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Die vorliegende Erfindung ist eine Vorrichtung zur Bestimmung hämodynamischer Parameter der rechten Herzkammer von Lebewesen mittels eines Kathetersystems. Insbesondere dient dieses Kathetersystem zur Kreislaufüberwachung und Kreislauftherapie von Menschen während operativen Eingriffen und intensivmedizinischer Therapie.
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Stand der Technik
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Kathetersysteme zur Beurteilung der Füllung und Funktion der rechten Herzkammer sind der zentralvenöse Katheter (ZVK), eingebracht in die obere Hohlvene, der rechtsatriale Katheter (raZVK), eingebracht in den rechten Vorhof des Herzens, und der pulmonalarterielle Katheter oder Pulmonaliskatheter, welcher in die Pulmonalarterie eingeschwemmt wird (). Der Pulmonaliskatheter ermöglicht die Messung des Drucks in der Pulmonalarterie. Hierfür ist er das „Goldstandardverfahren” in der klinischen Praxis dar. Der Druck in der rechten Herzkammer (Ventrikel) wird jedoch mit dem Pulmonaliskatheter nur beim Einschwemmen des Katheters gemessen, der Druck in der oberen Hohlvene kann über eine seitliche Öffnung des Katheters kontinuierlich bestimmt werden. Über eine Dilutionsmessung mittels eines zentralvenös verabreichten Indikators, z. B. eines Thermoindikators, lässt sich ferner das Herzzeitvolumen, das rechtsventrikuläre end-diastolische Volumen (RVEDV) und die rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion (RVEF) diskontinuierlich bestimmen. Einige Pulmonaliskatheter erlauben über eine Thermospule eine weitestgehend kontinuierliche Messung der drei zuletzt genannten Parameter. Über die zur Druckabnahme vorgesehenen Lumina des Katheters lassen sich ferner durch Blutgasanalysen die zentralvenöse und die gemischtvenöse Sauerstoffsättigung bestimmen.
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Kathetermesssysteme wie die geschilderten zentralvenösen und pulmonalarteriellen Katheter sind klinischer Standard und in verschiedenen Ausführungen offenbart. Der zentralvenöse Katheter wird in Seldinger-Punktionstechnik eingebracht, der Pulmonaliskatheter wird über eine in dieser Technik eingebrachte Einführhilfe („Schleuse”) mit dem Blutstrom eingeschwemmt.
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Die Bestimmung hämodynamischer Parameter des rechten Herzens ist außerdem mittels bildgebender Verfahren, hier allem voran mittels einer bettseitig durchführbaren Echokardiographie möglich. Hierbei kann die Füllung und Funktion des rechten Herzens evaluiert werden, jedoch erfolgen diese Messungen nicht kontinuierlich. Ein weiteres bildgebendes Verfahren ist die Magnetresonanztomographie (MRT).
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Die Beurteilung der Füllung und Funktion des gesamten Herzen und vor allem der linken Herzkammer ist mittels der Pulskonturanalyse und der transkardiopulmonalen Thermodilution möglich. Anhand der Pulskonturanalyse lassen sich sogenannte funktionelle Vorlastparameter des Herzens bestimmen, die unter maschineller Beatmung zuverlässig die Beurteilung der Volumenreagibilität der linken Herzkammer zu lassen. Volumenreagibilität oder Volumenbedürftigkeit bedeuten, dass das Schlagvolumen der linken Herzkammer bzw. das Herzzeitvolumen im Allgemeinen auf eine Volumengabe hin ansteigen. Unter Volumengabe ist die intravenöse Applikation von Infusionslösungen zu verstehen. Die funktionellen Parameter ermöglichen also die Einschätzung der Volumenreagibilität.
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Funktionelle Parameter zur Beurteilung der Füllung und Volumenreagibilität einer Herzkammer machen sich die Interaktion von Herz und Lunge während maschineller Beatmung zu Nutze. Sie werden zur Beurteilung der linken Herzkammer klinisch eingesetzt, für die rechte Herzkammer sind solche Parameter bislang nicht etabliert. In einer eigenen publizierten Arbeit und in der Habilitationsschrift des Antragstellers mit dem Titel „Detektion einer Rechtsherzdysfunktion und Steuerung der Volumentherapie anhand von statischen und funktionellen Vorlastparametern” wurde die Schwankung des Schlagvolumens der rechten Herzkammer während maschineller Beatmung beschrieben. Diese Schwankung ist abhängig von dem Füllungszustand der rechten Herzkammer.
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Ein Kathetersystem, welches kontinuierlich Druckmessungen in der rechten Herzkammer ermöglicht und hierüber die Funktion und Füllung dieser Kammer beurteilen lässt, ist bislang nicht beschrieben und nicht klinisch eingesetzt. Dieses Kathetermesssystem kann dann die Möglichkeit bieten, funktionelle Parameter zur Beurteilung der Volumenreagibilität der rechten Herzkammer klinisch zu nutzen.
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Aufgabenstellung
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Vor dem Hintergrund des oben dargestellten Stands der Technik und der klinischen Praxis ist es die Aufgabe der Erfindung, einen Katheter-Typ zur kontinuierlichen Bestimmung hämodynamischer Parameter des rechten Herzens zu schaffen. Mit der Erfindung lässt sich die Füllung und die Funktion der rechten Herzkammer genauer und zielgerichteter beurteilen. Die Erfindung stellt eine Weiterentwicklung der handelsüblichen Pulmonaliskatheter dar.
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Die Erfindung soll eine Beurteilung des Füllungszustandes der rechten Herzkammer erlauben.
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Diese erfolgt erstens über einen statischen Füllungsparameter, den end-diastolischen rechtsventrikulären Druck. Es handelt sich hierbei um den Druck in der rechten Herzkammer, bevor der Auswurf des Schlagvolumens in die Pulmonalarterie erfolgt. Dieser kann mit der Erfindung kontinuierlich erhoben werden.
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Zweitens kann mit der Erfindung die Volumenbedürftigkeit der rechten Herzkammer beurteilt werden. Hierzu liefert die Erfindung einen funktionellen Füllungsparamter, die rechtsventrikuläre systolische Druckvariation (RVSPV), die die Variation des Schlagvolumens der rechten Herzkammer widerspiegelt. Die RVSPV beschreibt eine Variation im Spitzendruck in der rechten Herzkammer während maschineller Beatmung, und wird nach untenstehender Formel berechnet.
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Die Erfindung ermöglicht die kontinuierliche Bestimmung eines Parameters der Funktion der rechten Herzkammer, nämlich des maximalen Druckanstiegs über die Zeit (dP/dTmax). Hierbei handelt es sich um einen etablierten Parameter zur Beurteilung der Funktion einer Herzkammer, der z. B. für die rechte Herzkammer bei Vorliegen einer Trikuspidalinsuffizienz über eine Echokardiographie diskontinuierlich bestimmt werden kann. Dieser ist mit der Erfindung auch bei Patienten ohne eine solche Klappeninsuffizienz bettseitig und kontinuierlich verfügbar.
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Ausführungsbeispiel
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Anhand der nachfolgenden Ausführungen und beigefügten Zeichnungen sollen Ausführungsformen der Erfindung näher erläutert werden. Die Zeichnungen sind als schematisch aufzufassen.
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Die Ausführungsformen besitzen alle ein in der rechten Herzkammer zu Liegen kommendes Lumen (4a, 4b), über das mittels Wassersäule dort der Druck kontinuierlich aufgezeichnet werden kann. Die Öffnung dieses Lumens ist entweder plan oder leicht stufig.
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Die flexiblen Katheter sind in ihrer Ausführung entweder ein zweilumiges oder ein dreilumiges Rechtsherzkathetersystem mit mindestens einem Ballon und einem Temperatursensor (2), wie in bis gezeigt.
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Die Kathetermesssysteme besitzen in ihrer Ausführung alle einen Ballon an der Katheterspitze (3), mit dessen Hilfe diese in der Pulmonalarterie platziert werden können. In einer Variation der Ausführungsbeispiele 1 und 3 wird das in der rechten Herzkammer befindliche Lumen von einem weiteren Ballon (12) wie in gezeigt umgeben, damit das ventrikuläre Messlumen nicht der Herzkammerwand anliegen kann. Es sind verschiedene Ausführungsformen dieses zweiten Ballons denkbar.
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zeigt skizzenhaft ein zweilumiges Kathetersystem. Dieses Kathetersystem besitzt ein pulmonalarterielles Lumen (1), welches an der Katheterspitze endet, und ein rechtsventrikuläres Lumen als plane und ovale oder runde Katheteröffnung (4a). Der Katheter besitzt an der Spitze einen Ballon zum Einschwemmen des Katheters (3). Zusätzlich besitzt der Katheter einen Temperatursensor an der Katheterspitze (2), der mit einem distalen Steckmodul zur externen Registrierung der Temperatur und von Temperaturänderungen (6) verbunden ist. Distale, außerhalb des Individuums zu Liegen kommende Katheteröffnungen (5, 7), welche mit herkömmlichen, in der Medizin verwendeten Spritzen kompatibel sind, dienen der Druckmessung sowie Flüssigkeit- und Medikamentengabe in der rechten Herzkammer (5) und in der Pulmonalarterie (7). Eine Luftinsufflation in den pulmonalarteriellen Ballon ist über einen weiteren Anschluss möglich (8) (mit Schließmechanismus wie üblich).
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zeigt skizzenhaft ein zweilumiges Kathetersystem. Dieses Kathetersystem besitzt ein pulmonalarterielles Lumen (1), welches an der Katheterspitze endet, und ein rechtsventrikuläres Lumen als stufige und ovale oder runde Katheteröffnung (4b). Der Katheter besitzt an der Spitze einen Ballon zum Einschwemmen des Katheters (3). Zusätzlich besitzt der Katheter einen Temperatursensor an der Katheterspitze (2), der mit einem distalen Steckmodul zur externen Registrierung der Temperatur und von Temperaturänderungen (6) verbunden ist. Distale, außerhalb des Individuums zu Liegen kommende Katheteröffnungen (5, 7), welche mit herkömmlichen, in der Medizin verwendeten Spritzen kompatibel sind, dienen der Druckmessung sowie Flüssigkeit- und Medikamentengabe in der rechten Herzkammer (5) und in der Pulmonalarterie (7). Eine Luftinsufflation in den pulmonalarteriellen Ballon ist über einen weiteren Anschluss möglich (8) (mit Schließmechanismus wie üblich).
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zeigt skizzenhaft ein dreilumiges Kathetersystem. Dieses Kathetersystem besitzt ein pulmonalarterielles Lumen (1), welches an der Katheterspitze endet, und ein rechtsventrikuläres Lumen als plane und ovale oder runde Katheteröffnung (4a). Als drittes Lumen besitzt dieser Katheter auch ein zentralvenöses Lumen (10). Der Katheter besitzt an der Spitze einen Ballon zum Einschwemmen des Katheters (3). Zusätzlich besitzt der Katheter einen Temperatursensor an der Katheterspitze (2), der mit einem distalen Steckmodul zur externen Registrierung der Temperatur und von Temperaturänderungen (6) verbunden ist. Distale, außerhalb des Individuums zu Liegen kommende Katheteröffnungen (5, 7, 9), welche mit herkömmlichen, in der Medizin verwendeten Spritzen kompatibel sind, dienen der Druckmessung sowie Flüssigkeit- und Medikamentengabe in der rechten Herzkammer (5), in der Pulmonalarterie (7) sowie in der oberen Hohlvene (9). Eine Luftinsufflation in den pulmonalarteriellen Ballon ist über einen weiteren Anschluss möglich (8) (mit Schließmechanismus wie üblich).
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zeigt skizzenhaft ein dreilumiges Kathetersystem. Dieses Kathetersystem besitzt ein pulmonalarterielles Lumen (1), welches an der Katheterspitze endet, und ein rechtsventrikuläres Lumen als stufige und ovale oder runde Katheteröffnung (4b). Als drittes Lumen besitzt dieser Katheter auch ein zentralvenöses Lumen (10). Der Katheter besitzt an der Spitze einen Ballon zum Einschwemmen des Katheters (3). Zusätzlich besitzt der Katheter einen Temperatursensor an der Katheterspitze (2), der mit einem distalen Steckmodul zur externen Registrierung der Temperatur und von Temperaturänderungen (6) verbunden ist. Distale, außerhalb des Individuums zu Liegen kommende Katheteröffnungen (5, 7, 9), welche mit herkömmlichen, in der Medizin verwendeten Spritzen kompatibel sind, dienen der Druckmessung sowie Flüssigkeit- und Medikamentengabe in der rechten Herzkammer (5), in der Pulmonalarterie (7) sowie in der oberen Hohlvene (9). Eine Luftinsufflation in den pulmonalarteriellen Ballon ist über einen weiteren Anschluss möglich (8) (mit Schließmechanismus wie üblich).
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zeigt skizzenhaft ein zweilumiges Kathetersystem. Dieses Kathetersystem besitzt ein pulmonalarterielles Lumen (1), welches an der Katheterspitze endet, und ein rechtsventrikuläres Lumen als plane und ovale oder runde Katheteröffnung (4a), wobei diese Öffnung von einem zirkulären Ballon (12) umgeben ist. In einer Ausführungsvariation kann dieser Ballon auch dem rechtsventrikulären Lumen benachbart sein. Der Katheter besitzt an der Spitze einen Ballon zum Einschwemmen des Katheters (3). Zusätzlich besitzt der Katheter einen Temperatursensor an der Katheterspitze (2), der mit einem distalen Steckmodul zur externen Registrierung der Temperatur und von Temperaturänderungen (6) verbunden ist. Distale, außerhalb des Individuums zu Liegen kommende Katheteröffnungen (5, 7, 9), welche mit herkömmlichen, in der Medizin verwendeten Spritzen kompatibel sind, dienen der Druckmessung sowie Flüssigkeit- und Medikamentengabe in der rechten Herzkammer (5), in der Pulmonalarterie (7) sowie in der oberen Hohlvene (9). Eine Luftinsufflation in den pulmonalarteriellen Ballon ist über einen weiteren Anschluss möglich (8) (mit Schlielßmechanismus wie üblich).
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Ausführungsformen mit weniger oder mehr als den gezeigten zwei bzw. drei Lumen können aus technischen und/oder klinischen Gesichtspunkten vorteilhaft sein und sind als alternative Ausführungsformen der Erfindung zu betrachten.
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Der Erfindung kann neben dem Temperatursensor auch eine Heizspule zur intermittierenden Bluterwärmung und damit semi-kontinuierlichen Herzzeitvolumenmessung mittels Thermodilution, wie derzeit bereits kommerziell erhältlich, hinzugefügt werden.
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Das in der rechten Herzkammer zu Liegen kommende Lumen befindet sich ca. 20 cm stromaufwärts der in der Pulmonalarterie einliegenden Katheterspitze. Eine Anpassung der oben beschriebenen Ausführungen an die Körpergröße der Patienten kann erwogen werden. So ist eine Variation der Distanz zwischen dem pulmonalarteriellen Lumen und dem Lumen in der rechten Herzkammer denkbar und sinnvoll, und als alternative Ausführungsform der Erfindung zu betrachten.
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Mit der Erfindung lässt sich die Variation des rechtsventrikulären systolischen Drucks, die rechtsventrikuläre systolische Druckvariation (RVSPV = right ventricular systolic pressure variation), errechnen. Diese spiegelt die Variation des rechtsventrikulären Schlagvolumens während eines Atemzyklus wieder. Die RVSPV errechnet sich in Analogie zur Berechnung der funktionellen Vorlastparameter des linken Ventrikels (Bendjelid, Hadian) als
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Die RVSPV ist exemplarisch in und dargestellt. In ist die RVSPV in einem tierexperimentellen Versuch (Schwein) nach Induktion eines Schocks gezeigt, in ist die RVSPV dann nach intravasaler Volumengabe gezeigt. Unter Volumengabe nahm in diesem Experiment die RVSPV von 22% auf 12% ab und das Schlagvolumen zu.
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Mit der Erfindung lässt sich die Variation des rechtsventrikulären diastolischen Drucks, die rechtsventrikuläre diastolische Druckvariation (RVDPV = right ventricular diastolic pressure variation), errechnen. Die RVDPV errechnet sich in analog zu obiger Formel als
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Legende:
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: Schematische Zeichnung eines Rechtsherzkathetersystems zur Messung des pulmonalarteriellen und rechtsventrikulären Drucks, letzteren über eine plane und ovale/runde Katheteröffnung.
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: Schematische Zeichnung eines Rechtsherzkathetersystems zur Messung des pulmonalarteriellen und rechtsventrikulären Drucks, letzteren über eine stufige und ovale/runde Katheteröffnung.
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: Schematische Zeichnung eines Rechtsherzkathetersystems zur Messung des pulmonalarteriellen, zentralvenösen und rechtsventrikulären Drucks, letzteren über eine plane und ovale/runde Katheteröffnung.
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: Schematische Zeichnung eines Rechtsherzkathetersystems zur Messung des pulmonalarteriellen, zentralvenösen und rechtsventrikulären Drucks, letzteren über eine stufige und ovale/runde Katheteröffnung.
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: Schematische Zeichnung eines Rechtsherzkathetersystems zur Messung des pulmonalarteriellen und rechtsventrikulären Drucks, letzteren über eine plane und ovale/runde Katheteröffnung, wobei diese Öffnung von einem zirkulären Ballon umgeben ist.
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: Rechtsventrikuläre systolische Druckvariation (RVSPV) bei einem Schwein im Schock. Gezeigt ist eine mittels Mikrotipkatheter aufgezeichnete Druckkurve im rechten Ventrikel, mit dem maximalen Druck (RVPmax) von 40 mmHg und dem minimalen Druck (RVPmin) von 32 mmHg. Es ergibt sich eine RVSPV von ca. 22%.
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: Rechtsventrikuläre systolische Druckvariation (RVSPV) bei dem gleichen Schwein wie in . Dem Tier im Schock wurde zwischenzeitlich Volumen (Flüssigkeit) gegeben. Gezeigt ist wieder die mittels Mikrotipkatheter aufgezeichnete Druckkurve im rechten Ventrikel, mit dem maximalen Druck (RVPmax) von 53 mmHg und dem minimalen Druck (RVPmin) von 47 mmHg. Es ergibt sich eine RVSPV von ca. 12%. Anzumerken ist, dass der gesteigerte pulmonalarterielle Druck auf ein durch die Volumengabe gesteigertes Herzzeitvolumen bei gleichbleibendem pulmonalvaskulärem Widerstand zurückzuführen ist.