DE102011111493A1 - Verfahren zur Steigerung der Korrisionsbeständigkeit nichtrostender martensitischer Stähle durch Austenitformhärten - Google Patents

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Abstract

Durch Anhebung der Austenitisierungstemperatur wird beim Härten nichtrostender martensitischer Stähle der Gehalt an gelösten Legierungselementen im Martensit erhöht und damit auch die Korrosionsbeständigkeit. Ein teilweiser Austausch von Kohlenstoff durch Stickstoff steigert die Löslichkeit. Die damit einhergehende Stabilisierung von Restaustenit und die niedrige Härte werden erfindungsgemäß durch Austenitformhärten, bestehend aus plastischer Verformung und Tiefkühlen, überwunden.

Description

  • DIN EN 10088 enthält eine Auswahl nichtrostender martensitischer Stähle. Für jeden Stahl wird eine Spanne der Härtetemperatur empfohlen. Es ist bekannt, dass beim Erwärmen auf Härtetemperatur der – im weichgeglühten Ausgangszustand in Karbiden ausgeschiedene – Kohlenstoffgehalt des Stahles im Austenit in Lösung geht und die Abkühlung von Härtetemperatur so erfolgt, dass der Kohlenstoff weitgehend interstitiell gelöst bleibt um bei der martensitischen Umwandlung eine Härtesteigerung zu bewirken. Es ist ferner bekannt, dass mit zunehmender Härtetemperatur der Gehalt an gelöstem Kohlenstoff und damit zunächst auch die Härte bis auf ein Maximum anwächst, um dann wieder abzufallen. Die Ursache des Abfalls liegt in der Stabilisierung der austenitischen Phase durch die Karbidauflösung was sich in einer Absenkung der Temperaturen Ms und Mf für Beginn und Ende (start, finish) der martensitischen Umwandlung ausdrückt. Fällt Mf unter Raumtemperatur (Mf < RT), so bleibt die martensitische Umwandlung bei RT unvollständig und Restaustenit zurück. Dieser weichere Gefügebestandteil kann bei Stählen mit ausreichend hohem Kohlenstoffgehalt und hoher Härtetemperatur soweit anwachsen, dass Ms < RT und die Matrix bei RT nur aus metastabilem Restaustenit besteht.
  • Es gehört zur industriellen Praxis, nach dem Härten den Restaustenit durch Tiefkühlen und/oder Sekundärhärtung nach DIN EN 10052 zum Zwecke der Härtesteigerung umzuwandeln. Seltener kommt eine Kaltumformung für die Restaustenitumwandlung bei gehärtetem Stahl zur Anwendung. Beispiele sind in den Abhandlungen [1] bis [3] offenbart.
  • In Bezug auf nichtrostende martensitische Stähle weist der Stand der Technik den Mangel auf, dass das Härten und die anschließende Nachbehandlung nur dem Zweck der Härtesteigerung dienen, nicht aber auf eine Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit zielen. Dieser Mangel wird erfindungsgemäß dadurch überwunden, dass durch eine hohe Austenitisierungstemperatur die mit Chrom und Molybdän angereicherten Ausscheidungen des Glühgefüges weitgehend aufgelöst werden, sodass sich diese Legierungsatome im Austenit lösen und nach dem Härten im Martensit gelöst bleiben. Dadurch werden sie in die Lage versetzt, eine korrosionshemmende Passivschicht zu bilden, wozu sie in ausgeschiedener Form nicht fähig sind. Um die Aufnahmefähigkeit des Austenits für substituierte Legierungselemente wie Chrom und Molybdän zu erhöhen, wird erfindungsgemäß ein, neben Kohlenstoff, mit Stickstoff legierter nichtrostender martensitischer Stahl verwendet. Es ist bekannt und z. B. in der Abhandlung [4] beschrieben, dass beim Austenitisieren der Phasenraum des Austenits in nichtrostenden Stählen durch gemeinsames Legieren mit Kohlenstoff und Stickstoff stärker aufgeweitet wird als durch Kohlenstoff allein, sodass die Phasengrenzen zu den Karbid- und Nitridausscheidungen einerseits und dem δ-Ferrit andererseits auseinanderrücken. Dies wird erfindungsgemäß genutzt, um die Sättigungsgrenze des Austenits für substituierte Chrom- und Molybdänatome anzuheben.
  • Die mit der Anreicherung des Austenits durch substituierte und interstitielle Atome einhergehende Stabilisierung dieser Phase gegen die martensitische Umwandlung führt zu Restaustenit und geringer Härte. Dieser Nachteil wird erfindungsgemäß durch Austenitformhärten überwunden. Nach DIN EN 10052 handelt es sich dabei um ein „thermomechanisches Behandeln eines Eisenwerkstoffes, bei dem metastabiler Austenit plastisch verformt wird, bevor er in Martensit...umwandelt”. Mit Md wird die Temperatur bezeichnet, bei der die martensitische Umwandlung nach einer definierten plastischen Deformation beginnt. Nach 20% Stauchung wird z. B. die Bezeichnung Md20 verwendet. Die erfindungsgemäße Ausgestaltung des neuen Verfahrens sieht vor, die Temperatur und Dauer der Austenitisierung eines gegebenen Stahles so zu wählen, das Ms ≤ 150°C und Ms < Md ≤ 300°C sowie anschließend auf eine Temperatur TT ≥ –196°C so abzukühlen, dass eine teilweise oder vollständige martensitische Umwandlung und eine Härte von ≥ 55 HRC erreicht wird. Durch die Begrenzung von Ms und Md wird ein hoher Gehalt an gelöstem Chrom und Molybdän im Austenit sichergestellt und eine Wiederausscheidung im Martensit erschwert. Aus dem gleichen Grunde wird die Temperatur für das abschließende Anlassen auf TA ≤ 250°C beschränkt.
  • Ausführungsbeispiele
    • (A) Ein Probe aus Walzstahl mit (Masse%) 0.3 C, 0.45 N, 16.5 Cr, 0.8 Mo, 0.5 Mn und 0.9 Si wurde erfindungsgemäß bei 1050°C, 30 min austenitisiert, auf Td = 200°C abgekühlt und bei dieser Temperatur um 20% gestaucht, danach in flüssigem Stickstoff auf –196°C abgekühlt. Die anschließende Härteprüfung bei RT ergab 60 HRC, die Messung der charakteristischen Temperaturen führte auf Ms ≈ 50°C und Md20 ≈ 150°C, sodass Ms < Md20 ≤ Td.
    • (B) Zum Vergleich wurde eine andere Probe aus demselben Stahl einer konventionellen Wärmebehandlung unterzogen, die aus Austenitsieren bei 980°C, 30 min, abkühlen auf RT und Tiefkühlen auf –196°C bestand. Die erzielte Härte betrug bei RT 57.3 HRC.
  • Der nach erfindungsgemäßem Verfahren eingestellte Werkstoffzustand (A) und der nach konventionellem Verfahren (B) erreichte wurden einer Korrosionsprüfung durch Aufnahme von Stromdichte-Potential-Kurven in einer wässrigen Kochsalzlösung mit 3 Masse% NaCl bei RT in Anlehnung an DIN 50918 unterzogen. Die Potentialänderungsgeschwindigkeit betrug 0.6 V/h. 1 zeigt die Stromdichte-Potential-Kurven des nach dem erfindungsgemäßen Verfahren A sowie nach konventionellem Verfahren B behandelten Walzstahls mit den zugehörigen Durchbruchspotentialen UDA = 270 mV und UDB = 180 mV. Es ist die gemessene Stromdichte in Abhängigkeit vom aufgeprägten Potential bezogen auf die Standard-Wasserstoff-Elektrode (SHE) im Bereich beginnender Lochkorrosion dargestellt. Es zeigt sich, dass das Durchbruchspotential UDA für die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren (A) behandelte Probe um 90 mV höher liegt als für die konventionell behandelte Probe (B). Nach dem allgemein anerkannten Stand des Wissens drückt sich in diesem Messergebnis für (A) im Vergleich zu (B) eine signifikant höhere Beständigkeit gegen Lochkorrosion aus, was die Wirksamkeit des neuen Verfahrens beweist.
  • Zur Erklärung dieses experimentellen Beweises wird auf Berechnungen der thermodynamischen Phasengleichgewichte des verwendeten Walzstahls in 2 verwiesen, das mit dem kommerziell verfügbaren Programmpaket Thermo-Calc S und der Datenbank TCFE6.2 nach [5] erstellt wurde. Es zeigt das berechnete Phasenmengen-Schaubild des Walzstahles im thermodynamischen Gleichgewicht mit den Mengen nichtaufgelöster Karbid- und Nitridausscheidungen nach erfindungsgemäßem Verfahren A und konventionellem Verfahren B. Daraus lassen sich folgende, im Austenit gelösten Legierungsgehalte ableiten:
    Verfahren [A] [B]
    Austenitisierungstemperatur [°C] 1050 980
    C [Masse%] 0.28 0.22
    N [Masse%] 0.34 0.18
    Cr [Masse%] 15.7 14.4
    Mo [Masse%] 0.78 0.71
  • Die Beständigkeit gegen Lochkorrosion kann durch die PREN Zahl (pitting resistance equivalent number) ausgedrückt werden. Sie enthält den gewichteten Einfluss der wichtigsten Legierungselemente und ist in Form einer empirischen Gleichung definiert und bekannt. PREN = Masse% Cr + 3.3·Masse% Mo + k·Masse% N
  • Mit k = 20 ergibt sich PREN für den im Austenit gelösten Legierungsgehalt nach Verfahren (A) zu 25.1 und nach Verfahren (B) zu 20.3. Darin zeigt sich eine höhere Beständigkeit von (A) gegenüber (B) und zugleich ein Hinweis auf die zu Grunde liegende Ursache. Der höhere, im Austenit gelöste Legierungsgehalt lässt nach allgemeinem Stand der Kenntnisse auch eine höhere Beständigkeit gegen andere Korrosionsarten erwarten.
  • ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
  • Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
  • Zitierte Nicht-Patentliteratur
    • DIN EN 10088 [0001]
    • DIN EN 10052 [0002]
    • DIN EN 10052 [0004]
    • DIN 50918 [0005]

Claims (4)

  1. Verfahren zur Steigerung der Korrosionsbeständigkeit nichtrostender martensitischer Stähle durch Austenitformhärten, dadurch gekennzeichnet, dass (a) die Stähle 0.1 bis 0.6 Masse% Stickstoff enthalten, (b) die Austenitisierungstemperatur so hoch gewählt wird, dass sich eine Ms-Temperatur von höchstens 150°C und eine Md-Temperatur von höchstens 300°C einstellen, (c) nach dem Abkühlen von Austenitisierungstemperatur auf eine Deformationstemperatur Td > Md > Ms eine plastische Verformung von mindestens 10% erfolgt, (d) nach der Verformung eine Abkühlung auf eine Temperatur zwischen –50 und –196°C durchgeführt und nach Wiedererwärmen auf Raumtemperatur ein Härte von mindestens 55 HRC erreicht wird und (e) abschließend ein Anlassen bei einer Temperatur von höchstens 250°C erfolgt.
  2. Verfahren nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die plastische Verformung bei einer Temperatur Td ≤ 100°C erfolgt.
  3. Verfahren nach Patentanspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass die plastische Verformung ein Werkstück nicht durchgreifend, sondern nur partiell erfasst und z. B. als Randschichtverformung durch Kugelstrahlen oder Festwalzen eingebracht wird.
  4. Anwendung des Verfahrens nach Patentanspruch 1 bis 3 für Werkzeuge, Wälzlager und Verschleißteile in feuchter chloridionenhaltiger Umgebung und in anderen korrosiven Medien.
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