bremsdruck aufbaubar ist, und mit mindestens einem Hinterachs-Radbremszylinder, in welchem mindestens ein zweiter Bremsdruck aufbaubar ist, ausgestattet. Dies geschieht derart, dass bei einem Betrieb des Bremssystems mittels des mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinders jeweils ein Vorderachs-Bremsmoment auf eine Vorderachse des Fahrzeugs und/oder auf mindestens ein Rad der Vorderachse ausgeübt wird, und mittels des mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinders jeweils ein Hinterachs-Bremsmoment auf eine Hinterachse des Fahrzeugs und/oder auf mindestens ein Rad der Hinterachse ausgeübt wird. Außerdem wird sichergestellt, dass für das Bremssystem ein Grenzwert z-kritisch definierbar ist, welcher eine maximale Abbremsung angibt, bei welcher eine Kraftschlussbeanspruchung an der Vorderachse des Fahrzeugs und eine Kraftschlussbeanspruchung an der Hinterachse des Fahrzeugs gleich sind, und das Bremssystem mechanisch für ein z-kritisch von mindestens 0,7 g ausgelegt wird/bleibt.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform des Herstellungsverfahrens wird der mindestens eine Vorderachs-Radbremszylinder in einem an einem Hauptbremszylinder des Bremssystems (unentkoppelbar) angebundenen Vorderachs-Bremskreis angeordnet. Demgegenüber wird der mindestens eine Hinterachs-Radbremszylinder bevorzugter Weise in einem über ein Trennventil mit dem Hauptbremszylinder verbundenen Hinterachs-Bremskreis angeordnet. Außerdem ist es vorteilhaft, wenn der Hinterachs-Bremskreis über eine Saugleitung an ein Bremsflüssigkeitsreservoir des Bremssystems angebunden wird und mit mindestens einer Pumpe zum Pumpen von Bremsflüssigkeit aus dem Bremsflüssigkeitsreservoir in den mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder des Hinterachs-Bremskreises ausgestattet wird.
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In einem Verfahrensschritt S11 des Herstellungsverfahrens wird das Bremssystem mit einer Steuerelektronik ausgestattet, mittels welcher mindestens eine hydraulische Komponente des Bremssystems so ansteuerbar ist, dass bei dem Betrieb des Bremssystems der mindestens eine erste Bremsdruck in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder und/oder der mindestens eine zweite Bremsdruck in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder variiert wird, wobei die Steuerelektronik so ausgelegt wird, dass das Bremssystem aufgrund der Steuerelektronik in dem Betrieb mit einem z-kritisch von höchstens 0,7 g gesteuert wird. Die Steuerelektronik kann insbesondere das Trennventil und/oder die mindestens eine Pumpe zum Variieren des mindestens einen zweiten Bremsdrucks in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder nutzen.
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Optionaler Weise wird in dem Herstellungsverfahren auch ein Verfahrensschritt S12 ausgeführt. In dem Verfahrensschritt S12 wird ein Bremskraftverstärker des Bremssystems derart ausgelegt, dass bei einer Funktionsbeeinträchtigung und/oder einem Funktionsausfall der mindestens einen hydraulische Komponente des Bremssystems der mindestens eine erste Bremsdruck in dem mindestens einen Vorderachs-Radbremszylinder und/oder der mindestens eine zweite Bremsdruck in dem mindestens einen Hinterachs-Radbremszylinder mittels des aktivierten Bremskraftverstärkers gesteigert werden.
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Die Verfahrensschritte S10 bis S12 sind in beliebiger Reihenfolge und/oder (zumindest teilweise) gleichzeitig ausführbar.
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Damit gewährleitet auch das hier beschriebene Herstellungsverfahren die oben beschriebenen Vorteile. Es wird außerdem darauf hingewiesen, dass die Ausführbarkeit des Herstellungsverfahrens nicht auf das Herstellen des oben beschriebenen Bremssystems limitiert ist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102011075968 A1 [0002]