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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Leistungsmanagement elektrisch angetriebener Schienenfahrzeuge mittels einer streckenseitigen zentralen Leitstelle sowie eine diesbezügliche Vorrichtung.
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Im Schienenverkehr, bei dem sich mehrere Schienenfahrzeuge einen gemeinsamen Fahrweg mit Bahnhöfen und Stationen teilen, werden die Fahrzeugbewegungen und -halte an den Bahnhöfen und Stationen üblicherweise im Voraus geplant. Dazu werden Fahrzeiten und optimale Fahrkurven für jede einzelne Fahrt berechnet. Letztlich kann auch der Leistungs- und Energiebedarf für den Fahrbetrieb auf der Basis des Fahrplans abgeleitet werden und für die Auslegung der Fahrstromversorgung herangezogen werden. Die Fahrstromversorgung erfolgt dabei üblicherweise durch entsprechende Unterwerke, die jeweils einen zugeordneten Einspeisebereich mit Fahrstrom versorgen. Entsprechend ist die Leistung, die in einem Leistungseinspeisebereich einer Fahrstrecke zur Verfügung steht, begrenzt durch die Leistung des speisenden Unterwerks oder der Leistungsfähigkeit der stromführenden Fahrleitungen und Zuleitungen. Wird diese Leistungsgrenze, beispielsweise durch sehr dichten Zugverkehr, überschritten, erfolgt aus Sicherheitsgründen eine Überlastabschaltung der Fahrspannung mit entsprechenden Auswirkungen. Dieses Problem entsteht regelmäßig dann, wenn der Zugverkehr planmäßig, insbesondere bei Ausrüstung mit neuer Betriebsleit- und Sicherungstechnik, oder auch außerplanmäßig, zum Beispiel bei Betriebsstörungen, verdichtet wird.
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Um die Leistungsgrenze nicht zu überschreiten, werden bisher die Leistungsaufnahme der beteiligten Züge auf einen Festwert begrenzt und/oder die maximale Anzahl an Zügen in einem Streckenabschnitt begrenzt. Da die fahrzeugseitige Leistungsbegrenzung nicht nur in dem kritischen Leistungseinspeisebereich, sondern ständig vorliegt, muss eine geringere Leistungsfähigkeit des einzelnen Zuges und damit des gesamten Zugbetriebes in Kauf genommen werden. Auch die streckenseitige Begrenzung der Fahrzeuganzahl kann meist nicht nach unterschiedlichen Zugtypen und Beladungszuständen differenzieren und kann daher die Streckenkapazität nicht voll ausschöpfen.
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Das Problem betrifft sowohl Schienenfahrzeuge, die von einem Fahrzeugführer gesteuert werden, als auch Schienenfahrzeuge, die durch eine Fahrzeugsteuerung automatisch geführt werden. Sowohl die Fahrzeugführer als auch die Fahrzeugsteuerungen bekommen dabei üblicherweise von einer streckenseitigen zentralen Leitstelle Vorgaben zur Aufenthaltszeit und zum Fahrtverlauf bis zur nächsten Station. Die Vorgaben zielen dabei meist auf eine Verbesserung des allgemeinen Verkehrsflusses und auf einen Ausgleich von Verspätungen ab.
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Um die momentane Leistungsaufnahme in einem Streckenabschnitt zu begrenzen, ist weiterhin bekannt, die Anfahrvorgänge und Abfahrvorgänge zu synchronisieren oder die Abfahrvorgänge gegeneinander zeitlich zu versetzen. Die maximale Leistung wird jedoch nicht bei der Abfahrt, sondern bei voller Beschleunigung mit Erreichen der Leistungsgrenze des Schienenfahrzeuges, bei Metrozügen typischerweise oberhalb von 30 km/h, aufgenommen. Insgesamt bietet ein solches Verfahren nur geringe Verbesserungen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Verfahren sowie eine diesbezügliche Vorrichtung anzugeben, welche eine bessere Ausnutzung der, durch eine maximale Unterwerksleistung begrenzten, Strecken- und Fahrzeugkapazität ermöglichen.
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Verfahrensgemäß wird die Aufgabe dadurch gelöst, dass die streckenseitige zentrale Leistelle den Schienenfahrzeugen anhand von Leistungsfähigkeit und Ausdehnung mindestens eines Leistungseinspeisebereiches einer Fahrstrecke ein Leistungskontingent entsprechend dem aktuellen Betriebszustand zuweist, wobei die Schienenfahrzeuge derart gesteuert werden, dass das jeweils zugewiesene Leistungskontingent nicht überschritten wird.
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Die Aufgabe wird auch durch eine Vorrichtung gelöst, bei der die streckenseitige zentrale Leistelle Mittel zur Berechnung von Leistungskontingenten für die Schienenfahrzeuge aufweist, wobei die Leistungskontingente von Leistungsfähigkeit und Ausdehnung mindestens eines Leistungseinspeisebereiches einer Fahrstrecke sowie von dem aktuellen Betriebszustand abhängen.
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Die Aufteilung der Leistungskontingente kann dabei im einfachsten Fall gleichmäßig auf alle Fahrzeuge im Speisebereich erfolgen. Dabei gilt:
mit
- Pspeisebereich
- = Leistung des Unterwerks
- N
- = Anzahl der Züge im Speisebereich
- Px
- = Leistungskontingent für den Zug x
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Zusätzlich können Zuglänge gemäß
mit
- Pspeisebereich
- = Leistung des Unterwerks
- N
- = Anzahl der Züge im Speisebereich
- mx
- = Anzahl der Wagen des Zuges x
- mn
- = Anzahl der Wagen des Zuges n
- Px
- = Leistungskontingent für den Zug x
und Zugeigenschaften gemäß mit - Pspeisebereich
- = Leistung des Unterwerks
- N
- = Anzahl der Züge im Speisebereich
- mx
- = Anzahl der Wagen des Zuges x
- mn
- = Anzahl der Wagen des Zuges n
- kx
- = individueller Faktor für Zuggattung oder Zugtyp des Zuges x
- kn
- = individueller Faktor für Zuggattung oder Zugtyp des Zuges n
- Px
- = Leistungskontingent für den Zug x
berücksichtigt werden und gegebenenfalls jederzeit aktualisiert werden, wenn Züge in den Speisebereich ein- oder ausfahren oder sich das Leistungsangebot des Unterwerks ändert. Dann gilt: mit - Pspeisebereich(t)
- = momentane Leistung des Unterwerks
- N(t)
- = momentane Anzahl der Züge im Speisebereich
- mx
- = Anzahl der Wagen des Zuges x
- mn
- = Anzahl der Wagen des Zuges n
- kx
- = individueller Faktor für Zuggattung oder Zugtyp des Zuges x
- kn
- = individueller Faktor für Zuggattung oder Zugtyp des Zuges n
- Px(t)
- = Leistungskontingent für den Zug x
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Für eine noch bessere Ausnutzung kann auch die Bewegungsphase eines Zuges berücksichtigt werden, wenn innerhalb eines Speisebereichs Streckenabschnitte hauptsächlich beschleunigend, rollend oder bremsend befahren werden gemäß
mit
- Pspeisebereich(t)
- = momentane Leistung des Unterwerks
- N(t)
- = momentane Anzahl der Züge im Speisebereich
- mx
- = Anzahl der Wagen des Zuges x
- mn
- = Anzahl der Wagen des Zuges n
- kx
- = individueller Faktor für Zuggattung oder Zugtyp des Zuges x
- kn
- = individueller Faktor für Zuggattung oder Zugtyp des Zuges n
- sn
- = Individueller Faktor für Bewegungsphase des Zuges n
- sx
- = Individueller Faktor für Bewegungsphase des Zuges x
- Px(t)
- = Leistungskontingent für den Zug x
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Da die maximale Leistung und Ausdehnung des Leistungseinspeisebereiches eine Streckeneigenschaft ist, sind die entsprechenden Festwerte auch der streckenseitigen zentralen Leitstelle bekannt beziehungsweise können dort als zusätzliches Element geführt werden. Die Leitstelle koordiniert und steuert den fahrplanmäßigen Zugverkehr einschließlich der Abweichungen mit Berücksichtigung der Leistung und Ausdehnung des Leistungseinspeisebereiches. Jedem Zug kann somit von der Leitstelle ein optimales Leistungskontingent zugewiesen werden, wobei auch bei unterschiedlicher Streckenbelegung die Leistungsgrenze des Leistungseinspeisebereiches ausgenutzt werden kann. Letztlich ermöglicht die Einbeziehung der streckenseitigen zentralen Leitstelle in das Leistungsmanagement jedes einzelnen Schienenfahrzeuges eine optimale Ausnutzung der Streckeninfrastruktur bei geringsten Auswirkungen auf den Fahrplan, da die größten Verspätungen bei kleinen Geschwindigkeiten oder im Stillstand entstehen.
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Gemäß Anspruch 2 ist vorgesehen, dass die Leistungskontingentzuweisung streckenbelegungsabhängig schienenfahrzeugspezifisch stufig oder stufenlos angepasst wird. Auf diese Weise wird die durch den Leistungseinspeisebereich zum Verteilen auf die einzelnen Schienenfahrzeuge zur Verfügung gestellte Leistung auch bei sich ändernder Schienenfahrzeugdichte bis an die Leistungsgrenze ausgenutzt. Eine Sicherheitsabschaltung wird vermieden, da die Summe der den Schienenfahrzeugen zugewiesenen Leistungskontingente auch bei sehr dichtem Schienenverkehr immer einen Mindestabstand zur Abschaltschwelle aufweist.
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Das zugewiesene Leistungskontingent wird gemäß Anspruch 3 einem Schienenfahrzeugführer visualisiert. Üblicherweise sind die Schienenfahrzeuge mit einer Leistungsanzeige ausgestattet, die dem Schienenfahrzeugführer ermöglichen, bis zu dieser Leistungsgrenze zu fahren.
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Bei automatisch geführten Schienenfahrzeugen wird das zugewiesene Leistungskontingent gemäß Anspruch 4 und Anspruch 6 direkt an die automatische Fahrzeugsteuerung des Schienenfahrzeugs übertragen. Dabei gilt:
Px = v·(Froll + Fluft + Fbeschlx) Fbschlx = abeschlx·m mit
- Px
- = Leistungskontingent für den Zug x
- v
- = aktuelle Geschwindigkeit des Zuges
- m
- = aktuelle Masse des Zuges
- Froll
- = Rollwiderstandskraft des Zuges
- Fluft
- = Luftwiderstandskraft des Zuges
- Fbschlx
- = Beschleunigungskraft entsprechend Kontingent
- abschlx
- = maximale Beschleunigung entsprechend Kontingent
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Die Fahrzeugeigenschaften Rollwiderstand, Luftwiderstand und aktuelle Masse des Fahrzeugs sind der automatischen Fahrzeugsteuerung bekannt. Diese ist daher selbst in der Lage, die Leistungsaufnahme des Schienenfahrzeuges anhand aktueller Fahrwerte zu bestimmen und somit die Nichtüberschreitung des Leistungskontingentes durch entsprechende Anpassung der Fahrvorgaben sicherzustellen.