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Der Werkstoff Polyurethan (PUR) wird seit vielen Jahren zur Herstellung von Leichtbaulösungen in Form von faserverstärkten Bauteilen mit Sandwichstruktur eingesetzt.
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Es sind hierbei im Stand der Technik verschiedene Herstellungsverfahren derartiger Bauteile bekannt, auf die im Folgenden kurz eingegangen werden soll.
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a) Vorgefertigter PUR-Schaumkern
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Die wohl einfachste Form besteht darin, den Werkstoff PUR in Form von Hartschäumen als Kernmaterial des Sandwichverbundes einzusetzen. Solche Schaumkerne werden in Form von Halbzeugen oder Formschaumkernen, die separat in einem entsprechenden Schäumwerkzeug hergestellt werden, mit faserverstärkten Deckschichten versehen. Dies kann auf die unterschiedlichsten Art und Weisen geschehen, z. B. im Handlaminier-, im Vakuuminfusions-, im RTM (Resin Transfer Moulding), im Fasersprüh- oder im Pressverfahren. Als Faserverstärkungen kommen dabei Glasfaser, Carbonfasern, Naturfasern oder auch andere Faserarten zum Einsatz. Als Matrix für die faserverstärkten Deckschichten kommen ebenfalls sehr unterschiedliche Harze wie Epoxid- (EP), Ungesättigte Polyester (UP) und auch PUR-Harze zum Einsatz.
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All diese Verfahren zur Sandwichherstellung haben gemein, dass der PUR-Kernwerkstoff und die Komplettierung des finalen faserverstärkten Sandwichbauteils in separaten Prozessschritten hergestellt werden.
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b) Sandwich-SRIM
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Eine ebenfalls seit vielen Jahren praktizierte Möglichkeit der Insitu-Herstellung von Sandwichbauteilen aus PUR ist das sogenannte SRIM-Verfahren (Structural Reaction Injection Moulding), welches aufgrund der Nutzung zur Herstellung von Sandwichbauteilen auch als Sandwich-SRIM bezeichnet wird.
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Bei diesem Verfahren werden zunächst die Verstärkungsfasern, zumeist Wirr- oder Endlosfasermatten aus Glasfasern, für die obere und untere Deckschicht in ein Formgebungswerkzeug platziert. Dazwischen wird eine Spreizmatte platziert, die einzig und allein dafür sorgt, dass die Verstärkungshalbzeuge vor und während des Schäumprozesses an den Werkzeugwänden positioniert werden und bleiben. Im Anschluss wird entweder in die noch offene Form das reaktionsfähige PUR-Schaumgemisch eingetragen und bei Bedarf vorverteilt und dann das Werkzeug geschlossen (offenes Verfahren) oder zunächst die Form geschlossen und dann über ein Angusssystem das Reaktionsgemisch injiziert (geschlossenes Verfahren).
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Im Anschluss findet im geschlossenen Formgebungswerkzeug das Aufschäumen und anschließende Aushärten des PUR-Reaktionsgemisches statt. Das eingetragene PUR-Schaumsystem imprägniert dabei die faserverstärkten Deckschichten und bildet dabei die Matrix der Deckschichten und bildet gleichzeitig den PUR-Schaumkern des Sandwichverbundes aus. Als PUR-Systeme kommen dabei PUR-Hartschäume oder auch PUR-Hartintegralschäume zum Einsatz. Letztere bilden während der Schäumreaktion in den Randzonen ein mehr oder weniger kompakte Matrix und einen geschäumten Kern aus. Dabei bildet sich eine integrale Dichteverteilung über dem Bauteilquerschnitt, daher auch der Name.
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c) PUR-Wabensandwichtechnologie
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Eine weitere Möglichkeit zur Herstellung von Sandwichbauteilen aus PUR, welche sich durch ein besonders geringes Gewicht bei gleichzeitig hoher Biegesteifigkeit auszeichnen, ist die PUR-Wabensandwichtechnologie. Hierbei wird an Stelle eines Schaumkerns eine sehr leichte und druckstabile Wabe als Kernmaterial eingesetzt, in der Praxis sehr häufig aus Papier. Aber auch andere Wabenkerne z. B. aus Aluminium oder Thermoplasten sind grundsätzlich möglich.
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Zur Erzeugung der faserverstärkten Deckschichten mit speziellen PUR-Systemen als Matrix werden grundsätzlich zwei Wege praktiziert. Entweder wird die PUR-Matrix direkt am Mischorgan der Verarbeitungsmaschine mit geschnittenen Fasern zumeist aus Glas zusammengeführt – je nach Maschinenhersteller als LFI, Interwet- oder CSM-Verfahren bezeichnet – und auf den Wabenkern beidseitig aufgetragen. Dies kann zum einen außerhalb des Werkzeugs erfolgen, in dem auf ein Transportmedium (z. B. Vlies oder Teppich) zunächst die untere Lage des PUR/Glas-Gemisches aufgetragen und flächig verteilt wird, dann der Kern aufgelegt und im Anschluss entsprechend die obere Lage aufgetragen wird. Nachfolgend wird dieses Materialpaket in ein Formgebungswerkzeug platziert.
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Zum anderen kann der oben beschriebene Lagenaufbau auch direkt im Werkzeug erfolgen, wobei auf das Transportmedium verzichtet werden kann. Im Anschluss wird das Werkzeug geschlossen und der Verbund verpresst, wobei Überstände an Fasern und Kernmaterial direkt im Werkzeug abgetrennt werden können. Während der anschließenden Formstandzeit härtet die PUR-Matrix in den Deckschichten und bildet durch die zumeist leicht schäumende Einstellung des Reaktionsgemisches eine adäquate Anbindung der Deckschichten an die Wabenstege des Kernmaterials.
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Der zweite Weg zur Herstellung solcher PUR-Wabensandwichbauteile zeichnet sich dadurch aus, dass anstelle am Mischorgan geschnittener Glasfasern Faserhalbzeuge als Verstärkungsmaterial verwendet werden. Hier kommen zumeist Schnitt- oder Endlosfasermatten aus Glas zum Einsatz, aber auch Naturfasermatten oder Gewebe und Gelege aus unterschiedlichen Faserarten können verwendet werden.
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Der Herstellungsprozess des Sandwichverbundes aus diesen Faserhalbzeugen und dem Wabenkern ist dadurch charakterisiert, dass die Faserhalbzeuge und das Kernmaterial zunächst zu einem Halbzeugverbund zusammengebracht werden. Die Verstärkungslagen dieses Halbzeugverbundes werden dann in einem Sprühverfahren von beiden Seiten mit einem PUR-System gleichmäßig oder anforderungsspezifisch besprüht. Im Anschluss wird das besprühte Halbzeugpaket in ein Formgebungswerkzeug platziert. In einem Pressvorgang erfolgt dann analog zur obigen Verfahrensvariante die Verpressung, Anbindung des Wabenmaterials und Aushärtung der faserverstärkten Deckschichten zum fertigen Sandwichbauteil.
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Inzwischen kommen auch Kombinationen der beiden obigen Verfahrensvarianten zum Einsatz, um z. B. bestimmte Bereiche wie Krafteinleitungsbereiche gezielt mit zusätzlichen geschnittenen Verstärkungsfasern zu verstärken. Auch bei der Benetzung der Verstärkungsfasern im Sprühverfahren kommen inzwischen eine Vielzahl verschiedener Varianten zum Einsatz. Dies betrifft zum einen das Sprühverfahren an sich, welches von der Druck- oder Luftzerstäubung über Flach- oder Rundstrahldüsen bis hin zur Nutzung der LFI-Technik zum Einsatz kommt. Zum anderen erfolgt der Sprühauftrag entweder über stationäre Sprühmischköpfe und über Roboter und Greifersystem geführte Halbzeugpakete oder durch Roboter geführte Sprühmischköpfe und separaten Handlingseinrichtungen für die Halbzeugpakete. Auch Kombinationen aus beiden Varianten werden praktiziert.
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Typische Einsatzgebiete für diese Technologie sind Ladeböden, Hutablagen und Schiebedachkassetten im Fahrzeuginnenraum.
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Als Kernmaterial kommen hier vornehmlich Wabenkerne zum Einsatz und aufgrund der geringen Kosten zumeist solche aus Papier. Alternativ können aber auch Schaumkerne in Form von geschnittenen Halbzeugen oder Formschaumkernen eingesetzt werden. Auch solche Kernlösungen wurden bereits erprobt. Die Schaumkerne müssen dabei eine hinreichend hohe Druckfestigkeit aufweisen, um bei dem Pressvorgang, bei dem Drücke von 10 bis 20 bar auftreten können, nicht zu kollabieren und um damit eine adäquate Oberflächengüte abbilden zu können.
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Zudem muss konstruktiv und verfahrenstechnisch besonders auf die Entlüftung während des Pressvorgangs geachtet werden, um die in den Verstärkungshalbzeugen eingeschlossene Luft entweichen lassen zu können. Weiterhin sind spezielle Maßnahmen erforderlich, wie z. B. das Lochen des Schaumkernes, um eine gute Anbindung der Deckschichten an den Schaumkern zu ermöglichen.
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Nachteile des Standes der Technik
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Betrachtet man zunächst die Nutzung des Werkstoffs PUR als geschäumtes Kernmaterial (a)), so sind die hier verwendeten Verfahren primär für die Herstellung von kleineren Serien geeignet. Werden solche Verfahren wie z. B. das RTM-Verfahren auf größere Stückzahlen respektive kürzere Taktzeiten getrimmt, so steigen aufgrund der dafür erforderlichen kurzen Prozess- und damit auch der Injektionszeiten die Forminnendrücke. Dadurch bedingt müssen die hierfür eingesetzten Schaumkerne höhere Druckfestigkeiten aufweisen, was entweder den Einsatz von Schäumen höherer Dichte bedingt und somit auf Kosten des Bauteilgewichts geht oder den Einsatz höherwertiger und damit teurerer Schaumtypen bedarf.
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Zudem bedarf es bei dieser Form der Sandwichherstellung immer der separaten Herstellung und dem Handling des Schaumkerns entweder in Form einer Halbzeugherstellung (Herstellung von Schaumblöcken, Beschnitt, Transport und Logistik) oder in Form eines separaten Formschäumprozesses mit Werkzeug, Maschine etc.. Dies wirkt sich negativ auf die Bauteilkosten aus.
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Diese Nachteile werden beim Sandwich-SRIM-Verfahren (b)) dadurch umgangen, dass die Herstellung des Schaumkerns und die Imprägnierung der faserverstärkten Deckschichten insitu erfolgt. Insofern ist das Verfahren gute für kleinere bis mittlere Serien geeignet. Der Nachteil des Sandwich-SRIM-Verfahrens besteht darin, dass zur Imprägnierung der Deckschichten und zur Bildung des Schaumkern ein und dasselbe PUR-Schaumsystem verwendet wird. Dies bedeutet zum einen, dass immer ein Kompromiss zwischen Schaumdichte im Kernbereich respektive Bauteilgewicht und mechanischen Eigenschaften des Sandwichverbundes, die im Wesentlichen durch die faserverstärkten Deckschichten geprägt wird, eingegangen werden muss. Dies ist auch bei der Verwendung von Hartintegralschaumsystemen der Fall, welche allein durch die integrale Dichteverteilung ebenfalls nicht das volle Gewichtseinsparungspotenzial von sehr leichten PUR-Hart- oder Halbhartschäumen im Kernbereich erreichen. Das Gewichts- und somit das Leichtbaupotenzial dieses Verfahrens ist somit durch die minimal erreichbaren Schaumdichten im Kernbereich limitiert.
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Darüber hinaus sind zur Erzeugung des erforderlichen mechanischen Eigenschaftsniveaus immer harte PUR-Schaumtypen notwendig um das volle Leistungspotenzial des Verbundes in den faserverstärkten Deckschichten zu erreichen. Werden hingegen spezielle zusätzlich Eigenschaften wie z. B. eine gute thermische oder akustische Isolierwirkung gefordert, die maßgeblich durch den Bauteilkern geprägt werden, so lassen sich diese in diesem Verfahren nicht oder nur unzureichend darstellen, da nur ein Schaumsystem verwendet wird. Dies limitiert den Einsatzbereich dieses Verfahrens.
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Die PUR-Wabensandwichtechnologie (c)) ist ein Verfahren, das seit vielen Jahren bereits in Großserie eingesetzt wird. Zykluszeiten von 2 min bei Aushärtezeiten von 45 bis 90 sec sind heute Stand der Technik. Bei Werkzeugen mit Doppelkavitäten lassen sich hiermit Taktzeiten von 1 Minute erreichen.
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Nachteil dieses Verfahrens ist, dass das Kernmaterial allein aus kommerzieller Sicht im Wesentlichen auf Waben aus Papier beschränkt ist. Zwar lassen sich auch andere Wabenmaterialien einsetzen. Dies geht jedoch zumeist zu Lasten der Bauteilkosten, da alternative Waben zum Teil deutlich teurer sind. Auch gibt es Eigenschaften, die sich durch die Wabe generell nur schlecht realisieren lassen. So ist zum Beispiel die thermische und akustische Isolationsmöglichkeit durch die vergleichsweise großen Wabenhohlräume, die zudem von Deckschicht zu Deckschicht reichen, sehr begrenzt.
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Bei der Papierwabe kommt zudem als Nachteil hinzu, dass diese Feuchte aufnehmen und dadurch als Kernwerkstoff im Bauteil versagen kann. Dadurch ist der Einsatz dieses Wabentyps bei Anwendungen mit Feuchteeinwirkung wie z. B. im Automobilaußenbereich nur bedingt möglich. Zwar gibt es (patentierte) Lösungen, um die Papierwabe zu imprägnieren und damit feuchteresistent auszurüsten. Dies geht jedoch zu Lasten der Kernmaterialkosten. Die Verwendung von Polymerschäumen und somit auch PUR-Schäumen kann diese Problematiken zwar lösen. Prozessbedingt durch die vergleichsweise hohen Forminnendrücke ist jedoch auch dieser Lösungsansatz limitiert, da zur Aufnahme der hohen Presskräfte entweder Schäume höherer Dichte oder hochwertigere teurere Schaumkerne notwendig werden.
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Weiterhin ist das Polymergerüst für solche Strukturschäume auf harte Werkstoffe beschränkt um die Druckkräfte aufzunehmen. Halbharte Schaumtypen, die z. B. eine Verbesserung der Akustik bewirken können, scheiden hier aus. Zudem bedingt auch diese Form der Sandwichherstellung wie oben die separate Fertigung der Schaumkerne und des finalen Sandwichbauteils.
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Vor diesem Hintergrund ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein neues Verfahren zur Herstellung von mit Verstärkungsfasern verstärkten Sandwichbauteilen zu schaffen, welches ein hohes Maß an Flexibilität in Bezug auf die verwendeten Polyurethansysteme ermöglicht bei schneller Bauteilfertigung. Zudem soll das Verfahren in einem Formgebungswerkzeug simultan und in situ erfolgen.
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Die erfindungsgemäße Verfahren löst die oben beschriebenen Nachteile des Standes der Technik auf die Art und Weise, dass zur Herstellung der faserverstärkten Sandwichbauteile mindestens zwei unterschiedliche PUR-Systeme zum Einsatz kommen und die Formgebung zum finalen Sandwichbauteil in situ, d. h. nass in nass in einem Fertigungsprozess erfolgt.
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Durch den Einsatz von mindestens zwei PUR-Systemen oder artverwandten Materialsystemen wie Polyureasystemen oder Polyisocyanuratsystemen (PIR) – im Folgenden als PUR-Systeme bezeichnet – wird gewährleistet, dass materialseitig das zur Ausbildung der Kernschicht eingesetzte PUR-Schaumsystem – im Folgenden als Kernschichtsystem bezeichnet – so gewählt werden kann wie es die Bauteilspezifikationen erfordern. So kann das Kernschichtsystem z. B. als Schaum sehr niedriger Dichte gewählt werden, so dass ein Sandwichbauteil mit möglichst geringem Gewicht entsteht. Weiterhin kann das Kernschichtsystem so gewählt werden, dass spezielle Bauteileigenschaften erzeugt werden wie z. B. eine gute thermische Isolationswirkung und/oder gute akustische Bauteileigenschaften.
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Verfahrenstechnisch hat die Verwendung von mindestens zwei PUR-Systemen den Vorteil, dass der zur Ausbildung der Bauteilkontur erforderliche Werkzeuginnendruck nicht durch einen Pressvorgang erzeugt wird, der eine hinreichende Druckstabilität des Kernmaterials erfordert, sondern durch den Insitu-Prozess von innen heraus durch den Aufschäumprozess während der Formgebung erzeugt wird. Dies hat zum einen den Vorteil, dass je nach Bauteil geringere Schließkräfte für die Zuhaltung des Werkzeugs erforderlich werden, was die Investitionskosten reduziert.
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Zum anderen hat dies den Vorteil, dass das Kernmaterial hinsichtlich der Druckstabilität und anderer Kernmaterialeigenschaften nicht auf den Pressprozess ausgelegt werden muss, da der Kernwerkstoff erst während der Formgebung entsteht und insofern genau so ausgelegt werden kann, wie es die Bauteilspezifikationen erfordern.
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Die Insitu-Herstellung des Schaumkerns hat zudem den Vorteil, dass durch den Schäumprozess im Kernbereich eine gute Anbindung der faserverstärkten Deckschichten an den Kern erfolgt. Spezielle Maßnahmen wie Lochen eines Schaumkerns oder die Erzeugung von Nuten im Schaumkern entfallen hier. Die gute Anbindung resultiert zum einen daraus, dass das Schaumsystem des Kernmaterials zumindest partiell in die Verstärkungslagen mit eindringen und sich dort Verankern kann. Zum anderen entsteht parallel eine chemische Bindung zwischen dem Kernmaterial und der PUR-Matrix in den Deckschichten, da die beiden chemischen Polymerbildungsreaktionen in dem Insitu-Prozess zumindest Phasenweise gleichzeitig ablaufen.
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Durch den Einsatz mindestens eines weiteren PUR-Systems zur Erzeugung der Faserverbundmatrix in den faserverstärkten Deckschichten – im Folgenden als Matrixsystem bezeichnet – kann dieses so gewählt werden, dass optimale Matrixeigenschaften entstehen. Dies können z. B. harte kompakte oder mikrozelluläre PUR-Systeme mit hohem mechanischem Eigenschaftsniveau sein, die dem finalen Sandwichbauteil eine hohe Steifigkeit und Festigkeit bei gleichzeitig niedrigem Gewicht verleihen. Die Matrix kann aber auch aus zähelastischen PUR-Systemen bestehen, um dem Bauteil eine hohe Schlagzähigkeit und ein gutes Impact-Verhalten zu verleihen. Dies kann auch die Auswahl bestimmter Schaumsysteme für den Kernbereich positiv unterstützen.
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Als Matrixsysteme für die faserverstärkten Deckschichten können aber auch PUR-Schaumsysteme eingesetzt werden, um bestimmte Eigenschaften zu erzeugen wie z. B. eine bessere Faserdurchtränkung bei vergleichsweise dicken Verstärkungsschichten, die Erzeugung spezieller Oberflächeneigenschaften oder eine weitere Gewichtsreduzierung des finalen Bauteils.
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Durch die Möglichkeit aufgrund der Entkopplung von Kernschicht und faserverstärkten Randzonen entweder nur ein Matrixsystem für beide Deckschichten oder alternativ zwei oder mehr unterschiedliche PUR-Systeme einzusetzen, die auch je Verstärkungsschicht lokal variieren können, wenn es die Bauteilspezifikationen erfordern, besteht weiterhin der Vorteil, das oder die Matrixmaterial(ien) genau auf die Anforderungen an das Bauteil abzustimmen. So kann z. B. auf der Oberseite eine schlagzähe Matrix zur Realisierung einer guten Schlagzähigkeit und unten ein hartes Matrixsystem eingesetzt werden. Ein weiteres Beispiel ist die Kombination von gefüllten und ungefüllten Matrixsystemen, um z. B. gezielt die Brandeigenschaften, die Akustik oder die Rohstoffkosten zu beeinflussen.
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In Summe kann man festhalten, dass durch die Erfindung der große chemische Baukasten der PUR-Chemie im Vergleich zum Stand der Technik in deutlich weiteren Bereichen genutzt werden kann, um die Bauteileigenschaften und auch die Bauteilkosten anwendungsspezifisch zu beeinflussen. Damit werden Eigenschaften und somit auch neue Anwendungen für diese effiziente serientaugliche Leichtbaulösung möglich, die bisher durch die Restriktionen des Standes der Technik nicht oder nur bedingt möglich waren.
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Verfahrenstechnisch hat die Erfindung den Vorteil, dass durch den Insitu-Prozess zum einen wie oben beschrieben eine gute Anbindung von Kern- und faserverstärkten Deckschichten erzeugt werden kann. Zum anderen hat der Insitu-Prozess den Vorteil, dass die separate Erzeugung eines Kernwerkstoffs und gegebenenfalls des Vorbehandlung im Vorfeld der Herstellung des Sandwichbauteils sowie das entsprechende Handling, Zuschnitt und die Logistik entfällt. Dies wirkt sich positiv auf die Herstellkosten aus.
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Der Insitu-Prozess hat zudem den Vorteil, dass der zur Formgebung notwendige Werkzeuginnendruck von innen heraus erfolgt und somit das Kernmaterial als auch die Deckschichtmatrix nicht auf einen Pressprozess abgestimmt werden müssen. Dies gibt mehr Freiraum bei der Auswahl der PUR-Systeme.
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Im Folgenden soll die Erfindung anhand von Beispielen näher erläutert werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist in seinen Grundzügen im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass dieses formgebende Verfahren für die Herstellung von faserverstärkten Sandwichbauteilen aus Polyurethan (PUR) zum einen für den Kernbereich und die faserverstärkten Deckschichten mindestens zwei unterschiedliche PUR-Systeme vorsieht. Zum anderen ist das Verfahren dadurch gekennzeichnet, dass die Erzeugung des Schaumkerns und die Imprägnierung, Durchtränkung und Aushärtung der faserverstärkten Deckschichten Insitu in einem Fertigungsprozess erfolgt. Dies beutet auch, dass die Ausbildung und Aushärtung der Matrix in den Deckschichten und die Bildung des Schaumkerns des Bauteils zumindest phasenweise gleichzeitig im geschlossenen Formgebungswerkzeug erfolgt.
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Im Einzelnen sind die Verfahrensschritte der Erfindung wie folgt. Zunächst werden die Verstärkungsfasern, die aus Glasfasern, Kohlfasern, Naturfasern, anderen Fasertypen wie Aramidfasern oder aus Kombinationen an unterschiedlichen Faserarten bestehen können, mit einem oder mehrerer PUR-Systeme zur Erzeugung der Matrix der Deckschichten – im weiteren als PUR-Matrixsystem bezeichnet – des finalen Sandwichbauteils in einem ersten Verfahrensschritt benetzt, wobei ein Sprüh-, Rakel- oder Schnittfaserverfahren verwendet wird.
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Dies kann auf verschiedene Art und Weisen erfolgen:
- a) Das oder die PUR-Matrixsystem(e) werden mittels eines Sprüh- oder Rakelverfahren direkt auf die beiden Werkzeughälften des Formgebungswerkzeugs aufgetragen. Im Anschluss werden die Verstärkungsfasern in Form von Halbzeugen direkt auf die Oberflächen des Formgebungswerkzeugs platziert, wobei die obere Verstärkungslage nach dem Eintrag des PUR-Kernschichtsystems auch auf die untere Werkzeughälfte aufgelegt werden kann.
- b) Zunächst werden die Verstärkungsfasern in Form von Halbzeugen direkt im Formgebungswerkzeugs platziert. Im Anschluss werden mittels eines Sprüh- oder Rakelverfahren das oder die PUR-Matrixsystem(e) auf die Verstärkungsfasern aufgetragen. Die obere Verstärkungslage kann dabei direkt an der Oberfläche des oberen Formgebungswerkzeugs platziert werden oder nach dem Eintrag des PUR-Kernschichtsystems auf die untere Werkzeughälfte aufgelegt und im Anschluss benetzt werden.
- c) Das oder die PUR-Matrixsystem(e) werden mittels eines Sprüh- oder Rakelverfahren außerhalb des Formgebungswerkzeugs auf die auf die Verstärkungsfaserhalbzeuge ein- und/oder beidseitig aufgetragen. Im Anschluss werden die benetzten Verstärkungsfaserhalbzeuge im Formgebungswerkzeugs platziert. Die obere benetzte Verstärkungslage kann dabei direkt an der Oberfläche des oberen Formgebungswerkzeugs platziert werden oder nach dem Eintrag des PUR-Kernschichtsystems auf die untere Werkzeughälfte aufgelegt werden.
- d) Es werden Kombinationen aus den unter a) bis c) beschriebenen Verfahrensvarianten zur Benetzung der Verstärkungsfaserhalbzeuge und Platzierung im Werkzeug realisiert, wobei die Verstärkungsfaserhalbzeuge jeweils ein- oder beidseitig mit dem oder den PUR-Matrixsystem(en) benetzt werden können.
- e) Die PUR-Matrixsystem(e) werden zusammen mit am Misch- und Sprühorgan geschnittenen Verstärkungsfasern (z. B. LFI-, Interwet- oder CSM-Verfahren) direkt auf die Formoberflächen des Werkzeugs aufgetragen und verteilt.
- f) Es findet eine Kombination aus den unter a) bis d) beschriebenen Verfahrensvarianten mit der unter e) beschriebenen Verfahrensvarianten statt, um z. B. lokale Zusatzverstärkungen zu realisieren.
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Im nächsten Verfahrensschritt findet der Eintrag des PUR-Schaumsystem zur Bildung der Kernschicht – im weiteren als PUR-Kernschichtsystem bezeichnet – des Sandwichbauteils und Anbindung der Kernschicht an die Deckschichten statt. Der Eintrag kann dabei in die offene Form erfolgen (offenes Verfahren) und dabei entweder punktuell eingetragen, über ein Handlingssystem grob vorverteilt oder auch mittels eines Sprüh- oder Rakelverfahrens großflächig verteilt werden.
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Bei den Verfahrensvarianten in Verfahrensschritt 1, die sich der Verwendung von Verstärkungsfaserhalbzeugen bedienen (a) bis d)) erfolgt dabei zunächst das Einlegen der unbenetzten (a)), direkt im Werkzeug benetzten (b)), außerhalb des Werkzeugs benetzten (c)) oder durch Kombination aus diesen Verfahrensvarianten benetzten unteren Verstärkungslage in die untere Hälfte des Formgebungswerkzeugs. Auf diese Verstärkungslage wird das PUR-Kernschichtsystem wie oben beschrieben aufgetragen.
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Die nach a) bis d) mit dem PUR-Deckschichtsystem benetzten Verstärkungsfaserhalbzeuge für die obere Deckschicht sind dabei bereits entweder an der oberen Werkzeughälfte positioniert oder werden nach dem Eintrag des PUR-Kernschichtsystems dort positioniert oder auf die untere Werkzeughälfte aufgelegt.
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Bei der Verfahrensvariante nach e) und f) werden die benetzten Verstärkungsfasern direkt auf die Formoberflächen aufgetragen und der Eintrag des PUR-Kernschichtsystems erfolgte entweder nach Eintrag der unteren Verstärkungslage und vor Auftrag der oberen Verstärkungslage oder Eintrag der oberen und unteren Verstärkungslage.
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Im Anschluss wird das Werkzeug geschlossen und die Ausbildung des Sandwichbauteils kann erfolgen.
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Alternativ zum offenen Verfahren kann der Eintrag des PUR-Kernschichtsystems auch über einen oder mehrere Angüsse in die geschlossene Form (geschlossenes Verfahren) erfolgen. In diesem Fall sind die benetzten Verstärkungslagen bereits im Formgebungswerkzeug, das Werkzeug wird geschlossen und erst im Anschluss wird das PUR-Kernschichtsystem eingetragen. In diesem Fall kann es notwendig werden, dass im Kernbereich zusätzlich zur dem Kernschichtsystems ein Spreizelement mit eingelegt wird, das dafür sorgt, dass die Verstärkungslagen vor der Injektion des PUR-Kernschichtsystems in den Randschichten positioniert werden und in den anschließenden Prozessschritten auch positioniert bleiben. Dies kann im Übrigen auch beim offenen Verfahren hilfreich sein.
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Im nächsten Verfahrensschritt erfolgt dann im geschlossenen Formgebungswerkzeug das Aufschäumen des PUR-Kernschichtsystems. Dabei bildet sich die geschäumte Kernschicht aus und die Verstärkungslagen werden in den Randbereichen des Bauteils gedrückt. DAS PUR-Kernschichtsystem kann dabei mit in die Verstärkungslagen eindringen, um eine bessere Anbindung der Deckschichten an den Kern zu realisieren. Während des Schäumprozesses erfolgt nach vollständiger Ausschäumung des Formhohlraums der Aufbau eines Werkzeuginnendrucks durch die weitere Freisetzung an Treibmittel. Die Höhe des Forminnendrucks, der zur hinreichend guten Ausformung des Sandwichbauteils erforderlich ist, kann durch die Zusammensetzung des PUR-Kernschichtsystem beeinflusst werden.
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Parallel zur Ausbildung der Kernschicht findet auch die Imprägnierung der Verstärkungslagen in den Deckschichtbereichen statt. Während und nach dem Schäumprozess im Kernbereich in der Imprägnierung in den Deckschichten findet auch die Polymerbildungsreaktion der unterschiedlichen PUR-Systeme statt, d. h. die PUR-Systeme härten zu einem Polymer aus. Dabei kann es auch zu chemischen Reaktionen zwischen Kernschicht- und Deckschichtmatrix kommen, was die Anbindung des Kerns an die Deckschichten durch chemischen Bindungen verbessert.
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Nach hinreichender Aushärtung und Erreichen einer ausreichenden Formstabilität wird das faserverstärkte Sandwichbauteil entformt. Überstehende Faser-/Matrixverbunde und Schaumaustrieb können dann entweder anschließend durch Besäumen entfernt werden oder werden bereits beim Schließen des Werkzeug z. B. durch den Einsatz von Pinchkantenwerkzeugen abgetrennt.
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In den oben beschrieben Fertigungsprozess können weitere Prozessschritte integriert werden. So können die Bauteile z. B. direkt im Werkzeug kaschiert werden um spezielle Oberflächeneigenschaften zu erzielen. Dies kann zum Beispiel durch Einlegen von Folien, Dekoren, Vliesen oder Teppichen vor Eintrag der Fasern und Schaumsysteme erfolgen. Ebenso können zur Erzeugung spezieller Oberflächeneigenschaften wie z. B. einer einfacheren Lackierbarkeit zusätzliche PUR-Schichten oder In-Mould-Coeting-Schichten vor Eintrag der Fasern und Schaumsysteme auf einer oder beiden Werkzeugoberflächen appliziert werden.
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In diesem Zusammenhang kann es ebenfalls notwendig sein, PUR-Systeme mit möglichst niedriger Reaktionsexothermie einzusetzen. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn Folien, Dekore oder Teppichkaschierungen eingesetzt werden, die temperatursensibel sind und z. B. nur Temperaturen von unter 100°C während der Formgebung aushalten.
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Als weitere Maßnahme seitens der chemischen Zusammensetzung der eingesetzten PUR-Systeme kann es sinnvoll werden, PUR-Systeme mit thermisch aktivierten Katalysatoren einzusetzen. Solche Katalysatoren bewirken, dass das PUR-System bei niedrigen Temperaturen nur stark zeitverzögert zu reagieren beginnt und erst bei höheren Temperaturen von z. B. 80 bis 110°C schnell durchhärtet. Dies ist dann sinnvoll, wenn man z. B. für den Sprühprozess zur Benetzung der Verstärkungsfasern insbesondere bei größeren Bauteilen eine vergleichsweise lange Zeit benötigt, aufgrund der zu fertigenden Stückzahl aber kurze Aushärtezeiten notwendig sind. In solchen Fällen nutzen thermisch aktivierte PUR-Systeme dahingehend, dass beim Sprühauftrag des PUR-Matrixsystems auf die Verstärkungsfasern außerhalb des Werkzeugs und somit bei Raumtemperatur vergleichsweise viel Zeit ohne merkliche Reaktion zur Verfügung steht. Werden die benetzten Faserhalbzeuge im Anschluss in das beheizte Werkzeug eingelegt und das PUR-Kernschichtmaterial eingetragen, wird die Reaktion des Matrixmaterials durch entsprechend eingestellte höhere Werkzeugtemperaturen initiiert und die Reaktion stark beschleunigt. Gleichzeit kann das auf diesen Prozess abgestimmte PUR-Kernschichtmaterial aufschäumen und ausreagieren, so dass in Summe eine kurze Aushärtezeit bis zur Bauteilentformung realisiert werden kann.
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Nachfolgend wird das erfindungsgemäße Verfahren anhand von Abbildungen beispielhaft erläutert. Die bewußt vereinfachten schematischen Zeichnungen zeigen als
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1 einen möglichen Verfahrensaufbau des erfindungsgemäßen Verfahrens mit Sandwich-Bauteil und
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2 das in mehrere Verfahrensschritte aufgegliederte Verfahren im Formgebungswerkzeug.
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In 1 sind zum einen die Tagesbehälter 1 und 2 zur Aufnahme der chemischen Grundsubstanzen abgebildet, die einem Mischer 3 zugeführt werden, der durch den Mischvorgang die chemische Reaktion vorbereitet.
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Aus dem Mischbehälter wird die reaktionsfähige Mischung mittels eines Sprühkopfes auf das Formgebungswerkzeug oder direkt auf das Faserhalbzeug aufgetragen.
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Unterhalb dieses Aufbaus ist beispielhaft dass sich im Formgebungswerkzeug ausbildende Sandwichbauteil in Schichten dargestellt. Das Formgebungswerkzeug 5 schließt hierbei das Sandwichbauteil ober- und unterseitig ein. Mittig im Sandwich Bauteil ist als dickste Schicht der Kernschaum 6 dargestellt. Oberhalb und unterhalb des Kernschaums finden sich die faserverstärkten Deckschichten, die sich aus den jeweiligen Faserverstärkungen 8 und den Matrixsystemen 7 zusammensetzen.
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Der in 2 schematisch dargestellte Verfahrensablauf umfasst die folgenden Schritte.
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Bei diesem lediglich beispielhaft dargestellten Aufbau wird als erster Verfahrensschritt a) das Matrixsystem 7 auf das Werkzeug 5 gesprüht. Im vorliegenden Fall wird lediglich die Unterseite des Werkzeugs 5 mit einem Matrixsystem 7 besprüht.
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Als zweiter Verfahrensschritt b) wird nun auf die mit dem Matrixsystem 7 besprühte Werkzeugunterseite 5 eine Fasermatte 8 aufgelegt.
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Als dritter Verfahrensschritt c) wird auf die zuvor eingebrachten 2 Lagen das Kernschichtsystem eindosiert.
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Als vierter Verfahrensschritt d) wird auf dieses Kernschichtsystem eine neuerliche Fasermatte 8 zur Erzeugung einer oberseitigen faserverstärkten Deckschicht aufgelegt.
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Als fünfter Verfahrensschritt e) wird nun diese Fasermatte ebenfalls mit dem Matrixsystem 7 besprüht, um abschließend im letzten Verfahrensschritte f) das Werkzeug 5 zu schließen und somit die Werkzeugoberseite ebenfalls in Kontakt zum oberseitigen Matrixsystem 7 zu bringen.
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Nach dem Aufschäumen und Aushärten im Formgebungswerkzeug ist somit ein erfindungsgemäßes Sandwichbauteil fertiggestellt.