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Stand der Technik
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Analysevorrichtung zur Analyse eines zu analysierenden Stoffs sowie auf ein entsprechendes Analyseverfahren zur Analyse eines zu analysierenden Stoffs.
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Automatisierte Lab-on-Chip-Systeme (auch als LoC-Systeme abgekürzt) für diagnostische Anwendungen gewinnen zunehmend an Bedeutung, vor allem wenn schnelle Ergebnisse benötigt werden, d. h. die typischen Durchlaufzeiten über ein Zentrallabor nicht tolerierbar sind, um zeitnahe Diagnosen über Gesundheitszustände von Patienten zu erhalten. Zusätzlich sind LoC-Systeme benutzerfreundlicher aufgebaut (d. h. es sind weniger manuelle Schritte für den Nutzer erforderlich) als manuell abzuarbeitende standardisierte biochemische Assays, die bisher in der Diagnostik verwendet werden. LoC-Systeme basieren auf angepassten und optimierten diagnostischen Standardablaufprotokollen und stellen Einmalprodukte dar, die kostengünstig aus Kunststoffen gefertigt werden. Standardisierte biochemische Assays für die Diagnostik bestehen generell aus mehreren aufeinander abgestimmten Schritten, die in einer Art Ablaufplan dargestellt werden können. Dieser setzt sich vereinfacht aus der Probennahme, der Lyse der Probe, der Aufreinigung, der Vervielfältigung und der anschließenden Detektion zusammen. Für diesen Ablaufplan werden neben verschiedenen Puffern, Enzymen, Primern, Polymerasen und DNA-Fragmenten für Ihren funktionellen Ablauf auch Alkohole wie Ethanol, Butanol oder Alkohol-Wasser bzw. Puffer-Gemische benötigt. Dabei sind alle Reagenzien direkt im LoC-System vorgelagert. Im Speziellen stellt die Vorlagerung von Alkoholen auf LoC-Systemen eine besondere Herausforderung dar. Durch seine physikochemischen Eigenschaften, wie hoher Dampfdruck und niedriger Siedepunkt, führt seine Lagerung in Kunststofen zu hohen Permeationsraten und gleichzeitig zur Querkontamination der benachbarten Reagenzien. Die auf der LoC-Plattform vorgelagerten Enzyme sind sehr sensitiv gegenüber Wechselwirkungen mit Alkoholen. Ihre Aktivität wird dadurch inhibiert, wodurch der gesamte Ablaufplan nicht mehr korrekt und zuverlässig ablaufen kann. Bei der Lagerung von Alkoholen in verschiedenen Kunststofbehältern kann es zusätzlich auch zu einer Quellung des Kunststofs und dadurch zur Veränderung der Oberfläche, Dichtheit des Systems usw. kommen. Bei bisherigen LoC-Systemen werden Alkohole deshalb nicht vorgelagert, sondern getrennt vorgehalten und erst kurz vor Start des Assays zugeführt, was zu einem weniger nutzerfreundlichen und fehlerträchtigeren Ablauf führt.
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Die Review-Publikation von MARK, Daniel, et al. Microfluidic lab-on-a-chip platforms: requirements, characteristics and applications. Microfluidics based microsystems, 2010, S. 305-376 beschreibt Entwicklungen bei mikrofluidischen Plattformen und insbesondere Problematiken bei den dabei verwendeten Fluiden.
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Aus der Offenlegungsschrift
US 2012 0 136 147 A1 ist ein Verfahren zur Hydrolyse eines enzymatischen Substrats bekannt, das Cyclodextrin zur Bildung eines Einschlusskomplexes mit dem Substrat vor der Hydrolyse des Substrats verwendet.
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Offenbarung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund wird mit der vorliegenden Erfindung eine Analysevorrichtung zur Analyse eines zu analysierenden Stofs sowie ein Verfahren zur Analyse eines zu analysierenden Stofs Steuergerät, das diese Analysevorrichtung verwendet gemäß den Hauptansprüchen vorgestellt. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den jeweiligen Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung.
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Es wird eine Analysevorrichtung zur Analyse eines zu analysierenden Stoffs vorgestellt, wobei die Analysevorrichtung zumindest die folgenden Merkmale aufweist:
- - einen ersten Behälter mit einem ersten Material, das in festem Aggregatzustand vorliegt und/oder wobei das erste Material eine Grignard-Verbindung, eine Grignard-Reagenz oder ein Zwischenprodukt der Grignard-Reaktion ist;
- - zumindest einen zweiten Behälter mit einem zweiten Material oder einer Materialkombination, wobei das erste Material ausgebildet ist, um bei einem Kontakt mit dem zweiten Material Alkohol in flüssigem Aggregatzustand freizusetzen und/oder wobei das erste Material ausgebildet ist, um mit einem ersten Teil der Materialkombination zu einem Zwischenprodukt zu reagieren, das ausgebildet ist, um bei Kontakt mit einem weiteren Teil der Materialkombination Alkohol in flüssigem Aggregatzustand freizusetzen; und
- - ein Probenanalysebehälter, in den der Alkohol in dem flüssigen Zustand zur Analyse des zu analysierenden Stoffs einleitbar ist.
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Es wird ferner ein Analyseverfahren zum Analysieren eines zu analysierenden Stoffs vorgestellt, wobei das Verfahren Analysevorrichtung zumindest die folgenden Schritte aufweist:
- - Bereitstellen einer Analysevorrichtung gemäß einer hier beschriebenen Variante;
- - Inkontaktbringen des ersten Materials mit dem zweiten Material oder des ersten Materials mit zumindest einem Teil der Materialkombination, um den Alkohol in dem flüssigen Aggregatzustand freizusetzen; und
- - Analysieren des zu analysierenden Stoffs unter Verwendung des freigesetzten Alkohols in dem flüssigen Aggregatzustand.
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Unter einer Analysevorrichtung kann vorliegend eine Einweg-Vorrichtung zur Analyse eines zu analysierenden Stoffs vertanen werden, die nach Gebrauch zu entsorgen ist. Unter einem Behälter kann ein offenes oder verschließbares Gefäß oder Aufnahmeelement verstanden werden, in welchem ein Material gelagert ist, das zur Freisetzung von flüssigem Alkohol verwendet wird oder zumindest verwendbar ist. Unter einem ersten Material kann ein chemisches Referenzmaterial verstanden werden, das in einer festen oder pulverförmigen Form vorliegt und welches mit dem zweiten Material derart reagiert oder zusammenwirkt, dass Alkohol in einem flüssigen Aggregatzustand freigesetzt wird. Unter einer Grignard-Verbindung oder einer Grignard-Reagenz kann eine chemische Materialpaarung verstanden werden, die eine Freisetzung von Alkohol in einem flüssigen Zustand durch die Umwandlung dieser mit Aldehyden oder Ketonen zu Metallsalzen des Alkohols unter weiterer Zuhilfenahme von Wasser ermöglicht. Unter einer Materialkombination kann eine Kombination von mehreren Teilen von unterschiedlichem Material verstanden werden, deren Komponenten zeitgleich oder zeitlich nacheinander auf das erste Material oder ein Reaktionsprodukt des ersten Materials mit einem Teil der Materialkombination wirken kann. Die Materialkombination kann somit mehrere Komponenten aufweisen, die (beispielsweise in separaten Behältnissen) voneinander getrennt vorgelagert werden oder die als Gemisch der Komponenten der Materialkombination zeitgleich vorliegen. Unter einer solchen Reaktion des ersten mit dem zweiten Material oder der zumindest einem Teil der Materialkombination kann neben einer chemischen Umsetzung des ersten Materials auch ein Auslösen von Alkohol aus dem ersten Material, beispielsweise durch das zweite Material, verstanden werden. Unter einem Inkontaktbringen oder Kontaktieren kann ein Vermischen oder Berühren des ersten mit dem zweiten Material verstanden werden. Unter einem Freisetzen von Alkohol in einem flüssigen Aggregatzustand kann verstanden werden, dass Alkohol als Reaktionsprodukt oder als Auslösungsprodukt nach dem Inkontaktbringen oder Kontaktieren zur Verfügung gestellt wird.
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Die vorliegende Erfindung basiert auf der Erkenntnis, dass ein Alkohol, der für eine Analyse eines zu analysierenden Stoffs in einer Alkoholtrockenvorlagerung, in der Form einer Grignard-Reagenz oder als Zwischenprodukt der Grignard-Reaktion als Edukt für eine chemische Alkoholerzeugung vorgehalten werden kann, erst unmittelbar vor der Verwendung in dem Probenanalysebehälter in flüssiger Form bereitgestellt werden kann. Auf diese Weise kann vorteilhaft vermieden werden, dass Alkohol in flüssiger Form bereits bei der Herstellung der Analysevorrichtung eingelagert werden braucht, welcher beispielsweise über eine längere Zeitdauer hinweg verdampfen oder durch eine Behälterwand hindurch diffundieren kann und dann für die Analyse des zu analysierenden Stoffs nicht mehr oder nicht mehr in einer ausreichenden Menge zur Verfügung steht. Vielmehr wird der Alkohol zunächst chemisch oder physikalisch gebunden und erst unmittelbar vor dem Bedarf in der Form bereitgestellt, in der er für die Analyse des zu analysierenden Stoffs benötigt wird.
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Der hier vorgeschlagene Ansatz bietet den Vorteil, dass durch die chemische oder physikalische Bindung des Alkohols eine deutlich längere Lagerdauer der Analysevorrichtung mit dem vorgehaltenen (gebundenen) Alkohol ermöglicht wird, die nach der längeren Lagerzeit mit einer geringen Ausfallwahrscheinlichkeit behaftet ist. Weiterhin können auch für die Analysevorrichtung Materialien verwendet werden, die keine so hohe Dichtigkeit gegenüber flüssigem Alkohol aufweisen müssen, wie dies im Stand der Technik durch die Verwendung von kostenintensiven Spezialmaterialien erforderlich ist. Somit kann durch den hier vorgestellten Ansatz unter anderem auch eine Kostenreduktion für die Herstellungskosten einer hier vorgestellten Analysevorrichtung realisiert werden können. Dies wiederum führt zu einer preisgünstigen Analysemöglichkeit des zu analysierenden Stoffs mittels der kostengünstigen Analysevorrichtung.
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Gemäß einer besonderen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung kann der erste Behälter mit dem ersten Material zumindest ein Alkoholat und/oder ein Cyclodextrin enthalten. Insbesondere kann in dem Cyclodextrin oder in Hohlräumen des Cyclodextrin Alkohol in flüssiger Form eingelagert sein. Die Verwendung von derartigen Stoffen oder Reagenzien bietet den Vorteil einer besonders einfachen und stabilen Lagerung von Alkohol in gebundener Form, wobei sich eine (Rück-)Gewinnung des Alkohols aus diesen Materialien technisch ebenfalls einfach gestaltet.
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Günstig ist ferner eine Ausführungsform der vorliegenden Erfindung, bei der das erste Material in dem ersten Behälter mit dem zweiten Material oder zumindest einem Teil der Materialkombination in dem zweiten Behälter aus einer Grignard-Verbindung oder einer Grignard-Reagenz Alkohol bildet. Speziell kann der weitere Teil der Materialkombination in einer separaten Teilkammer des zweiten Behälters angeordnet sein, insbesondere wobei der zweiten Teil der Materialkombination Wasser ist. Eine solche Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil, dass durch eine Reaktion von einer derartigen Grignard-Verbindung technisch sehr einfach und in einem LoC-System gut beherrschbar ein für eine Analyse des zu analysierenden Stoffs benötigter Alkohol bereitgestellt werden kann.
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Besonders vorteilhaft ist ferner eine Ausführungsform der vorliegenden Erfindung, bei der das erste Material im ersten Behälter zumindest ein Alkoholat aufweist, das zumindest Alkali- oder Erdalkalikationen und Alkoholatanionen umfasst. Eine solche Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil einer Möglichkeit für die Freisetzung von besonders reinen Alkohol-Lösungen, da Reaktionsproduktreste von derartigen Reagenzien oftmals unlöslich in der bereitgestellten Alkohollösung sind und ausgefällt werden können.
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Ferner kann gemäß einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung der zweite Behälter ein zweites Material aufweisen, das zumindest teilweise Wasser und/oder eine Säure enthält. Denkbar ist ferner, dass das zweite Material vollständig aus Wasser oder einer Säure besteht. Eine solche Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet einerseits den Vorteil, dass für das zweite Material ein reiner Stoff verwendet werden kann, der zudem einfach und kostengünstig zu beschaffen ist. Andererseits kann durch die Verwendung eines solchen zweiten Materials ein robustes, zuverlässiges und zugleich kostengünstiges Material für die Behälterwand verwendet werden, sodass auch die Analysevorrichtung als solches kostengünstig hergestellt werden kann.
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Günstig ist es ferner, wenn gemäß seiner Ausführungsform der vorliegenden Erfindung das erste Material bei einem Kontakt mit dem zweiten Material in Alkohol umgesetzt wird und zumindest einen unlöslichen Stoff bildet. Eine derartige Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil, dass beispielsweise ein Reaktionsrest ausgefällt werden kann, wodurch in dem Probenanalysebehälter eine Flüssigkeit mit einem Alkoholanteil bereitgestellt werden kann, die lediglich eine geringe oder gar keine Verunreinigung aufweist.
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Besonders vorteilhaft ist eine Ausführungsform der vorliegenden Erfindung, bei der ferner ein Filter vorgesehen ist, der ausgebildet ist, um den gebildeten in Alkohol unlöslichen Stoff aus dem Alkohol herauszufiltern, insbesondere wobei der Filter derart angeordnet ist, um den in Alkohol unlöslichen Stoff abzufiltern, bevor der in flüssigem Aggregatzustand freigesetzte Alkohol in den Probenanalysebehälter eintritt. In einer solchen Ausführungsform kann somit durch das Vorsehen des Filters sichergestellt werden, dass eine möglichst reine Flüssigkeit mit dem Alkoholanteil bereitgestellt werden kann, die eine Analyse des zu analysierenden Stoffs erleichtert.
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Besonders sicher kann eine Analyse des zu analysierenden Stoffs dann erfolgen, wenn in der freigesetzten Flüssigkeit ein möglichst hoher Alkohol-Anteil zur Verfügung steht. Insbesondere kann gemäß einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung das im ersten Behälter befindliche erste Material bei einem Kontakt mit dem im zweiten Behälter befindlichen zweiten Material eine Flüssigkeit freisetzen, deren Alkohol-Anteil zumindest fünfundsiebzig Prozent beträgt.
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Besonders sicher kann ein Inkontaktbringen oder Kontaktieren des zweiten Materials mit dem ersten Material dann erfolgen, wenn gemäß einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung der zweite Behälter das zweite Material in einem flüssigen Zustand enthält.
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Besonders einfach kann das Kontaktieren oder Inkontaktbringen des zweiten Materials mit dem ersten Material dadurch erfolgen, dass in einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung ferner ein Verbindungskanal zwischen dem ersten und zweiten Behälter vorgesehen ist, der ein Verschlusselement enthält, welches insbesondere durch einen Druck und/oder eine Temperatur öffenbar ist, insbesondere wobei das Verschlusselement zumindest eine Sollbruchstelle, eine Schweißnaht, eine Klebenaht und/oder einen Schmelzpfropfen aufweist.
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Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines Aufbaus einer Analysevorrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung; und
- 2 ein Ablaufdiagramm eines Analyseverfahrens gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung.
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In der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung werden für die in den verschiedenen Figuren dargestellten und ähnlich wirkenden Elemente gleiche oder ähnliche Bezugszeichen verwendet, wobei auf eine wiederholte Beschreibung dieser Elemente verzichtet wird.
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1 zeigt eine schematische Darstellung eines Aufbaus einer Analysevorrichtung 100 gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung. Die Analysevorrichtung 100 (die auch als LoC-System oder als LoC-Plattform bezeichnet werden kann) umfasst dabei einen ersten Behälter 110, in dem ein erstes Material 120 angeordnet ist. Bei dem ersten Material 120 kann sich um ein Alkoholat oder ein Cyclodextrin handeln, in welches in Hohlräumen Moleküle aus flüssigem Alkohol eingelagert sind. Der Aufbau bzw. die Eigenschaften des ersten Materials 120 werden nachfolgend noch näher erläutert.
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Weiterhin umfasst die Analysevorrichtung 100 einem zweiten Behälter 130, der ein zweites Material 140 aufweist. Das zweite Material 140 kann beispielsweise Wasser oder eine Säure sein, wobei bei einer Kombination oder bei einem Kontaktieren des zweiten Materials 140 mit dem ersten Material 120 Alkohol in flüssiger Form freigesetzt wird. Eine detailliertere Beschreibung der Reaktion oder des Vorgangs zur Freisetzung des flüssigen Alkohols wird nachfolgend noch näher erläutert.
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Das zweite Material 140 kann dabei durch einen Verbindungskanal 150 aus dem zweiten Behälter 130 in den ersten Behälter 110 gelangen, wo es das erste Material 120 kontaktieren kann. Der Verbindungskanal 150 kann beispielsweise mit einem Verschlusselement 160 verschlossen und/oder öffenbar sein, welches durch eine Sollbruchstelle gebildet ist, die bei einem Druck zerbricht und den Verbindungskanal 150 freigibt. Alternativ oder zusätzlich kann das Verschlusselement 160 auch eine Schweißnaht oder eine Klebenaht sein, die beispielsweise bei einem Druck auf den zweiten Behälter 130 reißt oder bricht und somit ebenfalls den Verbindungskanal 150 freigibt, damit das zweite Material 140 in den ersten Behälter 110 mit dem ersten Material 120 gelangen kann. Denkbar ist auch, dass das Verschlusselement 160 auf eine Temperaturerhöhung seine Form ändert, beispielsweise indem es als Schmelztropfen ausgebildet ist und somit, bedingt durch die Temperaturerhöhung, den Verbindungskanal 150 zwischen dem ersten Behälter 110 unter den zweiten Behälter 130 freigibt.
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Durch das Kontaktieren des zweiten Materials 140 mit dem ersten Material 120 wird durch beispielsweise einen der nachstehend näher beschriebenen Vorgänge Alkohol 175 in flüssiger Form bereitgestellt, welcher beispielsweise durch einen weiteren Verbindungskanal 170 in einen Probeanalysebehälter 180 eingeleitet wird. Denkbar ist ferner, einen Filter 178 in den weiteren Verbindungskanal 170 zu integrieren, um feste Reaktionsrückstände aus dem flüssigen Alkohol 175 zu filtern und hierdurch einen für die Analyse des zu analysierenden Stoffs benötigten reineren Alkohol 175 zur Verfügung stellen zu können. In diesem Probeanalysebehälter 180 kann der Alkohol 175 nun mit einer von extern bereitzustellenden und zu analysierenden Probe 185 (das heißt einen zu analysierendem Stoff) in Verbindung gebracht werden, sodass eine hier nicht näher beschriebene Analysereaktion ausgeführt wird, um den zu analysierenden Stoff 185 auf zumindest ein bestimmtes Merkmal (wie beispielsweise das Vorliegen einer bestimmten DNA-Komponente) hin zu untersuchen. Für eine solche Analysereaktion können beispielsweise weitere Reagenzien verwendet werden, die jedoch für die Erläuterung des hier vorgestellten Ansatzes nicht weiter von Bedeutung sind und die somit nicht weiter beschrieben werden.
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In dem hier vorgestellten Ansatz werden insbesondere zwei Verfahren vorgestellt, mit denen Alkohol (beispielsweise Ethanol oder Butanol) in trockener Form direkt auf der LoC-Plattform 100 vorgelagert werden kann, um die oben genannten Nachteile im Stand der Technik zu verhindern. Zum einen kann der Alkohol in dem ersten Material 120 als Salz (Alkoholat) vorgelagert werden und mithilfe einer chemischen Reaktion in Alkohol 175 umgewandelt werden. Zum anderen kann flüssiger Alkohol auf Molekülebene in Cyclodextrinen als erstem Material 120 eingelagert werden, wodurch ein insgesamt pulverförmiger (jedoch im festen Aggregatzustand vorliegender) Stoff als erstes Material 120 entsteht oder bereitgestellt wird. Die Freisetzung von Alkohol 175 erfolgt auf der LoC-Plattform 100 kurz vor seiner Verwendung durch die Zugabe von Wasser oder verdünnter/verdünnten Säure(n) (als zweitem Material 140) zum Trockenalkohol. Dabei kann einerseits eine tatsächliche chemische Reaktion durch Umwandlung des ersten Materials 120 nach einem Kontakt mit dem zweiten Material 140 erfolgen, um den Alkohol 175 in der flüssigen Form freizusetzen. Alternativ oder zusätzlich kann auch ein physikalisches Umwandeln des ersten Materials 120 erfolgen, beispielsweise indem Moleküle des flüssigen Alkohols aus Hohlräumen des ersten Materials 120 ausgespült werden, wie dies beispielsweise beim Auslösen des flüssigen Alkohols aus dem Cyclodextrin als erstem Material 120 erfolgt. Somit kann das erste Material bei einem Kontakt mit dem zweiten Material entweder tatsächlich chemisch umgewandelt werden oder physikalisch umgewandelt werden, um den flüssigem Alkohol 175 zu erhalten. Hierdurch wird es möglich, Alkohol in nahezu unbegrenzter Dauer und frei von Kontaminationsgefahr für Bioreagenzien in einem LoC-System 100 vorzuhalten.
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Ein Aspekt des hier vorgestellten Ansatzes kann darin gesehen werden, dass Alkohol (der im weiteren Verlauf dieser Beschreibung ohne Beschränkung der Allgemeinheit des Begriffs „Alkohol“ am Beispiel des Ethanols als Alkohol dargestellt ist) beispielsweise in Form von Alkali- oder Erdalkalimetallsalzen (als erstem Material 120) des Ethanols direkt in einer Kavität der LoC-Plattform 100 vorgelagert werden kann. Die Kavität, in der das Ethanolat als erstes Material 120 vorgelagert ist, wird dann durch einen Mikrokanal 150 mit einer weiteren Kavität 130 verbunden, in der Wasser (als zweitem Material 140) gelagert ist. Beide Kavitäten 110 bzw. 130, wie auch die Verbindung 150 zum fluidischen Netzwerk können durch ein normal-geschlossenes Ventil 160 (d. h. ein Ventil, welches im Ruhezustand geschlossen ist) begrenzt werden. Die Funktion des normal-geschlossenen Ventils 160 auf einer LoC-Plattform 100 kann durch unterschiedliche Ansätze realisiert werden. Weiterhin sind zur sicheren Separierung auch Sollbruchstellen, Schweißnähte, Klebenähte oder Schmelzpfropfen (z.B. aus Paraffin) denkbar, die sich bei einer wohldefinierten und vorgewählten Temperatur lösen. Durch die Verwendung von Ethanolaten als erstem Material 120 in Kombination mit Wasser oder verdünnten Säuren als zweitem Material 140 ergeben sich folgende Vorteile für den Aufbau und die Funktion der LoC-Platform 100.
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Zum einen besteht keine Gefahr einer Querkontamination zwischen Ethanol und den verwendeten Bioreagenzien, weil Ethanol erst on-demand aus dem Salz gebildet und zeitnah genutzt wird. Ferner brauchen keine zusätzlichen ethanolresistenten und diffusionsdichten Verpackungen wie beispielsweise Glasampullen, metallisierte Stickpacks oder speziell beschichtete Kunststoffe in die LoC-Plattform 100 integriert werden, wodurch erhebliche Kosten eingespart werden. Auch sorgt der Einschluss von Ethanolaten in Cyclodextrinen zum einen für eine Stabilisierung des Feststoffes, zum anderen kann dadurch auch eine definiertere Reaktion mit Wasser realisiert werden. Durch die Menge des zugeführten Wassers kann weiterhin eine gewünschte Ethanolkonzentration in weiten Bereichen an die für die Analyse des zu analysierenden Stoffs benötigte Konzentration angepasst werden.
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Durch die Verwendung von Alkali-/Erdalkalisalzen des Alkohols bilden sich weiterhin neben Ethanol nur solche Reaktionsprodukte, die keinen Einfluss auf die Bioreagenzien haben. Im Fall von Magnesiumethanolat (Magnesiumethylat) entstehen sogar unlösliche Mg-Verbindungen, die ausfallen und gegebenenfalls abgefiltert werden können. Bei Verwendung von Ethylmagensiumchlorid entsteht ein schwer lösliches gemischtes Magnesiumsalz, das nahezu neutral ist und die Bioreaktionen nicht stört, oder nach weiterer Hydrolyse als Magnesiumhydroxid ausfällt. Durch die Verwendung von leichten Säuren, beispielsweise HCl, H2SO4 zur Auflösung der Alkoholate können weiterhin außer Ethanol auch lösliche Reaktionsprodukte gebildet werden. Das Gefährdungspotenzial des LoC-Systems 100 ist bei Trockenvorlagerung geringer, da im ungemischten Zustand keine brennbare Flüssigkeit enthalten ist. Auch können das LoC-System 100 und alle darin enthaltenen Flüssigkeiten bei einer standardmäßig verfügbaren Tiefkühltemperatur von ca. -20°C eingefroren werden, was hinsichtlich der Verluste durch Diffusion zu einer weiteren Lagerzeitverlängerung führt.
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Durch die Umsetzung von typischen Grignard-Reagenzien mit der allgemeinen Formel R-MX (wobei die Variable M Alkali- oder Erdalkalimetalle oder Lithiumsalze, die R einen Kohlenwasserstoffrest (Alkyl-, Allyl-, Arylalkylrest) und die Variable X ein Halogen (wie CI, Br, I) repräsentiert) mit Aldehyden oder Ketonen entstehen Alkali- oder Erdalkalimetallsalze des Alkohols mit der allgemeinen Form R-CO- MX. Durch die Zugabe von Wasser zu dieser Reagenz wird Alkohol gebildet. Die Reaktion wird am Beispiel der Bildung von Ethanol aus einer Magnesium Grignard-Verbindung dargestellt: CH3MgX + CH2O → C2H5OMgX + H2O → C2H5OH + Mg(OH)X
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In diesem Fall kann das CH3MgX als erstes Material und CH2O sowie H2O als Teil der Materialkombination betrachtet werden, wobei C2H5OMgX das Zwischenprodukt bildet, auf das ein Teil der Materialkombination wirkt. Beispielsweise kann das Wasser in einer separaten Teilkammer des zweiten Behälters vorgehalten werden. Auch kann das C2H5OMgX das Zwischenprodukt der Grignard-Reaktion als erstes Material in dem ersten Behälter vorgelagert sein. Durch die Zugabe von Wasser zum Magnesiumsalz des Alkohols entsteht auch schwer lösliches Mg(OH)X bzw. nach weiterer Hydrolyse unlösliches Mg(OH)2. Um bei der Reaktion ein lösliches, weniger basisches Salz zu erhalten, kann eine leichte Säure zugegeben werden, alternativ kann das unlösliche Salz abgefiltert werden. Unter einer leichten Säure kann hierbei eine Säure verstanden werden, die einen pH-Wert von nicht weniger als pH 5 aufweist.
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Eine weitere Möglichkeit der trockenen Alkohol Vorlagerung kann durch die Verwendung von Alkoholaten erfolgen, die aus Alkali- oder Erdalkalikationen und Alkoholatanionen bestehen. Der feste Ausgangsstoff kann dann durch die Reaktion mit Wasser zu Alkoholen umgesetzt werden. Am Beispiel der Reaktion von Magnesiumethylat mit Wasser soll die Reaktion vorgestellt werden: (C2H5O)2Mg + 2 H2O → 2 C2H5OH + Mg(OH)2
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Auch bei dieser Reaktion entstehen unlösliche basische Rückstände von Mg(OH)2. Abhängig von den verwendeten Salzen entstehen stärker basische (NaOH) oder leichter basische (Mg(OH)2) Rückstände, die löslich (Na) oder unlöslich (Mg) sind und im letzteren Fall z.B. abgefiltert oder ausgefällt werden können.
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Die Verlagerung dieser oben genannten Salze und Verbindungen ermöglicht eine Alkoholtrockenvorlagerung, bei der durch die Zugabe von Wasser oder leichten Säuren nahezu reiner Alkohol entsteht. Die unlöslichen Salzrückstände stören die Weiterverarbeitung des Alkohols im LoC-System 100 nicht, weil sie beispielsweise einfach mit dem Filter 178 abgefiltert werden können.
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Die Integration von Alkoholen, Alkoholaten oder Grignard Reagenzien in Kavitäten von Cyclodextrinen als weiterer Möglichkeit der Vorhaltung von Alkohol in trockener (d. h. fester) Form durch die Bildung von Wirt-Gast Komplexen kann zur Stabilisierung der oben genannten Stoffe führen. Die geringen Wechselwirkungen (beispielsweise: Van-der-Waals, Wasserstoffbrücken oder hydrophobe Wechselwirkungen), die zur Bildung der Komplexe führen wirken zum einen stabilisierend, ermöglichen aber auch eine kontrolliertere Freisetzung bei der Reaktion mit Wasser oder leichten Säuren. Die Verwendung von Cyclodextrinen bietet somit eine weitere Alternative, um Alkohole in trockener Form vorzulagern. Allerdings wird sich bei der Reaktion mit Wasser oder leichten Säuren kein reiner Alkohol bilden, weil auch Cyclodextrine sehr gut darin löslich sind.
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Abhängig von der Alkoholkonzentration, die im LoC-System 100 benötigt wird (in vielen Fällen 100 %iger oder 80 %iger Alkohol), kann beispielsweise aus den drei vorgestellten Trockenvorlagerungskonzepten das passende ausgesucht werden, um eine stabile, kontaminationsfrei Lagerung von Alkohol zu realisieren.
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2 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Analyseverfahrens 100 gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung. Das Analyseverfahren 200 umfasst einen Schritt des Bereitstellens 210 einer Analysevorrichtung in einer vorstehend vorgestellten Variante. Weiterhin umfasst das Verfahren 200 einen Schritt des Inkontaktbringens 220 des ersten Materials mit dem zweiten Material oder des ersten Materials mit zumindest einem Teil der Materialkombination, um den Alkohol in den flüssigen Aggregatzustand freizusetzen. Schließlich umfasst das Verfahren 200 einen Schritt des Analysierens 230 des zu analysierenden Stoffs unter Verwendung des freigesetzten Alkohols in dem flüssigen Aggregatzustand.
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Die beschriebenen und in den Figuren gezeigten Ausführungsbeispiele sind nur beispielhaft gewählt. Unterschiedliche Ausführungsbeispiele können vollständig oder in Bezug auf einzelne Merkmale miteinander kombiniert werden. Auch kann ein Ausführungsbeispiel durch Merkmale eines weiteren Ausführungsbeispiels ergänzt werden.
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Ferner können erfindungsgemäße Verfahrensschritte wiederholt sowie in einer anderen als in der beschriebenen Reihenfolge ausgeführt werden.
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Umfasst ein Ausführungsbeispiel eine „und/oder“-Verknüpfung zwischen einem ersten Merkmal und einem zweiten Merkmal, so ist dies so zu lesen, dass das Ausführungsbeispiel gemäß einer Ausführungsform sowohl das erste Merkmal als auch das zweite Merkmal und gemäß einer weiteren Ausführungsform entweder nur das erste Merkmal oder nur das zweite Merkmal aufweist.