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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Wenden eines Kraftfahrzeugs, wobei das Umfeld des Kraftfahrzeugs mittels einer Umfeldsensorik vermessen wird gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1, eine entsprechende Vorrichtung gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 6 sowie ein Navigationssystem gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 8.
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Moderne Kraftfahrzeuge sind in zunehmendem Maße mit Assistenzsystemen ausgerüstet, die den Fahrer unterstützen und teilweise Fahrerfunktionen übernehmen können. Dabei dienen derartige Fahrerassistenzsysteme einerseits zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr, indem sie den Fahrer vor Gefahren warnen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, oder andererseits dazu, den Fahrer zu unterstützen und Fahrertätigkeiten zu übernehmen. Ein Beispiel für die Übernahme von Fahrertätigkeiten sind die Parkassistenten, die zumindest teilweise ein Kraftfahrzeug in eine Parklücke einparken oder aus einer Parklücke ausparken. Dazu wird mittels einer Umfeldsensorik das Umfeld des Kraftfahrzeugs vermessen und auf mögliche Parklücken untersucht. Ist eine mögliche und ausreichend große Parklücke gefunden, so wird dies dem Fahrer angezeigt, der dann den Einparkvorgang ausgehend von einer entsprechend günstigen Position initiieren kann. Üblicherweise berechnet der Parkassistent eine Parktrajektorie und übernimmt die elektromechanische Lenkung, während der Fahrer für die Fahrgeschwindigkeit und Fahrtrichtung weiterhin zuständig ist.
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Eine wesentliche Voraussetzung für derartige Fahrerassistenzsysteme wie den erläuterten Parkassistenten ist die Bestimmung des Umfeldes des Kraftfahrzeugs, da ein Fahrmanöver wie ein Einparken oder Ausparken ohne eine genaue Kenntnis des Umfeldes nicht möglich ist.
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Aus der
DE 10 2007 045 562 A1 ist eine Einrichtung zur Darstellung einer Parklücke bekannt, wobei eine erste Erfassungseinrichtung die Parklücke bei einer seitlichen Vorbeifahrt erfasst und eine zweite Erfassungseinrichtung vordere und hintere Begrenzungen der Parklücke ermittelt, so dass eine Darstellung der Parklücke mit ihren Ausmaßen auf einer Anzeigeeinheit im Kraftfahrzeug erfolgen kann.
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In der
DE 10 2009 009 815 A1 wird die Umgebung eines Fahrzeugs durch die Analyse der Bilddaten der seitlichen Umgebung des Fahrzeugs eines Kamerasystems mittels eines Motion-Stereo-Verfahrens ermittelt and analysiert.
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Ferner ist aus der
DE 10 2006 026 092 A1 ein Verfahren zur Steuerung eines zumindest teilautomatisch durchführbaren Fahrmanövers eines Kraftfahrzeugs bekannt, durch welches ein Kraftfahrzeug von einer Istposition in eine Zielposition verbracht werden soll. Dabei wird die Umgebung des Kraftfahrzeugs bestimmt und diese durch eine Anzeigeeinheit im Innern des Fahrzeugs dargestellt. In dem Umgebungsbild wird ein virtuelles Zielobjekt eingeblendet, so dass der Fahrer die Zielposition des Fahrzeugs während des Fahrmanövers erkennen kann.
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Die bekannten Assistenzsysteme können zwar den Fahrer bei Fahrmanövern wie dem Ein- oder Ausparken unterstützten, jedoch findet keine Unterstützung des Fahrers bei komplexen Fahrmanövern wie beispielsweise dem Wenden eines Fahrzeugs statt. Gerade bei engen baulichen Begebenheiten und unübersichtlichen Fahrsituationen kann sich ein Wendemanöver für einen Fahrer oft als sehr mühsam und zeitraubend darstellen, so dass manche Fahrer schnell überfordert sein können.
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Die
DE 10 2006 050 547 A1 beschreibt ein Verfahren zur Informationsdarstellung, bei welchem zumindest ein Projektionsobjekt an einer Projektionsstelle außerhalb eines Kraftfahrzeugs mittels an dem Kraftfahrzeug vorgesehener Projektionsmittel erzeugt wird. Die Erzeugung zumindest eines erzeugten Projektionsobjekts erfolgt dabei derart, dass ein Objektteil dieses Projektionsobjekts für andere Verkehrsteilnehmer ohne optische Hilfsmittel im Wesentlichen unsichtbar ist. Der für andere Verkehrsteilnehmer im Wesentlichen unsichtbare Objektteil wird für den Fahrer des Kraftfahrzeugs durch optische Hilfsmittel sichtbar gemacht.
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Die
DE 101 28 792 A1 beschreibt ein System zur Vermeidung von Kollisionen eines Fahrzeugs mit Hindernissen. Dabei werden von Sensoren am Fahrzeug Bereiche der räumlichen Umgebung des Fahrzeugs erfasst und deren Signale von einer Datenverarbeitungseinrichtung für eine Berechnung des vorhandenen hindernisfreien Fahrraums ausgewertet. Andere Sensoren erfassen zusätzlich die Lage und Position aller beweglichen Fahrzeugteile sowie dynamische Parameter der aktuellen Fahrsituation. Aus diesen Daten wird über die Datenverarbeitungseinrichtung der bei Fortsetzung der Fahrt in den nächsten Zeitabschnitten benötigte Fahrraum vorausberechnet und mit dem erfassten tatsächlich vorhandenen hindernisfreien Fahrraum verglichen. Dieser Vergleich liefert eine frühzeitige Vorhersage einer möglichen Kollision. Der Fahrer wird durch entsprechende Warneinrichtungen auf die Kollisionsgefahr hingewiesen und kann so rechtzeitig reagieren.
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Die
DE 10 2009 050 503 A1 beschreibt ein Verfahren zum Detektieren eines freien Fahrpfads für ein Host-Fahrzeug. Das Verfahren umfasst eine Vereinigung einer Detektion eines freien Pfads durch eine Bildanalyse und einer Detektion eines Objekts innerhalb einer Betriebsumgebung des Host-Fahrzeugs. Bei dem Verfahren wird ein Bild von einer Kameraeinrichtung überwacht und durch eine Analyse einer Detektion eines freien Pfads analysiert, um einen freien Fahrpfad in dem Bild zu ermitteln. Zudem werden Sensordaten, die das Objekt beschreiben, überwacht und analysiert, um eine Auswirkung des Objekts auf den freien Pfad zu ermitteln. Die ermittelte Auswirkung des Objekts wird verwendet, um einen verbesserten freien Fahrpfad zu beschreiben. Der verbesserte freie Fahrpfad wird verwendet, um das Host-Fahrzeug zu navigieren.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Unterstützen des Fahrers bei komplexen Fahrmanövern in unübersichtlichen Fahrsituationen zu schaffen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zum unterstützten Wenden eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1, durch einen entsprechenden Wendeassistenten mit den Merkmalen des Anspruchs 6 sowie durch ein Navigationssystem mit den Merkmalen des Anspruchs 8 gelöst. Bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Wenden eines Kraftfahrzeugs, wobei das Kraftfahrzeug eine Umfeldsensorik zum Bestimmen des Umfeldes des Kraftfahrzeugs aufweist, umfasst die folgenden Schritte:
- - Ermitteln einer Kontur der befahrbaren Bereiche des Umfeldes des Kraftfahrzeugs mittels der Umfeldsensorik, indem während einer Vorwärtsfahrt des Kraftfahrzeugs Abstände zu Hindernissen ermitteln werden,
- - Erzeugen eines Wendesignals, wenn die Kontur einen für ein Wendemanöver ausreichend großen Wendebereich erfasst hat, wobei eine Wendetrajektorie in einen potentiellen Wendebereich gelegt wird, um die Größe des Wendebereichs zu beurteilen, und wobei das Wendesignal anzeigt, dass sich in den befahrbaren Bereichen eine Wendemöglichkeit ergeben hat.
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Zur Ermittlung der Kontur der befahrbaren Fläche ist es dabei ausreichend, wenn die Sensorik seitlich am Fahrzeug angebracht ist, so dass während der Vorwärtsfahrt des Fahrzeugs Abstände zu Hindernissen ermitteln werden können und so die Kontur eines befahrbaren Bereichs erstellt werden kann. Selbstverständlich kann auch eine Umfeldsensorik zum Einsatz kommen, die die Umgebung des Fahrzeugs rundum überwacht.
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Vorzugsweise wird ausgehend von der aktuellen Fahrzeugposition eine Wendetrajektorie berechnet, wenn aufgrund des generierten Wendesignals ein Wendemanöver des Fahrzeugs eingeleitet werden soll. Der Fahrer aktiviert als Folge des Wendesignals, welches ihm akustisch und/oder visuell übermittelt wird, das Wendemanöver und es wird eine entsprechende Trajektorie als Funktion der Fahrzeugposition ermittelt. Dazu muss das Fahrzeug natürlich vor der Einleitung des Wendemanövers zum Stillstand gebracht sein.
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Ferner kann als Funktion des Wendebereichs eine einzügige oder mehrzügige Wendetrajektorie berechnet werden.
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Insbesondere kann das Wendemanöver unterstützt oder automatisch durchgeführt werden. Mit anderen Worten, bei einem Fahrzeug mit einer ansteuerbaren Lenkung, beispielsweise einer elektromotorischen Lenkung, kann die Lenkung für das Wendemanöver übernommen werden und der Fahrer betätigt Gas und ändert die Fahrtrichtung. Dabei werden ihm entsprechende Hinweise als Funktion der aktuellen Position auf der Wendetrajektorie übermittelt.
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Dabei kann die Umfelderfassung der Umfeldsensorik auf Ultraschall, Laser, Radar und/oder Videobilderfassung beruhen. Mit anderen Worten, zur Konturbestimmung können alle derzeit im Kraftfahrzeug eingesetzten Umfeldsensoriken verwendet werden.
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Der erfindungsgemäße Wendeassistent zum Wenden eines Kraftfahrzeugs mit einer ansteuerbaren Lenkung gemäß dem im Vorangegangenen beschriebenen Verfahren umfasst:
- - eine Sensorik zur Erfassung des Umfeldes des Kraftfahrzeugs,
- - eine Einrichtung zur Bestimmung einer Kontur befahrbarer Bereiche durch das Ermitteln von Abständen zu Hindernissen während einer Vorwärtsfahrt des Kraftfahrzeugs,
- - eine Einrichtung zur Bestimmung eines Wendebereichs innerhalb der befahrbaren Kontur,
- - eine Berechnungseinrichtung zur Bestimmung, ob der Wendebereich zur Durchführung eines Wendemanövers ausreichend groß ist, mittels der Berechnung einer Wendetrajektorie, und
- - eine Einrichtung zur Erzeugung eines Wendesignals, wenn ein zur Durchführung eines Wendemanövers ausreichender Wendebereich detektiert wird, wobei das Wendesignal anzeigt, dass sich den befahrbaren Bereichen eine Wendemöglichkeit ergeben hat.
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Erfindungsgemäß berechnet eine Berechnungseinrichtung eine Wendetrajektorie, um zu bestimmen, ob der potentielle Wendebereich eine ausreichende Größe zur Durchführung des Wendemanövers aufweist. Dabei kann das Wendemanöver einzügig oder mehrzügig sein. Ist ein ausreichend großer Wendebereich ermittelt, so kann der Fahrer des Kraftfahrzeugs aufgrund des Wendesignals die Durchführung eines Wendemanöver veranlassen.
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Weiter bevorzugt weist der Wendeassistent eine Steuerungseinrichtung zur Steuerung der ansteuerbaren Lenkung auf, um die Lenkung während des Wendemanövers zu übernehmen. Eine ansteuerbare Lenkung ist beispielsweise eine elektromotorische Lenkung, die der Wendeassistent ansteuern kann. Im Fall eines unterstützten Wendemanövers übernimmt der Wendeassistent die Lenkung und der Fahrer betätigt Gaspedal und Gangwahl. Dabei erhält der Fahrer Anweisungen des Wendeassistenten bezüglich Richtungswechsel und bei überhöhter Geschwindigkeit. Weiter bevorzugt kann die Geschwindigkeit des Fahrzeugs beim Wendemanöver durch den Wendeassistenten auf eine Maximalgeschwindigkeit begrenzt werden.
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Zusätzlich zu dem reinen Wendevorgang kann vorzugsweise während der Zeit des Wendemanövers automatisch die Warnblinkanlage des Kraftfahrzeugs aktiviert werden, um so den übrigen Verkehr zu warnen.
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Viele Navigationssysteme geben bei verschiedenen Gelegenheiten eine Aufforderung zum Wenden an den Fahrer ab. Im Fall einer derartigen Meldung kann vorzugsweise das Navigationssystem einen Wendeassistenten zum Vermessen des Umfeldes veranlassen.
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Ein erfindungsgemäßes Navigationssystem umfasst einen Wendeassistenten wie im Vorangegangenen beschrieben, wobei das Navigationssystem als Folge einer ermittelten Fahrzeugposition den Wendeassistenten zur Vermessung des Umfeldes des Kraftfahrzeugs veranlasst und eine Wendemöglichkeit dem Fahrer anzeigt. Wenn der Fahrer dies dann wünscht, kann das Wendemanöver unterstützt oder vollautomatisch durchgeführt werden.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnungen erläutert. Dabei zeigt
- 1 ein Fahrzeug bei der Einfahrt in eine enge Fahrsituation,
- 2 das Fahrzeug in der engen Fahrsituation,
- 3 das Fahrzeug beim Wenden in der engen Fahrsituation, und
- 4 das Fahrzeug beim Verlassen der engen Fahrsituation.
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1 zeigt ein Kraftfahrzeug 1, welches in Fahrtrichtung 2 in eine enge Fahrsituation einfährt, die hier beispielhaft durch eine Randbegrenzung 3 gebildet wird, in der sich eine Mehrzahl von Hindernissen befinden, nämlich hier im Beispiel ein erstes Haus 4, ein erster Baum 5, ein zweites Haus 6 und ein zweiter Baum 7. Eine derartige enge Fahrsituation kann beispielsweise bei verkehrsberuhigten, als Sackgasse ausgelegten Anliegerstraßen auftreten.
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2 zeigt das Kraftfahrzeug 1 mit Fahrtrichtung 2 zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der engen Fahrsituation. Das Kraftfahrzeug ist, hier schematisch dargestellt, mit linken und rechten Umfeldsensoriken 8, 9 ausgerüstet, die das seitliche Umfeld des Kraftfahrzeugs 1 vermessen. Es ist klar, dass das Fahrzeug 1 über weitere, nicht dargestellte Umfeldsensoriken verfügen kann, so dass eine Vermessung des gesamten Umfeldes des Kraftfahrzeugs erfolgen kann. Hier sind zur Erläuterung des Verfahrens der Einfachheit halber nur seitlich linke und rechte Sensoren 8, 9 dargestellt. Mittels der Sensoren 8, 9 ist ein entsprechendes Steuergerät in der Lage, eine Kontur 10 der befahrbaren Fläche entlang des Fahrwegs des Kraftfahrzeugs 1 zu erstellen. Es ist offensichtlich, dass die Kontur 10 zum Fahrtzeitpunkt der 2 durch die als Hindernisse wirkende Randbegrenzung 3, das erste Haus 4 und den ersten Baum 5 gebildet wird.
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In 3 hat sich das Kraftfahrzeug 1 weiter in Fahrtrichtung 2 in die enge Fahrtsituation hineinbewegt, so dass die Sensoren 8, 9 nunmehr auch das zweite Haus 6 sowie weitere Teile der Randbegrenzung 3 erfasst haben und sich die erfasste Kontur 10 vergrößert hat. In der Kontur10, die die potentiell befahrbare Fläche umschließt, hat sich eine Wendemöglichkeit 11 ergeben. Diese Wendemöglichkeit 11 wird dem Fahrer mitgeteilt, so dass er eine unterstützte Wendung des Kraftfahrzeugs 1 bewirken kann. Als Funktion der Einfahrtrajektorie 12 und der Kontur 10, d.h. der Wendemöglichkeit 11, werden eine Rückfahrtrajektorie 13 und eine Ausfahrtrajektorie 14 bestimmt, entlang derer das Fahrzeug 1 durch eine Wende die enge Fahrsituation wieder verlassen kann. Will der Fahrer des Kraftfahrzeugs 1 wenden, so teilt er dies dem Wendeassistenten des Fahrzeugs 1 mit, der daraufhin die Lenkung übernimmt, so dass der Fahrer mittels des Gaspedals und der Richtungswahl die Kontrolle über das Fahrzeug 1 behält. Als Funktion der detektierten Kontur 10 ist natürlich auch ein Wenden mit mehreren Zügen möglich, falls dies nicht anders geht.
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4 zeigt die Ausfahrt des Fahrzeugs 1 in Fahrtrichtung 2 aus der engen Fahrsituation gebildet aus der Randbegrenzung 3 sowie den Hindernissen 4, 5, 6 und 7, nachdem das Fahrzeug 1 die in 3 beschriebene Wende durchgeführt hat. Nach erfolgtem und gegebenenfalls mehrzügigem Rangieren steht das Kraftfahrzeug 1 nun um 180° gedreht auf der Fahrbahn und der Fahrer kann die Fahrt selbstständig fortsetzen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Kraftfahrzeug
- 2
- Fahrtrichtung
- 3
- Randbegrenzung
- 4
- Haus
- 5
- Baum
- 6
- Haus
- 7
- Baum
- 8
- Umfeldsensorik links
- 9
- Umfeldsensorik rechts
- 10
- Kontur
- 11
- Wendemöglichkeit
- 12
- Einfahrtrajektorie
- 13
- Rücktrajektorie
- 14
- Ausfahrtrajektorie