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Die Erfindung betrifft einen Bistabilen Reluktanz-Aktuator (i. F. BRA), der als Hohlzylinder mit vorgegebenen Abmessungen ausgebildet ist. Die Erfindung betrifft insbesondere einen BRA mit kleinem Durchmesser zum Einbau in das distale Ende eines medizinischen Videoendoskops, wobei das Innere des BRA wenigstens Teile eines optischen Linsensystems umfassen und das Schalten des BRA eine optische Fokuswechsel-Funktion realisieren kann.
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Ein Reluktanz-Antrieb ist eine Vorrichtung, in der auf ein Stellglied aus weichmagnetischem Material mittels eines gesteuerten Elektromagneten definierte Kräfte ausgeübt werden, die das Stellglied bewegen. Das zugrundeliegende Wirkprinzip ist die Minimierung des magnetischen Widerstands (Reluktanz) eines magnetischen Kreises infolge der Bewegung des Stellgliedes. Eine spezielle Form des Reluktanz-Antriebes ist ein Linearmotor, in seiner einfachsten Ausgestaltung z.B. ein beweglich gelagerter Weicheisenkern, der beim Bestromen einer Spule durch das aufgebaute Magnetfeld in die Spule hineingezogen wird.
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Ein Reluktanz-Antrieb kann üblich das Stellglied in eine definierte Position führen und dort halten, solange die Stromzufuhr des Elektromagneten kontrolliert und aufrechterhalten wird. Demgegenüber ist ein Bistabiler Reluktanz-Aktuator (BRA) ein Antrieb, mit dem zwei stabile Positionen des Stellgliedes realisiert werden und stromlos durch Permanentmagnete gehalten werden. Der Elektromagnet wird hier nur kurzzeitig bestromt, wenn das Stellglied von der ersten in die zweite stabile Endposition bewegt werden soll.
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Ein BRA ist insofern ein elektrisch ansteuerbares, mechanisches Schaltelement, das ohne Standby-Leistungsverluste auf Abruf eine genau definierte Kraft und Position zur Verfügung stellen kann, z.B. zur Unterbrechung von Leistungsstromkreisen oder dergleichen.
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Ein Beispiel für einen BRA, der die Linearbewegung eines Stellgliedes zwischen zwei Endzuständen erlaubt, ist der Druckschrift
GB 2 357 375 A zu entnehmen. Ein Eisenkern ist dort beweglich in einer Führungshülse angeordnet, die wiederum von einer Spule umwickelt ist. An beiden Spulenenden sind weichmagnetische Polschuhe zur Magnetfeldlenkung in den Eisenkern angeordnet. Ebenfalls an beiden Spulenenden befinden sich jenseits der Polschuhe ringförmige Permanentmagnete, deren Magnetisierung entgegengesetzt orientiert ist. Ein weichmagnetisches Gehäuse umschließt die Anordnung, so dass die geschlossenen Magnetfeldlinien – insbesondere des Elektromagneten – fast vollständig durch weichmagnetisches Material verlaufen (i. F. weichmagnetischer Kreis).
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Ist der Elektromagnet zunächst inaktiv, so sorgt die durch die Permanentmagnete bewirkte Reluktanzkraft dafür, dass sich der Eisenkern in einen der beiden Permanentmagnetringe hineinbewegt – bis er auf einen mechanischen Anschlag trifft. Wird die Spule dann so bestromt, dass das erzeugte elektromagnetische Feld dem des Permanentmagneten, in dem der Eisenkern gerade ruht, ausreichend stark entgegenwirkt, wird auf den Eisenkern eine resultierende Kraft ausgeübt, die ihn von der ersten in die zweite stabile Endposition bewegt. Eine sehr kurzzeitige – pulsartige – Bestromung reicht zum Schalten des BRA bereits aus.
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Aus der
DE 10 2011 000 583 A1 geht ein hohlzylindrischer Linearmotor nach dem Reluktanzprinzip hervor, dessen beweglicher, hohlzylindrischer, weichmagnetischer Eisenkern (i. F. als Läufer bezeichnet) dazu ausgebildet ist, optische Elemente – insbesondere Linsenanordnungen – in seinem Innern aufzunehmen und während der Linearbewegung zu verschieben. Der Motor ist dafür vorgesehen, in das distale Ende eines Videoendoskops eingebaut zu werden, um eine optische Zoom-Funktion zu realisieren. Der Erfinder geht ferner in seiner Dissertation (
Vogel, „Elektromechanische und optische Systeme für die Endoskopie", TU Berlin, 2011, S. 72–83) auch auf bistabile Linearantriebe ein und scheint damit den nächstkommenden Stand der Technik zu bilden. Durch die Einschränkung auf zwei stabile Zustände entartet die optische Zoom-Funktion zu einer Funktion, die den Fokus des optischen Systems nur noch zwischen zwei Zuständen, Nahbereich und Fernbereich, wechseln kann. Dies wird nachfolgend als Fokuswechsel-Funktion bezeichnet.
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Die hohlzylindrischen Linearantriebe nach Vogel weisen durchgehend die Eigenschaft auf, dass die Permanentmagnete auf dem beweglichen Läufer angeordnet sind, was die Gesamtlänge des Antriebs zu vermindern hilft. Allerdings stellt er nur realisierte Antriebe mit mehr als 5 Millimeter Außendurchmesser vor. In einer Abschätzung der Miniaturisierbarkeit (S. 82 f) sieht er die Grenze des Ausführbaren etwa bei einem Außendurchmesser von 3 Millimeter, was aber zur Integration in ein Endoskop mit nur 5 mm Durchmesser ausreichend wäre. Die Begrenzung wird u.a. begründet aus der minimal erforderlichen Wandstärke des Läufers von etwa 300 µm, der die spröden Seltenerdmagnete trägt. Anderenfalls stünden laut Vogel die mechanische Stabilität oder aber ausreichende magnetische Antriebskräfte in Zweifel.
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Stellt man sich nun konkret die Aufgabe, einen BRA mit deutlich weniger als 5 mm Außendurchmesser (i. F. Außenradius < 2,5 mm) herzustellen, dann wird man mit Blick auf Vogel danach trachten, ein Konstruktionskonzept zu verwenden, bei dem man möglichst nicht so sehr durch die mechanischen Eigenschaften der Permanentmagnete limitiert ist. Man kann sich etwa von der
GB 2 357 375 A inspiriert den in
1 skizzierten Grundaufbau wählen: die ringförmigen Permanentmagnete
10 werden nicht am Läufer, sondern an den Enden des Aktuators in Kontakt mit scheibenringförmigen Polschuhen
20 und dem weichmagnetischen Rückschlusselement
30 angeordnet. Zwischen den Polschuhen
20 befindet sich eine Spule
40, typisch ein Solenoid aus Kupferdraht. Die Spule
40 umschließt eine nicht-magnetische Führungshülse
50, in der der Läufer
60 leicht gleiten kann, und die an den Enden mechanische Anschläge für den Läufer
60 aufweist. Die Führungshülse
50 wird im Folgenden auch als Gleitrohr bezeichnet. Das Gleitrohr
50 kann aus einem Kunststoff, beispielsweise aus Polytetrafluorethylen (PTFE), oder auch aus einem Edelstahl mit geringer relativer magnetischer Permeabilitätskonstante (µ
R in der Nähe von Eins), beispielsweise Stahl nach
ISO-Norm 1.4301, bestehen, und seine Wandstärke stellt einen Abstand zwischen dem Läufer
60 und den Polschuhen
20 bzw. der Spule
40 sicher, der sich magnetisch wie ein Luftspalt verhält. Im Folgenden wird die Wandstärke des Gleitrohrs
50 daher auch als Luftspalt bezeichnet. Der Läufer
60 ist aus einem schlichten Hohlzylinder aus Weicheisen gebildet, üblicherweise aus demselben Material wie das Rückschlusselement
30, welches gewöhnlich selbst als schlichter Hohlzylinder gestaltet ist (daher auch: Rückschlussrohr). Die Polschuhe
20 sind im einfachsten Fall weichmagnetische Scheibenringe. Sie können – wie in
1 gezeigt – nach außen hin auch Vertiefungen aufweisen, um beim Anordnen an das Rückschlusselement
30 teilweise in dieses hineinzuragen und zugleich mit ihm bündig abzuschließen.
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Zur Dimensionierung des hohlzylindrischen BRA sind nun die nachfolgend benannten Abmessungen in Betracht zu ziehen, die zur Verdeutlichung auch in 2 eingezeichnet sind. Entlang der Symmetrieachse des BRA bzw. der Verschieberichtung des Läufers sind dies:
Gesamtlänge des BRA: LG
Länge der Permanentmagnete: LPM
Länge der Polschuhe: LPS
Länge der Spule: LS
Länge des Läufers: LL
Hub des BRA: h
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Unter dem Hub des BRA ist die Wegstrecke zu verstehen, die der Läufer beim Verschieben von seiner ersten in seine zweite stabile Endlage zurücklegt. In 1 sind diese Endlagen durch das Vorsehen mechanischer Anschläge an den Enden des Gleitrohrs 50 bestimmt. Bezeichnet man den Abstand dieser beiden Anschläge mit DA, dann ist der Hub durch h = DA – LL beschrieben. Weiterhin folgt aus 1, dass LG = 2·LPM + 2·LPS + LS gilt.
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Senkrecht zur Symmetrieachse des BRA sind folgende Abmessungen bedeutsam:
Innenradius des hohlzylindrischen Läufers: RI
Wandstärke des Läufers: WL
Luftspalt, d.h. Wandstärke des Gleitrohrs: WLS
Dicke bzw. Wandstärke der Spule: WS
Außenradius des Rückschlussrohres: RA
Wandstärke des Rückschlussrohres: WR
Innen- und Außenradius der ringförmigen Permanentmagnete: RPMI, RPMA
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Von den Polschuhen 20 weiß der Fachmann, dass er einen bündigen Abschluss mit dem Rückschlussrohr herzustellen hat, um bei Bestromung der Spule 40 einen guten magnetischen Kreis für den Elektromagneten zu erzeugen. Ferner weiß er, dass er zweckmäßig die Polschuhe 20 möglichst nah an den Läufer 60 heranführt, so dass sie wie in 1 nur durch das Gleitrohr 50 begrenzt werden. Der Innenradius der ringförmigen Polschuhe ist folglich durch RI + WL + WLS vorbestimmt, und dies stellt zugleich auch die untere Grenze für RPMI dar. RPMA ist wiederum nach oben durch RA begrenzt, wenn der BRA insgesamt eine zylindrische Form haben soll, was für Integrationszwecke auch sinnvoll ist.
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Bei der Integration eines hohlzylindrischen BRA in ein bestehendes System sind zwangsläufig gewisse Limitierungen zu beachten.
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Allen voran sind die Gesamtlänge LG, der Innenradius (des Läufers) RI und der Außenradius (des Rückschlussrohres) RA üblich durch den verfügbaren Platz zum Einbau und durch die beabsichtigte Funktionalität vorgegeben.
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Speziell im Fall eines Videoendoskops muss der Läufer in seinem Innern optische Elemente beherbergen, die beim Verschieben des Läufers von der ersten in die zweite Endlage mitbewegt und dort zuverlässig durch die Permanentmagnete gehalten werden können. Der Hub des BRA entscheidet in dieser Anwendung über die Effizienz der Fokuswechsel-Funktion. Daher sollte ein möglichst großer Hub angestrebt werden. Gewöhnlich wird der Hub h als Anforderung an den BRA formuliert.
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Darüber hinaus ist die Stromversorgung des BRA gewöhnlich apparativ begrenzt, wenn er in eine bestehende Vorrichtung integriert wird. Die maximal verfügbare Stromstärke IMAX muss zumindest zeitweise für Strompulse zur Verfügung stehen und gilt auch als vorgegeben.
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Schließlich ist der Luftspalt im Allgemeinen vorbestimmt; es wird ein Gleitrohr aus einem nicht-magnetisierbaren bzw. magnetisch „luftähnlichen“ Material (µR ≈ 1) verwendet, das als Spulenträger dient. Der Luftspalt WLS ist die Wandstärke des Gleitrohres und beträgt üblich zwischen 100 und 300 Mikrometern.
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Der Wunsch nach sicheren Haltekräften legt zunächst nahe, die Permanentmagnetringe aus Material mit sehr hoher Remanenz (z.B. Neodym-Eisen-Bor o. ä.) herzustellen, so dass auch relativ kleine Materialmengen in den Ringen einen vergleichsweise großen magnetischen Fluss im Läufer hervorrufen, wenn dieser in einer der beiden Endlagen ruht. Zudem erscheint es auf den ersten Blick zweckmäßig, die permanentmagnetischen Ringe möglichst klein und kompakt auszugestalten, insbesondere unter Ausnutzung der bereits oben erwähnten Grenzen für RPMI und RPMA eine möglichst kleine Länge LPM der Ringmagnete vorzusehen, damit mehr Bauraum für die Spulenlänge LS zur Verfügung steht. Bekanntlich steigt die magnetische Feldstärke eines stromdurchflossenen Solenoids monoton mit seiner Länge, so dass man dadurch höhere Schaltkräfte erwarten darf.
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Im experimentellen Aufbau erweist es sich aber schnell als recht schwierig, mit einem hohlzylindrischen BRA mit Außenradius RA < 2,5 mm und Innenradius RI ≈ 0,5·RA überhaupt erfolgreiche Schaltvorgänge zu realisieren, selbst wenn man die Windungszahl der Spule z.B. durch die Wahl eines dünneren Kupferdrahtes noch erhöht.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht daher darin, einen hohlzylindrischen BRA mit vorbestimmtem Außendurchmesser RA < 2,5 mm so auszugestalten, dass die Schaltfähigkeit des BRA mit einem vorbestimmten Hub, der zwischen 8 % und 12 % der vorbestimmten Gesamtlänge L betragen soll, leicht erreicht werden kann.
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Die Aufgabe wird gelöst durch einen hohlzylindrischen Bistabilen Reluktanz-Aktuator (BRA) mit vorbestimmter Gesamtlänge und vorbestimmtem Hub, welcher 8–12 % der Gesamtlänge des BRA beträgt, umfassend ein Rückschlussrohr aus weichmagnetischem Material mit einer Wandstärke von wenigstens 100 Mikrometer und mit vorbestimmtem Außenradius, einer im Rückschlussrohr angeordneten Spule, einem in der Spule angeordneten Gleitrohr und einem im Gleitrohr entlang der Zylinderachse beweglichen, hohlzylindrischen Läufer aus weichmagnetischem Material mit vorbestimmtem Innenradius sowie mit zwei an den beiden Enden des Rückschlussrohres angeordneten Polschuhen aus weichmagnetischem Material, dadurch gekennzeichnet, dass
- a. der vorbestimmte Außenradius des Rückschlussrohres kleiner als 2,5 Millimeter ist und
- b. zwei ringförmige Permanentmagnete mit entlang der Zylinderachse in entgegengesetzte Richtungen orientierten Nordpolen an jeweils einem der Polschuhe dem Rückschlussrohr gegenüberliegend angeordnet sind und
- c. die Länge jedes Permanentmagnets wenigstens das 1,6-fache des Hubs beträgt und
- d. die Länge der Spule nicht größer ist als die Gesamtlänge des BRA minus den vierfachen Hub.
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Das Merkmal a. ergibt sich aus der Aufgabenstellung und das Merkmal b. wird wie oben beschrieben z.B. durch die
GB 2 357 375 A motiviert. Die erfindungswesentlichen Merkmale c. und d. basieren indes auf der Erkenntnis, dass es bei der Dimensionierung eines stark miniaturisierten BRA weniger das Problem ist, ausreichend starke permanentmagnetische oder elektromagnetische Feldstärken bereitzustellen, als vielmehr, diese dann in nutzbare magnetische Flüsse umzuwandeln, welche die Magnetkräfte im BRA letztlich bestimmen.
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Als Konsequenz wird der weiter oben im Stand der Technik skizzierten Herangehensweise nun klar widersprochen: Nicht eine möglichst lange Spule ist zweckmäßig zur Erzielung geeigneter Schaltkräfte, sondern vielmehr eine solche, deren Länge auf etwa 2/3 der Gesamtlänge maximal begrenzt ist. Nach der erfindungsgemäßen Lehre soll die Spule dabei umso kürzer sein, desto größer der Hub des BRA vorbestimmt wird. Weiterhin sind keine kompakten und starken Permanentmagnete sinnvoll, sondern solche, die einen wesentlichen Teil der Gesamtlänge des BRA einnehmen, in Summe wenigstens ein Viertel bis hin zu mehr als einem Drittel der Gesamtlänge.
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In einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung beträgt der vorbestimmte Außenradius weniger als 2 mm, besonders bevorzugt 1,7 mm oder weniger. Die Gesamtlänge des BRA beträgt bevorzugt zwischen 2,5 mm und 4 mm, besonders bevorzugt 3 mm. Der Hub des BRA beträgt vorzugsweise 10 % seiner Gesamtlänge.
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Der Innenradius des BRA, der dem Innenradius des Läufers entspricht, wird als Anforderung vorbestimmt, konkret im Fall des Videoendoskops aus der Größe des im Läufer anzuordnenden optischen Systems. Gewöhnlich gilt hier die Faustregel, dass man den Innenradius RI so groß wie möglich wünscht, was aber dann den verbleibenden Bauraum für die Wandstärken des Läufers WL, der Spule WS und des Rückschlussrohres WR reduzieren würde. Vorzugsweise sollte RI zwischen einem Drittel und etwa der Hälfte des Außenradius RA betragen, um ausreichend Bauraum zur Verfügung zu haben.
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Es ist tatsächlich in erster Linie die hohlzylindrische Ausgestaltung des Läufers, die zu der erfindungsgemäßen Vorrichtung Anlass gibt. Herkömmliche BRA werden gewöhnlich auf Halte- und Schaltkräfte hin optimiert, so dass möglichst effiziente Antriebe oder mechanische Schalter entstehen. Die für die Krafterzeugung erforderlichen magnetischen Flüsse im Weicheisenkern sind in einem Vollzylinder ohne weiteres zu erzielen. Wenn aber wie hier nur noch eine möglichst dünne Zylinderwand sowohl für den Läufer als auch für das Rückschlussrohr vorgesehen ist, dann gelangt man bei kleinen Außenradien RA sehr schnell in die Lage, dass zu wenig weichmagnetisches Material für die erzeugbaren Felder bereitsteht. Die magnetische Flussdichte erreicht nämlich rasch Werte in der Nähe der maximal möglichen Flussdichte im Material (Sättigung). Eine weitere Steigerung des magnetischen Flusses – und damit der magnetischen Kräfte – ist von da an kaum noch möglich.
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Das für die Funktion des miniaturisierten BRA maßgebliche Problem ist nun, dass der magnetische Fluss der Permanentmagnete vorrangig in den Polschuhen und damit in den Endbereichen von Rückschlussrohr und Läufer erzeugt wird, während der magnetische Fluss des Elektromagneten sein Maximum im Zentrum der Spule, mithin also mittig in der Vorrichtung, annimmt. Da der magnetische Fluss insgesamt aber durch die Magnetisierbarkeit des Materials an der Stelle der kleinsten Querschnittsfläche des Materials für den gesamten weichmagnetischen Kreis – also einschließlich der polschuhnahen Bereiche – nach oben begrenzt ist, können die Haltekräfte von starken Permanentmagneten ggf. überhaupt nicht durch Bestromung der Spule überwunden werden, gleichgültig, wie man die Spule innerhalb der Bauraumgrenzen auslegt.
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Die Erfindung entstand auf der Grundlage dieser Einsicht aus der Fragestellung, wie man auch mit schwächeren Permanentmagneten zu akzeptablen Haltekräften gelangen kann. Hierzu ist die Auslegung der Permanentmagnete so zu wählen, dass diese gegenüber dem Elektromagneten nicht überdimensioniert sind. Dies ist ausschließlich mit vergleichsweise schwachen Permanentmagneten möglich. Um dennoch gleichzeitig ausreichend große Haltekräfte realisieren zu können, sind die erfindungsgemäßen Vorgaben hinsichtlich der Abmessungen des BRA sehr hilfreich.
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Die Erfindung wird näher erläutert anhand der folgenden Figuren. Dabei zeigt:
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1 Skizze eines BRA mit an den Polschuhen angeordneten Permanentmagnetringen;
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2 Skizze wie 1 mit den Bezeichnungen der Abmessungen parallel und senkrecht zur Symmetrieachse des BRA;
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3 Simulationsergebnis für magnetische Haltekraft in Abhängigkeit von der Permanentmagnetlänge LPM und
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4 Simulationsergebnis für die Schaltkraft auf den Läufer bei Bestromung der Spule in Abhängigkeit von der Polschuhlänge LPS.
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Zur Untersuchung der magnetischen Kräfte im hohlzylindrischen BRA wird eine gängige Simulationssoftware (Implementation einer Finite-Elemente-Methode, FEM) verwendet und mit einem numerischen Modell des BRA programmiert. Die Software stellt aus internen Bibliotheken für verschiedene weichmagnetische Materialien auch relative Permeabilitäten als Funktionen der magnetischen Erregung (Feldstärke H, z.B. für die Spule berechnet nach dem Biot-Savart-Gesetz) numerisch zur Verfügung. Dadurch kann der in den verschiedenen weichmagnetischen Komponenten des BRA erzeugt magnetische Fluss realistisch simuliert und beurteilt werden.
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Für die Definition des numerischen Modells des BRA sind neben den vorbestimmten Größen (Gesamtlänge LG, Hub h, Außenradius RA, Innenradius RI, Luftspalt WLS) vor allem noch die Wandstärken von Rückschlussrohr WR, Spule WS und Läufer WL festzulegen. Diese drei Größen sind durch die übrigen Vorgaben bereits in ihrer Summe bestimmt. Überdies ist es sehr vorteilhaft, die Wandstärken von Rückschlussrohr und Läufer so aufeinander abzustimmen, dass sich kein unnötiger Engpass für den magnetischen Fluss einstellt. Dies ist beispielsweise dadurch möglich, dass Rückschlussrohr und hohlzylindrischer Läufer aus demselben weichmagnetischen Material gebildet sind und in jedem gemeinsamen Querschnitt senkrecht zur Zylinderachse dieselbe Materialmenge aufweisen. Anders formuliert: falls Rückschlussrohr und Läufer aus demselben Material bestehen und als exakt gleich lange Hohlzylinder ausgebildet sind, dann weisen sie auch exakt dieselbe Materialmenge auf.
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Es besteht dann der einfache Formelzusammenhang 2·RA·WR – WR 2 = 2·WL·RI + WL 2 zwischen WL und WR, den man grundsätzlich bei jeder Festlegung beachten sollte. Hiernach ist die Wandstärke des Rückschlussrohres stets kleiner als die des Läufers. Sie ist nach unten durch die Forderung nach der mechanischen Stabilität und auch nach der Herstellbarkeit als freitragende Struktur begrenzt und soll den Wert 100 µm jedenfalls nicht unterschreiten.
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Bildet man die Spule als Solenoid aus, so bestimmt der dafür verwendete Drahtdurchmesser sowohl die erzielbare Wicklungsdichte (Windungszahl/Spulenlänge) als auch die Anzahl der übereinander angeordneten Wicklungslagen, die man im Bauraum unterbringen kann. Für Kupferdrähte sind Drahtdurchmesser etwa ab 40 µm kommerziell erhältlich und durchaus auch für den Bau des BRA in Betracht zu ziehen. Zwar ziehen derart dünne Drähte einen hohen Spulenwiderstand nach sich, der bei einer Bestromung mit z.B. 0,5 A sehr hohe Leistungsverluste und eine starke Aufheizung der Spule bewirkt; beispielsweise erhitzt sich ein Kupferdraht von etwa 50 µm Durchmesser bei einem Strom von 0,5 A um etwa 200 °C pro Sekunde. Der Pulsstrom des BRA fließt aber typisch nur für etwa 10 ms, so dass der Schaltvorgang die Spule auch nur um ungefähr 2 °C erwärmt. Zudem wird der BRA in der hier diskutierten Verwendung als schaltbarer optischer Fokuswechsler eher selten betätigt, d.h. zwischen den Schaltvorgängen besteht ausreichend Zeit zur Wärmedissipation. Es ist somit insbesondere möglich, das Einhalten einer ausreichenden Abkühlungszeit zwischen zwei Schaltvorgängen z.B. mittels einer programmierbaren Ansteuerung der Bestromung vorzusehen.
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Die genaue Wahl der Wandstärken WR, WL und WS und die Ausgestaltung der Spule unter Beachtung des verfügbaren Maximalstromes IMAX beeinflussen selbstverständlich alle die letzten Endes tatsächlich erreichbaren, absoluten Schalt- und Haltekräfte im hohlzylindrischen BRA. Doch hat man bei der Parameteroptimierung relativ große Freiheit und wird ohne weiteres geeignete Parameter finden können, wenn man zuvor das Grundproblem des BRA in seiner Miniaturisierung erkannt und gelöst hat. Die Erfindung gibt dem Fachmann hier die Wegweisung, dass der magnetische Fluss im weichmagnetischen Kreis bei einem BRA mit sehr kleinem Außenradius durch die magnetische Sättigung des Materials extrem begrenzt ist und schlägt zur Abhilfe vor, permanentmagnetische Ringe mit großer Länge an den Enden des BRA vorzusehen. Die Länge der Magnete richtet sich allein nach dem vorbestimmten Hub und kann in Summe ein Viertel bis hin zu mehr als einem Drittel der Gesamtlänge des BRA ausmachen.
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Zur Begründung ist in 3 das Resultat einer Simulationsuntersuchung der Haltekräfte auf den Läufer in Abhängigkeit von der Permanentmagnetlänge zu sehen. Dabei wird die Permanentmagnetlänge auf den Hub normiert, d.h. in Einheiten LPM/h, der Magnetkraft auf ihr Maximum normiert gegenübergestellt. Erkennbar nimmt für LPM/h ≈ 2,5 die Magnetkraft ihr Maximum an, bevor sie für LPM/h > 3 allmählich wieder abfällt. Unterhalb von LPM/h = 2 steigt sie hingegen recht stark mit der Magnetlänge an. Um wenigstens 90 % der maximal möglichen Haltekraft zu erzielen, muss die Länge jedes Permanentmagneten wenigstens das 1,6-fache des Hubs betragen. Erfindungsgemäß soll diese Grenze nicht unterschritten werden.
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Kürzere und stärkere Magnete sind hiernach durch längere und schwächere Permanentmagnete zu ersetzen. Die längeren Magnete generieren einen geringeren magnetischen Fluss im weichmagnetischen Kreis, insbesondere kann dadurch die Flussdichte im weichmagnetischen Material deutlich unter dem Sättigungswert bleiben.
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Es ist dem Fachmann weiterhin geläufig, dass es für einen BRA günstig ist, wenn Läufer und Rückschlussrohr etwa gleich lang sind (siehe z.B.
DE 10 2011 000 583 A1 ). In einer typischen Ausgestaltung erstreckt sich das Rückschlussrohr über die gesamte Spulenlänge und zusätzlich ganz oder teilweise über die an den Spulenenden angeordneten Polschuhe. Ebenso typisch ist der Läufer gerade so lang, dass er in seiner Mittellage mit den beiden Polschuhen abschließt, d.h. L
L = L
S + 2L
PS wie auch angedeutet in
1. Ausgehend von dieser anerkannt zweckmäßigen Konfiguration kann man mittels numerischer Simulation untersuchen, welchen Einfluss die Wahl der Polschuhlänge auf die elektromagnetische Kraft auf den Läufer hat.
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Das Ergebnis ist in 4 dargestellt, wo die Magnetkraft gegenüber der Polschuhlänge auf den Hub normiert, d.h. in Einheiten LPS/h, aufgetragen ist. Die Magnetkraft trägt keine Einheit, weil sie hier auf ihren Wert bei LPS = h normiert wurde. Man erkennt sofort, dass es keinen Vorteil hat, die Länge der Polschuhe über den Hub hinaus zu vergrößern, da der Kraftgewinn nur marginal wäre. Vielmehr ist es vorteilhaft, die Polschuhlänge auf einen Wert zwischen 40 % und 60 % des Hubs abzustellen, denn in diesem Bereich werden bereits 80 % bis 90 % der maximal erzielbaren Magnetkraft erreicht. Als besonders vorteilhaft ist anzusehen, die Polschuhlänge gerade so zu wählen, dass sie den halben Hub beträgt.
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Aus der bereits eingangs genannten Summenregel für die Baulängen des BRA entlang der Symmetrieachse LG = 2·LPM + 2·LPS + LS ergibt sich daher mit den vorgenannten Bedingungen LPM ≥ 1,6·h und LPS ≥ 0,4·h unmittelbar LS ≤ LG – 4·h. Die Länge der Spule ist also kleiner zu wählen als die Gesamtlänge des BRA minus den vierfachen Hub. Dies ist anwendbar, solange der Hub des BRA auf 8 % bis 12 % seiner Gesamtlänge, vorzugsweise auf 10 % seiner Gesamtlänge, festgelegt ist.
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Orientiert man sich an den zuvor erläuterten Regeln, dann gelingt es relativ leicht, mit an sich bekannten Methoden die Dimensionierung eines hohlzylindrischen BRA auch für einen Außenradius RA < 2,5 mm, vorzugsweise RA < 2 mm, besonders bevorzugt RA ≤ 1,7 mm zu vervollständigen. Es ist dazu empfehlenswert, sich eines FEM-Simulationsprogramms zu bedienen, das die Berechnung magnetischer Flüsse erlaubt.
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Der elektromagnetische Teil des BRA wird zunächst im Rahmen der Bedingung LS ≤ LG – 4·h so ausgelegt, dass die im weichmagnetischen Material elektrisch induzierte magnetische Flussdichte in der Spulenmitte nicht größer ist als 2/3 der Sättigungsinduktion des Materials.
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Zu variieren sind dabei der Drahtdurchmesser, die Windungszahl und die Zahl der Wicklungslagen der Spule sowie die Materialmenge in Läufer und Rückschlussrohr, wobei darauf zu achten ist, dass jeder gemeinsame Querschnitt senkrecht zur Zylinderachse stets möglichst genau dieselbe Materialmenge in Läufer und Rückschlussrohr enthält. In den beiden weiter unten aufgeführten Ausführungsbeispielen betragen die Wandstärken jeweils WR = 100 µm und WL = 175 µm bei RA = 1,7 mm und RI = 0,855 mm. Für die Spule wird ein Backlackdraht mit einem Nenndurchmesser von 80 µm verwendet. Der maximale Außendurchmesser dieses Drahtes beträgt 99 µm. Die Kupferdrähte werden direkt auf das Gleitrohr aus nicht-magnetischem Edelstahl (ISO-Norm 1.4301) gewickelt oder als Luftspule ausgeführt.
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Für die Polschuhe wird, wie oben erwähnt, als optimaler Kompromiss eine Länge LPS gewählt, die dem halben Hub h entspricht. Es sind vorgegeben h = 0,3 mm und folglich LPS = 0,15 mm. Die beiden Ausführungsbeispiele unterscheiden sich vor allem in der Gesamtlänge des BRA, insbesondere beträgt h/LG im ersten Beispiel 10 % und im zweiten 10,7 %.
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Die magnetisch getriebene Bewegung des Läufer aus seiner ersten Endlage in seine zweite Endlage ist möglich, wenn bei bestromter Spule für jede beliebige Zwischenposition des Läufers zwischen seinen Endlagen das Verhältnis der magnetischen Flüsse φ2/φ1 > 1 beträgt, wobei φ1(φ2) den magnetischen Fluss in axialer Richtung durch die der ersten (zweiten) Endlage nächstgelegene Stirnfläche des Läufers bezeichnet. Es ist besonders vorteilhaft, die Flüsse so einzurichten, dass während der Bewegung des Läufer sogar jederzeit φ2/φ1 ≥ 1,4 gilt, um ausreichend große Schaltkräfte und damit verbundene ausreichend schnelle Schaltbewegungen zu erzielen.
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Die vorgenannte Schaltbedingung dient der Dimensionierung der Permanentmagnetmaße (LPM, RPMI, RPMA) auf der Grundlage des zuvor ausgelegten Elektromagneten. Für die Herstellung der Permanentmagnete können grundsätzlich Legierungen mit Magnetisierungen im Bereich von 250 kA/m bis 350 kA/m eingesetzt werden. Geeignete Materialien sind Hartferrite (z.B. Strontiumferrit, SrFe), schwache Samarium-Cobalt-Legierungen (SmCo) sowie schwache Neodym-Eisen-Bor-Legierungen (NdFeB). SmCo-Legierungen haben in Hinblick auf den Einsatz in medizinischen Geräten den Vorteil, dass sie vergleichsweise hohe maximale Einsatztemperaturen aufweisen. Für die Abmessungen der Permanentmagnetringe sind die weiter oben beschriebenen Begrenzungen einzuhalten. Es empfiehlt sich, eben jenes Magnetmaterial zu wählen, mit dem man unter Einhaltung der genannten Flussdichtebedingung den Abmessungsgrenzen für die Permanentmagnetringe möglichst nahe kommt.
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In den nachfolgenden Ausführungsbeispielen sind die weichmagnetischen Komponenten aus Baustahl nach ISO-Norm 1.0037 (relative Permeabilität ca. 2000 und Sättigungsinduktion ca. 1,8 T) und die Permanentmagnete aus SmCo-Legierung mit Remanenz 310 kA/m gefertigt.
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Ausführungsbeispiel 1
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- • Maße:
– LG: 3 mm
– LPM: 0,75 mm
– LPS: 0,15 mm
– LS: 1,2 mm
– LL: 1,5 mm
– h: 0,3 mm
– RI: 0,855 mm
– WL: 0,175 mm
– WLS: 0,17 mm
– WS: 0,4 mm
– RA: 1,7 mm
– WR: 0,1 mm
– RPMI: 1,35 mm
– RPMA: 1,7 mm
- • Spulenwerte
– Windungszahl: 75
– Strom IMAX: 0,5 A
- • Kraftwerte
– Haltekraft in den Endlagen: 6,9 mN
– Minimale Schaltkraft: 9,7 mN
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Ausführungsbeispiel 2
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- • Maße:
– LG: 2,8 mm
– LPM: 0,5 mm
– LPS: 0,15 mm
– LS: 1,5 mm
– LL: 1,8 mm
– h: 0,3 mm
– RI: 0,855 mm
– WL: 0,175 mm
– WLS: 0,17 mm
– WS: 0,4 mm
– RA: 1,7 mm
– WR: 0,1 mm
– RPMI: 1,32 mm
– RPMA: 1,7 mm
- • Spulenwerte
– Windungszahl: 60
– Strom I: 0,67 A
- • Kraftwerte
– Haltekraft in den Endlagen: 7,2 mN
– Minimale Schaltkraft: 11,8 mN
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- GB 2357375 A [0005, 0009, 0023]
- DE 102011000583 A1 [0007, 0042]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Vogel, „Elektromechanische und optische Systeme für die Endoskopie“, TU Berlin, 2011, S. 72–83 [0007]
- ISO-Norm 1.4301 [0009]
- ISO-Norm 1.4301 [0047]
- ISO-Norm 1.0037 [0051]