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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bearbeiten eines metallischen Gussteils, wobei das Gussteil geometrisch vermessen und das Messergebnis als Ist-Wert mit einem Soll-Wert verglichen wird und wobei bei einer außerhalb eines Toleranzbereichs liegenden Abweichung des Ist-Werts von dem Soll-Wert das Gussteil gerichtet wird. Die Erfindung betrifft weiterhin eine für die Durchführung eines solchen Verfahrens vorgesehene Anlage.
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Metallische Gussteile, die beispielsweise aus einem Leichtmetall wie einer Aluminium- oder Magnesiumlegierung bestehen können, kommen beispielsweise als tragende und/oder energieabsorbierende Strukturteile bei einem Kraftfahrzeug zum Einsatz. An diese Bauteile werden relativ hohe Qualitätsansprüche gestellt.
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Die Qualitätsansprüche betreffen zum einen die Maßhaltigkeit der Gussteile, worunter die mehr oder weniger exakte Übereinstimmung der Ist-Geometrie der Gussteile mit der Soll-Geometrie verstanden wird. Bei Gussteilen, die häufig eine äußerst komplexe Geometrie aufweisen, kann sich eine schlechte Maßhaltigkeit insbesondere infolge einer asymmetrischen Schwindung des Bauteils beim Abkühlen nach dem Gießen einstellen. Asymmetrische Geometrien und unterschiedliche Materialstärken in den einzelnen Abschnitten des Gussteils können somit zu einem Verzug, d. h. einer fehlenden Übereinstimmung der Ist-Geometrie und der Soll-Geometrie, führen.
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In der Regel wird bereits bei der virtuellen Auslegung eines Gussteils versucht, das Verzugsverhalten ausgehend von der Geometrie, dem für das Gießen verwendeten Material und weiteren Herstellungsparametern, wie beispielsweise der Gießtemperatur, vorauszusagen und durch eine Anpassung der Bauteilgeometrie und/oder der Gießparameter anzupassen. Dies kann jedoch regelmäßig nur innerhalb von relativ engen Grenzen erfolgen, da primär die Funktionalität des Bauteils (z. B. ein definiertes mechanisches Verhalten und das Einhalten einer Gewichtsvorgabe) sowie die Gießbarkeit im Rahmen von definierten Gießprozessparametern im Fokus des Gussteilentwurfs stehen. Hinzu kommt, dass ein Gussteil nur hinsichtlich zuvor definierter Gießprozessparameter ausgelegt werden kann, die jedoch in den dann realen Gießprozessen schwanken können. Beispielsweise weisen unterschiedliche Chargen des zu gießenden Materials in der Regel leicht veränderte Materialeigenschaften auf. Schwankende Gießprozessparameter können das Schwindungsverhalten beeinflussen.
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Dementsprechend kommt es bei der Herstellung von metallischen Gussteilen regelmäßig vor, dass zumindest einige der Gussteile nicht die erforderliche Maßhaltigkeit aufweisen.
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Um die Maßhaltigkeit beurteilen zu können, werden zumindest einige oder auch alle der Gussteile nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur vermessen und das Messergebnis als Ist-Wert mit einem definierten Soll-Wert verglichen. Ergibt dieser Vergleich ein Über- oder Unterschreiten eines Toleranzbereichs, liegt eine unzulässige Maßhaltigkeit vor, die dazu führt, dass das entsprechende Gussteil aussortiert wird.
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Insbesondere bei großen sowie komplexen und dementsprechend teuren Gussteilen werden die aussortierten Gussteile vielfach gerichtet. Dabei werden die Gussteile gezielt plastisch deformiert, damit diese anschließend die geforderte Maßhaltigkeit erreichen. Ein solches Richten ist mit einem erheblichen Zusatzaufwand verbunden.
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Hinzu kommt, dass das Richten ein Kaltumformen des Gussteils darstellt, das relevante Auswirkungen auf das Materialgefüge des Gussteils haben kann. Beispielsweise bei crashrelevanten, energieabsorbierenden Strukturteilen von Kraftfahrzeugen sind solche Veränderungen des Materialgefüges zu vermeiden, da sie die mechanischen Eigenschaften des Gussteils in der Regel negativ beeinflussen, wodurch beispielsweise das Crashverhalten dieser Bauteile von einem durch Simulation ermittelten Crashverhalten abweichen kann. Da in der Regel nicht alle Gussteile gerichtet und die zu richtenden Gussteile nicht alle in demselben Maß gerichtet werden müssen, stellt die Kaltumformung eine nicht gewollte Unbekannte hinsichtlich des mechanischen Verhaltens der Gussteile dar.
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Die
DE 10 2007 002 320 A1 offenbart ein Verfahren zum Richten eines Blechteils oder einer Baugruppe (z. B. Fahrzeugfront, Fahrzeugheck, Fahrzeugtür, Fahrgastzelle oder Chassis), bei dem mittels einer Inline-Messung und demnach ohne ein Ausschleusen einzelner zu vermessender Blechteile oder Baugruppen, alle produzierten oder zu verarbeitenden Blechteile oder Baugruppen kontrolliert und – soweit erforderlich – gerichtet werden. Dabei ist das Richten ein gesteuerter Prozess, bei dem die Prozessparameter automatisch anhand von gespeicherten Prozessparametern vorheriger Richtprozesse ermittelt werden.
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Ausgehend von diesem Stand der Technik hat der Erfindung die Aufgabe zugrunde gelegen, eine verbesserte Möglichkeit zur Herstellung von maßhaltigen metallischen Gussteilen anzugeben.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1. Eine für die Durchführung dieses Verfahrens nutzbare Anlage ist Gegenstand des Patentanspruchs 8. Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den weiteren Ansprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen. Dabei gelten Merkmale und Details, die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben sind, selbstverständlich auch im Zusammenhang mit einer erfindungsgemäßen Anlage zur Durchführung des Verfahrens, und jeweils umgekehrt, sodass bezüglich der Offenbarung zu den einzelnen Erfindungsaspekten stets wechselseitig Bezug genommen wird bzw. werden kann.
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Ein gattungsgemäßes Verfahren zum Bearbeiten eines metallischen Gussteils, bei dem das Gussteil geometrisch vermessen und das Messergebnis als Ist-Wert (der sich aus einer Vielzahl von gemessenen Einzelwerten zusammensetzen kann) mit einem entsprechenden Soll-Wert verglichen wird, wobei bei einer außerhalb eines definierten Toleranzbereichs liegenden Abweichung des Ist-Werts von dem Soll-Wert das Gussteil gerichtet wird, ist erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, dass das Richten bei einer erhöhten Temperatur des Gussteils von mindestens 100°C, besonders bevorzugt mindestens 280°C vorgenommen wird. Dabei kann die Temperatur des Gussteils insbesondere auch oberhalb der Rekristallisationstemperatur des verwendeten Materials (auch eine Kombination einer Mehrzahl von Materialen ist möglich) liegen („Warmumformung”).
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Ein wesentlicher Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt darin, dass die negativen Auswirkungen auf das Materialgefüge infolge des Richtens gering gehalten werden können. Insbesondere können die bei einem konventionellen Richten auftretenden Kaltverfestigungen im Material weitestgehend vermieden werden. Auch zeichnet sich ein Richten bei erhöhter Temperatur, insbesondere eine Warmumformung grundsätzlich durch nur geringe Änderungen hinsichtlich der Festigkeit und der Bruchdehnung des Materials aus. Weiterhin sind für ein Richten bei erhöhter Temperatur, insbesondere bei einer Warmumformung im Vergleich zu einer Umformung im kalten Zustand (bei Raumtemperatur von beispielsweise ca. 25°C) nur vergleichsweise kleine Umformkräfte erforderlich. Dadurch kann sich insbesondere der Investitions- und Betriebsaufwand für eine zum Richten eingesetzte Richtvorrichtung verringern.
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Neben einer solchen zum Richten bei erhöhter Temperatur ausgelegten Richtvorrichtung umfasst eine erfindungsgemäße Anlage zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens zumindest noch eine Messvorrichtung zum Vermessen des jeweiligen Gussteils, wobei die Richtvorrichtung zudem dazu ausgelegt ist, das Gussteil unter Berücksichtigung eines von der Messvorrichtung ermittelten Messergebnisses zu richten. Dazu kann eine Steuervorrichtung vorgesehen sein, die ausgehend von dem Messergebnis die Prozessparameter für den mittels der Richtvorrichtung durchzuführenden Richtprozess einstellt. Weiterhin kann eine Handhabungsvorrichtung zum Transportieren des Gussteils zwischen der Messvorrichtung und der Richtvorrichtung vorgesehen sein.
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Das Vermessen des Gussteils kann beispielsweise mittels eines optischen Messverfahrens erfolgen, wobei insbesondere die sogenannte Streifenlichtprojektion zum Einsatz kommen kann. Auch ein Vermessen mittels eines taktilen Messverfahrens ist möglich. Dies ermöglicht eine schnelle und flächige Vermessung des Gussteils oder zumindest eines Abschnitts davon.
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Das Gussteil kann vollständig, nur in einem definierten Abschnitt oder hinsichtlich einzelner, definierter Abmessungen (z. B. maximale Länge und/oder maximale Breite) vermessen werden. Das Messergebnis kann sich auf ein-, zwei- oder dreidimensionale Abmessungen beziehen.
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Das Vermessen des Gussteils kann auch mehrfach, insbesondere simultan mittels mehrerer Messsysteme der Messvorrichtung durchgeführt werden. Dabei sollte die relative Position der mehreren Messsysteme zueinander bekannt sein. Die somit ermittelten mehreren Messergebnisse können dann zu einem kombinierten Messergebnis gemittelt werden. Dadurch kann sich die Genauigkeit der Ermittlung des (kombinierten) Messergebnisses erhöht werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist grundsätzlich für alle Arten von Gussteilen und somit auch unabhängig von dem jeweiligen Gießverfahren und dem verwendeten Material geeignet. Vorzugsweise kann jedoch vorgesehen sein, Gussteile, die im Rahmen eines Druckgießverfahrens und/oder aus einer Leichtmetalllegierung ausgebildet wurden/sind, erfindungsgemäß zu bearbeiten.
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Der Soll-Wert eines Gussbauteils ist regelmäßig für eine Temperatur definiert worden, die (deutlich) unterhalb des Temperaturbereichs liegt, den das Gussteil direkt nach dem Gießen aufweist. Insbesondere wird ein Sollwert für die Geometrie eines Gussteils und aller damit zusammenwirkender (z. B. miteinander verbundener) Bauteile bei Raumtemperatur (z. B. ca. 25°C) definiert, um eine gemeinsame Basis für die Anpassung aller zusammenwirkenden Bauteile aneinander zu ermöglichen. Um ein solches Vorgehen auch im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens zu gewährleisten, kann vorgesehen sein, dass das Gussteil im warmen Zustand (d. h. bei erfindungsgemäß erhöhter Temperatur) vermessen wird, wobei der Ist-Wert des Gussteils im warmen Zustand mit dem Soll-Wert des Gussteils für dessen kalten Zustand (d. h. bei einer Temperatur unterhalb des erfindungsgemäßen Temperaturgrenzwerts, vorzugsweise bei Raumtemperatur, z. B. ca. 25°C) durch Skalierung unter Berücksichtigung der Abmessungen, der Temperaturdifferenz zwischen dem warmen und dem kalten Zustand und des oder der Wärmeausdehnungskoeffizienten des oder der Materialien, aus denen das Gussteil ausgebildet ist, verglichen wird. Dabei kann der gemessene Ist-Wert auf einen angepassten Ist-Wert bei der für die Bestimmung des Soll-Werts herangezogenen Temperatur herunterskaliert werden. Ebenso ist es möglich, dass der definierte Soll-Wert auf einen angepassten Soll-Wert bei der Temperatur, bei der der Ist-Wert gemessen wurde, hochskaliert wird. Möglich aber aufwändiger und gegebenenfalls ungenauer ist auch, sowohl den gemessenen Ist-Wert als auch den definierten Soll-Wert auf eine gemeinsame Referenztemperatur, die sowohl von der Temperatur des Gussteils bei der Messung des Ist-Werts als auch von der zur Bestimmung des Soll-Werts herangezogenen Temperatur abweicht, zu skalieren.
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Die Bestimmung der Temperatur des Gussteils kann auf beliebige Art und Weise, beispielsweise unter Verwendung eines optischen oder taktilen Messverfahrens erfolgen.
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Alternativ zu einer temperaturabhängigen Skalierung des Ist- und/oder Soll-Werts kann auch vorgesehen sein, eine Skalierung dieser Werte über einen oder mehrere geometrische Einzelwerte vorzunehmen. Dabei werden der oder die Einzelwerte zuvor, insbesondere bereits bei der virtuellen Auslegung des Gussteils danach ausgewählt, dass diese sich infolge des Verzugs beim Abkühlen des realen Gussteils voraussichtlich nicht oder nur in einem sehr geringen Maße verändern. Durch einen Vergleich dieses konkreten Einzelwerts oder dieser konkreten Einzelwerte mit den entsprechenden, im warmen Zustand des Gussteils gemessenen Einzelwerten kann dann ein Skalierungsfaktor bestimmt werden, der für den Vergleich des gemessenen Ist-Werts mit dem Soll-Wert genutzt werden kann.
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Das Richten im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens kann vorzugsweise vor einem Abkühlen des beim Gießen erwärmten Gussteils (unter die erfindungsgemäße Grenztemperatur) durchgeführt werden. Dadurch kann vorteilhaft die für das Gießen aufgewendete Wärmeenergie auch noch für den Richtprozess genutzt werden. Ein erneutes Aufwärmen des Gussteils für das Richten, was grundsätzlich möglich ist, kann dadurch vermieden werden. Ein solches Vorgehen bietet sich insbesondere an, wenn für das Gussteil keine sich an das Gießen anschließende Wärmebehandlung geplant ist.
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Insbesondere dann, wenn eine solche Wärmebehandlung für das Gussteil vorgesehen ist, kann das Richten bei erhöhter Temperatur aber auch nach einem zunächst erfolgenden Abkühlen (zumindest bis unter die erfindungsgemäße Temperaturgrenze, gegebenenfalls bis zur Raumtemperatur) des bei dem Gießen erwärmten Gussteils durchgeführt werden, wenn dieses anschließend wieder bis zu einem Erreichen von zumindest der erfindungsgemäßen Grenztemperatur erwärmt wird. Insbesondere kann das Richten dann im Rahmen einer Wärmebehandlung, d. h. unter Ausnutzung der für die Wärmebehandlung in das Gussteil eingebrachten Wärmeenergie, und insbesondere nach einem für die Wärmebehandlung erfolgenden Aufwärmen über die erfindungsgemäße Grenztemperatur durchgeführt werden.
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In einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann vorgesehen sein, dass das Messergebnis beziehungsweise der Vergleich des aus dem Messergebnis abgeleiteten Ist-Werts mit dem Soll-Wert zur Anpassung von Prozessparametern für die Herstellung eines nachfolgenden Gussteils in derselben Gießvorrichtung herangezogen wird.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann insbesondere als sogenanntes Inline-Verfahren vorgesehen sein, das somit in einen Kombinationsprozess zur Herstellung, Bearbeitung und/oder Montage des Gussteils, der mehrere separate Prozesse umfasst, die in einer definierten Taktung nacheinander bei jedem Gussteil durchgeführt werden, integriert ist. Dabei kann vorzugsweise vorgesehen sein, dass alle Gussteile, die den Kombinationsprozess durchlaufen, vermessen und – in Abhängigkeit von dem Messergebnis – gegebenenfalls einem Richtprozess zugeführt werden. Dadurch kann im Prozess eine 100%ige Qualitätskontrolle hinsichtlich der Maßhaltigkeit der Gussteile erreicht werden. Eine solche 100%ige Qualitätskontrolle vergrößert auch die Datenbasis, anhand derer eine Anpassung von Prozessparametern für die Herstellung nachfolgender Gussteile in derselben Gießvorrichtung erfolgen kann. Dadurch kann die Genauigkeit dieser Anpassung verbessert werden.
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Grundsätzlich sollte bereits in der virtuellen Entwicklung des Gussteils die Wahrscheinlichkeit der Durchführung eines Richtvorgangs abgeschätzt werden. Hierzu kann das Verzugsverhalten des Gussteils numerisch simuliert werden. Gleichzeitig können aufbauend auf der Simulation auch schon Parameter für das Richten (z. B. Höhe, Richtung und Einleitungsstelle für eine Richtkraft) ermittelt werden. Diese können insbesondere als Ausgangsparameter für das Richten eines ersten realen Exemplars dieses Gussteils genutzt werden.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigt:
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1 in einem Blockdiagram die Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens; und
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2 schematisch eine zur Durchführung des Verfahrens einsetzbare Anlage in einer schematischen Darstellung.
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Die 1 zeigt in einem Blockdiagramm Verfahrensschritte eines erfindungsgemäßen Verfahrens in einer Ausführungsform.
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Das Verfahren umfasst in einem ersten Schritt (1) die Bereitstellung eines Gussteils nach einem Gießprozess. Dazu wird das Gussteil aus einer nicht dargestellten Gießmaschine entnommen und in einer Messvorrichtung 14 der erfindungsgemäßen Anlage (vgl. 2) abgelegt. Mögliche Zwischenschritte dabei können das Aufprägen eines DataMatrix-Codes (DMC) und/oder das Entfernen eines Gießsystems sein.
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In einem zweiten Schritt (2) des Verfahrens wird das Gussteil dann vollständig oder in maßlich relevanten Bereichen geometrisch vermessen, um mindestens einen entsprechenden Ist-Wert zu ermitteln. Die Vermessung kann dabei optisch, taktil oder durch ein beliebiges anderes Verfahren zur Erfassung einer Geometrie oder einzelner Abmessungen erfolgen. Die Messvorrichtung 14 der Anlage umfasst demnach ein oder mehrere Messsysteme zur Vermessung der Geometrie des Gussteils. Weiterhin umfasst diese ein oder mehrere Messsysteme zur Ermittlung einer charakteristischen Gussteiltemperatur (insbesondere an der Gussteiloberfläche). Bei der charakteristischen Gussteiltemperatur kann es sich beispielsweise um eine gemittelte Temperatur, eine Maximal- oder Minimaltemperatur oder auch um eine Temperatur an einer bestimmten Stelle handeln. Die Temperaturmessung kann dabei optisch, taktil oder mittels eines beliebigen anderen Verfahrens zur Temperaturermittlung durchgeführt werden.
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An die Vermessung des Gussteils schließt sich ein Vergleich des ermittelten Ist-Werts mit einem in einer Steuervorrichtung 17 der Anlage gespeicherten Soll-Wert an (3, 3a). Dabei kann der Soll-Ist-Werte-Vergleich gleichzeitig mit der Handhabung des Gussteils mittels einer Handhabungsvorrichtung 15, die einen Roboter umfassen kann, erfolgen (4).
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Da die Ermittlung des Ist-Werts bei einer anderen Temperatur des Materials des Gussteils erfolgt als die (virtuelle) Ermittlung des Soll-Werts, wird eine Skalierung zumindest eines dieser Werte vorgenommen, um diese direkt vergleichbar zu machen. Dabei wird entweder der Soll-Wert auf die jeweilige Gussteiltemperatur hochskaliert oder der Ist-Wert auf die der Referenztemperatur (bei der die Ermittlung des Soll-Werts erfolgte, z. B. 25°C) entsprechende Größe herunterskaliert. Der Skalierungsfaktor wird basierend auf der gemessenen Gussteiltemperatur und einem in der Steuervorrichtung 17 gespeicherten thermischen Ausdehnungskoeffizienten des Materials bestimmt.
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Insbesondere bei einem Vergleich eines zwei- oder dreidimensionalen geometrischen Ist-Werts mit einem solchen Soll-Wert ist die geometrische Ausrichtung dieser Werte relativ zueinander für die Genauigkeit des Vergleichs relevant. Diese Ausrichtung kann vorzugsweise über die bekannte 3-2-1-Methode (d. h. Ausrichtung nach dem Referenz-Punkt-System) oder die ebenfalls bekannte Best-Fit-Methode erfolgen. Bei der 3-2-1-Methode wird eine exakte Ausrichtung eines dreidimensionalen Körpers zunächst über die Definition einer Ebene anhand von drei Punkte, anschließend durch eine Eliminierung eines Freiheitsgrads über die Definition von zwei weiteren, nicht in dieser Ebene liegenden Punkten und anschließend über die Definition eines einzelnen, den letzten verbliebenen Freiheitsgrad eliminierenden Punkt bestimmt. Bei der Best-Fit-Methode wird dagegen iterativ durch eine Vielzahl von Trial-and-Error-Veränderungen der Ausrichtungen der Geometrien zueinander die bestmögliche Übereinstimmung ermittelt.
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Liegt die Maßabweichung innerhalb eines definierten und in der Steuervorrichtung 17 gespeicherten Toleranzbereichs, wird das Gussteil aus der Richtanlage entnommen (5) und als maßhaltiges Bauteil nachfolgenden Prozessen, wie beispielsweise einer Montage, zugeführt (6).
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Ergibt der Soll-Ist-Wert-Vergleich (3, 3a) dagegen, dass der ermittelte Ist-Wert nicht innerhalb des Toleranzbereichs liegt und somit die definierte Maßhaltigkeit des Gussteils nicht gegeben ist, wird dieses dem Richtprozess zugeführt.
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Der Richtprozess umfasst ein Richten (7) im Rahmen eines ersten Richtvorgangs durch eine Richtvorrichtung 16 der Anlage. Für das Richten wird das Gussteil definiert eingespannt. Dann wird in Gussteilbereichen, die maßlich außerhalb des definierten Toleranzbereichs liegen, eine Richtkraft entgegen der Verzugsrichtung aufgebracht. Die Richtkrafteinleitung erfolgt dabei durch einen oder mehrere Stempel, die mittels jeweils eines Elektromotors, insbesondere elektrischen Stellmotors, oder einer Hydraulik angetrieben werden. Als Gegenstück befindet sich gegenüber jedem Stempel ein (ein- oder mehrteiliges) Anschlagelement zum Abstützen des Gussteils. Die Position der Richtkrafteinleitung wird gemäß dem Ergebnis der Regelung automatisch eingestellt. Gleiches gilt für den Richthub des oder der einzelnen Stempel.
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Die Position der Richtkrafteinleitung und die Größe des Richthubs für jeden der Stempel (soweit diese für den jeweiligen Richtvorgang genutzt werden sollen) werden mittels einer in der Steuervorrichtung 17 gespeicherten Regelungssoftware automatisch bestimmt. Als Eingangsgrößen für die Regelung werden die Ergebnisse der Vermessung sowie Erkenntnisse aus einer zuvor, insbesondere bei der virtuellen Auslegung des Gussteils durchgeführten numerischen Simulation sowie aus vorangegangenen Richtvorgängen desselben oder vorher bearbeiteter, gleichartiger Gussteile herangezogen. Die Ergebnisse der Vermessung sowie die Einstellungen für Richtposition und Richthub werden zu diesem Zweck in einer Datenbank der Steuervorrichtung 17 hinterlegt.
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Bei dem Richten wird der elastische Anteil der Verformung des Gussteils durch ein Überdrücken kompensiert. Der Grad des Überdrückens kann mit Hilfe der Regelungssoftware bestimmt und bei der Berechnung des Richthubs berücksichtigt werden.
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An das erste Richten schließt sich eine erneute Vermessung (9) des Gussteils an, wozu dieses mittels der Handhabungsvorrichtung 15 wiederum in die Messvorrichtung 14 transportiert wird (8).
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In Abhängigkeit von dem Messergebnis dieser erneuten Vermessung wird wiederum ein Soll-Ist-Wert-Vergleich (10, 10a) bei gleichzeitiger Handhabung des Gussteils (11) durchgeführt. Fällt dieser positiv aus, wird das Gussteil als maßhaltiges Bauteil entnommen (5, 6).
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Weist das Gussteil nach dem ersten Richten hingegen noch immer eine unzulässige Maßabweichung auf, erfolgt ein weiteres Richten (7) mit anschließender Vermessung (9) und Soll-Ist-Wert-Vergleich (10, 10a).
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Ein solcher Iterationsdurchlauf aus Richten (7), Vermessen (9) und Soll-Ist-Wert-Vergleich (10, 10a) wird grundsätzlich so häufig wiederholt, bis die geforderte Maßhaltigkeit des Gussteils hergestellt ist. Erst dann wird das Gussteil als maßhaltiges Bauteil entnommen (5, 6).
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Es kann aber auch vorgesehen sein, ein Gussteil auszuschleusen, wenn die angestrebte Maßhaltigkeit noch nicht hergestellt und gleichzeitig ein Ausschleusekriterium erfüllt ist (12). Ausschleusekriterien können beispielsweise sein: Taktzeit wird nicht eingehalten; Verzug ist zu groß; Temperatur unter einer kritischen (insbesondere der erfindungsgemäßen) Grenze; unzulässige Anzahl an Iterationsdurchläufen. Bei einem solchen Gussteil handelt es sich dann um Ausschuss, der den nachfolgenden Prozessen nicht zugeführt wird (13).
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Das Richten in zumindest dem ersten, vorzugsweise in möglichst vielen und besonders bevorzugt in allen Iterationsdurchläufen erfolgt erfindungsgemäß bei einer erhöhten Temperatur des Materials des Gussteils von mindestens 100°C, vorzugsweise mindestens 280°C. Die definierte Maximalanzahl, nach der ein Gussteil bei weiterhin nicht erreichter Maßhaltigkeit als Ausschuss ausgeschleust wird, kann auch in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit der Abkühlung des Gussteils und somit dem Unterschreiten der erfindungsgemäßen Grenztemperatur beeinflusst beziehungsweise beschränkt sein.
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Die Handhabungsvorrichtung 15 kann eine Messaufnahme zur definierten Lagerung des Gussteils während der Vermessung und eine Richtaufnahme (die auch die gleiche wie die Messaufnahme sein kann) zur Lagerung des Gussteils während des Richtvorgangs umfassen. Die Mess- und Richtaufnahmen der Messvorrichtung können somit funktional auch als Teil der Messvorrichtung 14 beziehungsweise der Richtvorrichtung 16 angesehen werden. Ein Umbetten des Gussteils in der Messvorrichtung 14 und der Richtvorrichtung 16 kann dadurch vermieden werden. Dieses kann vielmehr für das Vermessen beziehungsweise Richten in der Handhabungsvorrichtung 15 verbleiben.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Bereitstellen des Gussteils
- 2
- Vermessen des Gussteils
- 3, 3a
- Soll-Ist-Werte-Vergleich
- 4
- Handhabung des Gussteils
- 5
- Entnahme des Gussteils
- 6
- Nutzung des Gussteils als maßhaltiges Bauteil
- 7
- Richten des Gussteils
- 8
- Handhabung des Gussteils
- 9
- Vermessen des Gussteils
- 10, 10a
- Soll-Ist-Werte-Vergleich
- 11
- Handhabung des Gussteils
- 12
- Abfrage, ob eines oder mehrere der Ausschleusekriterien erfüllt sind
- 13
- Wertung des Gussteils als Ausschuss
- 14
- Messvorrichtung
- 15
- Handhabungsvorrichtung
- 16
- Richtvorrichtung
- 17
- Steuervorrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102007002320 A1 [0009]