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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Fahrwerkbauteils oder eines Teils eines Fahrwerkbauteils aus einem Werkstück. Darüber hinaus betrifft die Erfindung ein Fahrwerkbauteil, wie beispielsweise ein Rad, einen Felge, eine Radschüssel, ein Lenker, ein Fahrschemel, ein Achskörper oder ein (Achs-)Hilfsrahmen, oder ein Teil hiervon.
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Fahrwerkbauteile, beispielsweise von Kraftfahrzeugen, und Verfahren zu deren Herstellung sind aus dem Stand der Technik hinlänglich bekannt. Derartige Bauteile werden aufgrund der Werkstoffeigenschaften häufig aus Stahl hergestellt, da so insbesondere eine hohe Festigkeit (charakterisiert durch eine hohe Zugfestigkeit und/oder Streckgrenze) der Bauteile erreicht werden kann. Allerdings werden aufgrund des Bedeutungsgewinns des Leichtbaus immer höhere Anforderungen an die Eigenschaften der Werkstoffe und der daraus hergestellten Bauteile gestellt, insbesondere an eine weiterhin erhöhte Festigkeit bei einem gleichzeitig reduzierten Gewicht. Um den stetig wachsenden Anforderungen an eine hohe Festigkeit bei gleichzeitig reduziertem Gewicht der Fahrwerkbauteile gerecht zu werden, wurden unterschiedliche Ansätze entwickelt.
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Ein Ansatz, um Bereiche höherer Festigkeit erreichen zu können, ist beispielsweise eine Erhöhung der Legierungsbestandteile. Problematisch hierbei ist jedoch, dass dadurch die Festigkeit des Werkstoffs nicht erst im Fertigteil sondern in der Regel bereits frühzeitig in der Verarbeitungskette erhöht wird, was entsprechende Umformungen zum Fertigteil erschweren kann, da beispielsweise benötigte Walz- oder Biegekräfte erhöht werden.
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Ein anderer Ansatz, um Stahlbauteile mit erhöhter Streckgrenze bzw. Zugfestigkeit bereitzustellen, wird mit der sogenannten Warmumformung verfolgt. Dabei wird ein Werkzeug, wie beispielsweise eine Platine, ein Rohling oder ein Halbzeug pressgehärtet, indem das Werkstück üblicherweise über den Umwandlungstemperaturpunkt AC1 bzw. AC3 erhitzt wird, sodass im Wesentlichen austenitisches Gefüge vorliegt. Anschließend wird das Werkstück bei hoher Temperatur umgeformt und schnell abgekühlt. Hierdurch wird erreicht, dass das austenitische Gefüge sich beim schnellen Abkühlen in Martensit umwandelt, sodass sehr hohe Zugfestigkeiten und Streckgrenzen bereitgestellt werden können.
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So ist beispielsweise aus der
DE 10 2011 122 556 B3 eine Achsanordnung mit einem Achslenker und einem Achshilfsrahmen bekannt. Die vordere Karosserieanbindung des Achshilfsrahmens ist dabei als einteiliges Tiefziehbauteil ausgestaltet, welches mit einem Warmumformprozess und anschließendem Presshärten hergestellt werden kann, um eine besonders hochfestes Bauteil herzustellen.
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Die bekannten Verfahren zur Warmumformung wurden zudem weiterentwickelt, sodass die Blechteile auch bereichsweise mit erhöhten Streckgrenzen und Zugfestigkeiten versehen werden können und so eine belastungsgerechte Auslegung der Blechteile erzielt werden kann.
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So ist beispielsweise aus der
DE 100 07 192 C2 ein Quer- bzw. Längslenker aus Stahl bekannt, welcher aus vergütbaren Stählen gebildet ist und zumindest partiell induktiv vergütet ist.
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Aus der
DE 103 23 833 B4 ist ein Rad für Kraftfahrzeuge bekannt, welches ganz oder teilweise pressgehärtet ist und Bereiche mit unterschiedlichem Presshärtungsgrad, das heißt unterschiedlicher Festigkeit und Härte, aufweisen soll.
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Nachteilig bei der Warmumformung ist aber einerseits der enorme Energieaufwand, welcher zur Erwärmung der Werkstücke auf oberhalb der AC1- bzw. AC3-Umwandlungstemperatur, also meist auf oberhalb 850°C, erforderlich ist und somit die Wirtschaftlichkeit des Herstellungsverfahrens von Fahrwerkbauteilen mindert. Darüber hinaus können sich Probleme mit Oberflächenbeschichtungen ergeben, welche beispielsweise zum Korrosionsschutz erforderlich sind. So kann beispielsweise eine zinkhaltige Oberflächenbeschichtung, welche einen kathodischen Korrosionsschutz bietet, während der Erwärmung aufschmelzen. Bei unbeschichteten Oberflächen besteht hingegen die Gefahr der Verzunderung, falls nicht unter Schutzgas gearbeitet wird.
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Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, Fahrwerkbauteile und ein Verfahren zu deren Herstellung anzugeben, welche sich trotz geringem Gewicht durch eine beanspruchungsgerechte Festigkeit auszeichnen und einfach herzustellen sind.
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Die Aufgabe wird gemäß einer ersten Lehre der vorliegenden Erfindung bei einem eingangs genannten Verfahren dadurch gelöst, dass das Werkstück einen Werkstoff bestehend aus Stahl mit mindestens 60 Gew.-% Fe und einem Austenitgehalt von mindestens 5 Vol.-% aufweist, das Werkstück in einer Kühleinrichtung zumindest teilweise auf eine Temperatur von maximal –20°C oder weniger gekühlt wird und bei einer Temperatur von zumindest zeitweise maximal –20°C oder weniger mit einem Umformwerkzeug umgeformt wird.
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Das Werkstück kann hierbei je nach Verfahrensschritt unterschiedlich ausgeführt sein. Beispielsweise kann das Werkstück ein Halbzeug, etwa ein Band, sein. Das Werkstück kann auch eine Platine oder ein Blech sein. Weiterhin kann das Werkstück auch in Form eines, beispielsweise vorgeformten Rohlings dem erfindungsgemäßen Verfahren unterzogen werden.
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Das Umformverfahren kann beispielsweise Walzen, Tiefziehen oder Biegen umfassen, um nur einige Beispiele zu nennen. Vorzugsweise wird das Werkstück vor dem Umformen zumindest teilweise auf eine Temperatur von maximal –20°C oder weniger gekühlt.
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Das Verfahren zur Herstellung eines Fahrwerkbauteils oder eines Teils hiervon aus einem Werkstück umfasst zumindest einen Verfahrensschritt bei dem das Werkstück teilweise auf eine Temperatur von maximal –20°C oder weniger gekühlt wird und bei einer Temperatur von zumindest zeitweise maximal –20°C oder weniger mit einem Umformwerkzeug umgeformt wird. Es können vorher und/oder nachher natürlich weitere Verfahrensschritte vorgesehen sein, um schließlich ein Fahrwerkbauteil bzw. ein Teil hiervon bereitzustellen. Die weiteren Verfahrensschritte können dabei unter anderen Bedingungen erfolgen, beispielsweise Umformschritte bei höheren Temperaturen, beispielsweise bei Raumtemperatur, oder Schritte welche ein Trennen, Fügen oder Beschichten umfassen können. Es können jedoch auch weitere Verfahrensschritte bzw. Umformschritte bei den angegebenen tiefen Temperaturen durchgeführt werden, um den Effekt der Tieftemperatur-Umformung weiter auszunutzen.
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Dadurch, dass nun im Unterschied zu den bekannten Verfahren zur Herstellung von Fahrwerkbauteilen das Werkstück vor einer Umformung in einer Kühleinrichtung zumindest teilweise auf eine Temperatur von maximal –20°C oder weniger gekühlt und bei einer Temperatur von zumindest zeitweise maximal –20°C oder weniger mit einem Umformwerkzeug umgeformt wird, kann in Kombination mit den genannten Werkstoffen im Ergebnis ein Verfahren angegeben werden, mit welchem Fahrwerkbauteile oder Teile hiervon herstellbar sind, welche sich trotz geringem Gewicht durch eine beanspruchungsgerechte Festigkeit auszeichnen und zudem einfach herzustellen sind. Denn die vergleichsweise tiefen Temperaturen in Kombination mit einer Umformung bewirken bei dem verwendeten Austenitstahl des Werkstücks eine zumindest teilweise Umwandlung des Austenits in Martensit, sodass eine erhebliche Steigerung vor allem der Steckgrenze erzielt wird. Dabei können insbesondere Materialien mit einer vergleichsweise guten Umformbarkeit eingesetzt werden und durch die gesteigerte Austenit-Martensit-Umwandlung im Fertigteil dennoch sehr hohe Festigkeiten erreicht werden. Eine vollständige Umwandlung des austenitischen Gefüges in Martensit findet nicht statt, so dass in den gehärteten Bereichen auch austenitisches Gefüge vorhanden ist.
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Zudem resultieren gerade Bereiche hoher Umformung in Bereichen geringer Wanddicke, sodass es hier im Fertigteil einer erhöhten Festigkeit bedarf. Dem kann mit dem erfindungsgemäßen Verfahren Rechnung getragen werden, da durch den höheren Umformungsgrad eine entsprechend höhere Festigkeit bereitgestellt werden kann.
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Dass das Werkstück zumindest zeitweise bei maximal –20°C oder weniger umgeformt wird, ist so zu verstehen, dass beispielsweise die Temperatur während der Umformung, beispielsweise aufgrund der Umformung, ansteigen kann. Vorzugsweise weist das Werkstück zumindest zu Beginn der Umformung zumindest teilweise eine Temperatur von maximal –20°C oder weniger auf. Weiterhin bevorzugt sind dabei Kühl- bzw. Umformtemperaturen im Bereich von –40°C bis –180°C vorgesehen.
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Die Kühleinrichtung kann beispielsweise mittels eines Kühlmediums, wie etwa flüssiger Sauerstoff, flüssiger Stickstoff, flüssiges, gasförmiges oder festes Kohlendioxid (Trockeneis), eine Kühlung ermöglichen. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass das Werkstück in unmittelbaren Kontakt mit dem Kühlmedium gebracht wird. Die Kühleinrichtung ermöglicht es auf einfache Weise die Werkstücke im großtechnischen Einsatz auf eine entsprechende Temperatur zu kühlen.
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Das Umformwerkzeug kann beispielsweise eine Walze, eine Gesenkpresse oder ein Biegevorrichtung sein, um nur einige Beispiele zu nennen.
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Wird gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens das Fahrwerkbauteil in Blechbauweise hergestellt, kann eine weitere Reduzierung des Gewichts erzielt werden und gleichzeitig eine genügende Festigkeit des Fahrwerkbauteils erreicht werden, sodass ein effizienter Leichtbau verwirklicht werden kann. Beispielsweise kann das Fahrwerkbauteil oder der Teil davon aus einem im Wesentlichen flachen Blech geformt werden. Beispielsweise kann das Fahrwerkbauteil bzw. ein Teil hiervon als Hohlprofil oder als tiefgezogenes Blechteil ausgeführt sein. Das Blech kann beispielsweise aus einem Band zugeschnitten sein. Ein Blech weist in der Regel eine Dicke von maximal 5 mm auf. Das Umformen bei maximal –20°C oder weniger kann hierbei vorteilhaft während der Herstellung des Blechs und/oder während der Umformung des Blechs zu einem umgeformten Blechteil oder Fertigteil vorgesehen sein. Beispielsweise kann das Umformen bei maximal –20°C oder weniger ein Walzen eines Bandes sein, welches zu Blechen zugeschnitten wird, oder ein Tiefziehen des Blechteils zu einem Formteil, wie etwa einer Radschüssel.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens beträgt die Wanddicke des Werkstücks und/oder des Fahrwerkbauteils 0,5 mm bis 5 mm, bevorzugt 1,0 mm bis 4,5 mm. Insbesondere bei Werkstücken bzw. Bauteilen mit Bereichen geringerer Wanddicke kann durch das erfindungsgemäße Verfahren eine vorteilhaft erhöhte Festigkeit, das heißt Streckgrenze und Zugfestigkeit, erzielt werden. Durch die Umformung bei einer Temperatur von maximal –20°C oder weniger kann gerade in den Bereich mit erhöhtem Umformgrad und geringerer Wanddicke eine gesteigerte Festigkeit durch die Umwandlung von Austenit in Martensit erzielt werden.
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Ein Stahl-Werkstoff mit mindestens 60 Gew.-% Fe und einem Austenitgehalt von mindestens 5 Vol.-% ist vorzugsweise ein Edelstahl, ein mittel- order hochmanganhaltiger Stahl oder ein Restaustenitstahl. Diese Stähle zeigen eine deutliche Festigkeitssteigerung bei einer Umformung im Bereich von –20°C und kälter. Restaustenitstähle werden auch als TRIP-Stähle bezeichnet. Als typische Vertreter sind gemäß prEN 10338 beispielsweise HCT650T und HCT780T zu nennen. Ebenfalls kommen sogenannte Q&P-Stähle in Betracht. Die genannten Stähle weisen einen Restaustenitgehalt von mindestens 5 Vol.-%, insbesondere von mindestens 10 Vol.-% auf, sodass der Werkstoff in Kombination mit der Umformung bei tiefen Temperaturen eine beanspruchungsgerechte Festigkeit bereitstellen kann.
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Weiterhin ist bevorzugt, wenn eine Reduzierung der Werkstofftemperatur des Werkstücks auf maximal –20°C oder weniger in einer temperierten Kühleinrichtung erfolgt und das Werkstück unmittelbar vor der Umformung von der Kühleinrichtung dem Umformwerkzeug zugeführt wird. In die temperierte Kühleinrichtung können beispielsweise die Werkstücke eingebracht werden und unter Verwendung von entsprechend kalten Kühlmedien auf Tieftemperatur gebracht werden. Beispielsweise können Coils, Platinen oder Halbzeuge in einer diskontinuierlichen Kühleinrichtung positioniert und gekühlt werden. Ebenfalls kann eine kontinuierliche Kühleinrichtung, etwa eine Durchlaufkühlvorrichtung, vorgesehen sein, in welcher die Werkstücke, vorzugsweise ein Band, kontinuierlich gekühlt werden. Durch die unmittelbare Entnahme des Werkstücks vor dem Umformprozess wird zudem ermöglicht, dass das Werkstück auf einfache Weise bis zur Umformung auf Umformtemperatur gehalten werden kann und insofern zumindest zu Beginn des Umformprozesses die gewünschte Temperatur aufweist. Insbesondere können durch die vorangegangene Kühlung des Werkstücks bereits vorhandene Umformwerkzeuge, welche in der Regel bei Raumtemperatur arbeiten, verwendet werden.
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Zusätzlich besteht jedoch auch die Möglichkeit ein temperiertes Umformwerkzeug zu verwenden, sodass das Werkstück möglichst lange auf Tieftemperatur gehalten werden oder auch erst im Umformwerkzeug gekühlt werden kann.
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Als weitere Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es möglich als Kühleinrichtung das Umformwerkzeug selbst zu verwenden, in welchem das Werkstück gekühlt und anschließend umgeformt wird. Das Umformwerkzeug weist hierzu Mittel zur zumindest bereichsweisen Kühlung des Werkstücks auf, sodass ein optimaler Kühlprozess erreicht wird. Besonders vorteilhaft ist die Vereinigung von Kühlung und Umformung, wobei die Platine oder das Halbzeug also lediglich in das Umformwerkzeug eingebracht werden muss und in diesem ohne weitere Entnahme oder Transport umgeformt werden kann. Hierbei kann auch eine maximale Prozesskontrolle durch die Steuerung der Umformtemperaturen erzielt werden.
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Weiterhin bevorzugt ist es, wenn das Werkstück lediglich in den Bereichen bei einer Temperatur von zumindest zeitweise maximal –20°C oder weniger mit einem Umformwerkzeug umgeformt wird, in welchen eine hohe Streckgrenze und/oder Zugfestigkeit für das Fahrwerkbauteil gefordert wird. Hierdurch wird ermöglicht, dass bereits durch die Bereiche der Kühlung bzw. Umformung die Bereiche des Werkstücks festgelegt werden, welche eine erhöhte Festigkeit, das heißt eine erhöhte Zugfestigkeit und/oder Streckgrenze, aufgrund der Tieftemperaturumformung aufweisen sollen. Bereiche welche keine entsprechend hohe Festigkeit aufweisen sollen, können beispielsweise nicht gekühlt werden und etwa aus der Kühleinrichtung herausstehen. Diese Bereiche werden dann beispielsweise bei Temperaturen von mehr als –20°C, zum Beispiel bei Raumtemperatur, umgeformt. Bei der Umformung stellt sich in diesen Bereichen keine erhöhte bzw. nur eine vergleichsweise gering erhöhte Festigkeit ein. Diese Bereiche weisen dafür in der Regel keine verringerte bzw. nur eine vergleichsweise geringfügig verringerte Bruchdehnung auf. Ebenfalls ist denkbar, dass Bereiche, in denen keine hohe Streckgrenze und/oder Zugfestigkeit gefordert ist, zwar gekühlt aber nicht oder nur vergleichsweise geringfügig umgeformt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist die Umformung des Werkstücks ein Druckumformen, insbesondere ein Walzen, ein Zugdruckumformen, insbesondere ein Tiefziehen, oder ein Biegen. Die genannten Umformungen sind insbesondere bei der Herstellung von Fahrwerkbauteilen bzw. Teilen vorteilhaft einsetzbar. Die genannten Umformungen können in Kombination mit erfindungsgemäß vorgesehenem Werkstoff und tiefen Temperaturen wirtschaftlich durchgeführt werden und führen zu einem einfachen Verfahren, welches Fahrwerkbauteile mit beanspruchungsgerechter Festigkeit und gleichzeitig geringem Gewicht bereitstellt. Beispielsweise kann mittels Tiefziehens eine Radschüssel hergestellt werden. Mittels einer Biegeoperation kann beispielsweise eine Platine zu einem Ring geformt werden, welcher anschließend, beispielsweise mittels Flow-Forming, zu einer Felge geformt werden kann. Durch eine Walzoperation bei Temperaturen von maximal –20°C oder weniger kann beispielsweise ein Band mit verbesserten Festigkeitseigenschaften bereitgestellt werden, insbesondere bei geringen Dicken. Ein derartiges Band kann für eine Vielzahl von Fahrwerkbauteilen bzw. Teilen hiervon verwendet werden, beispielsweise zur Herstellung von Platinen, welche dann zu Hohlprofilen, wie sie etwa für Achsrahmen verwendet werden, geformt werden können.
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Wird das Werkstück einer Oberflächenbeschichtung unterzogen und als Oberflächenbeschichtung optional eine Zink enthaltende Oberflächenbeschichtung verwendet, kann ausgenutzt werden, dass durch ein Tieftemperaturumformen die Oberflächenbeschichtung im Vergleich zum Presshärten nicht oder in geringerem Ausmaß beschädigt wird. So kann ohne Weiteres ein kathodischer Korrosionsschutz durch Verwendung einer Zink enthaltenden Oberflächenbeschichtung verwendet werden, ohne dass diese die Umformung negativ beeinflusst. So hergestellte Fahrwerkbauteile weisen nicht nur belastungsgerechte Festigkeiten auf, sondern darüber hinaus aufgrund der Oberflächenbeschichtung weitere vorteilhafte Eigenschaften wie etwa einen besonders guten Korrosionsschutz. Grundsätzlich kann neben einer anorganischen Beschichtung (wie etwa eine Verzinkung) auch eine organische Beschichtung verwendet werden, welche bei entsprechend niedrigen Temperaturen umformbar ist.
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Wird ein Fahrwerkbauteil mit einer bereichsweise erhöhten Wanddicke, insbesondere einem als Wulst ausgebildeten Bereich, hergestellt, kann eine weitere Optimierung der Festigkeitseigenschaften erfolgen. Der Bereich erhöhter Wanddicke kann beispielsweise bereits vor der Umformung vorhanden sein oder durch die Umformung entstehen. Eine erhöhte Wanddicke erfordert in der Regel ein Material mit einer erhöhten Umformbarkeit. Diese verfügen aber über vergleichsweise geringe Festigkeitseigenschaften, was nicht erwünscht ist. Dies führt dazu, dass dieser Ansatz im Stand der Technik häufig nicht realisiert werden kann. In Kombination mit dem erfindungsgemäßen Verfahren können jedoch Materialien mit einer guten Umformbarkeit verwendet werden (etwa Restaustenitstähle wie TRIP-Stähle oder austenitische Edelstähle) und dennoch aufgrund der erhöhten Austenit-Martensit-Umwandlung durch die Umformung sehr hohe Festigkeiten im Fahrwerkbauteil realisiert werden.
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Wird ein Werkstück zumindest bereichsweise bestehend aus einem Verbundwerkstoff umgeformt, kann eine weitere Optimierung der Festigkeitseigenschaften erfolgen. Beispielsweise kann ein mehrschichtiges (etwa ein mindestens zwei oder drei-schichtiges) Verbundmaterial eingesetzt werden. Beispielsweise kann ein Stahl-Verbundmaterial mit mindestens drei walzplattierten Lagen vorgesehen sein. Die Lagen können hierbei unterschiedliche Dicken aufweisen und/oder aus unterschiedlichen Materialien bestehen. Vorzugsweise weist eine oder beide äußere Schichten oder die Randfasern, welche in der Regel am stärksten umgeformt werden, einen Stahl mit Restaustenitgehalt auf, beispielsweise ein Stahl mit mindestens 60 Gew.-% Fe und einem Restaustenitgehalt von mindestens 5 Vol.-%. Als Kernschicht kann ein Stahl mit einer im Vergleich geringeren Festigkeit vorgesehen sein. Im Ergebnis, kann so durch reduzierte Presskräfte die Umformung verbessert werden und eine weitere Gewichtsoptimierung der Fahrwerkbauteile durch eine beanspruchungsgerechte Auslegung erreicht werden.
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Wird als Werkstück ein Tailored Blank oder ein Tailored Strip, insbesondere ein Tailored Rolled oder Tailored Welded Blank bzw. Strip, verwendet, kann eine belastungsgerechte Ausgestaltung des Fahrwerkbauteils weiterhin optimiert werden bzw. weitere Gewichtsvorteile erzielt werden. Tailored Blanks sind dabei auf den jeweiligen Anwendungsfall maßgeschneiderte, aus mehreren miteinander verschweißten Blechzuschnitten gebildete Blechplatinen. Tailored Strips sind entsprechend maßgeschneiderte Bänder, welche beispielsweise ebenfalls verschweißt oder bereichsweise unterschiedlich gewalzt werden können. Die einzelnen Blechzuschnitte weisen unterschiedliche Blechdicken auf und/oder bestehen aus Werkstoffen mit unterschiedlichen Festigkeiten. Die einzelnen Bereiche des Tailored Blank oder Strip können so vorgesehen sein, dass bei dem umgeformten Formbauteil in genau vorbestimmten Bereichen jeweils der Blechbereich angeordnet ist, welcher die für diesen Bereich gewünschte Dicke und/oder Werkstofffestigkeit aufweist.
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Besonders vorteilhaft kann mit dem erfindungsgemäßen Verfahren gemäß einer nächsten Ausgestaltung ein Rad, insbesondere eine Felge oder eine Radschüssel, ein Lenker, ein Fahrschemel, ein Achskörper oder ein (Achs-)Hilfsrahmen als Fahrwerkbauteil hergestellt werden. Es hat sich herausgestellt, dass mit dem erfindungsgemäßen Verfahren die genannten Fahrwerkbauteile mit belastungsgerechter Ausgestaltung wirtschaftlich herstellbar sind und ein hohes Gewichtseinsparpotenzial besteht.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist das Fahrwerkbauteil eine eine Versteifungswelle, Belüftungslöcher und/oder Bolzenlöcher aufweisende Radschüssel und die Radschüssel wurde zumindest in den Bereichen der Versteifungswelle, der Belüftungslöcher und/oder der Bolzenlöcher bei einer Temperatur von zumindest zeitweise maximal –20°C oder weniger mit einem Umformwerkzeug umgeformt. Es hat sich herausgestellt, dass insbesondere bei der Umformung (beispielsweise dem Tiefziehen) von Radschüsseln eine Reduzierung der Wanddicke hauptsächlich in den Bereichen auftritt, welche später hohen Belastungen ausgesetzt sind. Derartige Bereiche treten im Bereich der Versteifungswelle, der Belüftungslöcher oder der Bolzenlöcher auf. Mit der Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann somit eine Radschüssel hergestellt werden, welche sich trotz geringem Gewicht durch eine beanspruchungsgerechte Festigkeit auszeichnet und einfach herzustellen ist.
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Gemäß einer zweiten Lehre der vorliegenden Erfindung wird die eingangs genannte Aufgabe auch mit einem Fahrwerkbauteil, insbesondere einem Rad, einer Felge, einer Radschüssel, einem Lenker, einem Fahrschemel, einem Achskörper oder einem (Achs-)Hilfsrahmen, oder einem Teil von einem Fahrwerkbauteil dadurch gelöst, dass das Fahrwerkbauteil oder der Teil von dem Fahrwerkbauteil Bereiche aufweist, die bei maximal –20°C oder weniger gehärtet sind. Das Fahrwerkbauteil oder der Teil hiervon kann insbesondere mit einem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt wurden. Ein derart hergestelltes Fahrwerkbauteil unterscheidet sich von herkömmlichen Fahrwerkbauteilen aus dem Stand der Technik dadurch, dass die Fahrwerkbauteile bei gleichen Werkstoffen aufgrund des erfindungsgemäßen Verfahrens eine höhere Festigkeit insbesondere bei reduzierten Dicken aufweisen. Insofern wird kann ein Fahrwerkbauteil bereitgestellt werden, welche sich trotz geringem Gewicht durch eine beanspruchungsgerechte Festigkeit auszeichnen.
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Bevorzugt weist das Fahrwerkbauteil Bereiche mit unterschiedlichen Festigkeiten auf, um eine weiterhin optimierte Anpassung an die Beanspruchung des Fahrwerkbauteils zu erzielen.
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Für weitere vorteilhafte Ausgestaltung des Fahrwerkbauteils wird auf die Beschreibung des erfindungsgemäßen Verfahrens und Ausgestaltungen verwiesen.
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Die Erfindung soll im Folgenden anhand von Ausführungsbeispielen in Verbindung mit der Zeichnung näher erläutert werden. In der Zeichnung zeigt
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1 eine Prinzipskizze eines ersten Ausführungsbeispiels eines Verfahrens zur Herstellung eines Fahrwerkbauteils oder eines Teils hiervon,
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2 eine Prinzipskizze eines zweiten Ausführungsbeispiels eines Verfahrens zur Herstellung eines Fahrwerkbauteils oder eines Teils hiervon,
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3a, b eine Prinzipskizze eines dritten Ausführungsbeispiels eines Verfahrens zur Herstellung eines Fahrwerkbauteils oder eines Teils hiervon,
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4 ein Spannungs-Dehnungs-Diagramm zur Veranschaulichung des Effekts der Umformtemperatur auf die Festigkeit eines umgeformten Werkstücks,
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5a, b ein Rad mit Felge und Radschüssel als ein Ausführungsbeispiel eines Fahrwerkbauteils in perspektivischer bzw. geschnittener Ansicht,
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6a, b Veranschaulichung von dünnen und beanspruchten Bereichen der Radschüssel aus 5,
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7, 8 weitere Ausführungsbeispiele eines Fahrwerkbauteils,
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9a, b beispielhaft anhand von Diagrammen Eigenschaften verschiedener bzw. unterschiedlich behandelter Stähle.
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1 ist eine Prinzipskizze eines ersten Ausführungsbeispiels des Verfahrens zur Herstellung eines Fahrwerkbauteils oder eines Teils hiervon dargestellt. Dabei soll ein Werkstück, hier eine Platine 1, in einem Umformwerkzeug 2 umgeformt werden. Das Umformwerkzeug 2 ist als einfaches Tiefziehwerkzeug dargestellt. Das Umformwerkzeug 2 steht allerdings für beliebige Umformwerkzeuge, wie sie zur Erzeugung von umgeformten Blechteilen aus ebenen Platinen oder bereits vorgeformten oder zugeschnittenen Halbzeugen verwendet werden. Beispielsweise sind auch AHU/IHU-Umformwerkzeuge und beliebig andere Umformwerkzeuge denkbar, welche eine Umformung und damit eine Verfestigung im Blechteil hervorrufen, geeignet. Ebenso steht das Umformwerkzeug stellvertretend für Werkzeuge anderer Umformverfahren wie beispielsweise Walzverfahren oder Biegeverfahren.
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Die Platine 1 besteht aus einem Stahl mit mindestens 60 Gew.-% Fe und einem Austenitgehalt von mindestens 5 Vol.-%. Typische Vertreter dieser Stahlsorten sind beispielsweise Restaustenitstähle bzw. TRIP-Stähle, mittel- oder hochmanganhaltige Stähle, Q&P-Stähle oder austenitische Stähle. Bei diesen Stählen insbesondere bei den Restaustenitstählen (TRIP-Stählen) wird beobachtet, dass bei einer Umformung austenitische Bereiche bei sehr tiefen Temperaturen sich teilweise in martensitisches Gefüge umwandeln und damit zusätzlich zur Verformungsfestigkeit eine weitere Streckgrenzen- und Festigkeitssteigerung erreicht wird. Es wurde festgestellt, dass dieser Effekt bei weiter sinkenden Temperaturen deutlich ansteigt, so dass der Verfestigungsvorgang, welcher zusätzlich zu dem klassischen Bake- und Workhardening-Effekt noch einen sogenannten TRIP-Effekt darstellt und zu sehr hohen Streckgrenzen und Zugfestigkeiten führen kann. Um nur ein Beispiel zu nennen, kann mit einem HCT 690T-Stahl (TRIP-Stahl) die Streckgrenze von 410 MPa auf über 800 MPa gesteigert werden.
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In dem in 1 dargestellten Ausführungsbeispiel des Verfahrens wird die Platine 1 zunächst in einer Kühleinrichtung 3 auf eine Temperatur unterhalb von –20°C, bevorzugt auf eine Temperatur von –40°C bis –180°C abgekühlt. Erreicht die Platine, welche eine Wanddicke von vorzugsweise 0,5 mm bis 5 mm, besonders bevorzugt 1,0 mm bis 4,5 mm aufweist, die Umformtemperatur wird diese kurz vor dem Umformvorgang aus der Kühleinrichtung 3 entnommen und dem Umformwerkzeug 2 zugeführt. Die Umformung erfolgt dann unmittelbar, so dass der Temperaturanstieg aufgrund der Entnahme aus der Kühleinrichtung 3 begrenzt wird. Bevorzugt oder alternativ kann auch das Umformwerkzeug 2 selbst temperiert sein, so dass ein deutlicher Temperaturanstieg der Platine 1 im Umformwerkzeug 2 verhindert wird. Nach dem Umformen kann beispielweise ein Fahrwerkbauteil 4 (wie in den 5–8 dargestellt) oder ein Teil hiervon zur Verfügung stehen. Beispielsweise ist das Fahrwerkbauteil 4 eine Radschüssel oder ein halbschalenförmiger Querlenker. Es können jedoch auch noch weitere Bearbeitungsschritte vorgesehen oder notwendig sein, um ein Fahrwerkbauteil oder einen Teil hiervon zu erhalten.
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Wie aus 1 zu erkennen ist, stellt die Kühleinrichtung 3 einen diskontinuierlichen Betrieb des Kühlens der Platine 1 zur Verfügung. Im Gegensatz dazu ermöglicht die in 2 dargestellte Kühleinrichtung 3' eines zweiten Ausführungsbeispiels des Verfahrens einen kontinuierlichen Durchlauf des Werkstücks 1 durch die Kühleinrichtung 3', so dass das Werkstück 1 am Ausgang der Kühleinrichtung 3' auf Umformtemperatur gebracht wurde. Das Werkstück 1 wird dann unmittelbar nach dem Verlassen der Kühleinrichtung 3' in das Umformwerkzeug 2 eingelegt und umgeformt. Wie bereits zuvor ausgeführt, ist das Umformwerkzeug 2 hier lediglich stellvertretend als Tiefziehwerkzeug dargestellt.
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3a und b zeigen eine Prinzipskizze eines dritten Ausführungsbeispiels des Verfahrens zur Herstellung eines Fahrwerkbauteils oder eines Teils hiervon, In 3a erfolgt zunächst die Herstellung bzw. Bearbeitung von gewalztem Band 6. Hierzu wird zunächst eine Kühleinrichtung in Form einer Kühlkammer 3'' vorgesehen. Auf einem Coil 8 ist das Stahl-Band 6, welches aus einem Werkstoff bestehend aus Stahl mit mindestens 60 Gew.-% Fe und einem Restaustenitgehalt von mindestens 5 Vol.-% besteht, zunächst aufgewickelt. Das Band 2 kann beispielsweise bereits einem oder mehreren Kalt- und/oder Warmwalzschritten und optionalen Wärmebehandlungen unterzogen worden sein. Das Coil 8 wird in der Kühlkammer 3'' zumindest teilweise auf eine Temperatur von maximal –20°C oder weniger gekühlt. Anschließend wird das Coil 6 der Kühlkammer 3'' entnommen und das Band 2 bei einer Temperatur von maximal –20°C oder weniger einer Walzeinheit 10 zugeführt und gewalzt. Das gewalzte Band 2 wird anschließend erneut zu einem Coil 12 aufgewickelt.
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Gestrichelt dargestellt ist weiterhin eine optional vorgesehene Beschichtungseinheit 18. In diesem Fall kann das Band 6 vor dem Aufwickeln mit einer zinkhaltigen Oberflächenbeschichtung zum Korrosionsschutz versehen werden. Alternativ oder zusätzlich zur Kühleinrichtung 3'' kann zudem eine Kühleinrichtung 3''' als Durchlaufkühler vorgesehen sein. Optional können beispielsweise noch Wärmebehandlungen des Bandes 6, vorzugsweise als Coil 8 oder 12, in einem (nicht dargestellten) Ofen durchgeführt werden. Eine Wärmebehandlung ermöglicht beispielsweise ein Anlassen des Martensits im Band 6.
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Wie nun in 3b dargestellt, wird das Band 6 anschließend, beispielsweise nach einem Transport, vom Coil 12 abgewickelt und wird anschließend in der Trenneinheit 14 zu bereits in 1 oder 2 dargestellten Platinen oder Blechen 1 verarbeitet, um anschließend Umformteile 4 herzustellen. Im unterschied zu dem in 1 oder 2 gezeigten Ausführungsbeispiel ist hier keine Kühlung mehr notwendig, da bereits während des Walzens eine Umformung bei Tieftemperatur erfolgte. Allerdings kann auch in diesem Fall eine weitere Umformung bei Tieftemperatur erfolgen, wie bereits in 1 oder 2 dargestellt.
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4 zeigt ein Spannungs-Dehnungs-Diagramm zur Veranschaulichung des Effekts der Umformtemperatur auf die Festigkeit eines umgeformten Werkstücks. Dabei ist die Spannung in MPa über der wahren Dehnung aufgetragen. Es sind drei Messkurven A, B und C aufgetragen. Kurve A stammt von einer Probe A, welche bei –40°C umgeformt wurde, Kurve B von einer Probe B, welche bei Raumtemperatur umgeformt wurde, und Kurve C von einer Probe C, welche bei +100°C umgeformt wurde. Die Proben bestanden aus einem Stahl mit mindestens 60 Gew.-% Fe und einem Austenitgehalt von mindestens 5 Vol.-%, in diesem Fall aus HCT 690T. Wie zu erkennen ist, weist die Probe A ab einer Dehnung von etwa 0,025 bei gleicher Spannung eine geringere Dehnung als die bei höheren Temperaturen umgeformten Proben B und C auf, oder anders ausgedrückt, ist bei Probe A eine höhere Spannung für die gleiche Dehnung notwendig. Dieser Effekt rührt daher, dass die tiefe Temperatur die Umwandlung des Austenits bzw. Restaustenits in einen Martensit unterstützt und damit die Festigkeit steigert.
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5a zeigt ein Rad 16 mit Felge 18 und Radschüssel 20 als ein Ausführungsbeispiel eines Fahrwerkbauteils in perspektivischer und 5b in geschnittener Ansicht. Das Rad 16 wird vorzugsweise zweiteilig mit Felge 18 und Radschüssel 20 als separate Teile hergestellt, welche hinterher gefügt werden können. Sowohl die Felge 18 als auch die Radschüssel 20 sind aus einem Stahl mit mindestens 60 Gew.-% Fe und einem Austenitgehalt von mindestens 5 Vol.-% hergestellt. Die Radschüssel weist in diesem Fall unter anderem einen Lochkranz mit Lüftungslöchern 22 eine Welle 24, welche als Versteifungswelle dient, und Bolzenlöcher 26 auf. Mittig weist die Radschüssel eine kreisförmige Aussparung 28 zum Aufsetzten auf eine Radnabe auf. Die Radschüssel 20 kann beispielsweise durch ein Tiefziehen bei einer Temperatur von maximal –20°C oder weniger aus einer Platine hergestellt sein. Zur Herstellung der Felge kann beispielsweise eine Platine bei einer Temperatur von maximal –20°C oder weniger zum Ring eingeformt werden und anschließend mittels Fließ-Walz-Verfahrens weiter umgeformt werden. Alternativ oder zusätzlich kann die Umformung bei einer Temperatur von maximal –20°C oder weniger zur Herstellung der Radschüssel 20 oder der Felge 18 auch bereits während eines Walzenschritts bei der Herstellung der Platine erfolgt sein.
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6a veranschaulicht nun die beanspruchten Bereiche der Radschüssel aus 5 in einer Frontansicht. Als Grundlage dient ein Berechnungsergebnis auf Basis der Finite-Elemente-Methode (FEM). Dabei wurden die resultierenden Spannungen der Radschüssel 20 bei einer Umlaufbiegeprüfung berechnet. In den gestrichelt eingezeichneten Bereichen 28 treten demnach besonders hohe Spannungen auf, welche um eine oder sogar mehrere Größenordnung höher sein können als in anderen Teilen der Radschüssel 20.
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6b veranschaulicht hingegen besonders dünnwandige Bereiche der Radschüssel aus 5 bzw. 6a in einer perspektivischen Ansicht. Als Grundlage dient hier ebenfalls ein FEM-Berechnungsergebnis des Umformprozesses der Radschüssel. Es zeigt sich, dass im Bereich der gestrichelten Linie 30, das heißt im Bereich der Versteifungswelle 24 und der Lüftungslöcher 22, und innerhalb der gestrichelten Linie 32, das heißt im Bereich der Bolzenlöcher 26, eine besonders hohe Formänderung und damit hohe Blechausdünnung stattfindet. Während der Bereich außerhalb der gestrichelten Linie 30 eine Dicke zwischen 3,5 mm und 4 mm aufweisen kann, reduziert sich die Dicke im Bereich der gestrichelten Linie 30 bzw. im Bereich der Versteifungswelle 24 auf bis zu etwa 3,3 mm und im Bereich der Bolzenlöcher sogar bis auf 2,5 mm.
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Ein Vergleich von 6a und b zeigt, dass die Bereiche der höchsten Formänderung (Blechausdünnung) auch die Bereiche der höchsten Beanspruchung im Anwendungsfall sind. Mit anderen Worten erfährt der Bereich, der strukturmechanisch am höchsten belastet wird, die größte Blechdickenausdünnung und wird somit durch den Umformprozess am meisten geschwächt. Zwar kann eine derartige Schwächung zum Teil durch Bakehardening- und Workhardening-Effekte, also durch Erwärmen oder Kaltumformung, der eingesetzten Werkstoffe (beispielsweise der Dualphasenstahl DP-W 600) kompensiert werden. Problematisch wird es allerdings bereits mit Werkstoffen, bei denen diese Effekte gering ausgeprägt sind. Zwar kommt hier eine Erhöhung der Ausgangsblechdicke bzw. Platinenblechdicke zur Kompensation der umformtechnisch bedingten Schwächung des strukturmechanischen Bereichs in Betracht. Dies führt aber zu einem deutlichen Mehrgewicht da auch die weniger beanspruchten Bereiche durch den Einsatz einer monolithischen Platine aufgedickt werden. Durch den Einsatz erfindungsgemäßer Verfahren kann hingegen eine gezielte und überproportionale Streckgrenzen- und Zugfestigkeitssteigerung in Bereichen erfolgen, in denen die umformtechnisch bedingte Materialausdünnung zu einer überproportionalen Schwächung des Fahrwerkbauteils führt.
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7 und 8 zeigen nun zwei weitere Ausführungsbeispiele von Fahrwerkbauteilen, welche mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt werden können und ebenfalls zumindest teilweise aus einem Stahl mit mindestens 60 Gew.-% Fe und einem Austenitgehalt von mindestens 5 Vol.-% bestehen. 7 zeigt einen Lenker 34, welcher als einschaliger Querlenker ausgebildet ist. Der Querlenker 34 weist einen radseitigen Lagerabschnitt 36, einen hinten liegenden Lagerabschnitt 38 und einen vorne liegenden Lagerabschnitt 40 auf. Der hinten liegende Lagerabschnitt weist einen Lagerbolzen 38' auf, der vorne liegende Lagerabschnitt weist eine Gummi-Metall-Lager 40' auf. Im Bereich des vorne liegenden Lagers treten im Betrieb die größten Biege- und Torsionskräfte auf. Daher wurde dieser schraffiert gezeichneten Bereich 42 bei einer Temperatur von zumindest zeitweise maximal –20°C oder weniger mit einem Umformwerkzeug umgeformt, sodass hier ein erhöhter Martensitgehalt vorliegt und dadurch eine beanspruchungsgerechte Festigkeit erreicht wird. Auch der gestrichelt begrenzt gezeichnete Abkantbereich 44 weist aufgrund der Umformung einen erhöhten Martensitgehalt auf, was dem Querlenker 34 weitere Festigkeit verleiht. Alternativ ist auch denkbar, den Werkstoff des Querlenker 34 im Wesentlichen vollständig durch Martensitbildung zu härten, um eine erhöhte Festigkeit in allen Bereich zu erzielen. Der Querlenker 34 kann ebenso als geschlossenes Profil beispielsweise aus einem Platinenzuschnitt oder aus zwei Halbschalen hergestellt werden.
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8 zeigt einen Teil eines Hilfsrahmens 46 eines Fahrwerks. Der Hilfsrahmenteil 46 ist als geschlossenes Hohlprofil aus einer Platine geformt. Durch die Abkantung bei der Umformung der Platine zum Hohlprofil erhöht sich im Bereich der Biegeradien 48 der Martensitgehalt in diesen Bereichen. Auch in diesem Fall können so die Festigkeitseigenschaften des Hilfsrahmenteils 46 optimiert werden und im Ergebnis ein Hilfsrahmen mit erhöhter Steifigkeit bereitgestellt werden. Alternativ kann der Hilfsrahmenteil 46 auch in Schalenbauweise aus zwei Halbschalen gefertigt sein, welche auch aus unterschiedlichen Werkstoffen bestehen können. Die einzelnen Schalen können beispielsweise miteinander verschweißt sein. Ebenfalls kann der Hilfsrahmenteil 46 zur weiteren Gewichtsoptimierung aus Tailored Blanks hergestellt sein.
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Das Hilfsrahmenteil 46 kann beispielsweise Teil eines Achsträgers sein. Ein Achsträger ist beispielsweise aus Quer- und Längsträgern aufgebaut, welche wie der Hilfsrahmenteil 46 gestaltet sein können.
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9a zeigt schließlich ein Diagramm, auf dessen Abzisse die Bruchdehnung A80 in % aufgetragen ist und auf dessen Ordinate die Streckgrenze in MPa aufgetragen ist. Ein Punkt in dem Diagramm entspricht somit einem Wertepaar aus Bruchdehnung und Streckgrenze einer Probe. In dem Diagramm sind nun unterschiedliche, ovale Bereiche verschiedener Stähle bzw. unterschiedlich behandelter Stähle eingezeichnet und geben an, welche Bruchdehnung in Kombination mit welcher Streckgrenze für die unterschiedlichen Stähle bzw. unterschiedlich behandelten Stähle jedenfalls näherungsweise erreichbar ist. Dabei sind die eingezeichneten Bereiche lediglich als grobe Näherungen zu verstehen. Das heißt, es können in Abhängigkeit des konkreten Stahls sowohl Wertepaare außerhalb der eingezeichneten Bereiche erreichbar sein als auch Wertepaare innerhalb der eingezeichneten Bereiche eventuell nicht erreichbar sein.
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Dabei bezieht sich „DDQ” auf Tiefzieh-Stahl (Deep Drawing Quality), „BH” auf Bake-Hardening-Stahl, „HSLA” auf hochfesten, niedriglegierten Stahl (High Strength Low Alloy), „TRIP” auf TRIP-Stahl (Transformation Induced Plasticity), „DP” auf Dualphasenstahl, „B” auf bainitischen Stahl, „RHSLA” auf erholungsgeglühten hochfesten, niedriglegierten Stahl (Recovery Annealed High Strength Low Alloy) „CP” auf Komplexphasen-Stahl, „MS” auf martensitischen Stahl und „PH” auf pressgehärteten Stahl.
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Anhand von TRIP-Stahl werden nun beispielhaft die Vorteile von Ausführungen des erfindungsgemäßen Verfahrens dargestellt. In 9a ist zu erkennen, dass TRIP-Stahl bei der Bearbeitung mit herkömmlichen Verfahren bei Bruchdehnungen A80 von etwa 18 bis 25% Streckgrenzen von etwa 400 bis 600 MPa erreicht. Unter Verwendung von Ausführungen des erfindungsgemäßen Verfahrens kann dieser Bereich erheblich ausgedehnt werden, wie ein Vergleich von 9a mit 9b zeigt.
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9b zeigt im Wesentlichen das Diagramm aus 9a. Für die TRIP-Stähle ist allerdings ein erweitertes Oval eingezeichnet, welches insbesondere Streckgrenzen umfasst, welche zuvor nicht abgedeckt waren. Mittels Ausführungen des erfindungsgemäßen Verfahrens ist eine derartige hier beispielhaft dargestellte Erweiterung der Eigenschaften der gewalzten Stahlbänder möglich. Wie zu erkennen ist, kann die Streckgrenze von TRIP-Stahl weit über den üblichen Bereich hinaus (im Beispiel bis auf 800 MPa) bei verringerter Bruchdehnung erhöht werden. Es können also Walzprofilprodukte zur Verfügung gestellt werden, welche zuvor lediglich beispielsweise mittels DP- bzw. CP-Stählen erreicht werden konnten. Vorteilhaft ist dabei, dass die Wanddicken, welche beispielsweise bei Walzprofilprodukten aus DP- bzw. CP-Stählen benötigt werden, mit TRIP-Stählen durch die Umformung bei Temperaturen von maximal –20°C unterschritten werden können.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102011122556 B3 [0005]
- DE 10007192 C2 [0007]
- DE 10323833 B4 [0008]