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Die Erfindung betrifft ein Eisenbahn-Assistenzsystem zur Unterstützung eines Lokführers bei der Streckenführung eines Schienenfahrzeuges auf einer zu befahrenden Schienenstrecke, vorgesehen zur Anordnung auf dem Schienenfahrzeug.
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Ein nicht unerheblicher Sicherheitsaspekt bei der Führung eines Schienenfahrzeuges auf einer zu befahrenden Schienenstrecke besteht darin, dem Lokführer entsprechende Informationen über die zu befahrende Strecke bereitzustellen. Vor Einführung der sog. EBuLa-Bordgeräte im deutschen Schienenverkehr wurden diese Streckeninformationen bzw. Führungsinformationen in Form eines gedruckten Buchfahrplanes bereitgestellt, der auf jeder Lokomotive vorhanden sein musste.
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In dem Buchfahrplan befanden sich für jede zu befahrende Strecke entsprechende Grunddaten, wie beispielsweise die vorgegebenen Höchstgeschwindigkeiten in den einzelnen Streckenabschnitten, Abfahrts- und Ankunftszeiten in bestimmten Bahnhöfen sowie Informationen über die Position von Signalanlagen und andere Infrastrukturelementen der Bahnstrecke. In den Buchfahrplänen fanden sich ebenso die Lage der Streckenkilometrierungen, die Reihenfolge des Fahrtverlaufes sowie zulässige Höchstgrenzen für bestimmte Betriebsparameter.
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Durch zusätzliche, gedruckte Ergänzungen wurden darüber hinaus während der Gültigkeitsdauer eines derartigen gedruckten Buchfahrplanes, die meist nicht mehr als ein halbes Jahr betrug, Änderungen, Ergänzungen sowie temporäre veränderte Betriebsparameter dem Fahrzeugführer mitgeteilt. Insbesondere ist hier das Verzeichnis der sog. Langsamfahrstellen zu nennen, die durch derartige Ergänzungen in die Buchfahrpläne Eingang fanden.
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Um die Handhabung derartiger gedruckter Buchfahrpläne sowie die Aktualisierungen komfortabler zu gestalten, wurde im deutschen Eisenbahnbetrieb der sog. elektronische Buchfahrplan eingeführt, der in seiner ersten Version auch ein Verzeichnis der Langsamfahrstellen beinhalten sollte. Die Triebfahrzeuge bzw. Lokomotiven wurden dann nach und nach mit den sog. EBuLa-Bordgeräten ausgerüstet, die einen solchen elektronischen Buchfahrplan enthielten. Die Streckeninformationen bzw. Führungsinformationen, die in dem elektronischen Buchfahrplan hinterlegt sind, werden dem Fahrzeugführer bzw. Lokführer über ein Display in Listenform angezeigt. Die Darstellungsform im Display ist allerdings sehr komplex und nicht intuitiv, da bei ihrer Entwicklung der 1:1-Transfer vom vorherigen Buchfahrplan in Papierform hin zu dem elektronischen Buchfahrplan im Vordergrund stand.
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Da der visuelle Sinneskanal bei einem Lokführer jedoch zum jetzigen Zeitpunkt bereits sehr stark beansprucht wird, nicht zuletzt auch aufgrund einer Vielzahl von zu steuernden und überwachenden Unterstützungssystemen im Triebfahrzeug, besteht ein nicht unerhebliches Risiko, dass aufgrund der komplexen Darstellungsform des elektronischen Buchfahrplans auf dem Display der Lokführer überbeansprucht wird, was nicht selten dazu führt, dass wichtige Meldungen bzw. wichtige Ereignisse, die in dem elektronischen Buchfahrplan hinterlegt sind, vom Fahrzeugführer übersehen werden. Zwar müssen die Lokführer für die zu befahrende Strecke entsprechende Streckenkenntnisse besitzen. Aufgrund von längerem Nichtfahren einer Schienenstrecke oder der Kenntnis von mehreren gleichzeitig zu befahrenden Strecken ist diese jedoch häufig nicht optimal gegeben, so dass hier ein nicht unerhebliches Sicherheitsrisiko besteht.
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Im Hinblick hierauf ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Assistenzsystem für Eisenbahnfahrzeuge anzugeben, mit dem dem Lokführer die Streckeninformationen bezüglich der voraus liegenden Schienenstrecke besser und intuitiver dargeboten werden können.
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Diese Aufgabe wird mit dem Eisenbahnassistenzsystem der eingangs genannten Art erfindungsgemäß gelöst mit
- – einer Streckendatenbank, die hinterlegt in einem Datenspeicher streckenbezogene Führungs- und/oder Streckeninformationen der zu befahrenden Schienenstrecke für den Lokführer enthält, oder einer Schnittstelle zum Verbinden mit einer derartigen Streckendatenbank,
- – einer Informationsermittlungseinheit, die zur Ermittlung von Führungs- und/oder Streckeninformationen bezüglich eines voraus liegenden Streckenabschnittes der Schienenstrecke aus der Streckendatenbank eingerichtet ist, und
- – einer Sprachausgabeeinheit, die zum Generieren einer akustischen Sprachausgabe in Abhängigkeit von den ermittelten Führungs- und/oder Streckeninformationen und zur akustischen Wiedergabe der ermittelten Führungs- und/oder Streckeninformationen durch Ausgabe der generierten akustischen Sprachausgabe ausgebildet ist.
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Erfindungsgemäß ist somit vorgesehen, dass Führungs- und/oder Streckeninformationen eines voraus liegenden Streckenabschnittes beim Befahren der Strecke dem Lokführer in akustischer Form derart wiedergegeben werden, dass der Lokführer diese Führungs- und/oder Streckeninformationen intuitiv und schnell wahrnehmen kann. Hierfür wird vorgeschlagen, dass anhand der Führungs- und/oder Streckeninformationen des voraus liegenden Streckenabschnittes eine akustische Sprachausgabe generiert wird, die dann dem Fahrzeugführer beispielsweise über einen Lautsprecher ausgegeben wird. Die akustische Sprachausgabe enthält dabei die Führungs- und/oder Streckeninformationen in natürlicher Sprache, so wie dies beispielsweise aus einem Navigationssystem bekannt ist.
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Der Vorteil besteht hierbei darin, dass zur Präsentation der Führungs- und/oder Streckeninformationen des voraus liegenden Streckenabschnitts ein Sinneskanal verwendet wird, der noch nicht so stark ausgelastet ist. Dabei muss der Lokführer seine Aufmerksamkeit nicht von seiner gerade durchgeführten Tätigkeit abwenden, da eine akustische Wahrnehmung nahezu jederzeit möglich ist. Eine akustische Sprachausgabe ist dabei ein akustisches Signal, das die Informationen in Form von natürlicher Sprache enthält.
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Die streckenbezogenen Führungs- und/oder Streckeninformationen der zu befahrenden Schienenstrecke können beispielsweise durch einen elektronischen Buchfahrplan gebildet sein, so wie er von den EBuLa-Bordgeräten bekannt ist. Die Streckendatenbank ist dann vorteilhafterweise das EBuLa-Bordgerät.
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So ist es beispielsweise besonders vorteilhaft, wenn das Assistenzsystem über eine entsprechende Schnittstelle verfügt, mit der das Assistenzsystem mit dem EBuLa-Bordgerät des Schienenfahrzeuges verbunden werden kann, um von dort mit Hilfe der Informationsermittlungseinheit die notwendigen Führungs- und/oder Streckeninformationen abgreifen zu können. Denkbar ist allerdings auch, dass die vorliegende Erfindung als Assistenzsystem mit in das EBuLa-Bordgerät integriert wird, um ein kompaktes Gerät zu erhalten. In diesem Fall ist das Assistenzsystem dann Teil des EBuLa-Bordgerätes.
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Ganz besonders vorteilhaft ist es, wenn die Informationsermittlungseinheit zur Ermittlung der nächstfolgenden Führungs- und/oder Streckeninformation bezüglich des voraus liegenden Streckenabschnittes eingerichtet ist, um dem Lokführer die Führungs- und/oder Streckeninformation akustisch auszugeben, die auf seiner Strecke als nächstes folgen würde.
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Insbesondere hierfür ist es ganz besonders vorteilhaft, wenn eine Positionsermittlungseinheit vorgesehen ist, welche die Position des Schienenfahrzeugs auf der zu befahrenden Schienenstrecke ermittelt, wobei dann in Abhängigkeit dieser Position des Schienenfahrzeuges die Führungs- und/oder Streckeninformationen aus der Streckendatenbank mit Hilfe der Informationsermittlungseinheit ermittelt werden können. Anhand dieser Position des Schienenfahrzeuges auf der Schienenstrecke kann so aus der Streckendatenbank beispielsweise die nächstfolgende Führungs- und/oder Streckeninformation ermittelt werden.
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Alternativ ist aber auch denkbar, dass dem Fahrzeugführer die für den notwendigen Streckenabschnitt in der Streckendatenbank vorgesehenen Führungs- und/oder Streckeninformationen vollständig in Form einer akustischen Sprachausgabe ausgegeben werden, beispielsweise derart, dass die Sprachausgabe turnusgemäß wiederholt wird. Dies ist beispielsweise dann besonders sinnvoll, wenn die auf der Schienenstrecke unmittelbar als nächstes folgende Führungs- und/oder Streckeninformation aus der Streckendatenbank nicht ohne weiteres ermittelbar ist.
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Darüber hinaus ist es besonders vorteilhaft, wenn das Eisenbahn-Assistenzsystem eine Spracheingabeeinheit zum Aufnehmen von Spracheingaben aufweist, mit dem der Lokführer entsprechende Spracheingaben eingeben kann. Eine weiterhin hierfür vorgesehene Einstelleinheit ist dann derart eingerichtet, dass sie mit Hilfe einer Spracherkennung die Eingaben des Lokführers ermittelt und entsprechende Betriebsparameter des Eisenbahn-Assistenzsystems in Abhängigkeit von den aufgenommenen Spracheingaben einstellt. Derartige Betriebsparameter können beispielsweise die Lautstärke oder der Detailgrad der auszugebenden Informationen sein. Denkbar ist aber auch, dass der Lokführer mit Hilfe der Spracheingabe etwa die Vorwarndistanz als Betriebsparameter einstellt, so dass in Abhängigkeit der eingestellten Vorwarndistanz die Führungs- und/oder Streckeninformationen ausgegeben werden, wenn die Vorwarndistanz für das entsprechende Informationsereignis erreicht wurde.
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Die Erfindung wird anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
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1 – schematische Darstellung des Eisenbahn-Assistenzsystems in einer ersten Ausführungsform;
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2 – schematische Darstellung einer zweiten vorteilhaften Ausführungsform.
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1 zeigt das Eisenbahn-Assistenzsystem 1 in einer ersten Ausführungsform. Das Eisenbahn-Assistenzsystem 1 weist eine Streckendatenbank 2 auf, die im Ausführungsbeispiel der 1 ein Datenspeicher ist. Die Streckendatenbank enthält streckenbezogene Führungs- und/oder Streckeninformationen 3, die in Form eines elektronischen Buchfahrplans in der Streckendatenbank 2 abgespeichert sind.
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Die Streckendatenbank 2 ist mit einer Informationsermittlungseinheit 4 kontaktiert, die dazu eingerichtet ist, aus der Streckendatenbank 2 entsprechende Führungs- und/oder Streckeninformationen bezüglich eines voraus liegenden Streckenabschnitts zu ermitteln. Hierfür ist die Informationsermittlungseinheit 4 mit einer Positionsermittlungseinheit 5 kontaktiert, von der die Informationsermittlungseinheit 4 die Position des Schienenfahrzeuges auf der Schienenstrecke erhält. Die Positionsermittlungseinheit 5 kann dabei in an sich bekannter Art und Weise ausgebildet sein, beispielsweise in Form eines GPS-Empfängers in Verbindung mit einer Streckendatenbank.
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Wurde von der Informationsermittlungseinheit 4 die nächste, auf dem voraus liegenden Streckenabschnitt als nächstes kommende Führungs- und/oder Streckeninformation aus der Streckendatenbank 2 ermittelt, so wird diese an eine Sprachausgabeeinheit 6 weitergeleitet. Die Sprachausgabeeinheit ist der Art nach ein Sprachgenerator, der in Abhängigkeit der Führungs- und/oder Streckeninformation von der Informationsermittlungseinheit 4 eine entsprechende akustische Sprachausgabe generiert, die die Führungs- und/oder Streckeninformationen, die an den Fahrzeugführer ausgegeben werden sollen, enthalten. Die akustische Sprachausgabe wird dann als ein akustisches Signal an einen Lautsprecher 7 weitergeleitet, der dann die ermittelten Führungs- und/oder Streckeninformationen durch Ausgabe der generierten akustischen Sprachausgabe wiedergibt.
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Dadurch wird es möglich, dass die ansonsten in einem elektronischen Buchfahrplan vorliegenden Führungs- und/oder Streckeninformationen in intuitiver Art und Weise dem Fahrzeugführer präsentiert werden können, ohne dass eine Veränderung des visuellen Aufmerksamkeitsfokus durchgeführt werden muss. Durch die listenhafte Darstellung von Daten eines elektronischen Buchfahrplanes, wie das beispielsweise aus dem EBuLa-Bordgerät bekannt ist, erfolgt eine erhöhte psychologische Komplexität, wenn der Fahrzeugführer für ihn relevante Daten aus dem EBuLa-Bordgerät ermitteln möchte bzw. muss.
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Mit der vorliegenden Erfindung wird erreicht, dass der Fahrzeugführer die ihn relevanten Informationen akustisch dargeboten bekommt, ohne dass er innerhalb des elektronischen Buchfahrplanes die für ihn relevanten Informationen herausfiltern muss.
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2 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel in einer besonders vorteilhaften Form, bei dem das Assistenzsystem 1 über eine Schnittstelle 11 mit einem EBuLa-Bordgerät 12 kontaktiert ist. Das EBuLa-Bordgerät enthält hierbei die für die zu befahrende Schienenstrecke relevanten Führungs- und/oder Streckeninformationen in Form eines elektronischen Buchfahrplanes, so dass diese Informationen nicht in Form eines Datenspeichers in dem Assistenzsystem 1 hinterlegt sein müssen, sondern über die Schnittstelle 11 von dem EBuLa-Bordgerät 12 direkt abgreifbar sind. Somit lässt sich das Assistenzsystem 1 in bereits bestehende technische Lösungen auf dem Schienenfahrzeug nachrüsten, ohne hierfür große Umbaumaßnahmen vornehmen zu müssen.
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Die in dem EBuLa-Bordgerät textuell enthaltenen Führungs- und/oder Streckeninformationen können dabei beispielhaft auf folgende Art und Weise akustisch wiedergegeben werden:
- – Vorsignal N96 in 700 m
- – Langsamfahrstelle 70 km/h in 1500 m
- – nächster Haltebahnhof „Lehrte“ in 2000 m, planmäßige Ankunft 12:23 Uhr
- – nicht-technisch gesicherter Bahnübergang in 600 m.
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Mit diesen Informationen lässt sich beispielsweise die Distanz zur Langsamfahrstelle, zum nächsten Haltebahnhof und zum nächsten Bahnübergang ansagen, die vorgeschriebene Geschwindigkeit an einer Langsamfahrstelle sowie die planmäßige Ankunft am nächsten Haltebahnhof.
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Sollten dem EBuLa-Bordgerät 12 darüber hinaus dynamisch weitere Daten zur Verfügung gestellt werden, beispielsweise in Abhängigkeit von der Position des Schienenfahrzeuges, lassen sich darüber hinaus auch komplexe Informationen wiedergeben, wie beispielsweise dergestalt:
- – nächster Haltebahnhof „Blankenburg“, mehrgleisiger Trennungsbahnhof mit 4 Bahnsteigen, Bahnsteiglänge 400 m, Ausfahrsignal bei Kilometer 13,4, Halteposition bei Kilometer 13,2
- – vorausfahrender Güterzug mit 80 km/h Höchstgeschwindigkeit, zweigt in Fulda-Hauptbahnhof von der Strecke dieses Zuges ab, Entfernung 38 km
- – Annäherung auf Hildesheim Hauptbahnhof, RE38104 belegt nachfolgenden, eingleisigen Abschnitt, Zug hat 2 min Vorsprung vor der Einfahrt dieses Zuges in diesen Abschnitt.