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Die Erfindung betrifft ein Fluggerät, welches die Vorteile eines Hubschraubers und eines Flächenflugzeuges in sich vereint.
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Die Hauptvorteile des Hubschraubers bestehen darin, dass er nur einen relativ kleinen Start- und Landeplatz benötigt sowie dass er Flugmanöver mit Drehungen um alle Raumachsen bei Stillstand oder bei geringen Horizontalgeschwindigkeiten in allen Richtungen, also beispielsweise auch „rückwärts” auszuführen vermag.
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Hingegen erfordern herkömmliche Flächenflugzeuge eine Start- und Landebahn, deren Abmessungen ein Vielfaches der Flugzeugabmessungen betragen. Dafür sind sie beim Vorwärtsflug den Hubschraubern hinsichtlich Geschwindigkeit, Tragkraft und Wirkungsgrad wesentlich überlegen.
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Im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung weisen Hubschrauber, insbesondere bezüglich der Rotoren, eine Reihe von Nachteilen auf:
- a) Der oben als Vorteil des Hubschraubers erwähnte mögliche Horizontalflug in alle Richtungen, d. h. der Vorwärts-, Rückwärts- oder Seitwärtsflug durch Einnehmen einer entsprechenden Schräglage des Hubschraubers zur Erzeugung einer horizontalen Vortriebskomponente erfordert eine Verstellung des Steigung der einzelnen Rotorblätter während einer Umdrehung durch komplizierte Steuer- und Regelmechanismen, wobei die Verstellbewegung beispielsweise mittels Taumelscheiben und Stößeln erfolgt, die bekanntlich hoher dynamischer Beanpruchung unterliegen, was eine erhöhte Materialbeanspruchung und einen erhöhten Verschleiß zur Folge hat. Auch stellt diese Betriebsweise höchste Anforderungen an den Piloten, welcher synchron zur Einstellung von Richtung und Betrag der Schräglage die Motordrehzahl bzw. -leistung entsprechend anpassen muss.
- b) Das Reaktionsdrehmoment des Hauptrotors muss durch zusätzliche Einrichtungen, wie Heckrotor, asymmetrische Antriebe und/oder aerodynamische Hilfsmittel kompensiert werden.
- c) Durch die Geschwindigkeitsdifferenz der Rotorblattspitzen zwischen linker und rechter Seite der Flugrichtung ist Fluggeschwindigkeit des Fluggerätes in Horizontalrichtung beschränkt.
- d) Die Blattspitzengeschwindigkeit beträgt bei großen Rotordurchmessern ein Vielfaches der Fluggeschwindigkeit in Horizontalrichtung und sollte aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, der Materialbeanspruchung und der Lärmemission unbedingt unter der Schallgeschwindigkeit bleiben.
- e) Hubschrauber mit koaxialen Rotoren allein erfordern einen aufwendigeren Steuerungs- und Regelmechanismus und gleichen jedoch die oben angeführten Nachteile nur zum Teil aus.
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Es ist versucht worden, diese Probleme durch Anordnungen mit 4, 8 oder bis zu 18 kleineren Rotoren in rotationssymmetrischer Anordnung zu lösen, wobei der Antrieb jedes einzelnen Rotors durch einen eigenen Elektromotor verständlicherweise die Leistungs- und Drehzahlsteuerung auf unterschiedliche Sollwerte, wie es für den Horizontalflug eines Hubschraubers erforderlich ist, stark vereinfacht (
Aufsatz über den „Volocopter" in der Zeitschrift „aerokurier" Heft 6/2012, S. 22). Der Nachteil solcher technischer Lösungen besteht in dem immensen Platzbedarf beim Unterstellen im Hangar und im Übrigen wird dadurch kein Beitrag zur gewünschten Annäherung an die Vorwärtsflugeigenschften herkömmlicher Flugzeuge geleistet.
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Weiterhin sind Fluggeräte bekannt, die eher der Grundform eines großen herkömmlichen Hubschraubers haben, einen großen zentralen Rotor, an Tragflügelstummeln Triebwerke für den Vorwärtsflug sowie ein Höhen- und Seitenleitwerk aufweisen (
Aufsatz über den „Eurocopter X3" in der Zeitschrift „Helicopter Special", Heft 9/2012, S. 18 ff.; Patentveröffentlichung
WO 2008/145868 ). Diese sogenannten Hybrid-Helicopter sind nur sehr großen und sehr aufwendigen Ausführungsformen bekannt geworden und ein optimaler sowohl auf den Vertikal- als auch auf den Vorwärtsflug abgestimmter Wirkungsgrad ist von dieser technischen Lösung nicht zu erwarten. Auch sind eine Lärmreduzierung und ein wirtschaftlicher Betrieb bei dieser technischen Variante fraglich Andere, mehr auf den Vorwärtsflug abgestimmte Fluggeräte, die jedoch in Vertikalrichtung starten und landen können, sind die sogenannten Schwenkrotor-Fluggeräte. Wie der letztgenannte Begriff besagt, haben sie die Grundform eines herkömmlichen Flugzeuges und tragen an den Tragflügelenden schwenkbare Propeller- oder Düsentriebwerke (
Deutsche Patentschrift Nr. 100 37 537 der Fa. Bell Helicopter Textron, Inc.; Auf der ILA 2012 ausgestelltes Modell des Typs „V-22 Osprey”). Hierbei steht der Vorwärtsflug im Vordergrund und die oben erwähnten Hubschrauber-Manövriermöglichkeiten sind hier nicht zu erwarten.
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Weiter ist ein als „Flächenschrauber” bezeichnetes Fluggerät bekannt, bei welchem eine optimale Eignung sowohl für den Vertikal- als auch für den Vorwärtsflug mit geringem technischen Aufwand dadurch erreicht werden soll, dass an den beiden Flügelenden einer flugzeugähnlichen Grundform im wesentlichen vertikal wirksame Rotoren angebracht sind, welche zur Erzielung einer Vortriebskomponente beim Vorwärtsflug leicht zur Ebene dieses Flugzeuges nach vorn geneigt sind und welche auch Gebläse antreiben, deren Gasstrahlen zur Erhöhung des Vortriebes sowie durch Anblasen des hinteren Leitwerkes zur Verbesserung der Manövrierfähigkeit dienen sollen (
Deutsche Offenlegungsschrift Nr. 29 01 115 ). Auch hierbei sind wegen der erfindungswesentlichen Einbeziehung des nur beim Vorwärtsflug wirksamen Leitwerkes die oben erwähnten Hubschrauber-Manövriermöglichkeiten prinzipiell nicht zu erwarten.
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Schließlich ist ein Fluggerät mit mehreren elektrisch angetriebenen und in ihrer Leistung gesteuerten Triebwerken bekannt, von denen mindestens ein Teil aus einer Stellung mit vertikaler Achse, in welcher sie einen Auftrieb nach Art eines Hubschraubers erzeugen in eine Position mit horizontaler Achse schwenkbar ist, um einen Vortrieb in horizontaler Richtung zu erzeugen, wobei der Auftrieb aerodynamisch durch den Flügel und die Kabine erzeugt wird. In einer bevorzugten, quasi rotationssymmetrischen, Ausführungsform ist die Kabine von einem ringförmigen Flügel umgeben, der über Streben mit der Kabine verbunden ist, wobei 12 Triebwerke zwischen diesen Streben angeordnet sind (
Europäisches Patent Nr. 1 224 117 , deutsche Übersetzung desselben mit der Nr.
DE 600 07 887 T2 ). Patentrechtlich ist anzumerken, dass dieses Patent auch Ausführungsformen der oben besprochenen Schwenkrotor-Fluggeräte umfasst, sofern deren Rotoren elektrisch angetrieben sind. Insoweit gilt auch die obige Kritik am Stand der Technik. In der rotationssymmetrischen Ausführungsform ist im in der Patentschrift als „Schwebeflug” bezeichneten Betriebzustand eine Manövrierfähigkeit wie bei einem Hubschrauber vorstellbar, aber diese ist mit dem hohen technischen Aufwand von 12 Triebwerken mit Rotoren erkauft. Im Falle eines in seiner Masse begrenzten unbemannten Fluggerätes, einer sogenannten Drohne, ist dieser Nachteil noch gravierender.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, unter Vermeidung der geschilderten Nachteile des Standes der Technik ein Fluggerät zu schaffen, welches in allen Freiheitsgraden eines Hubschraubers bewegbar ist und im Vorwärtsflug eine höhere Geschwindigkeit erreicht als ein herkömmlicher Hubschrauber vergleichbaren Masse-Leistungs-Verhältnisses.
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Diese Aufgabe wird durch die in den Patentansprüchen beschriebene Erfindung gelöst. Die Erfindung ist sowohl als bemanntes als auch als unbemanntes Fluggerät anwendbar. Der Antrieb der Rotoren kann mittels Verbrennungsmotor oder -turbine sowie elektrisch aus Batterien oder durch einen zentralen Motor-Generator-Block erfolgen.
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Die Erfindung wird nachfolgend an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert. Die beigefügten Zeichnungen stellen dar:
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1: eine Seitenansicht eines erfindungsgemäßen Fluggerätes und
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2: eine Draufsicht auf dieses Fluggerät.
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Das Fluggerät weist acht Rotoren auf, ist also ein Octocopter, welcher im wesentlichen wie eine herkömmliches Flächenflugzeug aufgebaut ist mit einem Rumpf 1 zur Aufnahme der Besatzung und/oder Nutzlast, Tragflügeln 2, einem Leitwerk 3 am Heck sowie vorteilhafterweise aber nicht zwingend mit einem Canard 4 am Bug des Rumpfes 1. An den Enden der relativ kurzen Tragflügel 2 befinden sich Längsträger 5 mit jeweils vier Rotoren 6 und den erforderlichen Antrieben 7. An jeder Seite befinden sich je zwei Rotoren 6 oberhalb und je zwei Rotoren 6 unterhalb der Ebene der Tragflügel 2.
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Die Drehrichtungen 8 bzw. 9 der Rotoren 6 sind derart gewählt, dass die oberen Rotoren 6o von oben betrachtet auf der linken Seite des Fluggerätes im Uhrzeigersinn rotieren, was durch die Richtungspfeile 8 gekennzeichnet ist und auf der linken Seite entgegen dem Uhrzeigersinn. Dadurch wird beim Vorwärtsflug die Strömungsgeschwindigkeit auf der Tragflügeloberseite gegenüber der Fluggeschwindigkeit erhöht, wodurch sich der Auftrieb am Flügel erhöht. Die unteren Rotoren 6u rotieren in Bezug auf die oberen Rotoren 6o jeweils in entgegengesetzter Richtung, was durch die Richtungspfeile 9 gekennzeichnet ist. Dadurch wird beim Vorwärtsflug die Strömungsgeschwindigkeit auf der Tragflügelunterseite gegenüber der Fluggeschwindigkeit vermindert, was den Auftrieb am Flügel wiederum erhöht.
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Durch die symmetrische Anordnung der acht Rotoren ist einen hohe Vorwärtsgeschwindigkeit erreichbar, da die Auftriebsverteilung zum Flugrichtungsvektor symmetrisch bleibt. Wegen der im Vergleich zu konventionellen Hubschraubern kleineren Rotordurchmesser ist die Strömungsgeschwindigkeit an der Rotorblattspitzen entsprechend geringer und bleibt somit als Funktion der Drehzahl länger im zulässigen Bereich. Die beschriebene und erfindungswesentliche Wahl der Drehrichtungen relativ zu den Tragflügeln erhöht außerdem den Wirkungsgrad des Antriebes. Die Steuerung des Fluggerätes im Flug kann durch Veränderung der Hubkräfte der Rotoren 6 über deren Antriebsleistung, Drehzahl oder durch Verstellung des Anstellwinkels der Rotorblätter erfolgen.
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Beim erfindungsgemäßen Fluggerät ist es im Gegensatz zum konventionellen Hubschrauber nicht erforderlich, die Rotorblätter während einer Umdrehung beispielsweise mittels Taumelscheibe ständig zu verstellen.
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Die Steuerung von Neigung und Richtung sowie die Gewährleistung der Längsstabilität beim schnellen Vorwärtsflug kann zusätzlich durch das Leitwerk 3 und den Canard 4 unterstützt werden
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Zur Optimierung des Verhältnisses von Auf- und Vortrieb kann der Längsträger 5 mit jeweils vier Rotoren 6 und den zugehörigen Antrieben 7 während des Fluges um die Achse 10 geschwenkt werden.
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Der Antrieb kann in der Weise erfolgen, dass jeder Rotor 6 von einem eigenen Motor angetrieben wird, was oft bei Flugmodellen und Drohnen angewandt wird. Die Steuerung erfolgt dann zumeist über die Motorleistung. Es ist aber auch möglich, alle vier Rotoren 6 einer Seite über ein Getriebe durch einen einzigen Motor anzutreiben. Die Steuerung kann in diesem Falle durch Blattverstellung mittels Governor unmittelbar an den jeweiligen Rotorköpfen 11 erfolgen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2008/145868 [0006]
- DE 10037537 [0006]
- DE 2901115 A [0007]
- EP 1224117 [0008]
- DE 60007887 T2 [0008]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Aufsatz über den „Volocopter” in der Zeitschrift „aerokurier” Heft 6/2012, S. 22 [0005]
- Aufsatz über den „Eurocopter X3” in der Zeitschrift „Helicopter Special”, Heft 9/2012, S. 18 ff. [0006]