-
Die Erfindung betrifft ein Flüssigmetall-Gleitlager.
-
Ein derartiges Flüssigmetall-Gleitlager umfasst wenigstens ein erstes Lagerteil mit wenigstens einer ersten Funktionsfläche und wenigstens ein zweites Lagerteil mit wenigstens einer zweiten Funktionsfläche. Zwischen den Lagerteilen ist wenigstens ein Lagerspalt vorhanden, der mit einem Flüssigmetall gefüllt ist. Bei dem ersten Lagerteil handelt es sich beispielsweise um ein stehendes Lagerteil, wohingegen das zweite Lagerteil ein rotierendes Lagerteil bildet. Das im Lagerspalt fließende Flüssigmetall dient zur Schmierung. Ein hierfür geeignetes Flüssigmetall ist eine eutektische Legierung aus Gallium (Ga), Indium (In) und Zinn (Sn). Eine derartige GaInSn-Legierung ist z.B. unter dem Namen Galinstan® bekannt und besteht aus 68,5 Gew.-% Gallium sowie 21,5 Gew.-% Indium und 10 Gew.-% Zinn.
-
Falls bei Flüssigmetall-Gleitlagern bei der Herstellung oder im Betrieb während eines längeren Zeitraums Temperaturen von über 300 ºC auftreten, kann sich auf den Funktionsflächen eine Korrosionsschicht ausbilden. Diese Korrosionsschicht, die auch als Benetzungsschicht bezeichnet wird, besteht hauptsächlich aus den Reaktionspartnern Molybdän (aus dem Grundmaterial des Gleitlagers) und Gallium (aus dem Flüssigmetall GaInSn). Die Korrosionsschicht besteht aus vielen Kristallen im µm-Bereich, wobei sich die Größe bei höheren Betriebstemperaturen und/oder bei längeren Zeiträumen der Dimension des Lagerspalts annähert. Dies führt im Betrieb des Flüssigmetall-Gleitlagers zu einem erhöhten Abrieb und damit zu einem entsprechenden Verschleiß. Durch den Abrieb sammeln sich Feststoffe im Lagerspalt und setzen sich in der Strukturierung der Lagerteile fest, so dass ein problemloser Betrieb des Flüssigmetall-Gleitlagers nicht mehr sichergestellt ist. Wird die Strukturierung der Lagerteile durch den Abrieb auch nur teilweise zugesetzt, können bereits Probleme beim Betrieb des Flüssigmetall-Gleitlagers auftreten, wie z.B. dynamische Instabilitäten mit entsprechenden Störgeräuschen (Half Omega Whirl). Dynamische Instabilitäten begünstigen einen noch stärkeren Verschleiß, wodurch die Lebensdauer eines davon betroffenen Flüssigmetall-Gleitlagers drastisch herabgesetzt wird. Im Extremfall können sich Kristall-Agglomerate aus dem Rillengrund der Funktionsfläche des betroffenen Lagerteils lösen und zu einem plötzlichen Blockieren führen.
-
Ein weiteres Problem ist bei Lagerteilen, die aus Molybdän (Mo) oder aus einer Molybdän-Legierung bestehen, die schlechte Benetzbarkeit der Funktionsflächen durch die als Flüssigmetall dienende GaInSn-Legierung.
-
Während des Fertigungsprozesses kann eine schlechte Benetzbarkeit der Funktionsflächen durch das Flüssigmetall dazu führen, dass Gasblasen im Flüssigmetall eingeschlossen werden, die während des Betriebs, insbesondere bei hohen Drehzahlen, die Tragfähigkeit, die Tribologie und die Stabilität negativ beeinflussen können.
-
Des Weiteren kann die schlechte Benetzbarkeit der Funktionsflächen durch das Flüssigmetall zu einem Auslaufen des Flüssigmetalls während des Betriebs führen. Dadurch fehlt das Flüssigmetall als Schmierstoff im Lagerspalt und führt damit – ebenso wie die Bildung von Luftblasen im Flüssigmetall – zu einer Verringerung der Tragfähigkeit und Stabilität sowie zu einer Erhöhung des Verschleißes, insbesondere bei hohen Drehzahlen. Bei einem Einsatz von Flüssigmetall-Gleitlagern in Drehanoden-Röntgenröhren kann das ausgetretene Flüssigmetall in kritische Bereiche des Vakuumraums geschleudert werden und dort die Spannungsfestigkeit stark reduzieren. Dies kann zu einem Ausfall der Röntgenröhre führen.
-
Ein eingangs genanntes Flüssigmetall-Gleitlager, das zur Lagerung einer Drehanode in einer Röntgenröhre dient, ist aus der Patentschrift
US 4,562,587 bekannt. Im Flüssigmetall-Gleitlager ist ein Flüssigmetall als Schmiermittel vorhanden. Bei dem Flüssigmetall handelt es sich beispielsweise um eine eutektische Legierung aus 76 Gew.-% Gallium und 24 Gew.-% Indium (Schmelzpunkt 16,5 ºC). Eine weitere eutektische Legierung enthält 92 Gew.-% Gallium und 8 Gew.-% Zinn (Schmelzpunkt 20,0 ºC). Mit 62 Gew.-% Gallium sowie 25 Gew.-% Indium und 13 Gew.-% Zinn (Schmelzpunkt 5 ºC) ist schließlich noch eine weitere eutektische Legierung als Alternative offenbart. Um während des Betriebs der Röntgenröhre einer Bildung von Kristallen, beispielsweise aus der Molybdän-Gallium-Legierung MoGa
5, wirksam vorzubeugen, werden bei der Fertigung des Flüssigmetall-Gleitlagers dem Schmiermittel zwischen 1 Gew.-% und 4 Gew.-% Silber (Ag) und/oder Kupfer (Cu) beigemischt.
-
-
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Flüssigmetall-Gleitlager zu schaffen, das auch bei einer hohen thermischen und mechanischen Belastung über einen langen Zeitraum eine hohe Betriebssicherheit sowie eine lange Lebensdauer aufweist.
-
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß sowohl durch ein Flüssigmetall-Gleitlager gemäß Anspruch 1 als auch durch ein Flüssigmetall-Gleitlager gemäß Anspruch 2 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Flüssigmetall-Gleitlagers gemäß Anspruch 1 bzw. gemäß Anspruch 2 sind jeweils Gegenstand von weiteren Ansprüchen.
-
Das erfindungsgemäße Flüssigmetall-Gleitlager nach Anspruch 1 umfasst wenigstens ein erstes Lagerteil mit wenigstens einer ersten Funktionsfläche und wenigstens ein zweites Lagerteil mit wenigstens einer zweiten Funktionsfläche, wobei zwischen den Lagerteilen wenigstens ein mit einem Flüssigmetall gefüllter Lagerspalt gebildet ist. Erfindungsgemäß ist auf wenigstens einer Funktionsfläche wenigstens eine Funktionsschicht aufgebracht, durch die eine Kristallbildung auf wenigstens einer Funktionsfläche modifiziert wird.
-
Das erfindungsgemäße Flüssigmetall-Gleitlager nach Anspruch 2 umfasst wenigstens ein erstes Lagerteil mit wenigstens einer ersten Funktionsfläche und wenigstens ein zweites Lagerteil mit wenigstens einer zweiten Funktionsfläche, wobei zwischen den Lagerteilen wenigstens ein mit einem Flüssigmetall gefüllter Lagerspalt gebildet ist. Erfindungsgemäß ist auf wenigstens einer Funktionsfläche wenigstens eine Funktionsschicht aufgebracht, durch die die Grenzflächenenergie zum Flüssigmetall im Lagerspalt reduziert wird.
-
Bei der vorliegenden Erfindung sind unter "Funktionsfläche" Flächen zu verstehen, die erforderlich sind, damit das betreffende Lagerteil seine Funktion erfüllen kann. Funktionsflächen weisen beispielsweise das Innenlager, die tellernahe Buchse und der Lagerdeckel auf.
-
Die Funktionsflächen, die im Flüssigmetall-Gleitlager zur tragenden Funktion beitragen, werden bei einem vertikal ausgerichteten Flüssigmetall-Gleitlager vom Axiallager gebildet. Demgegenüber werden bei einem horizontal ausgerichteten Flüssigmetall-Gleitlager die zur tragenden Funktion beitragenden Funktionsflächen vom Radiallager gebildet.
-
Mit "Funktionsschicht" sind bei der vorliegenden Erfindung Schichten bezeichnet, die mittels eines Beschichtungsverfahrens auf derartigen Funktionsflächen aufgebracht sind. Im Rahmen der Erfindung sind darüber hinaus auch Funktionsschichten zu verstehen, die mittels einer Oberflächenmodifikation der Funktionsfläche erzeugt werden, z.B. durch eine Ionenimplantation.
-
Durch die erfindungsgemäße Lösung nach Anspruch 1 wird in der Funktionsschicht eine Ausbildung von modifizierten Kristallen erzielt, wodurch auch bei hohen thermischen und mechanischen Belastungen eine weitere Bildung von Kristallen deutlich reduziert, wenn nicht sogar wirksam verhindert wird. Die ausgebildeten Kristalle sind hierbei hinsichtlich Größe, Morphologie und Verteilung modifiziert. Die Ausbildung einer entsprechenden Korrosionsschicht bei Betriebstemperaturen von über 300 ºC wird damit sehr stark reduziert, in vielen Fällen ist die Ausbildung einer derartigen Korrosionsschicht (Benetzungsschicht), die viele Kristalle im µm-Bereich umfasst und beispielsweise hauptsächlich aus den Reaktionspartnern Molybdän (aus dem Grundmaterial des Gleitlagers) und Gallium (aus dem Flüssigmetall GaInSn) besteht, sogar ausgeschlossen.
-
Da keine Kristallbildung bzw. nur eine sehr geringe Kristallbildung auftritt, entsteht kaum Abrieb. Ein möglicherweise im erfindungsgemäßen Flüssigmetall-Gleitlager entstehender Abrieb wird durch das zirkulierende Flüssigmetall daran gehindert, sich in der Strukturierung der Lagerteile und damit in den Lagerspalten festzusetzen. Somit kann sich auch unter ungünstigen Betriebsbedingungen nur eine sehr geringe Menge an Feststoffen in den Strukturierungen der Lagerteile festsetzen. Ein plötzliches Blockieren eines Lagerteils, das bei den bekannten Flüssigmetall-Gleitlagern im Extremfall durch ein Lösen von Kristall-Agglomeraten aus dem Rillengrund der Funktionsfläche auftreten kann, wird bei einem Flüssigmetall-Gleitlager nach Anspruch 1 verhindert.
-
Ein Flüssigmetall-Gleitlager gemäß Anspruch 1 besitzt damit eine hohe Betriebssicherheit bei entsprechend hoher dynamischer Stabilität sowie eine lange Lebensdauer.
-
Durch die erfindungsgemäße Lösung nach Anspruch 2 wird der Benetzungswinkel, der auch als Kontaktwinkel bezeichnet wird, verkleinert, so dass die Benetzung der Funktionsfläche durch das Flüssigmetall verbessert wird.
-
Die Verkleinerung des Benetzungswinkels durch eine entsprechende Funktionsschicht auf wenigstens einer Funktionsfläche ermöglicht bei der Fertigung des erfindungsgemäßen Flüssigmetall-Gleitlagers nach Anspruch 2 eine gasblasenfreie Befüllung der Lagerspalte mit Flüssigmetall. Darüber hinaus wird aufgrund der besseren Benetzung der Funktionsflächen durch das Flüssigmetall auch ein Auslaufen des Flüssigmetalls aus den Lagerspalten des Flüssigmetall-Gleitlagers verhindert.
-
Weiterhin ist dadurch, dass durch die Funktionsschicht die Grenzflächenenergie zum Flüssigmetall im Lagespalt reduziert wird, auch während des Betriebs die Benetzbarkeit der betreffenden Funktionsfläche deutlich verbessert. Durch die verbesserte Benetzung der Funktionsflächen wird die Grundfunktion des Flüssigmetall-Gleitlagers zuverlässiger gewährleistet.
-
Da durch die gemäß Anspruch 2 vorgesehene Reduzierung der Grenzflächenenergie einerseits im Flüssigmetall keine Gasblasen enthalten sind und andererseits die Benetzbarkeit der entsprechenden Funktionsfläche deutlich verbessert ist, werden während des Betriebs, die Tragfähigkeit, die Tribologie und die Stabilität des erfindungsgemäßen Flüssigmetall-Gleitlagers nach Anspruch 2 auch bei hohen Drehzahlen nicht negativ beeinflusst.
-
Im Rahmen der Erfindung ist auf eine vorgebbare Anzahl von Funktionsflächen, die mit Flüssigmetall in Kontakt treten, eine Funktionsschicht aufgebracht. Es können also alle Funktionsflächen oder nur bestimmte Funktionsflächen mit einer Funktionsschicht versehen sein. Die Funktionsschicht muss auch nicht notwendigerweise die Funktionsfläche vollständig bedecken. Auch eine teilweise aufgebrachte Funktionsschicht kann für spezielle Anwendungsfälle ausreichend oder vorteilhaft sein.
-
Bei dem erfindungsgemäßen Flüssigmetall-Gleitlager gemäß Anspruch 1 bzw. gemäß Anspruch 2 entstehen während des Betriebs relativ gleichmäßige Korrosionsschichten, die eine Dicke von ca. 100 nm bis ca. 1.000 nm aufweisen und keine Kristalle enthalten, die Dimensionen im Bereich der Lagerspaltbreite von ca. größer 10 µm besitzen.
-
Gemäß einer besonders bevorzugten Ausgestaltung nach Anspruch 3 wird zusätzlich durch wenigstens eine Funktionsschicht die Grenzflächenenergie zum Flüssigmetall im Lagerspalt reduziert. Ein Flüssigkeitsmetall-Gleitlager nach Anspruch 3 umfasst damit wenigstens eine Funktionsfläche mit wenigstens einer Funktionsschicht, durch die eine Kristallbildung auf wenigstens einer Funktionsfläche modifiziert wird, sowie wenigstens eine Funktionsfläche mit wenigstens einer Funktionsschicht, durch die die Grenzflächenenergie zum Flüssigmetall im Lagerspalt reduziert wird. Es muss sich hierbei nicht notwendigerweise um verschiedene Funktionsschichten handeln, vielmehr kann die betreffende Funktionsschicht sowohl die Kristallbildung auf wenigstens einer Funktionsfläche modifizieren als auch die Grenzflächenenergie zum Flüssigmetall im Lagerspalt reduzieren.
-
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung nach Anspruch 4 wird zusätzlich durch wenigstens eine Funktionsschicht eine Kristallbildung auf wenigstens einer Funktionsfläche modifiziert. Ein Flüssigkeitsmetall-Gleitlager nach Anspruch 4 umfasst damit wenigstens eine Funktionsfläche mit wenigstens einer Funktionsschicht, durch die die Grenzflächenenergie zum Flüssigmetall im Lagerspalt reduziert wird, sowie wenigstens eine Funktionsfläche mit wenigstens einer Funktionsschicht, durch die eine Kristallbildung auf wenigstens einer Funktionsfläche modifiziert wird. Es muss sich hierbei nicht notwendigerweise um verschiedene Funktionsschichten handeln, vielmehr kann die betreffende Funktionsschicht sowohl die Grenzflächenenergie zum Flüssigmetall im Lagerspalt reduzieren als auch die Kristallbildung auf wenigstens einer Funktionsfläche modifizieren.
-
Die Funktionsschicht weist gemäß Anspruch 5 vorzugsweise eine Dicke von ca. 10 nm bis ca. 100 nm auf.
-
Bevorzugte Materialien für die Funktionsschicht sind gemäß den Ansprüchen 6 bis 17 Reinmetalle und Legierungen aus diesen Reinmetallen. Beispiele hierfür sind Kupfer (Cu) und seine Legierungen, Silber (Ag) und seine Legierungen, Nickel (Ni) und seine Legierungen, Wolfram (W) und seine Legierungen, Indium (In) und seine Legierungen sowie Zinn (Sn) und seine Legierungen. Darüber hinaus können für bestimmte Anwendungsfälle auch andere Reinmetalle bzw. Legierungen vorteilhaft sein.
-
Unter Legierungen sind hierbei metallische Werkstoffe aus mindestens zwei Elementen zu verstehen, die einen metalltypischen kristallinen Aufbau aufweisen. Legierungen sind metallische Werkstoffe, die aus mindestens zwei Elementen bestehen und das metalltypische Merkmal eines kristallinen Aufbaus mit Metallbindung aufweisen. In der Kennzeichnung einer Mehrstofflegierung sind zuerst die chemische Bezeichnung des Basismetalls und dahinter wenigstens ein weiterer wesentlicher Bestandteil genannt, wobei nur die Komponenten berücksichtigt sind, die die charakteristischen Eigenschaften definieren.
-
Die metallischen Werkstoffe Kupfer (Cu) und seine Legierungen, Silber (Ag) und seine Legierungen, Nickel (Ni) und seine Legierungen, Wolfram (W) und seine Legierungen, Indium (In) und seine Legierungen sowie Zinn (Sn) und seine Legierungen sind sowohl für eine Modifizierung der Kristallbildung (Flüssigmetall-Gleitlager nach Anspruch 1) als auch für eine Verbesserung der Benetzung (Flüssigmetall-Gleitlager nach Anspruch 2) geeignet.
-
Vorzugsweise ist die Funktionsschicht gemäß Anspruch 18 auf die betreffende Funktionsfläche durch einen physikalischen Prozess aufgebracht. Vorteilhafte physikalische Prozesse sind gemäß den Ansprüchen 20 bis 24 z.B. PVD-Verfahren (physikalische Gasphasenabscheidung), Sputtern (Kathodenzerstäubung), Aufdampfen (thermisches Verdampfen), Plattieren (mechanisches Aufbringen) und Ionenimplantation (Einbringen von Fremdatomen).
-
Alternativ zu einem physikalischen Prozess kann die Funktionsschicht gemäß Anspruch 19 auf die betreffende Funktionsfläche auch durch einen chemischen Prozess aufgebracht sein. Bevorzugte chemische Prozesse sind gemäß den Ansprüchen 25 und 26 beispielsweise CVD-Verfahren (chemische Gasphasenabscheidung) und Galvanisierung (Elektroplattieren).
-
Im Rahmen der Erfindung müssen die Materialien der Funktionsschichten auf den Funktionsflächen nicht notwendigerweise identisch sein. Vielmehr können für die Herstellung verschiedener Funktionsschichten auch unterschiedliche Materialien verwendet werden. Weiterhin können für eine Funktionsfläche auch mehrere unterschiedliche Materialien verwendet werden. Weiterhin ist es nicht zwingend erforderlich, dass sich die Funktionsschicht vollständig auf der Funktionsfläche erstreckt. Darüber hinaus müssen nicht notwendigerweise alle Funktionsflächen jeweils eine Funktionsschicht aufweisen.
-
Die erfindungsgemäße Lösung sowie deren vorteilhafte Ausgestaltungen sind aufgrund der hohen Zuverlässigkeit für eine Vielzahl von Anwendungsfällen geeignet. Insbesondere für Hochspannungsanwendungen im Hochvakuumbereich, beispielsweise Röntgenröhren, ist die Erfindung vorteilhaft einsetzbar. Eine gemäß Anspruch 27 ausgeführte Röntgenröhre umfasst ein Vakuumgehäuse, in der eine Drehanode angeordnet ist, die drehbar auf wenigstens einem Flüssigmetall-Gleitlager nach zumindest einem der Ansprüche 1 bis 26 gelagert ist.
-
Ein medizinisches System gemäß Anspruch 28, das mit einer Röntgenröhre gemäß Anspruch 27 ausgestattet ist, weist damit eine entsprechend hohe Zuverlässigkeit auf.
-
Nachfolgend wird ein schematisch dargestelltes Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert, ohne jedoch darauf beschränkt zu sein. Es zeigen:
-
1 eine Ausführungsform eines Flüssigmetall-Gleitlagers in einem Längsschnitt,
-
2 eine Funktionsfläche eines Flüssigmetall-Gleitlagers gemäß dem Stand der Technik und
-
3 eine Funktionsfläche des in 1 dargestellten Flüssigmetall-Gleitlagers.
-
Das in 1 dargestellte Flüssigmetall-Gleitlager umfasst ein erstes Lagerteil 1 und ein zweites Lagerteil 2 sowie einen Lagerdeckel 3, mit dem das Lagerteil 2 nach dem Zusammenfügen der beiden Lagerteile 1 und 2 verschließbar ist.
-
Das erste Lagerteil 1 und das zweite Lagerteil 2 sowie der Lagerdeckel 3 sind beispielsweise aus Molybdän gefertigt.
-
Da das Flüssigmetall-Gleitlager im dargestellten Ausführungsbeispiel vertikal ausgerichtet ist, wird die tragende Funktion vom Axiallager gebildet.
-
Das erste Lagerteil 1 ist als stehendes Lagerteil ausgeführt und bildet das Innenlager, wohingegen das zweite Lagerteil 2 als rotierendes Lagerteil ausgeführt ist und die Buchse bildet.
-
Nach dem Zusammenbau des Flüssigmetall-Gleitlagers sind zwischen dem ersten Lagerteil 1 und dem zweiten Lagerteil 2 ein vertikal verlaufender Lagerspalt 5 sowie ein horizontal verlaufender Lagerspalt 6 gebildet.
-
Nach dem Zusammenbau umfasst das Flüssigmetall-Gleitlager ein Radiallager, umschlossen vom senkrechten Lagerspalt 5 und ein Axiallager, umschlossen vom waagrechten Lagerspalt 6.
-
Die Lagerspalte 5 und 6 sind mit einem Flüssigmetall 7 gefüllt, z.B. mit einer eutektischen GaInSn-Legierung.
-
Das erste Lagerteil 1 weist eine erste Funktionsfläche 11 auf, die bei dem in 1 dargestellten Ausführungsbeispiel vollständig mit einer ersten Funktionsschicht 12 beschichtet ist.
-
Das zweite Lagerteil 2 umfasst eine zweite Funktionsfläche 21, auf die eine zweite Funktionsschicht 22 vollflächig aufgebracht ist.
-
Die Funktionsschichten 12 und 22 müssen nicht notwendigerweise vollständig auf die Funktionsflächen 11 und 21 aufgebracht sein. Im Einzelfall kann auch ein teilweises Aufbringen von Funktionsschichten 12 bzw. 22 vollkommen ausreichend sein.
-
Durch die erste Funktionsschicht 12 und die zweite Funktionsschicht 22 wird eine Kristallbildung auf den Funktionsflächen 11 und 21 modifiziert.
-
Alternativ oder zusätzlich wird durch die Funktionsschichten 12 und 22 auf den Funktionsflächen 11 und 21 die Grenzflächenenergie zum Flüssigmetall 7 in den Lagerspalten 5 und 6 reduziert.
-
2 zeigt beispielhaft eine erste Funktionsfläche 11 eines ersten Lagerteils 1 bei einem Flüssigmetall-Gleitlager gemäß dem Stand der Technik. Das Flüssigmetall-Gleitlager und damit auch die entsprechenden Lagerteile bestehen z.B. aus Molybdän und sind unbeschichtet.
-
Falls während eines längeren Zeitraums Betriebstemperaturen von über 300 ºC auftreten, kann sich auf der Funktionsfläche 11 eine Korrosionsschicht 10 ausbilden, die eine Mittenrauwert von Ra = 0,5 µm aufweist. Die Korrosionsschicht 10 besteht hauptsächlich aus den Reaktionspartnern Molybdän (aus dem Grundmaterial des Gleitlagers) und Gallium (aus dem Flüssigmetall GaInSn), beispielsweise aus der Legierung MoGa5 (Korrosionsprodukt). Die Korrosionsschicht 10 umfasst viele Kristalle 8 mit einer Größe im µm-Bereich, wobei sich bei höheren Betriebstemperaturen und/oder bei längeren Zeiträumen die Größe der Kristalle 8 und damit die Dicke der Korrosionsschicht 10 (d10 ≥ 1.000 nm) der Dimension des Lagerspalts 6 annähert. Dies führt bei dem bekannten Flüssigmetall-Gleitlager im Betrieb zu einem erhöhten Abrieb und damit zu einem entsprechenden Verschleiß.
-
3 zeigt beispielhaft eine erste Funktionsfläche 11 eines ersten Lagerteils 1 bei dem in 1 dargestellten Flüssigmetall-Gleitlager. Das Flüssigmetall-Gleitlager und damit auch die entsprechenden Lagerteile bestehen z.B. aus Molybdän und sind im Bereich der ersten Funktionsfläche 11 erfindungsgemäß mit einer ersten Funktionsschicht 12 versehen. Die erste Funktionsschicht 12 weist bei dem in 3 gezeigten Ausführungsbeispiel eine Dicke von 10 nm auf, besteht aus Kupfer (Cu) und wird in einem PVD-Verfahren (physikalische Gasphasenabscheidung, Physical Vapour Deposition) aufgebracht.
-
Das Korrosionsprodukt aus den Reaktionspartnern Molybdän (Mo) und Gallium (Ga) verändert durch die geringe Konzentration (einige ppm) des Beschichtungselements (Kupfer der ersten Funktionsschicht 12) im Flüssigmetall GaInSn seine Morphologie. Aus einer porösen Korrosionsschicht 10, bestehend aus vielen spitzen Kristallen 8 (2), wird eine glatte und dichte Korrosionsschicht 20 mit glatten zusammenhängenden Kristallen 9 (3). Die Korrosionsschicht 20 weist deshalb gegenüber der Korrosionsschicht 10 in 2 eine deutlich geringere Dicke (d20 ≈ 200 nm) auf. Darüber hinaus besitzt die Korrosionsschicht 20 einen Mittenrauwert von Ra = 0,2 µm. Dadurch ist der Verschleiß bei einem Flüssigmetall-Gleitlager gemäß 1 deutlich geringer als bei einem Flüssigmetall-Gleitlager gemäß dem Stand der Technik. Aus dem deutlich geringeren Verschleiß resultiert eine entsprechend längere Lebensdauer.
-
Die in 3 dargestellte erste Funktionsfläche 11 weist aufgrund der aus Kupfer bestehenden Funktionsschicht 12 eine deutlich geringere Benetzungstemperatur auf als die nicht beschichtete erste Funktionsfläche 11 in 2 (unbeschichtete Molybdän). Durch die deutlich geringere Benetzungstemperatur der mit der ersten Funktionsschicht 12 versehenen ersten Funktionsfläche 11 wird einerseits die Befüllung des erfindungsgemäßen Flüssigmetall-Gleitlagers optimiert (Gefahr von Gaseinschlüsse beim Füllprozess wird deutlich reduziert), gleichzeitig wird ein Auslaufen des Flüssigmetall-Gleitlagers verhindert.
-
Wie aus der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels ersichtlich ist, betrifft die Erfindung ein Flüssigmetall-Gleitlager, das wenigstens ein erstes Lagerteil 1 mit wenigstens einer ersten Funktionsfläche 11 und wenigstens ein zweites Lagerteil 2 mit wenigstens einer zweiten Funktionsfläche 21 umfasst, wobei zwischen den Lagerteilen 1, 2 wenigstens ein mit einem Flüssigmetall 7 gefüllter Lagerspalt 5, 6 gebildet ist. Erfindungsgemäß ist auf wenigstens einer Funktionsfläche 11, 21 wenigstens eine Funktionsschicht 12, 22 aufgebracht, durch die eine Kristallbildung auf wenigstens einer Funktionsfläche 11, 21 modifiziert wird. Alternativ oder zusätzlich ist auf wenigstens einer Funktionsfläche 11, 21 wenigstens eine Funktionsschicht 12, 22 aufgebracht, durch die die Grenzflächenenergie zum Flüssigmetall im Lagerspalt 5, 6 reduziert wird. Ein derartiges Flüssigmetall-Gleitlager weist auch bei einer hohen thermischen und mechanischen Belastung über einen langen Zeitraum eine hohe Betriebssicherheit sowie eine lange Lebensdauer auf.
-
Obwohl die Erfindung im Detail durch ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel näher erläutert ist, ist die Erfindung nicht durch dieses Ausführungsbeispiel eingeschränkt. Vielmehr können vom Fachmann hieraus auch problemlos andere Varianten der erfindungsgemäßen Lösung abgeleitet werden, ohne hierbei den zugrunde liegenden Erfindungsgedanken zu verlassen.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- US 4562587 [0007]
- DE 19510067 A1 [0008]
- DE 19612693 A1 [0008]