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Die Erfindung betrifft ein Sicherheitssystem für ein Fahrzeug mit einem Hochvoltbordnetz nach der im Oberbegriff von Anspruch 1 näher definierten Art. Außerdem betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Betreiben eines derartigen Sicherheitssystems.
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Zumindest teilweise elektrisch angetriebene Fahrzeuge, also beispielsweise Hybridfahrzeuge, Brennstoffzellenfahrzeuge oder Elektrofahrzeuge werden typischerweise mit einem Hochspannungs- bzw. Hochvoltbordnetz ausgestattet. Ein solche Hochvoltbordnetz erfordert eine hohe Sicherheit gegenüber einem elektrischen Schlag. Dieser Schutz vor elektrischen Schlag ist das oberste Ziel bei der Auslegung von Bordnetzen in Kraftfahrzeugen mit Spannungen der Spannungsklasse B (ISO 6493-3). Dabei ist unter dem Begriff Hochspannung bzw. Hochvolt (HV) gemäß ECE R 100 eine Spannung zu verstehen, die für die ein elektrisches Bauteil oder ein Stromkreis ausgelegt ist, dessen Effektivwert der Betriebsspannung > 60 V und s 1500 V (Gleichstrom) oder > 30 V und s 1000 V (Wechselstrom) ist.
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Um Personen und Nutztiere vor der Berührung einer solchen Spannung zu schützen, werden mehrere unabhängige Schutzmaßnahmen ausgeführt. Diese werden unterteilt in Basisschutz und Fehlerschutz. Zum Basisschutz gehören unter anderem Schutzisolierungen und Gehäuse, welche einen Zugang zu aktiven Teilen konstruktiv verhindern. Zum Fehlerschutz gehören Einrichtungen, die beim Erkennen eines Fehlers in HV-System eine Warnmeldung absetzen oder das System in einen definierten Zustand überführen.
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Als eine der Schutzmaßnahmen ist in HV-Bordnetzen von Fahrzeugen immer ein System zur Überwachung des Isolationswiderstandes verbaut. Dieser so genannte Isolationswächter überwacht permanent den elektrischen Widerstand zwischen den Hochvoltpotentialen und der elektrischen Fahrzeugmasse. Der Grund für diese Isolationsüberwachung ist, dass die Hochvoltbordnetze als sog. isolierte Netze aufgebaut werden. Diese Netzform ist im Gegensatz zu sogenannten Netzen mit Erdbezug einfach fehlertolerant. Dennoch müssen Einfachfehler erkannt und signalisiert werden.
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Das im Folgenden beschriebene Verfahren befasst sich mit dem Erkennen eines nicht vollständig montierten bzw. an seinen Steckverbindungen nicht vollständig gesteckten oder im Bereich von Hochvoltzugangsstellen für die Wartung oder Montage nicht gänzlich verschlossenes HV-System mit dem Ziel, eine geeignete Systemreaktion zum Schutz der Bediener bzw. Benutzer einzuleiten, Diese Systemreaktion kann beispielsweise in Form der Verhinderung der Zuschaltung bzw. der definierten Abschaltung des Bordnetzes und/oder in der Ausgabe einer Warnmeldung ausgebildet sein.
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Im allgemeinen Stand der Technik und in der Literatur wird eine solche Überwachungsfunktion der Steckverbindungen und/oder Zugangsstellen meist mit dem Begriff „Interlock” beschrieben. Ein mögliche bekannt Ausführung einer solchen Funktionalität ist eine zusätzliche Leiterschleife, welche durch alle Hochvolt-Kontaktierungen geführt wird. Ziel ist es, an allen potentiellen Zugangsstellen zum HV-System und/oder den Steckverbindern ein zusätzliches Kontaktsystem zu installieren, welches erst durch Stecken die Leiterschleife kontaktiert und somit geschlossen wird. Oft sind die Zugangsstellen dabei gelichzeitig auch die Steckverbinder der Hochvoltkomponenten bzw. Abdeckungen von Gehäusen. Da alle Kontaktsysteme in einer Reihenschaltung verbunden sind, kann ein durch die zusätzliche Leiterschleife fließendes elektrisches Signal erst dann fließen, wenn alle Kontakte geschlossen sind.
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Aus dem Stand der Technik sind dabei unterschiedliche Verdrahtungsanordnungen bekannt. Es gibt für die Auswertung einer Signalunterbrechung zentrale sowie mehrere dezentrale Ansätze. Ferner gibt es unterschiedliche Ausprägungen des elektrischen Signals, welches für diese Anwendung verwendet werden kann. Hier sind aus dem allgemeinen Stand der Technik Signalformen einer DC-Spannungsquelle sowie AC-Stromsignale unterschiedlicher Frequenz bekannt. Das Signal wird generell von einer definierten Signalquelle ausgesendet und über ein oder mehrere Detektoren im System zurückgelesen. Kann ein definiertes Signal nicht vom Detektor erkannt werden, so wird auf eine Unterbrechung der Signalschleife geschlossen, was mit einer nicht gesteckten Verbindung in Zusammenhang gebracht wird.
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Die schon angeführte Realisierungsmöglichkeit mittels Signalschleife durch sämtliche Hochvolt-Komponenten bringt einige Nachteile mit sich. Aus Gründen der elektromagnetischen Verträglichkeit werden diese Signalschleifen nicht im Hochvoltkabel als Signalleitung mitgeführt. Dies bedeutet, dass diese Leitungen im Niedervoltkabelsatz mitgeführt werden müssen. Somit wird dieses Signal an einer Hochvoltkomponente über die Niedervoltsteckverbindung zugeführt und anschließend über die Hochvoltsteckverbindung gebrückt. Dieses erhöht sich die Anzahl der Steckverbinder unnötig. Des Weiteren führt auch die Unterbrechung der entsprechenden Niederspannungssteckverbindung zur Deaktivierung des Hochvoltsystems was die Zuverlässigkeit beeinflusst. Außerdem gestaltet es sich schwierig eine Unterbrechung der Signalschleife lokal zur orten. Bei einer Unterbrechung müssen meist aufwendige Arbeiten zur Lokalisierung der Unterbrechung durchgeführt werden.
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Eine bekannte Alternative sind insbesondere analog dazu aufgebaute Komponenteneigene Überwachungskonzepte mittels interner Signalschleife und Kommunikation des Zustands über einen Kommunikationsbus. Sie reduzieren die Anfälligkeit gegenüber elektromagnetischer Verträglichkeit und Störungen in Niedervoltnetz. Sie sind jedoch hinsichtlich der Verkabelung und Kommunikation sehr aufwändig. Außerdem sind sie anfällig für Störungen im Kommunikationsbus und der darin verbauten Elektronik.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht nun darin, ein verbessertes Sicherheitssystem für ein Fahrzeug mit einem Hochvoltbordnetz anzugeben. Insbesondere soll das verbesserte Sicherheitssystem die genannten Nachteile des allgemeinen Standes der Technik vermeiden helfen.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch ein Sicherheitssystem mit den Merkmalen im Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den hiervon abhängigen Unteransprüchen. Im Anspruch 5 ist ein Verfahren zum Betreiben eines derartigen Sicherheitssystems angegeben, welches zusammen mit den Merkmalen des Anspruchs 1 das Verfahren ebenfalls löst. Vorteilhafte Weiterbildungen des Verfahrens ergeben sich aus den hiervon abhängigen Unteransprüchen.
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Bei dem erfindungsgemäßen Sicherheitssystem ist es nun baulich vorgesehen, dass im Bereich jeder der Hochvoltsteckverbindungen und der Hochvoltzugangsstellen ein Schaltelement und ein Schaltwiderstand angeordnet ist. Bei geschlossenem Schaltelement verbindet der Schaltwiderstand das Hochvoltpotenzial mit der Fahrzeugmasse. Die Hochvoltsteckverbindungen bzw. eventuelle Verschlusselemente von Hochvoltzugangsstellen, falls diese nicht ohnehin als die Steckverbindungen ausgebildet sind, sind dann so realisiert, dass sie im eingesteckten bzw. geschlossenen Zustand das Schaltelement öffnen. Damit wird die Verbindung des Hochvoltpotenzials über den Schaltwiderstand auf die Fahrzeugmasse unterbrochen. Der ohnehin vorhandene Isolationswächter bietet nun, ohne dass ein zusätzliches Überwachungssystem notwendig ist, die Möglichkeit, die Hochvoltsteckverbindungen bzw. Hochvoltzugangsstellen effektiv zu überwachen. Ist die Steckverbindung nicht eingesteckt bzw. die Zugangsstelle nicht geschlossen, dann wird durch das geschlossene Schaltelement über den Schaltwiderstand das Hochvoltpotenzial an der Fahrzeugmasse anliegen. Der Isolationswiderstand des Hochvoltbordnetzes verändert sich dadurch. Dies wird durch den Isolationswächter in jedem Fall erkannt, da es eine Veränderung des Isolationswiderstands bedeutet. Dieser kann dann, eine entsprechende Programmierung und eine erweiterte Logik vorausgesetzt, die geeigneten Maßnahmen einleiten, beispielsweise das Abschalten des Hochvoltbordnetzes oder das Verhindern der Zuschaltung von Hochvoltspannungsquellen.
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Gemäß einer sehr vorteilhaften Weiterbildung des erfindungsgemäßen Sicherheitssystems kann es dabei vorgesehen sein, dass die Hochvoltsteckverbindung bzw. Hochvoltzugangsstelle das Schaltelement im eingesteckten bzw. geschlossenen Zustand mechanisch öffnet. Insbesondere eine solche direkte mechanische Kommunikation zwischen dem Schaltelement und der Steckverbindung bzw. der Zugangsstelle ist außerordentlich sicher, da sie weitgehend fehlertolerant ist.
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In einer weiteren sehr günstigen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Sicherheitssystems kann es nun ferner vorgesehen sein, dass jede der Hochvoltsteckverbindungen bzw. Hochvoltzugangsstellen einen Schaltwiderstand mit einer anderen Widerstandsgröße aufweist. Durch eine solche geschickte Variation der einzelnen Schaltwiderstände lässt sich durch die Isolationsüberwachung feststellen, wie groß der Isolationswiderstand ist, bzw. um wie viel kleiner er geworden ist, nachdem das System Alarm geschlagen hat. Damit lässt sich auf die Widerstandsgröße desjenigen Schaltwiderstands zurückschließen, dessen Schalter geschlossen ist, in dessen Bereich also die Steckverbindung bzw. die Hochvoltzugangsstelle nicht gesteckt bzw. nicht geschlossen ist. Bei bekannter Widerstandsgröße des Schaltwiderstands in jedem zu überwachenden Bereich kann dann einfach und effizient beispielsweise in einer automatisierten Tabelle nachgeschlagen werden, welches Bauteil bzw. welche Komponente betroffen ist, sodass auch eine einfache und zuverlässige örtliche Zuordnung des nicht gesteckten bzw. nicht geschlossenen Elements möglich ist.
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In jeder der bisher beschriebenen und denkbaren Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Sicherheitssystems für ein Fahrzeug mit Hochvoltbordnetz ist es nun so, dass eine nicht gesteckte Steckverbindung bzw. eine nicht geschlossene Zugangsstelle von einem elektronischen Steuersystem des Fahrzeugs selbst oder auch von einer externen an das Fahrzeug angeschlossenen Diagnoseeinrichtung einfach erkannt, und falls die Schaltwiderstände mit unterschiedlichen Widerstandsgrößen ausgebildet sind, auch örtlich lokalisiert werden kann. Unter Ausnutzung des Isolationswächters kann dabei alleine durch ein Verstellen der Toleranzschwelle bereits außerordentlich einfach eine hohe Sicherheit erzielt werden. So kann es gemäß dem Verfahren mit den Merkmalen im Anspruch 5 vorgesehen werden, dass über ein Fahrzeugsteuergerät und/oder ein externes Diagnosegerät im Rahmen der Isolationsüberwachung, für den Fall, dass einer oder mehrere der Schaltwiderstände das Hochvoltpotenzial mit der Fahrzeugmasse verbinden, eine Warnmeldung generiert wird, und die Zuschaltung einer Hochvoltspannungsquelle verhindert und/oder das Abschalten des Hochvoltbordnetzes eingeleitet wird. Hierdurch wird die Sicherheit weiter erhöht, was beispielsweise durch eine einfache Softwareanpassung des Isolationswächters erfolgen kann.
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In einer sehr günstigen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann es darüber hinaus vorgesehen sein, dass immer vor dem Zuschalten einer Hochvoltspannungsquelle in dem Bordnetz eine Isolationsüberwachung durchgeführt wird. Über eine solche Isolationsüberwachung, welche zwangsweise immer dann durchgeführt wird, bevor eine Hochspannungsquelle in dem Bordnetz zugeschaltet wird, kann in jedem Fall sichergestellt werden, dass vor dem Zuschalten der Hochvoltspannungsquelle eine Überprüfung des Systems auf ordentliche Montage, geschlossene Hochvoltzugangsstellen und sicher eingesteckte Steckverbindungen durchgeführt wird. Dies erhöht die Sicherheit für das Montagepersonal, einen Bediener oder einen Nutzer des Fahrzeugs erheblich.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Sicherheitssystems und/oder des Verfahrens ergeben sich aus dem Ausführungsbeispiel, welches nachfolgend unter Bezugnahme auf die Figur näher beschrieben ist.
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In der Darstellung der Figur ist sehr stark schematisiert eine beispielhafte Steckverbindung in einem Hochvoltbordnetz mit einem erfindungsgemäßen Sicherheitssystem angedeutet.
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Das nun beschriebene Sicherheitssystem und Verfahren soll eine Methode beschrieben werden, wie eine Überwachung auf ein vollständig gestecktes, bzw. montiertes System realisiert werden kann. Mit der Beschreibung ”montiertes System” sind Anordnungen gemeint, bei denen z. B. ein Zugang geschützt werden soll, welcher im Zuge von Wartungsarbeiten geöffnet werden kann.
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Für diesen Zweck wird im Beispiel gemäß der Figur in einen Hochvoltsteckverbinder 1 bzw. in eine zu überwachenden Zugangsstellen eine Kontaktierung integriert, welche einen definierten hochohmigen Schaltwiderstand 2 zwischen einem Hochvoltpotenzial 3 und der elektrischen Masse 4 des Fahrzeugs über ein Schaltelement 5 abschalten kann. Beispielsweise kann in einem ersten Steckerteil 6 der Schaltwiderstand 2 und das Schaltelement 5 integriert sein. In einem zweiten Steckerteil 7 ist dann eine vorstehende Nase 8 angeordnet, welche mechanisch das Schaltelement 5 bei zusammengesteckter Steckverbindung 1, wie in der Figur angedeutet, öffnet. Dies bedeutet, dass bei einem vollständig gesteckten HV-System alle schaltbaren Widerstände 2 abgesteckt sind und sich das HV-System in einem elektrisch unveränderten Zustand befindet. Ist eine der Steckverbindungen 1 bzw. der Zugangsstellen nicht aufgesteckt, wird dieser definierte Schaltwiderstand 2 nicht abgeschaltet und führt damit unweigerlich zu einem veränderten Isolationswiderstand im HV-Systems, der vom Standardwert abweicht. Das Vorhandensein einer Isolationsüberwachung bietet nun die Möglichkeit durch die Modifikation der Steckverbindungen 1 bzw. Zugangsstellen deren Überwachung sehr einfach und effizient zu realisieren.
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Der Einfluss von elektromagnetischen Störungen ist bei diesem Aufbau nicht mehr relevant und das zusätzliche Kontaktsystem sowie die gesamte Verkabelung, welche beim klassischen Interlock nötig wäre, kann eingespart werden. Des Weiteren entfällt die Quelle zur Generierung des Interlocksignals und die Einheit zur Auswertung.
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Durch eine intelligente Auswahl der Schaltwiderstände 1 und einer entsprechenden Logik im Überwachungssteuergerät, ist eine Lokalisierung einer Unterbrechung einfach möglich. Die Schaltwiderstände 2 sind selbstverständlich so zu wählen, dass zu keiner Zeit ein Strom im HV-System fließen kann, der selbst zu einer Gefährdung führt. Hierzu müssen alle Schaltwiderstände 2 in dem HV-Bordnetz des Fahrzeugs Dimensionierung beachtet werden. Sämtliche Verbindungen der Schaltwiderstände 2 müssen vom selben Potential gegen Masse 4 geschaltet werden. Voraussetzung für die Lokalisierung ist auch die Anpassung der Isolationsüberwachung auf die erweiterte Überwachungsfunktionalität.
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Eine nicht gesteckte Verbindung kann vom Fahrzeugsystem selbst und auch von einer externen Diagnoseeinrichtung, welche an das System angeschlossen wird, einfach erkannt und lokalisiert werden. Um die Sicherheit weiter zu erhöhen ist die Betriebsstrategie eines Fahrzeuges so anzupassen, dass vor Zuschaltung der HV-Spannungsquelle eine Isolationsüberprüfung durchgeführt wird und somit ein nicht vollständig gestecktes System erkennt wird.
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Es ist selbstverständlich, dass ein solch ausgeführtes HV-System geprüft sein und bezgl. Luft- und Kriechstrecken sowie Isolationskoordination die entsprechenden Vorschriften (s. IEC60664) erfüllen muss.
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Es ist durchaus denkbar, das beschriebene Sicherheitssystem oder Verfahren mit den beschriebenen Interlockverfahren zum Stand der Technik zu kombinieren.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- ISO 6493-3 [0002]
- IEC60664 [0024]