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Die vorliegende Erfindung betrifft die Behandlung einer hyperproliferativen Erkrankung des Urogenitaltraktes, insbesondere hierfür geeignete Moleküle, Vorrichtungen und Verfahren.
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Zu den wichtigsten hyperproliferativen Erkrankungen des Urogenitaltraktes gehören die benigne Prostatahyperplasie (BPH), Strikturen, insbesondere des Harnleiters und der Harnröhre, das Prostatakarzinom und daraus resultierende obstruktive Miktionsbeschwerden.
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Bei der benignen Prostatahyperplasie kommt es durch die Proliferation von Bindegewebs- und Epithelzellen zu einer Vergrößerung der Prostata und einem Verlust der Durchgängigkeit der Harnröhre. Gegenwärtig leiden 50% der Männer über 50 Jahren an einer vergrößerten Prostata.
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Die am häufigsten angewandte Therapie bei Patienten mit benigner Prostatahyperplasie ist die transurethrale Prostataresektion (TURP). Diese Operation birgt Risiken. In 60% bis 90% aller Fälle kommt es zu einer retrograden Ejakulation, Nachblutungen, Infektionen, Harninkontinenz und Strikturen der Harnröhre. Ferner müssen 10% der Patienten einer erneuten Operation unterzogen werden. Zu den postoperativen Komplikationen kommt hinzu, dass eine Operation für einige Patienten nicht akzeptabel ist, bspw. wegen des hohen Alters und anderer gesundheitlicher Einschränkungen.
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Das Prostatakarzinom gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen des Marines. Innerhalb der Gruppe der an Krebs verstorbenen Männer ist es für etwa 10% der Todesfälle verantwortlich. Die lokale Krebsproliferation kann zu einem Verschluss der Harnröhre führen. Die am häufigsten eingesetzte Therapiemethode besteht ebenfalls in dem operativen Eingriff einer sog. Prostatektomie oder einer Strahlentherapie. Daraus resultieren die gleichen Probleme, die weiter oben für die benigne Prostatahyperplasie beschrieben sind.
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Im Stand der Technik werden weitere Möglichkeiten zur Behandlung von hyperproliferativen Erkrankungen des Urogenitaltraktes beschrieben, wie bspw. die als minimal-invasiv geltende Schienung der Harnleiter, die Harnableitung über die Haut, die Harnleiterimplantation oder ein Ersatz des Harnleiters durch autologes Gewebe.
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Als alternativer Ansatz gilt die Einbringung von sog. Urogenitalstents in den Urogenitaltrakt, was den Verschluss der Harnwege verhindern soll. Einer dieser Stents wird unter der Bezeichnung Memokath® von der Firma PNN Medical, Kvistgård, Dänemark, vertrieben. Dieser Stent expandiert unter Hitzeeinwirkung. Die im Stand der Technik derzeit eingesetzten Urogenitalstents bringen jedoch nicht den gewünschten Erfolg. Bei jedem vierten Patienten muss der Stent wieder entfernt werden, da es zu einer Migration des Stents oder zu einer Infektion des Urogenitaltraktes kommt.
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Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen neuen therapeutischen Ansatz bereitzustellen, mit dem hyperproliferative Erkrankungen des Urogenitaltraktes behandelt werden können. Insbesondere sollen neue Substanzen, Verwendungen und Verfahren bereitgestellt werden, die im Rahmen dieses therapeutischen Ansatzes zum Einsatz kommen.
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Diese Aufgabe wird durch die Verwendung eines siRNA-Moleküls zur Behandlung einer hyperproliferativen Erkrankung gelöst.
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Diese Aufgabe wird außerdem durch ein Verfahren zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung gelöst, das folgende Schritte aufweist: (1) Bereitstellen eines siRNA-Moleküls zur Behandlung einer hyperproliferativen Erkrankung, und (2) Formulieren des siRNA-Moleküls in einen pharmazeutisch akzeptablen Träger.
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Die Aufgabe wird ferner durch ein Verfahren zur Herstellung einer Vorrichtung gelöst, das folgende Schritte aufweist: (1) Bereitstellen eines siRNA-Moleküls zur Behandlung einer hyperproliferativen Erkrankung des Urogenitaltraktes, und (2) Auf-/Einbringen des siRNA-Moleküls auf/in eine Vorrichtung.
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Schließlich wird die Aufgabe durch eine Vorrichtung gelöst, die zumindest eine mit Geweben und/oder Flüssigkeiten des menschlichen oder tierischen Körpers in Kontakt kommende Oberfläche aufweist, welche ein siRNA-Molekül zur Behandlung einer hyperproliferativen Erkrankung des Urogenitaltraktes aufweist.
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Die Erfinder haben erkannt, dass durch den Einsatz von kurzen doppelsträngigen RNA-Molekülen, sog. ”small interfering RNA” (siRNA), zielgerichtet solche Gene in ihrer Expression gehemmt werden können, die für Erkrankungen des Urogenitaltraktes aufgrund von Hyperproliferation verantwortlich bzw. mitverantwortlich sind.
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Dieser therapeutische Ansatz hat den großen Vorteil, dass Operationen der betroffenen Patienten vermieden werden können. Die Behandlung der Patienten ist ferner deutlich kostengünstiger als ein operativer Eingriff und zeichnet sich durch äußerst geringe Nebenwirkungen aus.
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Der erfindungsgemäße Ansatz ermöglicht ferner eine Behandlung, die spezifisch auf den jeweils zu behandelnden Patienten und die Art der proliferativen Erkrankung ausgerichtet ist. So wird bspw. ein solches siRNA-Molekül zum Einsatz kommen, welches, je nach medizinischer Komplikation, zielgerichtet die Proliferation von Bindegewebszellen, Epithelzellen und/oder Prostatakrebszellen inhibiert. Ggf. kann auch ein Gemisch verschiedenster siRNA-Moleküle eingesetzt werden, die die Expression verschiedener proliferationsinduzierenden Genen inhibieren.
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siRNA-Moleküle bestehen aus doppelsträngiger RNA mit einer Länge von jeweils etwa 19 bis 21 Basenpaaren. Im Zytoplasma einer Zelle liegen diese in einem als ”RISC” bezeichneten Proteinkomplex (”RNA-Induced Silencing Complex”) vor. Mit Hilfe der inkorporierten RNA-Fragmente bindet der RISC komplementär an eine Ziel-mRNA. In der Folge wird die Ziel-mRNA entwunden und gespalten. Die Spaltprodukte werden anschließend durch intrazelluläre Nukleasen abgebaut. Dieser Vorgang, der auch als RNA-Interferenz bezeichnet wird, ermöglicht die Inhibition der Expression von spezifischen Zielgenen. Die Herstellung von siRNA-Molekülen ist grundsätzlich im Stand der Technik beschrieben. Sie bedient sich üblicher molekularbiologischer Methoden der Nukleinsäuresynthese.
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Pharmazeutisch akzeptable Träger sind im Stand der Technik allgemein bekannt. Sie umfassen bspw. Bindemittel, Sprengmittel, Füllmittel, Gleitmittel sowie Puffer, Salze und sonstige zur Formulierung von Arzneimitteln geeignete Substanzen; vgl. Rowe et al. (2006), Handbook of Pharmaceutical Excipients, 5th Edition Pharmaceutical Press; oder Bauer et al. (1999), Lehrbruch der pharmazeutischen Technologie, 6. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart mbH. Der Inhalt der vorliegenden Publikationen ist durch Inbezugnahme Bestandteil der vorliegenden Anmeldung. Besonders bevorzugt sind pharmazeutisch akzeptable Träger, die zur Formulierung von siRNA-Molekülen geeignet sind.
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Dabei ist es ferner bevorzugt, wenn die hyperproliferative Erkrankung des Urogenitaltraktes ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: Benigne Prostatahyperplasie (BPH), Harnleiterstriktur, Harnröhrenstriktur, obstruktive Miktionsbeschwerden, Prostatakarzinom.
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Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass die Erfindung weitergebildet wird, um so die wichtigsten hyperproliferativen Erkrankungen des Urogenitaltraktes behandeln zu können. Diese Erkrankungen werden bislang hauptsächlich durch operative Eingriffe therapiert, die die eingangs erwähnten Probleme mit sich bringen. Hier schafft die erfindungsgemäße Lösung Abhilfe, da ein operativer Eingriff nicht erforderlich ist.
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Ferner ist es bevorzugt, wenn das siRNA-Molekül ausgestaltet ist, um im Urogenitaltrakt die Expression eines proliferationsinduzierenden Gens zu inhibieren.
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Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass eine ursächliche Therapie der hyperproliferativen Erkrankung erfolgt. Anders als die operative Entfernung proliferierenden Gewebes oder die mechanische Eröffnung eines verschlossenen Urogenitaltraktes wird mit der Erfindung auf molekularer Ebene in die Pathogenese eingegriffen und dadurch dauerhaft die Hyperproliferation verhindert. Folglich besteht auch nicht die im Stand der Technik häufig beobachtete Gefahr einer Restenose, nachdem die primäre Stenose entfernt wurde.
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Nach einer erfindungsgemäßen Weiterentwicklung ist das proliferationsinduzierende Gen ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus: Serum-Response-Faktor (SRF), Early-Region-2-Transkriptionsfaktor-1 (E2F-1), Survivin, PTTG1 (Securin), STAT3, P-gp, Cyclin D1b, VOPP1.
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Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass die wichtigsten an der Entstehung von hyperproliferativen Erkrankungen des Urogenitaltraktes beteiligten Gene gezielt in ihrer Expression inhibiert werden.
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Erfindungsgemäß ist es ferner bevorzugt, wenn das siRNA-Molekül Bestandteil einer Beschichtung einer bzw. der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist.
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Beschichtungen, die zur Aufnahme von siRNA-Molekülen geeignet sind, sind im Stand der Technik allgemein bekannt. Diese bestehen bspw. aus Polysacchariden wie Pululan, Gelatine, Hydrogelen, Polyelektrolytmultischichten wie HA/Chi, Hyaluronsäure, Chitosan oder PAA/RNA Poly-Amidoamin und RNA, PLGA Polylactidcoglykolidsäure usw.
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Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass das erfindungsgemäße siRNA-Molekül über die Vorrichtung gezielt in den Urogenitaltrakt einbringbar und aus der Beschichtung in das umgebende Gewebe bzw. die umgebende Flüssigkeit freigesetzt werden kann. Durch die gezielte Applikation der siRNA erfolgt eine Behandlung des Patienten ausschließlich im Urogenitalbereich, so dass andere Gewebe verschon bleiben. Nebenwirkungen werden dadurch minimiert.
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Nach einer erfindungsgemäßen Weiterentwicklung handelt es sich bei der Vorrichtung um einen Nanopartikel (NP).
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Ein Nanopartikel (NP) ist eine Struktur mit einem Durchmesser von ca. 20 bis 200 nm, die üblicherweise aus kationischen Lipiden wie DOTAP, kationischen Polymeren wie Polyethylenimin, Poly-L-Lysin, oder Polysacchariden, wie Zellulose, Dextrane, Hyaluronsäuren, Alginsäure, Dextrose, Chitosan etc. im Komplex mit der siRNA gebildet werden. Nanopartikel sind stabile, biokompatible Strukturen, die zu Pulver verarbeitet werden können, das, in Wasser aufgelöst, die Nanopartikel in ihrer ursprünglichen Form hervorbringt. Die Polysaccharide können mit verschiedenen Fettsäuren versehen werden, um diese lipophil zu machen. Durch die jeweilige Wahl des Polysaccharides kann das Verhalten der Nanopartikel im Körper des Patienten zielgerichtet verändert werden. So hat sich eine hydrogelartige Oberfläche als besonders biokompatibel erwiesen. Die siRNA-Moleküle lassen sich kovalent an die Polysaccharidkette binden. Die Nanopartikel werden besonders gut von Zellen, einschließlich solcher des Urogenitaltraktes, aufgenommen, so dass die siRNA-Moleküle auf vorteilhafte Art und Weise zielgerichtet an ihren Wirkort gelangen.
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Nach einer erfindungsgemäßen Weiterentwicklung handelt es sich bei der Vorrichtung um einen Urogenitalstent.
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Durch diese Maßnahme wird eine im Stand der Technik grundsätzlich bekannte und vielversprechende, jedoch im Bereich der Urogenitalerkrankungen bislang nicht eingesetzte Methode weiterentwickelt. Die im Stand der Technik verwendeten Urogenitalstents, wie bspw. der ”Memokath”, bewirken ein mechanisches Eröffnen der Harnleiter- bzw. Harnröhrenstriktur bzw. des verengten Urogenitaltraktes. Sie verhindern jedoch nicht ursächlich die Gewebeproliferation, so dass es häufig zu einer Migration oder einem Einwachsen von Zellen kommt. Der erfindungsgemäße Urogenitalstent schafft hier wirksam Abhilfe. So verhindern die siRNA-Moleküle, die bspw. Bestandteil einer Beschichtung des Stents sind, dass es zu einer weiteren Proliferation von Gewebe im Urogenitalbereich kommt. Auf diese Art kann der Harnleiter bzw. die Harnröhre dauerhaft durchgängig bleiben.
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Vor diesem Hintergrund betrifft ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung eine Vorrichtung aufweisend zumindest eine mit Geweben und/oder Flüssigkeiten des menschlichen oder tierischen Körpers in Kontakt kommende Oberfläche, vorzugsweise ein Nanopartikel (NP) oder ein Urogenitalstent, welche ein siRNA-Molekül, vorzugsweise ein solches der erfindungsgemäßen Verwendung bzw. des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung, zur Behandlung einer hyperproliferativen Erkrankung des Urogenitaltraktes aufweist.
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Die Merkmale, Eigenschaften und Vorteile der erfindungsgemäßen Verwendung und des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung gelten für die erfindungsgemäße Vorrichtung entsprechend.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Die Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert, aus denen sich weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben. Die Ausführungsbeispiele sind rein illustrativ und schränken die Reichweite der Erfindung nicht ein. Dabei wird auf die beigefügten Figuren Bezug genommen, in denen Folgendes dargestellt ist:
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1 zeigt die relative Expression von SRF-mRNA in humanen Prostatafibroblasten in Abhängigkeit der Konzentration der transfizierten siRNA.
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2 zeigt die Entwicklung der Zellzahl der transfizierten Prostatafibroblasten über einen Zeitraum von 16 Tagen.
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3 zeigt die Seneszenz der transfizierten Prostatafibroblasten über einen Zeitraum von 16 Tagen nach der Transfektion.
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4 zeigt die Anzahl der Prostatafibroblasten nach der ersten, zweiten und dritten Transfektion mit siRNA.
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5 zeigt die Seneszenz der Prostatafibroblasten nach der ersten, zweiten und dritten Transfektion mit siRNA.
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6 zeigt die relative Expression von SRF-mRNA nach der ersten (A), zweiten (B) und dritten (C) Transfektion mit siRNA.
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7 zeigt die relative Expression der E2F1-mRNA (A) und Survivin-mRNA in der Krebszelllinie JL-1 nach Transfektion mit erfindungsgemäßer siRNA.
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8 zeigt die Anzahl der JL-1-Zellen nach Transfektion mit erfindungsgemäßer siRNA.
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9 zeigt die relative Expression der E2F1-mRNA (A) und Survivin-mRNA (B) in der Krebszelllinie LXF-289 nach Transfektion mit erfindungsgemäßer siRNA.
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10 zeigt die Anzahl der LXF-289-Zellen nach Transfektion mit erfindungsgemäßer siRNA.
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Ausführungsbeispiele
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1. siRNA-Moleküle
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Die Erfindung wurde beispielhaft an drei siRNA-Molekülen getestet, die gegen den Serum-Response-Faktor (SRF), den Early-Region-2-Transkriptionsfaktor-1 (E2F-1), und gegen Survivin gerichtet waren. Die siRNA-Moleküle wiesen die nachfolgenden Sequenzen auf. SRF-siRNA:
E2F1-siRNA:
Survivin-siRNA:
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2. Inhibition der SRF-Expression in humanen Prostatafibroblasten
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Humane Prostatafibroblasten wurden 24 Stunden vor der Transfektion in Zellkulturplatten mit 12 Vertiefungen kultiviert. Die Transfektion erfolgte mit dem Transfektionsmittel Interferin (Polyplus) in der vom Hersteller vorgesehenen Menge unter Abwesenheit von Serum für 2 Stunden. Es wurden verschiedene Konzentrationen der SRF-siRNA (SEQ ID Nr. 1 und 2) und einer Kontroll-siRNA (”scrambled”; scr-siRNA; Negativkontrolle) getestet. Der Nachweis des Knockdowns erfolgte über quantitative Echtzeit PCR (qRT-PCR). Für die qRT-PCR wurde zunächst die mRNA der Zellen mit Hilfe eines RNA-Isolationskits der Firma Biorat isoliert. Anschließend wurden 200 ng der mRNA mit dem cDNA Kit der Firma Biorad in cDNA umgeschrieben. Die qRT-PCR erfolgte mit denn iCycler (Biorad) auf der Basis des Fluoreszenzfarbstoffes SYBR Green (Biorad). Die Auswertung wurde mit dem Programm Genex (Biorad) durchgeführt. Als Haushaltsgen wurde GAPDH verwendet. Die Expression von nicht-transfizierten Zellen wurde auf eins normiert. Anhand dessen wurde die relative Expression kalkuliert.
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Das Ergebnis ist in der 1 gezeigt.
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Die x-Achse zeigt die Ansätze mit Kontroll-siRNA (SCR) und funktioneller siRNA (SRF) bei verschiedenen Konzentrationen, verglichen mit unbehandelten Fibroblasten. Dabei zeigt sich, dass es zu einer Reduktion der SRF-mRNA ab einer siRNA-Konzentration von 1 nM kommt. Bei siRNA-Konzentrationen zwischen 25 und 50 nM kommt es zu einer Reduktion der SRF-mRNA-Expression von über 60%.
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Nach einer einmaligen Transfektion der Prostatafibroblasten mit SRF- oder scr-siRNA (jeweils 25 nM) und dem Transfektionsmittel Interferin wurde die Zellzahl mittels des Zellzählgeräts CASY untersucht. Hierzu wurden die Zellen an den Tagen 0, 2, 3, 9, 13 und 16 nach der Transfektion mit Trypsin/EDTA (Promocell) abgelöst. Nach Ablösen der Zellen wurde die Reaktion mit TNS (Promocell) abgestoppt. Anschließend wurden 20 ml der Zellsuspension zu 10 ml CASYton gegeben und im CASY gemessen. Das CASY ist in der Lage, mit Hilfe eines elektrischen Feldes die Integrität der Plasmamembran einer Zelle zu ermitteln. Dabei kann das CASY vitale Zellen von toten Zellen unterscheiden und diese zählen. In diesem Experiment wurde die Anzahl der vitalen Zellen bestimmt.
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Das Ergebnis ist in 2 dargestellt.
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Diese zeigt die Anzahl vitaler Zellen pro Milliliter nach Transfektion mit jeweils 25 nM SRF- oder scr-siRNA. Wie aus der Abbildung ersichtlich, ist die Anzahl der vitalen Zellen (linker Balken) am 16. Tag um ca. 50% niedriger als in dem mit scr-siRNA behandelten Ansatz (mittlerer Balken).
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Im nächsten Experiment wurde untersucht, inwiefern sich die Behandlung der Prostatafibroblasten mit erfindungsgemäßer siRNA auf die Seneszenz der Zellen auswirkt. Die Seneszenz beschreibt das Unterbleiben einer Zellproliferation, obwohl die Zellen weiterhin vital sind, d. h. das sog. Altern. Mit Hilfe des β-Galactosidase-Assays ist man in der Lage, seneszente Zellen anhand einer Blaufärbung zu quantifizieren. Hierbei bilden seneszente Zellen durch enzymatische Reaktion einen blauen Farbstoff. Hierzu wurden die Zellen an den Tagen 0, 2, 6, 9, 13 und 16 nach der Transfektion mit 2% Paraformaldehyd und 0,2% Glutardaldehyd für 10 min. bei Raumtemperatur fixiert. Anschließend wurden die Zellen mit PBS gewaschen. Daraufhin erfolgte die Färbung der Zellen mit Färbepuffer (50 mM Zitranensäure, 137 mM Natriumphosphat, 150 mM NaCl, 2 mM MgCl2, 5 mM Kaliumeisen(II)-Cyanid, 5 mM Kaliumeisen(III)-Cyanid, 1 mg/ml X-Gal) über Nacht bei 37°C. Am darauffolgenden Tag konnten die blaugefärbten, seneszenten Zellen ausgezählt werden. Die Menge der seneszenten Zellen wurde auf die Gesamtzellzahl des CASY-Ansatzes relativiert.
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Das Ergebnis dieses Experimentes ist in 3 dargestellt. Dort ist der relative Anteil seneszenter Zellen in Bezug auf die Gesamtzellzahl wiedergegeben. Es zeigt sich, dass am Tage 6. und 9. der Anteil von seneszenten Zellen im Transfektionsansatz um das 2,5-fache höher ist als in den Kontrollansätzen.
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In weiteren Experimenten sollte untersucht werden, ob sich eine wiederholte Transfektion positiv auf die Proliferationshemmung auswirkt. Dazu wurden die humanen Fibroblasten dreimal mit jeweils 25 mM SRF-siRNA (SEQ ID Nr. 1 und 2) und dem Transfektionsmittel Interferin transfiziert. Die Zellen wurden jeweils 3 Tage nach der erfolgten Transfektion erneut transfiziert. Untersucht wurden erneut die Zellzahl, Seneszenz, Proliferation und SRF-Knockdown.
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Die Entwicklung der Zellzahl ist in 4 dargestellt.
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Dabei zeigt sich, dass nach der dritten Transfektion 80% weniger Zellen vorhanden sind als in den Kontrollansätzen.
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Die Auswirkung auf die Seneszenz ist in der 5 dargestellt. Dabei zeigt sich, dass bis zu 3,5-fach mehr seneszente Zellen in dem Ansatz zu finden sind, der mit der SRF-siRNA transfiziert wurde als in den Kontrollansätzen.
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Die Untersuchung der Proliferation wurde mit Hilfe des BrdU-Assays durchgeführt. BrdU ist eine Chemikalie, die dem Thymidin strukturell ähnlich ist. Bei der Proliferation ist die Verdoppelung der DNA im Zellkern nötig. Wenn eine Zelle proliferiert, baut sie das BrdU in ihre neu synthetisierte DNA ein. Die Zellen können anschließend mit einem spezifischen fluoreszenzmarkierten Anti-BrdU-Antikörper gefärbt werden und mittels Durchflusszytometrie können die proliferierenden Zellen ermittelt werden. Der BrdU-Assay wurde jeweils 3 Tage nach der Transfektion durchgeführt. Hierbei wurden die Zellen 24 Stunden zuvor mit 10 μm BrdU inkubiert, um einen Einbau des BrdU in die DNA zu ermöglichen. Am darauffolgenden Tag wurden die Zellen abgelöst und mit Hilfe einer intrazellulären Färbung mit dem Anti-BrdU-Antikörper inkubiert. Die proliferierenden Zellen wurden mit dem Durchflusszytometer bestimmt. Die proliferierenden Zellen wurden als prozentualer Anteil an sämtlichen im Durchflusszytometer analysierten Zellen kalkuliert.
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Das Ergebnis ist in der folgenden Tabelle 1 dargestellt:
| SRF-siRNA | SCR-siRNA | Ohne siRNA |
1. Transfektion | 19,27 | 25,11 | 22,02 |
2. Transfektion | 16,58 | 18,26 | 20,03 |
3. Transfektion | 15,62 | 35,59 | 36,91 |
Tab 1: Proliferation von Prostatafibroblasten in % mittels BrdU-Assay ermittelt.
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Es zeigt sich, dass innerhalb eines 24-stündigen Untersuchungszeitraums 25 bis 36% der Fibroblasten proliferieren. Nur 15% der mit SRF-siRNA transfizierten Zellen hingegen proliferieren innerhalb dieses Zeitraumes.
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In einem weiteren Experiment wurde untersucht, wie stark die relative Expression der SRF-MRNA nach der ersten (A), zweiten (B) und dritten (C) Transfektion mit 25 nM SRF-siRNA oder scr-siRNA inhibiert wird.
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Das Ergebnis ist in der 6 gezeigt.
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Dabei zeigt sich, dass es nach allen drei Transfektionen zu einem signifikanten Knockdown der SRF-Expression von ca. 80% kommt.
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3. Transfektion der Krebszelllinie IL-1 mit E2F1- und Survivin-siRNA
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Die Erfindung wurde ferner unter Verwendung zwei weiterer siRNA-Moleküle getestet. Ferner wurde anstelle einer Fibroblastenzelllinie die Krebszelllinie JL-1 verwendet.
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Dazu wurden die Zellen mit 25 nM und 100 nM E2F1-siRNA, 25 nM und 100 nM Survivin-siRNA und als Kontrolle mit 25 nM scr-siRNA transfiziert und anschließend die Expression von E2F1 und Survivin analysiert. Dabei wurde so vorgegangen, wie weiter oben für die Expression von SRF und Prostatafibroblasten beschrieben.
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Das Ergebnis ist in der 7 dargestellt.
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Dabei zeigt sich in Bezug auf die E2F1-Expression (A) sowohl bei einer Konzentration von 100 nM E2F1-siRNA (zweiter Balken von links) als auch 25 nM E2F1-Expression (dritter Balken von links) ein Knockdown von über 50%.
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In Bezug auf die Survivin-Expression (B) zeigt sich sowohl bei der Survivin-siRNA-Konzentration von 25 mM (zweiter Balken von links) als auch bei der Survivin-siRNA-Konzentration von 100 mM (dritter Balken von links) ein Knockdown von über 80%.
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Anschließend wurde die Entwicklung der Zellzahl drei Tage nach Transfektion mit Survivin- oder E2F1-siRNA untersucht.
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Das Ergebnis ist in der 8 dargestellt.
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Dabei zeigt sich, dass die Zellzahl im Vergleich zu unbehandelten Zellen drei Tage nach Transfektion um ca. 50% in Survivin- und E2F1-siRNA behandelten Zellen reduziert ist.
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4. Inhibition von E2F1 und Survivin in der Krebszelllinie LXF-289 nach Transfektion mit erfindungsgemäßer siRNA
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Schließlich wurde von den Erfindern eine dritte Zelllinie untersucht, nämlich die Krebszelllinie LXF-289.
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Zunächst wurde das Ausmaß der Inhibition der E2F1-Expression und Survivin-Expression nach einer Transfektion der Krebszelllinie LXF-289 mit 25 nM und 100 nM E2F1-siRNA, 25 und 100 nM Survivin-siRNA und als Kontrolle mit 25 nM scr-siRNA bestimmt.
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Das Ergebnis in Bezug auf die E2F1-Expression ist in der 9a gezeigt.
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Dabei zeigt sich, dass die Expression von E2F1 bei beiden Konzentrationen um über 90% reduziert ist.
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Das Ergebnis in Bezug auf die Survivin-Expression ist in der 9b gezeigt.
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Dabei zeigt sich, dass die Expression von Survivin durch die Transfektion um ebenfalls ca. 90% reduziert ist.
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Schließlich wurde die Entwicklung der Zellzahl nach der Transfektion mit Survivin- oder E2F1-siRNA untersucht.
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Das Ergebnis ist in der 10 dargestellt.
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Dabei zeigt sich, dass die Zellzahl nach der Transfektion mit Survivin- und E2F1-siRNA drastisch reduziert ist.
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5. Fazit
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Die Erfinder haben erkannt, dass unter Verwendung von siRNA-Molekülen hyperproliferative Erkrankungen des Urogenitaltraktes zielgerichtet behandelt werden können. Dies wird beispielhaft anhand von drei verschiedenen siRNA-Molekülen, die gegen drei verschiedene proliferationsinduzierende Gene gerichtet sind, und drei verschiedenen Zelltypen demonstriert. SEQUENZPROTOKOLL
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Rowe et al. (2006), Handbook of Pharmaceutical Excipients, 5th Edition Pharmaceutical Press [0017]
- Bauer et al. (1999), Lehrbruch der pharmazeutischen Technologie, 6. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart mbH [0017]