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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Schutz eines Insassen bei einer Kollision eines Fahrzeuges mit einem Hindernis, wobei mittels einer Schallquelle ein erstes Schallereignis mit einem vorgegebenen Schalldruckpegel zur Auslösung eines Stapediusreflexes vor einem zweiten Schallereignis bei Auslösung einer Insassenrückhaltevorrichtung ausgegeben wird.
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Aus der
DE 10 2008 024 937 A1 ist ein Schalldämpfer für einen Airbag-Gasgenerator und eine Gasgeneratoranordnung für ein Airbag-System bekannt. Der Airbag-Gasgenerator weist eine Wandung, die eine Innenseite und eine Außenseite aufweist, auf, wobei in der Wandung sich durchgehend von der Innenseite zur Außenseite erstreckende Auslassöffnungen vorgesehen sind. In der Wandung ist wenigstens eine Ausnehmung vorgesehen, die eine Begrenzungsfläche aufweist, wobei zumindest ein Bereich der Begrenzungsfläche von der Außenseite und/oder der Innenseite beabstandet ist.
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Darüber hinaus ist aus der
DE 198 44 427 A1 ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Reduzierung der Knallbelastung bei Auslösen eines Airbags bekannt. Die beim Auslösen eines Airbags auftretenden Schalldruckpegel eines Knallgeräusches liegen über dem für Großstadtlärm zulässigen Grenzwert. Um eine auf einen Fahrzeuginsassen beim Auslösen des Airbags auftretende Knallbelastung zu reduzieren, ist vorgesehen, dass synchron und kollokal zur Airbag-Expansion Luft aus dem Wageninneren abgesaugt wird. Als Absauggerät wird eine Gasstrahlpumpe, eine pneumatische Oszillationspumpe, ein Radial- oder Axialgebläse verwendet, die ebenfalls durch einen Gasgenerator angetrieben werden und das Abgas und die Absaugluft in den Außenraum, auch in den Motor- und Kofferraum befördert. Das Absauggerät wird zeitlich vor dem Airbag gezündet, so dass ein schwächeres Antischall-Signal den Stapediusreflex mit seiner Schutzfunktion aktiviert und einen Anfangsknall bei einer Airbagfüllung durch destruktive Interferenz verringert.
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Darüber hinaus beschreibt die
DE 296 19 556 U1 eine Vorrichtung zur Vermeidung von Gehörschäden bei der Auslösung von Fahrzeuginsassen-Rückhaltesystemen. Die Vorrichtung umfasst eine Schallquelle zum Hervorrufen eines primären Schallereignisses, das einen nicht Gehör schädigenden Schalldruckpegel aufweist, welcher aber zur Auslösung des akustischen Reflexes, des so genannten Stapediusreflexes, des menschlichen Ohres ausreichend hoch ist. Weiterhin umfasst die Vorrichtung eine Auslösesteuerung für die Schallquelle, wobei die Auslösesteuerung die Schallquelle im Rückhaltefall so ansteuert, dass diese das primäre Schallereignis zeitlich kurz vor dem Auftreten eines sekundären Schallereignisses hervorruft, welches bei der Auslösung des Rückhaltesystems auftritt und einen Gehör gefährdenden Schalldruckpegel aufweist. Ein Zeitabstand zwischen den Schallereignissen einerseits und dem Schalldruckpegel des primären Schallereignisses andererseits ist so bemessen, dass einer Gehörschädigung als Folge des sekundären Schallereignisses durch den akustischen Reflex vorgebeugt wird. Das primäre Schallereignis dauert maximal etwa 2 ms an.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren und eine verbesserte Vorrichtung zum Schutz eines Insassen bei einer Kollision eines Fahrzeuges anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß hinsichtlich des Verfahrens durch die in Anspruch 1 und hinsichtlich der Vorrichtung durch die in Anspruch 5 angegebenen Merkmale gelöst.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Ein Verfahren zum Schutz eines Insassen bei einer Kollision eines Fahrzeuges mit einem Hindernis sieht vor, dass mittels einer Schallquelle ein erstes Schallereignis mit einem vorgegebenen Schalldruckpegel zur Auslösung eines Stapediusreflexes vor einem zweiten Schallereignis bei Auslösung einer Insassenrückhaltevorrichtung ausgegeben wird. Erfindungsgemäß wird das zweite Schallereignis für eine vorgegebene Zeitdauer und/oder wiederholt ausgegeben.
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Bei der Insassenrückhaltevorrichtung handelt es sich insbesondere um im Fahrzeug angeordnete Airbags, welche pyrotechnisch auslösbar sind, wobei bei deren Auslösung schlagartig Energie freigesetzt wird und dadurch ein Knall als Schallereignis auftritt.
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Der Stapediusreflex ist ein Reflexmechanismus des Gehörs, der eine Belastung des Innenohrs durch zu hohe Schalldruckpegel reduzieren kann. Bei dem Stapediusreflex kontrahiert der Musculus stapedius aufgrund eines Reflexes, der durch einen hohen Schalldruckpegel ausgelöst wird. Der Steigbügelmuskel zieht sich zusammen, was dazu führt, dass Geräusche weniger stark ins Innenohr übertragen werden. Der Stapediusreflex weist eine bestimmte Gesamtansprechdauer von 200 ms bis 300 ms auf, die sich aus der Latenzzeit und der Muskelkontraktionsdauer zusammensetzt. Mittels des Stapediusreflexes kann sich das Gehör in bestimmten Fällen und in bestimmten Grenzen vor einem zu hohen Schalldruckpegel schützen.
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Dadurch, dass das zweite Schallereignis für die vorgegebene Zeitdauer ausgegeben wird, kann das Risiko einer zu hohen Schallbelastung der Insassen des Fahrzeuges bei einer Mehrfachkollision zumindest vermindert werden. Mehrfachkollision bedeutet dabei, dass beispielsweise auf eine Frontalkollision ein Überschlag und/oder eine Seitenkollision folgen bzw. folgt. Kollidiert das Fahrzeug frontal mit einem Kollisionsobjekt, wird das erste Schallereignis zur Auslösung des Stapediusreflexes für die vorgegebene Zeitdauer ausgegeben und die Frontairbags werden ausgelöst. Auf die Frontalkollision folgt eine Seitenkollision des Fahrzeuges, so dass die Seitenairbags des Fahrzeuges ausgelöst werden.
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Durch die Auslösung der Seitenairbags treten zusätzliche Schallereignisse, die zu Schädigungen des Gehörs der Insassen führen können, auf. Da aber das erste Schallereignis erfindungsgemäß für die vorgegebene Zeitdauer und/oder wiederholt ausgegeben wird, werden die Geräusche in Form der zusätzlichen aus der Auslösung der Seitenairbags resultierenden Schallereignisse weniger stark ins Innenohr der Insassen übertragen. Somit kann ein Schutz, insbesondere des Gehörs der Insassen bei einer Mehrfachkollision des Fahrzeuges erhöht werden.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand einer Zeichnung näher erläutert.
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Dabei zeigt:
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1 schematisch ein Fahrzeug mit einer Vorrichtung zum Schutz eines Insassen eines Fahrzeuges.
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Einander entsprechende Teile sind in der Figur mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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In 1 ist ein Fahrzeug 1 mit einer Vorrichtung zum Schutz von Insassen in dem Fahrzeug 1 dargestellt.
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Die Vorrichtung umfasst eine Sensorik 2, eine Steuereinheit 3, eine Audioanlage 4 mit einem Verstärker sowie einer Schallquelle 5.
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In dem Fahrzeug 1 ist eine Insassenschutzvorrichtung in Form von wenigstens ansteuerbaren und auslösbaren Frontairbags 6 und Seitenairbags 7 angeordnet, wobei die Airbags 6, 7 mit einem Airbagsteuergerät 8 verbunden sind.
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Die Airbags 6, 7 sind pyrotechnisch auslösbar, wobei bei Auslösung der Airbags 6, 7 schlagartig Energie freigesetzt wird und dadurch jeweils ein Knall mit einem vergleichsweise hohen Schalldruckpegel auftritt.
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Die Sensorik 2 umfasst am und im Fahrzeug 1 angeordnete nicht gezeigte Erfassungseinheiten, mittels derer eine Umgebung des Fahrzeuges 1 erfassbar ist. Dazu sind die Erfassungseinheiten zur Umgebungserfassung als Radargerät, Lidargerät und/oder als Bild auswertende Kameravorrichtung ausgeführt.
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Des Weiteren wird mittels einer Kippsensorik, welche beispielsweise Neigungssensoren, einen Lenkwinkelsensor, Quer- und Längsbeschleunigungssensoren umfasst, ein Kippen und/oder Schwanken des Fahrzeuges 1, insbesondere um dessen Längsachse, erfasst.
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Mittels der Erfassungseinheiten der Umgebungserfassung ist die Umgebung des Fahrzeuges 1 insbesondere in Bezug auf potentielle Kollisionsobjekte überwachbar.
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Erfasste Signale S der Umgebungserfassung sind der Steuereinheit 3 zuführbar, in der die Signale S ausgewertet und verarbeitet werden.
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Wird mittels der Erfassungseinheiten der Umgebungserfassung als Bestandteil der Sensorik 2 ein potentielles Kollisionsobjekt erfasst, so kann vorgesehen sein, einen Abstand zwischen dem Fahrzeug 1 und dem potentielles Kollisionsobjekt, eine Relativgeschwindigkeit zwischen dem Fahrzeug 1 und dem potentielles Kollisionsobjekt und eine Bewegungsrichtung des potentiellen Kollisionsobjektes zu ermitteln.
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Dabei wird die Relativgeschwindigkeit vorzugsweise anhand einer momentanen Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeuges 1 und einer momentanen Geschwindigkeit des potentiellen Kollisionsobjektes ermittelt.
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Des Weiteren wird das erfasste potentielle Kollisionsobjekt bevorzugt einer Objektart zugeordnet, wobei zur Unterscheidung von Objekten beispielsweise Vorlagen in der Steuereinheit 3 hinterlegt sind.
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Zusätzlich oder alternativ ist es möglich, hinsichtlich der Objektart zumindest zwischen einem bewegten und einem unbewegten Objekt als potentielles Kollisionsobjekt zu unterscheiden.
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Mittels der Zuordnung des potentiellen Kollisionsobjektes zu einer Objektart und der Kenntnis der Relativgeschwindigkeit zwischen dem Fahrzeug 1 und dem potentiellen Kollisionsobjekt ist es möglich, eine Kollisionsschwere für das Fahrzeug 1 zu bestimmen. Bevorzugt wird die Kollisionsschwere anhand der Masse und der Geschwindigkeit des Fahrzeuges 1 selbst und des der Objektart zugeordneten potentiellen Kollisionsobjektes mittels des Airbagsteuergerätes 8 ermittelt.
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Wird ermittelt, dass unter den gegebenen Voraussetzungen eine Kollision des Fahrzeuges 1 mit dem potentiellen Kollisionsobjekt unvermeidbar ist, wird in der Steuereinheit 3 ein Kollisionszeitpunkt bestimmt. Der Kollisionszeitpunkt gibt dabei den Zeitpunkt an, zu welchem die Kollision eintritt.
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Mittels der erfassten Signale der Sensorik 2, insbesondere der Umgebungssensorik, wird erfasst, dass dem Fahrzeug 1 eine Frontalkollision mit dem potentiellen Kollisionsobjekt bevorsteht. Ist das erfasste potentielle Kollisionsobjekt in die Objektart Fahrzeug eingeteilt und überschreitet die ermittelte Kollisionsschwere einen in dem Airbagsteuergerät 8 hinterlegten Schwellwert, so dass die Frontairbags 6 ausgelöst werden, wird mittels der Steuereinheit 3 ein Steuersignal S1 erzeugt.
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Das Steuersignal S1 wird der Audioanlage 4 und anschließend der Schallquelle 5, beispielsweise in Form von im Fahrzeug 1 angeordneten Lautsprechern zugeführt.
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Der Kollisionszeitpunkt ist bekannt, so dass ein erstes Schallereignis E1, ein so genanntes Vorgeräusch, beispielsweise 300 ms vor dem Kollisionszeitpunkt oder zum Kollisionszeitpunkt mittels der Schallquelle 5 ausgebbar ist.
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Das erste Schallereignis E1 wird beispielsweise 300 ms vor dem Eintreten der Kollision und zeitlich vor dem Auslösen der Frontairbags 6 für eine Dauer von 3 Sekunden bis 5 Sekunden ausgegeben, um den Stapediusreflex bei den Insassen des Fahrzeuges auszulösen.
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Bei dem Stapediusreflex handelt es sich um einen Reflex des Gehörs, der eine Belastung des Innenohrs durch einen zu hohen Schalldruckpegel, der durch das Auslösen der Frontairbags 6 als Insassenschutzvorrichtung als zweites Schallereignis E2 entsteht, reduzieren kann. Der Steigbügelmuskel zieht sich zusammen, so dass das zweite Schallereignis E2 bei Auslösen der Frontairbags 6 im Innenohr weniger stark übertragen wird und leiser erscheint.
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Beispielsweise kollidiert das Fahrzeug 1 im Anschluss an die Frontalkollision seitlich mit einem weiteren Kollisionsobjekt, beispielsweise einem Baum, so dass zumindest die der Kollisionsseite des Fahrzeuges 1 zugeordneten Seitenairbags 7 ausgelöst werden. Das Auslösen der Seitenairbags 7 ist mit mindestens einem weiteren Schallereignis E3 mit einem vergleichsweise hohen Schalldruckpegel verbunden, welches zu Gehörschäden bei den Insassen des Fahrzeuges 1 führen kann.
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Dadurch, dass das erste Schallereignis E1 für eine Zeitdauer von 3 Sekunden bis 5 Sekunden ausgegeben wird, ist das Gehör der Insassen des Fahrzeuges 1 bereits vorkonditioniert, wodurch die Gefahr von auftretenden Gehörschäden der Insassen durch das mindestens eine weitere Schallereignis E3 bei Auslösen der Seitenairbags 7 zumindest reduziert werden kann.
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Denkbar ist auch, dass bei erfasster, dem Fahrzeug 1 bevorstehender zweiter Kollision das erste Schallereignis E1 vor Auslösen der Seitenairbags 7 über die Schallquelle 5 wiederholt ausgegeben wird, um das Gehör der Insassen hinsichtlich des weiteren Schallereignisses bei Auslösen der Seitenairbags 7 vorzukonditionieren.
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Die wiederholte Ausgabe des ersten Schallereignisses E1 kann dabei aufgrund erfasster Signale der Sensorik 2 hinsichtlich der bevorstehenden zweiten Kollision und/oder durch erfasste Signale von am Fahrzeug 1 angeordneten Aufprallsensoren zum Zeitpunkt der zweiten Kollision ausgelöst werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008024937 A1 [0002]
- DE 19844427 A1 [0003]
- DE 29619556 U1 [0004]