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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Prüfung eines plattenförmigen Prüfkörpers aus einem Faserverbundkunststoff (FVK) durch einen partiellen Lasteintrag in eine Stirnseite des Prüfkörpers, bei welchem der Prüfköper in seiner Prüfstellung randseitig gelagert ist. Ferner betrifft die Erfindung eine Prüfvorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Ein Faser-Kunststoff-Verbund (FKV) (auch faserverstärkter Kunststoff oder Faserverbundkunststoff, FVK) ist ein Werkstoff, bestehend aus Verstärkungsfasern und einer Kunststoffmatrix. Die Matrix umgibt die Fasern, die durch Adhäsiv- oder Kohäsivkräfte an die Matrix gebunden sind. Durch die Verwendung von Faserwerkstoffen haben Faser-Kunststoff-Verbunde ein richtungsabhängiges mechanisches Verhalten.
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Im Automobilbau kommen Energieabsorptionselemente aus Faserverbundkunststoffe wegen ihrer hohen spezifischen Kennwerte zum Einsatz, bei denen im Crashfall, bspw. bei einer Kollision mit einem Hindernis Bewegungsenergie gezielt mit dafür am Fahrzeug vorgesehenen, als Energieabsorber ausgebildeten Strukturen abgebaut wird.
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Um eine standardisierte Auslegung zu entwickeln ist eine geeignete Prüfmethodik zu erstellen. Zwar existieren genormte Prüfmethoden zur Ermittlung der steifigkeits- und festigkeitsrelevanten Parameter, ein gängiges Testverfahren zur Ermittlung der Energieabsorptionskennwerte existiert derzeit nicht.
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Zur Ermittlung der Energieabsorptionskennwerte werden Versuche bislang überwiegend an Rohrprobekörper durchgeführt, die sich jedoch nicht mit beliebigen Fertigungsverfahren herstellen lassen. Ein Ansatz zum standardisierten Prüfverfahren wird in dem Artikel ”Toward the development of test standards for characterizing the energy absorption of composite materials: Part II”, Feraboli P., Garton F., Deleo F. – 7th SPE Automotive Composites Conference, Troy, MI, Sep. 2007, zusammengefasst. Dort werden selbstausgesteifte offene Profile vorgeschlagen, die ein stabiles progressives Energieabsorptionsverhalten (Crushing) aufweisen. Aufgrund der Geometrie wird hierfür jedoch mindestens eine Formhälfte benötigt. Zudem kommt es bei unterschiedlichen Wanddicken zu einer veränderten Mittellinie und dadurch zu leicht veränderten Prüfgeometrien.
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Nachteilig an einem solchen Verfahren mit selbstausgesteiften Prüfkörpern sind deren Geometrieabhängigkeit und deren aufwendige Herstellung. Zudem ist die Geometrie auf gewisse Fertigungsverfahren beschränkt.
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Eine weitere Möglichkeit zur Ermittlung der Kennwerte besteht in der Verwendung von ebenen Prüfkörpern. Um ein Ausknicken bei axialem Stauchen zu verhindern, werden diese mit einer Prüfvorrichtung gelagert, d. h. so gestützt, dass während des Crushing nur ein Ausknicken des Prüfkörpers verhindert und dadurch ein stabiles Crushing erzielt wird. Ein solches Verfahren zur Ermittlung der Energieabsorptionskennwerte von solchen plattenförmigen Prüfkörpern ist aus der gattungsbildenden
US 5,811,686 bekannt.
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Die aus dieser
US 5,811,686 bekannte Vorrichtung zur Durchführung eines Crash-Testes mittels eines plattenförmigen Prüfkörpers umfasst eine Basisplatte mit vier Führungsschienen zum Führen einer Schiebeplatte sowie vier auf der Basisplatte senkrecht stehende Halteschenkel, die den Prüfkörper randseitig abstützen, wobei hierzu in Längsrichtung dieser Halteschenkel jeweils ein keilförmiges Element verläuft, so dass deren Keilspitze an dem Prüfkörper anliegt und dadurch dieser während des Crash-Vorganges gestützt wird. Zur Durchführung des Crash-Vorganges wird der Druck über einen sphärischen Stempel auf die Schiebeplatte übertragen, die ihrerseits mit einer Stirnseite des Prüfkörpers in Kontakt steht.
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Der Prüfkörper wird bei dieser bekannten Prüfvorrichtung mittels der Halteschenkel lediglich in seiner Prüfposition, die sich senkrecht zur Basisplatte erstreckt, gelagert bzw. gehalten, um ein Ausknicken des Prüfkörpers zu verhindern. Die Last wirkt dabei auf den gesamten Prüfkörper ein, wodurch der Prüfkörper gegen die Basisplatte gedrückt wird, so dass sich der dabei entstehende Versagensprozess über den gesamten Prüfkörper erstreckt.
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Bei diesem bekannten Testverfahren mit einem plattenförmigen Prüfkörper werden abhängig vom Lagenaufbau teilweise deutlich geringere Kennwerte im direkten Vergleich zu selbstausgesteiften Profilen gemessen. Während bei Aufbauten mit vorrangig unidirektionalen Schichten in Längsrichtung die Abweichung relativ gering ist, fällt diese bei Laminaten mit vergleichsweise vielen Fasern in Querrichtung deutlicher aus. Aufgrund der geometrischen Randbedingungen wird bei nicht gelagerten ebenen Prüfkörpern keine Längung der Querfasern erzielt und somit keine Querspannungskomponente induziert. Daher wird zwar ein ähnlicher Versagensmodus bzw. Versagensprozess erzielt, der jedoch teilweise geringere Kennwerte liefert. Ein Vergleich verschiedener Konfigurationen einer Struktur aus Faserverbundkunststoffen wird dadurch deutlich erschwert.
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Aufgabe der Erfindung ist es, das eingangs genannte Verfahren zur Prüfung eines plattenförmigen Prüfkörpers aus einem Faserverbundkunststoff derart weiterzubilden, dass die Ergebnisse, insbesondere das Versagensverhalten besser auf selbstausgesteifte Profile übertragbar sind. Ferner ist es Aufgabe der Erfindung eine Prüfvorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens anzugeben.
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Die erstgenannte Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
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Bei einem solchen Verfahren zur Prüfung eines plattenförmigen Prüfkörpers aus einem Faserverbundkunststoff durch einen Lasteintrag in eine Stirnseite des Prüfkörpers, bei welchem der Prüfköper in seiner Prüfstellung randseitig gelagert ist, ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass der Prüfkörper in seiner Prüfstellung randseitig mittels Spannmitteln durch U-förmiges Umschließen von wenigstens zwei gegenüberliegenden Randbereichen eingespannt wird, der Lasteintrag in einem mittleren Bereich der den Lasteintrag aufnehmenden Stirnseite erfolgt, und der Prüfkörper bei Lasteintrag im Bereich der den Lasteintrag aufnehmenden Stirnseite getriggert wird.
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Mit diesem erfindungsgemäßen Verfahren wird der Prüfkörper nur partiell gestaucht, da dessen Ränder fest eingespannt sind. Beim „Crushing” bildet sich ein Bruchkeil aus, der dazu führt, dass einzelne, insbesondere quer zur Richtung des Lasteintrages verlaufende Faserbündel aufgeweiet werden und dabei so lange einer Längung ausgesetzt sind, bis aufgrund der zunehmend in diesen Fasern induzierten Zugspannungen diese schließlich brechen. Dabei werden die Kraft-Weg-Kurve am Stempel und die absorbierte Energie nur über diesen gestauchten Bereich, in dem ein energieabsorbierender Modus erzielt wird, ausgewertet. Dieser energieabsorbierende Modus wird mittels einer geeigneten Triggerung erzielt, die beispielsweise durch eine gezielte geometrische Anpassung des Probekörpers ausgeführt sein können.
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Durch das randseitige Einspannen des Prüfkörpers werden Umfangsspannungen beim Crushing zugelassen, wodurch ein übertragbares Versagensverhalten erzielt wird, wie es bei selbstausgesteiften Profile, die aus dem gleichen Faserverbundkunststoff wie der Prüfkörper hergestellt sind, beobachtet werden kann.
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Aufgrund des bei dem erfindungsgemäßen Verfahren verwendeten ebenen bzw. plattenförmigen Prüfkörpers können die Energieabsorptionskennwerte und das Energieabsorptionsverhalten einfach und damit kostengünstig mit üblichen Prüfmaschinen, also quasi-statisch durchgeführt werden. Auch eine dynamische Prüfung in einem Fallturm kann durchgeführt werden.
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Besonders vorteilhaft ist es gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung, wenn der den Lasteintrag aufnehmende mittlere Bereich der Stirnseite beidseitig identisch beabstandet zu den eingespannten Randbereichen des Prüfkörpers ausgewählt ist. Damit werden während des Crushings in dem Prüfkörper gleichmäßig in demselben verteile Zugspannungen erzeugt, so dass hinsichtlich der Übertragbarkeit auf Prüfkörper mit selbstausgesteiften Profilen verbesserte Ergebnisse erzielt werden.
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So bietet es sich gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung an, den Prüfkörper an gegenüberliegenden, die den Lasteintrag aufnehmende Stirnseite einschließenden Randbereichen mittels zwei Spannmitteln einzuspannen. Dies führt zu einem einfachen und kostengünstig durchzuführenden Verfahren.
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In einer Ausgestaltung der Erfindung wird der Prüfkörper bis auf die den Lasteintrag aufnehmende Stirnseite vollständig randseitig mittels der Spannmittel eingespannt.
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Der Prüfkörper kann gemäß einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung mit einer einfach herzustellen Geometrie ausgebildet werden, indem er im Wesentlichen rechteckförmig ausgebildet und mittels der Spannmittel U-förmig eingespannt wird.
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Die zweitgenannte Aufgabe wird gelöst durch eine Prüfvorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 6 oder des Patentanspruchs 7.
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Eine solche Prüfvorrichtung gemäß der zweitgenannten Lösung zeichnet sich dadurch aus, dass als Spannmittel wenigstens zwei Spannbackenpaare vorgesehen sind, welche den Prüfkörper zwischen sich durch U-förmiges Umschließen von wenigstens zwei gegenüberliegenden Randbereichen einspannen und für den Lasteintrag in die Stirnfläche des Prüfkörpers ein Stempel vorgesehen ist, dessen Ausdehnung in Richtung der Stirnfläche geringer ist als der Abstand der beiden Spannbackenpaare.
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Die zweitgenannte Lösung zeichnet sich ferner dadurch aus, dass ein U-förmig ausgebildetes Spannbackenpaar vorgesehen ist, welches einen im Wesentlichen rechteckförmigen Prüfkörper randseitig durch U-förmiges Umschließen der Randbereiche einspannt und für den Lasteintrag in die Stirnfläche des Prüfkörpers ein Stempel vorgesehen ist, dessen Ausdehnung in Richtung der Stirnfläche geringer ist als der Abstand der beiden Spannbackenschenkel des Spannbackenpaares.
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Solche erfindungsgemäßen Prüfvorrichtungen sind einfach und damit kostengünstig zu realisieren.
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Zur Triggerung eines energieabsorbierenden Versagensmodus während des Lasteintrages in die Stirnseite des Prüfkörpers ist gemäß einer Weiterbildung der Erfindung der Prüfkörper im Bereich der den Lasteintrag aufnehmenden Stirnseite mit einer Triggerstruktur ausgebildet.
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Unterschiedliche Ausgestaltungen einer solchen Triggerstruktur können über die Probekörpergeometrie, dem Laminataufbau oder lokalen Veränderungen der mechanischen Eigenschaften erzeugt werden. So kann bspw. der den Lasteintrag aufnehmende Bereich der Stirnseite mit dreieckförmigem Abschnitt, einem sogenannten Tulip-Trigger ausgebildet werden. Ferner sind auch weitere bekannte Triggerstrukturen, wie bspw. eine einseitig oder beidseitig angefaste Stirnfläche einsetzbar.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren ausführlich beschrieben. Es zeigen:
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1 eine perspektivische schematische Darstellung einer Prüfvorrichtung gemäß der Erfindung zur Erläuterung des erfindungsgemäßen Verfahrens, und
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2 eine schematische Seitenansicht der Prüfvorrichtung nach 1.
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Die 1 und 2 zeigen einen plattenförmigen Prüfkörper 1, der in einer Prüfvorrichtung 10 eingespannt ist. Dieser Prüfkörper 1 weist eine rechtwinklige Form auf und ist aus einem Faserverbundkunststoff hergestellt. Die Fasern in diesem Prüfkörper 1 verlaufen sowohl in Längsrichtung als auch hierzu in Querrichtung, wobei die Längsrichtung der Richtung eines Lasteintrages F entspricht.
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Die Prüfvorrichtung 10 umfasst ein U-förmig ausgebildetes Spannbackenpaar 11, wobei mit diesem Spannbackenpaar 11 der Prüfkörper 1 randseitig bis auf eine im Bereich der offenen Schenkel 11a und 11b des Prüfbackenpaares 11 liegenden Stirnseite 2 formschlüssig eingespannt wird. Mit den Pfeilen P ist in 1 die Verspannung der Ränder 4a, 4b und 4c des Prüfkörpers 1 angezeigt. Die freie, nicht eingespannte Stirnseite 2 nimmt in einem mittleren Bereich 3 den von einem Stempel 20 einer nicht dargestellten Prüfmaschine erzeugten Lasteintrag F auf.
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Das U-förmige Spannbackenpaar 11 besteht aus zwei Spannbackenschenkeln 11a und 11b, die über einen Spannbackensteg 11c zur Bildung der U-Form verbunden sind.
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Der Prüfkörper 1 ist mit einer Triggerstruktur ausgebildet, indem die den Lasteintrag F aufnehmende Stirnseite 2 mit einem dreieckförmigen Abschnitt 5 ausgebildet ist, so dass die Spitze dieses Abschnittes 5 zuerst in Kontakt mit dem Stempel 20 kommt.
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Wie aus 2 ersichtlich, ist die Breite a des Stempels 20 in Richtung des Verlaufs der Stirnseite 2 des Prüfkörpers 1 kleiner als der Abstand b der beiden Spannbackenschenkel 11a und 11b des U-förmige Spannbackenpaares 11. Durch den Stempel 20 wird gezielt ein progressives Versagen erzeugt, welches sich partiell unterhalb des Stempels durch den Probekörper fortsetzt.
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Wird der Stempel 20 mittels einer Prüfmaschine in den Prüfkörper 1 verfahren, wird dieser Prüfkörper 1 mit der Triggerstruktur 5 getriggert und ein energieabsorbierender Modus erzeugt und dabei die Kraft-Weg-Kurve und die absorbierte Energie über den gestauchten Bereich detektiert und ausgewertet.
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Dadurch dass die Randbereiche 4a, 4b und 4c durch das Spannbackenpaar 11 fest eingespannt sind, wird während des Crushings der Prüfkörper gegen ein energetisch ineffizientes Versagen aufgrund von lokalen Instabilitäten gestützt, so dass ein progressiver Versagensmodus erzielt werden kann. Durch dieses Verhalten werden Zugspannungen in einzelnen Faserbündeln induziert, bis diese schließlich brechen.
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Das mit einer solchen Prüfvorrichtung erzeugte Versagensverhalten und die derart ermittelten Kennwerte des verwendeten Faserverbundkunststoffes können im Grundsatz auf selbstausgesteifte Profile übertragen werden, die aus dem gleichen Faserverbundkunststoff hergestellt sind.
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Die Prüfvorrichtung 10 kann auch lediglich mit zwei Spannbackenschenkeln 11a und 11b aufgebaut werden, also ohne den diese Spannbackenschenkel verbindenden Spannbackenschenkel 11c. Damit wird der Prüfkörper 1 lediglich an seinen gegenüberliegenden Randbereichen 4a und 4b eingespannt, der der Stirnseite 2 gegenüberliegende Randbereich 4c dagegen nicht.
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Auch können anstelle der dreiecksförmigen Triggerstruktur 5 andere dem Fachmann bekannte Triggerstrukturen eingesetzt werden. So kann bspw. die Stirnseite 2 des Prüfkörpers 1 beidseitig oder einseitig angefast werden.
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Wie oben beschrieben, wird das Verfahren mit der Prüfvorrichtung 10 in einer Prüfmaschine quasi-statisch durchgeführt. Es ist auch möglich dieses Verfahren dynamisch in einem Fallturm durchzuführen.
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Der verwendete Stempel 20 ist vorzugweise mit einer ebenen Kontaktfläche ausgeführt, möglich ist jedoch auch eine beliebige Geometrie bzw. Oberflächenbeschaffenheit zu nutzen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Prüfkörper
- 2
- Stirnseite des Prüfkörpers 1
- 3
- mittleren Bereich der Stirnseite 2
- 4a
- Randbereich des Prüfkörpers 1
- 4b
- Randbereich des Prüfkörpers 1
- 4c
- Randbereich des Prüfkörpers 1
- 5
- Triggerstruktur des Prüfkörpers 1
- 10
- Prüfvorrichtung
- 11
- Spannmittel, U-förmige Spannbackenpaar
- 11a
- Spannbackenpaar, Schenkel des U-förmigen Spannbackenpaares
- 11b
- Spannbackenpaar, Schenkel des U-förmigen Spannbackenpaares
- 11c
- Spannbackensteg des U-förmigen Spannbackenpaares
- 20
- Stempel an einer Prüfmaschine