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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb einer elektrischen Servolenkvorrichtung eines Kraftfahrzeugs, wobei ein Soll-Lenkmoment für eine Lenkhandhabe der elektrischen Servolenkvorrichtung durch einen Servoantrieb der elektrischen Servolenkvorrichtung vorgegeben wird. Die Erfindung betrifft außerdem ein Steuergerät, welches zur Ausführung des Verfahrens eingerichtet ist und ein Computerprogramm, um das Verfahren durchzuführen.
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In Kraftfahrzeugen können Lenksysteme mit Lenkunterstützung zum Einsatz kommen, um den Fahrkomfort für den Fahrer zu erhöhen. Im Allgemeinen treten zu unterstützende Lenkvorgänge hauptsächlich in Parksituationen sowie bei Kurvenfahrten auf. In Parksituationen kann der Lenkvorgang, insbesondere durch Reibungskräfte zwischen den lenkbaren Rädern des Fahrzeugs und dem Fahrzeuguntergrund deutlich erschwert sein. Nach dem Stand der Technik werden deshalb insbesondere auch hydraulische oder elektrische Lenkunterstützungen zur Verbesserung des Fahrkomforts eingesetzt. Sogenannte elektrische oder elektromechanische Servolenkungen bzw. Elektrolenkungen (Electric Power Steering/EPS) ermöglichen eine unabhängige Vorgabe des Handlenkmoments.
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Ein Verfahren zur Bestimmung eines Soll-Lenkmoments für ein Lenkmittel einer elektrischen Servolenkvorrichtung in einem Kraftfahrzeug ist aus der
DE 10 2009 000 638 A1 bekannt. Dabei soll für SbW(Steer-by-Wire)-Systeme und EPS-Systeme mit einem Regelungskonzept zur Regelung des Lenkmoments ein Lenkgefühl durch Erzeugen eines Soll-Lenkmoments realisiert werden, das an unterschiedliche Lenkungen bzw. Fahrzeugtypen oder Anforderungen anpassbar ist und bei dem das sich ergebende Lenkgefühl in allen Fahrzuständen und Fahrsituationen ein gleichwertiges oder verbessertes Lenkgefühl im Vergleich zu bekannten hydraulischen und elektromechanischen Lenksystemen aufweist, realisiert werden.
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Bei Fahrzeugen mit vorhandener Lenkunterstützung muss der Fahrer in Parksituationen ein geringeres Lenkmoment an dem Lenkrad oder allgemein an der Lenkhandhabe aufwenden als dies ohne eine Lenkunterstützung der Fall wäre.
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Bei Kurvenfahrten kann der Fahrer hingegen durch Aufbringung eines Lenkmoments eine Lenkbewegung an dem Lenkrad vornehmen und einen bestimmten Lenkwinkel einstellen. Ist die Krümmung bzw. der Kurvenradius der Kurve konstant, so kann der Lenkwinkel bis zum Ende der Kurve prinzipiell unverändert bleiben. Die Geschwindigkeit des Fahrzeugs kann während der Kurvenfahrt gleich bleiben oder variieren, wobei die Geschwindigkeit des Fahrzeugschwerpunkts eine vektorielle Größe darstellt. Da sich jedoch bei einer Kurvenfahrt die Richtung dieses Geschwindigkeitsvektors ändert, treten auch Beschleunigungen an dem Fahrzeug auf, wie z. B. die sogenannte Querbeschleunigung. Beispielsweise ist auch bei der Fahrt eines Fahrzeugs mit einem konstanten Geschwindigkeitsbetrag entlang eines kreisförmigen Kurvenstreckenabschnitts diese Querbeschleunigung aufgrund der stetigen Richtungsänderung des Fahrzeugs vorhanden. Gleichzeitig tritt an dem Fahrzeug eine Trägheitskraft auf, die sogenannte Zentrifugalkraft, welche am Fahrzeug angreift und im Wesentlichen von dem Krümmungsmittelpunkt der Kurve weg weist. Zu jedem Zeitpunkt der Kurvenfahrt ist die Querbeschleunigung und die Zentrifugalkraft von dem Geschwindigkeitsbetrag des Fahrzeugs und der Krümmung der Kurve, welcher das Fahrzeug aufgrund der Lenkbewegung folgt, abhängig. Aufgrund dieser Zentrifugalkraft, welche insbesondere die Karosserie des Fahrzeugs aus der Kurve zu drängen versucht und aufgrund der Konstruktion der Lenkung und der Radaufhängung, muss der Fahrer bei einer Kurvenfahrt unter anderem in Abhängigkeit der bereits genannten Größen, nämlich Geschwindigkeitsbetrag und Kurvenkrümmung, ein sogenanntes Lenk- bzw. Haltemoment an dem Lenkrad aufbringen. Zu jedem Zeitpunkt der Kurvenfahrt ist dieses aus der Zentrifugalkraft resultierende Lenk- bzw. Haltemoment erforderlich, um den Lenkradwinkel an dem Lenkrad bzw. den Radlenkwinkel an den lenkbaren Rädern konstant und somit das Fahrzeug auf Kurs zu halten. Insbesondere bei Fahrten auf Autobahnen mit hohen Geschwindigkeiten sowie bei einer zeitlich länger andauernden Kurvenfahrt kann der Fahrer dieses Lenk- bzw. Haltemoment eventuell als störend oder als ermüdend empfinden. Bei einer Kurskorrektur oder bei einer Änderung des Geschwindigkeitsbetrags des Fahrzeugs können zusätzliche Beschleunigungen am Fahrzeug und Momente an dem Lenkrad auftreten, so dass in diesen Fällen auch das notwendige Lenk- bzw. Haltemoment angepasst werden muss.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das von dem Fahrer während einer Kurvenfahrt aufzubringende Lenk- bzw. Haltemoment anzupassen bzw. zu reduzieren, insbesondere um das Lenkgefühl bzw. den Fahrkomfort in derartigen Fahrsituationen zu verbessern und auch die Fahrsicherheit zu erhöhen, wobei der Fahrer jedoch das Kontrollgefühl über das Lenksystem beibehalten soll.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren zum Betrieb einer elektrischen Servolenkvorrichtung eines Kraftfahrzeugs gelöst, wobei ein Soll-Lenkmoment für eine Lenkhandhabe der elektrischen Servolenkvorrichtung durch einen Servoantrieb der elektrischen Servolenkvorrichtung vorgegeben wird, und wobei ein von dem Fahrer aufgrund der Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs während einer Kurvenfahrt zum Folgen der Kurve aufzubringendes Lenk- oder Haltemoment durch eine wenigstens in Abhängigkeit der Kurvenkrümmung und insbesondere der Fahrzeuggeschwindigkeit ermittelte Modifizierung des Soll-Lenkmoments angepasst, insbesondere wenigstens teilweise kompensiert wird.
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Durch diese Maßnahmen kann ein von dem Fahrer während einer Kurvenfahrt aufzubringendes Lenk- bzw. Haltemoment in einfacher Weise angepasst bzw. reduziert werden. Beim Befahren von langgezogenen Kurven, insbesondere bei hoher Geschwindigkeit wie auf Autobahnen ergibt sich ein vergleichsweise hohes Lenkkraftniveau. In derartigen Situationen wird durch das erfindungsgemäße Verfahren ein zu der Kurvenkrümmung proportionaler Arbeitspunkt gewählt, um ein zur Geradeausfahrt identisches Kraftniveau zu erreichen, etwa von null Nm, d. h. der Fahrer kann das Lenkrad auch während der Kurvenfahrt locker in den Händen halten. Erst bei Kurskorrekturen um die Kurventrajektorie soll ein Kraftaufbau realisiert werden. Der Verlauf der vor dem Fahrzeug liegenden, aktuell befahrenen Fahrspur kann ermittelt und deren Krümmung bzw. Kurvenradius bestimmt werden. Abhängig von der Krümmung und der Fahrzeuggeschwindigkeit kann nun ein zur Geradeausfahrt analoges Basisniveau eingestellt werden.
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Die Modifizierung des Soll-Lenkmoments kann durch eine Addition eines zusätzlichen Lenkmomentanteils zu dem Soll-Lenkmoment und/oder mittels einer Modifizierung wenigstens einer Eingangsgröße wenigstens einer Funktionskomponente in deren Abhängigkeit das Soll-Lenkmoment bestimmt wird, erfolgen. Die wenigstens eine Funktionskomponente kann ein Basislenkmoment, ein Dämpfungsmoment und/oder ein Mittenmoment zur Realisierung eines aktiven Rücklaufs umfassen.
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Eine Arbeitspunktverschiebung kann durch ein zusätzliches Lenkmoment erreicht werden. Alternativ oder zusätzlich kann das zur Geradeausfahrt analoge Basisniveau auch durch eine zusätzliche Zahnstangenkraft, einen zusätzlichen Zielwinkel für den aktiven Rücklauf oder weitere, das Grundlenkgefühl beeinflussende Größen eingestellt werden. Die Zentrierung der Lenkhandhabe soll sozusagen an den Kurvenradius angepasst werden.
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In vorteilhafter Weise kann die Kurvenkrümmung von einer Umfeldsensorik des Kraftfahrzeugs erfasst werden. Durch eine Umfeldsensorik kann der Verlauf der vor dem Fahrzeug liegenden Fahrspur detektiert werden. Häufig werden hierzu Kamerasysteme eingesetzt, die den Fahrspurverlauf durch eine Auswertung der Spurmarkierungen aus dem Kamerabild extrahieren. Auf Autobahnen, dem Hauptbetriebsbereich der Funktion, sind diese meist gut zu erkennen, so dass eine hohe Verfügbarkeit erreicht wird.
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Vorteilhaft ist es, wenn die Modifizierung des Soll-Lenkmoments nur dann durchgeführt wird, wenn ein vorgebbarer Schwellwert von einer den Winkel der Lenkhandhabe charakterisierenden Größe, insbesondere von dem Lenkradwinkel erreicht wird. Wenn eine bestimmte Krümmung detektiert und eine Kurve erkannt wird, sollte auch sichergestellt sein, dass der Fahrer in die Kurve einlenken möchte und nicht etwa geradeaus aus der Kurve herausfahren bzw. abbiegen möchte. Die Lenkeingabe des Fahrers sollte einen bestimmten Grenzwert überschreiten. Der vorgebbare Schwellwert der den Winkel der Lenkhandhabe charakterisierenden Größe sollte mit einem Einlenken in einer Richtung zum Folgen der Kurve korrespondieren bzw. die Richtung in die der Fahrer lenkt, sollte mit einem Einlenken bzw. Einbiegen in die Kurve konsistent sein.
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Die Modifizierung des Soll-Lenkmoments kann, insbesondere zu Beginn und/oder am Ende der Kurvenfahrt kontinuierlich, insbesondere mittels einer Rampenfunktion durchgeführt werden. Der Fahrer soll applikationsabhängig zu einem gewissen Grad selbst in die Kurve einlenken, so dass beim Fahrer nicht die Wahrnehmung entsteht, dass das Fahrzeug fahrerunabhängig in die Kurve einlenkt bzw. ihm das Lenkrad aus den Händen gezogen wird. Auch bei wieder ansteigendem Kurvenradius, d. h. am Ende der Kurve wird die Funktion über eine Rampe heruntergefahren bzw. ausgeblendet.
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Optional kann die Modifizierung des Soll-Lenkmoments dann initiiert werden, wenn eine die Kurvenkrümmung charakterisierende Größe einen vorgebbaren Schwellwert erreicht. Der Aufbau des Offsetmoments ist dadurch nicht direkt von dem Verlauf des Krümmungssignals abhängig, sondern kann durch eine Anpassung der Rampensteigung exakt definiert werden. Daraus resultiert ein komfortables Lenkgefühl beim Einlenken in die Kurve.
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Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung.
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Nachfolgend ist anhand der Zeichnung prinzipmäßig ein Ausführungsbeispiel der Erfindung beschrieben.
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Es zeigen:
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1 eine vereinfachte schematische Darstellung eines elektrischen Servolenksystems eines Kraftfahrzeugs;
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2 ein schematisches Diagramm der Größe eines Motormoments;
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3 ein schematisches Diagramm eines Momentenverlaufs während einer Kurvenfahrt; und
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4 ein vereinfachtes Blockdiagramm zur Verdeutlichung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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1 zeigt ein elektrisches Servolenksystem 1 (Electric Power Steering/EPS) eines Kraftfahrzeugs (nicht dargestellt). Das elektrische Servolenksystem 1 weist eine als Lenkrad 2 ausgebildete Lenkhandhabe auf. Das Lenkrad 2 ist über eine Gelenkwelle 3 mit einem Lenkgetriebe 4 verbunden. Das Lenkgetriebe 4 dient dazu, einen Drehwinkel der Gelenkwelle 3 in einen Lenkwinkel δFm von lenkbaren Rädern 5a, 5b des Kraftfahrzeugs 13 umzusetzen. Durch das Lenkrad 2 wird ein Lenkradwinkel δS als Maß für einen gewünschten Radlenkwinkel δFm der lenkbaren Räder 5a, 5b des Kraftfahrzeugs vorgegeben. Eine laterale Bewegung der Zahnstange 6 aus der Mittenposition führt zu einem Radlenkwinkel δFm ungleich null. Das Lenkgetriebe 4 weist eine Zahnstange 6 und ein Ritzel 7 auf, welches an die Gelenkwelle 3 angreift. Die in der Zahnstange wirkende Kraft ist mit Fz bezeichnet. Das elektrische Servolenksystem 1 weist des Weiteren einen elektrischen Servoantrieb 8 mit einem Elektromotor 9 auf, welcher über ein nicht dargestelltes Getriebe an der Gelenkwelle 3 der Bereitstellung einer variablen Momentenunterstützung dient (sogenannte Column-EPS). Selbstverständlich kann der Servoantrieb 8 in weiteren nicht dargestellten Ausführungsbeispielen auch an dem Ritzel 7 (sogenannte Pinion-EPS) oder parallel zur Zahnstange 6 (sogenannte Rack-EPS) angreifen. Der Elektromotor 9 weist auch ein Leistungsteil 10 auf und wird über ein elektronisches Steuergerät bzw. ein Motorsteuergerät 11 gesteuert, welches als Eingangsgrößen beispielsweise den Lenkradwinkel δS, die Fahrzeuggeschwindigkeit vx und die Kurvenkrümmung CMess (Curvature) erhält. Des Weiteren ist ein Lenkmomentsensor 12 zur Erfassung des Lenkmoments ML vorgesehen.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Betrieb der elektrischen Servolenkvorrichtung 1 des Kraftfahrzeugs, wobei ein Soll-Lenkmoment für das Lenkrad 2 der elektrischen Servolenkvorrichtung 1 durch den Servoantrieb 8 der elektrischen Servolenkvorrichtung 1 vorgegeben bzw. eingestellt wird, wird ein von dem Fahrer aufgrund der Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs während einer Kurvenfahrt zum Folgen der Kurve aufzubringendes Lenk- oder Haltemoment durch eine wenigstens in Abhängigkeit der Kurvenkrümmung CMess und der Fahrzeuggeschwindigkeit vx ermittelte Modifizierung des Soll-Lenkmoments angepasst, insbesondere wenigstens teilweise kompensiert.
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2 zeigt ein schematisches Diagramm eines Verlaufs des EPS-Motormoments MEPS des Elektromotors 9. Eine gestrichelte Kennlinie gibt das EPS-Motormoment MEPS in Abhängigkeit des Lenkmoments ML der Gelenkwelle 3 bzw. des Lenkrads 2 in dem Grundzustand des elektrischen Servolenksystems 1 wieder. Bei einem Lenkmoment ML 1, welches beispielsweise bei einer Parksituation auftritt, ergibt sich aufgrund der gezeigten Kennlinie das zugehörige EPS-Motormoment MEPS 1. Wenn sich hingegen das Kraftfahrzeug einem Kurvenstreckenabschnitt nähert bzw. sich in einer Kurvenfahrt befindet, kann bei dem erfindungsgemäßen elektrischen Servolenkvorrichtung 1 eine Arbeitspunktverschiebung MEPS Off erfolgen. Diese Arbeitspunktverschiebung kann dabei eine Funktion der Kurvenkrümmung cMess sein, so dass bei einem Lenkmoment ML von null bereits ein EPS-Motormoment MEPS von ungleich null vorliegt. Der relative Verlauf der neuen Kennlinie, die hier durchgezogen dargestellt ist, ändert sich in dem gezeigten Beispiel gegenüber der Kennlinie des Grundzustands nicht. Wie nachfolgend noch näher dargestellt wird, kann die Bestimmung der Kurvenkrümmung cMess auf unterschiedliche Weise erfolgen. Anschaulich betrachtet wird bei der hier gezeigten Arbeitspunktverschiebung MEPS Off die Mitte der Lenkung temporär verschoben. D. h., dass das elektrische Servolenksystem 1 für eine zusätzliche Lenkunterstützung in Form eines Offsets MEPS Off des EPS-Motormoments MEPS sorgt, wenn sich das Kraftfahrzeug in einer Kurvenfahrt befindet. Durch die Anwendung des Momentenoffsets bzw. der Arbeitspunktverschiebung MEPS Off muss der Fahrer insbesondere während einer Kurvenfahrt lediglich ein angepasstes Lenk- bzw. Haltemoment aufbringen, welches etwa dem Lenk- bzw. Haltemoment während einer Geradeausfahrt des Fahrzeugs entspricht. Die Arbeitspunktverschiebung MEPS Off kann unter anderem zu einer Verbesserung des Fahrgefühls und des Fahrkomforts in derartigen Fahrsituationen führen.
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Die Modifizierung des Soll-Lenkmoments kann durch eine Addition eines zusätzlichen Lenkmomentanteils T (siehe
3) zu dem Soll-Lenkmoment und/oder mittels einer Modifizierung wenigstens einer Eingangsgröße wenigstens einer Funktionskomponente in deren Abhängigkeit das Soll-Lenkmoment bestimmt wird, erfolgen. Die wenigstens eine Funktionskomponente kann ein Basislenkmoment, ein Dämpfungsmoment und/oder ein Mittenmoment umfassen. Die wenigstens eine Eingangsgröße kann die Zahnstangenkraft F
z oder der aktuelle Winkel δ
S der Lenkhandhabe
2 sein. Zu näheren Details hinsichtlich der Bestimmung eines Soll-Lenkmoments wird auf die
DE 10 2009 000 638 A1 verwiesen. Anstelle des zusätzlichen Lenkmomentanteils T kann dieser Effekt also auch über einen zusätzlichen Lenkwinkel bzw. eine zusätzliche Lenkkraft erzielt werden. Beispielsweise kann die zusätzliche Lenkkraft im elektrischen Servolenksystem
1 auch in Form der Kraft F
z, welche an der Zahnstange
6 des Lenkgetriebes
4 angreift, realisiert werden. Die Arbeitspunktverschiebung M
EPS Off kann generell auf unterschiedliche Weise erfolgen und damit von dem hier beispielhaft gezeigten Vorgehen abweichen.
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Optional wird die Modifizierung des Soll-Lenkmoments nur dann durchgeführt, wenn ein vorgebbarer Schwellwert von einer den Winkel des Lenkrads 2 charakterisierenden Größe, insbesondere von dem Lenkradwinkel δS erreicht wird. Der vorgebbare Schwellwert des Lenkradwinkels δS sollte mit einem Einlenken in einer Richtung zum Folgen der Kurve korrespondieren. Die Modifizierung des Soll-Lenkmoments kann initiiert werden, wenn eine die Kurvenkrümmung cMess charakterisierende Größe einen vorgebbaren Schwellwert erreicht.
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Die Modifizierung des Soll-Lenkmoments kann kontinuierlich, insbesondere mittels einer Rampenfunktion R1, R2 (siehe 3) durchgeführt werden.
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3 stellt einen schematischen zeitlichen Verlauf des zusätzlichen Lenkmomentanteils T bzw. Zusatzmoments zur Modifizierung des Soll-Lenkmoments während einer Kurvenfahrt dar (gestrichelte Kurve). Des Weiteren stellt die durchgezogene Kurve den Verlauf des Lenk- bzw. Haltemoments MS dar, welches der Fahrer ohne Lenkunterstützung bei einer Kurvenfahrt aufbringen muss und welches vorliegend auch als Rohsignal bezeichnet wird. Das Zusatzmoment T wird zur Kompensierung des aufzubringenden Lenk- oder Haltemoments MS mittels des Servoantriebs 8 auf die Lenksäule 3 übertragen.
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Um mit dem Fahrzeug dem Kurvenverlauf folgen zu können, überträgt der Fahrer zu Beginn der Kurvenfahrt typischerweise ein Lenkmoment MS an das Lenkrad 2. Der Einlenkvorgang kann also wie bisher mit einer Lenkeingabe des Fahrers gestartet werden, d. h. das elektrische Servolenksystem 1 unterstützt den Einlenkvorgang zunächst nicht mit einem Zusatzmoment T.
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Dem elektronischen Steuergerät 11 liegen außerdem auch Informationen über den aktuellen Kurvenradius bzw. die Kurvenkrümmung cMeSS bzw. über den vor dem Kraftfahrzeug befindlichen Streckenverlauf vor (siehe 1). Dazu können beispielsweise in das Kraftfahrzeug Kamerasysteme bzw. eine Umfeldsensorik integriert sein, die den Streckenverlauf in der Fahrzeugumgebung abtasten und Kamerasignale mit Informationen über die aktuelle Kurvenkrümmung cMess an das elektronische Steuergerät 11 liefern. Insbesondere Autobahnen weisen typischerweise Spurmarkierungen auf, die für derartige Beobachtungssysteme in der Regel gut detektierbar sind. Zu Beginn der Kurvenfahrt muss der Fahrer das Lenk- bzw. Haltemoment MS steigern, um die aufgrund der Querbeschleunigung auftretenden Momente am Lenkrad 2 auszugleichen bzw. mit dem Kraftfahrzeug dem Streckenverlauf zu folgen. Falls der Geschwindigkeitsbetrag vx des Kraftfahrzeugs und auch der Kurvenradius des Streckenverlaufs im Weiteren nahezu konstant bleiben, muss das Lenk- bzw. Haltemoment MS nicht mehr weiter erhöht werden. Jedoch können während dieses Zeitabschnitts wie in 3 angedeutet kleinere Momentenschwankungen auftreten, falls der Fahrer beispielsweise den Kurs des Kraftfahrzeugs korrigiert. Die Querbeschleunigung und die am Kraftfahrzeug auftretenden Kräfte versuchen in dieser Phase der Kurvenfahrt, das Lenkrad 2 in die Grundstellung zurückzudrehen. Durch das Aufbringen des Lenk- bzw. Haltemoments MS kann der Fahrer das Kraftfahrzeug auf Kurs halten. Am Ende der Kurvenfahrt, wenn sich dem gekrümmten Straßenverlauf ein gerader Streckenabschnitt anschließt, muss eine Änderung des Radlenkwinkels δFm erfolgen. Der Fahrer kann hierzu den aktiven Rücklauf nutzen, wobei sich das Lenkrad 2 durch eine Verringerung des Lenk- bzw. Haltemoment MS in die Grundstellung zurück bewegt. In 3 wird davon ausgegangen, dass sich in der anschließenden Geradeausfahrt des Kraftfahrzeugs das Lenkrad 2 in einer Grundstellung befindet und das Lenk- bzw. Haltemoment MS, welches der Fahrer aufbringen muss, um das Kraftfahrzeug während der Geradeausfahrt auf Kurs zu halten, nahezu null beträgt.
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Die 3 zeigt darüber hinaus auch den Verlauf des zusätzlichen Lenkmomentanteils T, welcher erfindungsgemäß durch die Lenkunterstützung aufgebracht wird und während der Kurvenfahrt unter anderem für einen erhöhten Fahrkomfort sorgt. Zunächst wird dazu das Lenk- bzw. Haltemoment MS des Fahrers analysiert. Falls dabei ein vorgebbarer Schwellwert des Lenk- bzw. Haltemoments MS oder einer die Kurvenkrümmung cMess charakterisierenden Größe erreicht wird und/oder der zeitliche Verlauf dieses Moments eine vordefinierte Charakteristik aufweist, kann davon ausgegangen werden, dass der Fahrer eine Kurvenfahrt initiiert hat. Falls eine Kurvenfahrt initiiert wurde, kann der zusätzliche Lenkmomentanteil T über der Zeit mittels einer Rampenfunktion R1 ab dem Zeitpunkt t1 gesteigert werden. In dem in 3 gezeigten schematischen Diagramm schneidet die Rampenfunktion R1 des zusätzlichen Lenkmomentanteils T im weiteren zeitlichen Verlauf zu einem Zeitpunkt t2 nun das Lenk- bzw. Haltemoment MS. Der zusätzliche Lenkmomentanteil T wird ab dem genannten Schnittpunkt nicht weiter erhöht und bleibt zunächst auf einem konstanten Niveau. Sollte beispielsweise mittels einer Schwellwertanalyse des zeitlichen Lenk- bzw. Haltemomentverlaufs MS(t) erkannt werden, dass der Fahrer das Ende der Kurvenfahrt z. B. durch eine Verringerung des Lenk- bzw. Haltemoments MS initiiert, wird der zusätzliche Lenkmomentanteil T ab dem Zeitpunkt t3 über eine Rampenfunktion R2 verringert und gegebenenfalls auf null geführt. Falls sich eine Geradeausfahrt anschließt, befindet sich die elektrische Servolenkvorrichtung 1 im Grundzustand und der zusätzliche Lenkmomentanteil T kann auf dem Betrag null gehalten werden. Aus den in 3 dargestellten zeitlichen Momentenverläufen T, MS und der Drehmomentensumme der elektrischen Servolenkvorrichtung 1 folgt, dass der Fahrer durch die vorliegende Erfindung während einer Kurvenfahrt lediglich noch die Differenz der beiden Kurvenverläufe MS – T als Lenk- bzw. Haltemoment aufbringen muss. Der Fahrer kann das Lenkrad 2 während der Kurvenfahrt insbesondere bei sehr kleinen Differenzbeträgen vergleichsweise locker und entspannt halten. Sehr vorteilhaft ist, dass der zusätzliche Lenkmomentanteil T anhand des Rohsignals des Lenk- bzw. Haltemoments MS, das der Fahrer am Lenkrad 2 aufbringt, getriggert wird, sowie nicht abrupt einsetzt und auch nicht abrupt beendet wird. Weiterhin soll der Fahrer bei Kraftfahrzeugen mit einer erfindungsgemäßen Lenkunterstützung ein positives Kontrollgefühl über den Lenkvorgang behalten und das Lenk- bzw. Haltemoment MS soll nicht zu jedem Zeitpunkt der Kurvenfahrt vollständig ersetzt werden. Ein positives Kontrollgefühl liegt insbesondere dann vor, wenn der Fahrer den Beginn der Kurvenfahrt weiterhin initiieren kann und auch den aktiven Rücklauf zum Beenden der Kurvenfahrt nutzen kann. Der Fahrer kann im Vergleich zu bisherigen Lenksystemen jedoch eine Lenkunterstützung im Sinne eines erhöhten Fahrkomforts und somit auch einer erhöhten Fahrsicherheit erfahren. Das hier beschriebene Vorgehen zur Bestimmung des zusätzlichen Lenkmomentanteils T anhand des Rohsignals MS kann auch als Signalshaping bezeichnet werden.
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4 zeigt ein Blockdiagramm zur Verdeutlichung des erfindungsgemäßen Verfahrens. Aus den Signalen der Kamerasysteme bzw. der Umfeldsensorik (nicht dargestellt) wird zunächst die Krümmung cMess des momentanen Streckenverlaufs in der Umgebung des Kraftfahrzeugs bestimmt. Das Zeitverhalten dieses Parameters kann durch einen modellbasierten Filteralgorithmus verbessert werden, wobei in einem ersten Schritt das Krümmungssignal cMess über ein Klothoidenmodell 20 optimiert wird.
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Dabei gilt: cKlothoide = cMess + (dcMess/dt)·vx·t, wobei cMess die aus den Messdaten gewonnene Krümmung des Streckenverlaufs vor dem Kraftfahrzeug, t die Abtastzeit des Messsignals und vx die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs ist. In einem zweiten Schritt wird das anhand des Klothoidenmodells 20 berechnete Krümmungssignal cKlothoide mittels eines geeigneten Filteralgorithmus 21 (z. B. einem Kalman-Filter oder dergleichen) mit einem, mittels eines Fahrzeugmodells 22 (z. B. einem Einspurmodell) mit den beiden Eingangsparametern Lenkwinkel δS und Fahrzeuggeschwindigkeit vx berechneten, weiteren Krümmungssignal cFahrzeug fusioniert. Nach der Fusion ergibt sich daraus das optimierte Krümmungssignal cOptimiert Weiterhin kann die Größe, welche proportional zu dem zusätzlichen Lenkmomentanteil T ist, zur Beeinflussung der elektrischen Servolenkvorrichtung 1 mittels eines oder mehrerer Kennfelder aus dem optimierten Krümmungssignal cOptimiert in einem Funktionsblock 23 berechnet werden. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel setzt sich diese Größe additiv aus einem geschwindigkeitsabhängigen und einem krümmungsabhängigen Anteil zusammen. Die erfindungsgemäße Modifizierung des Soll-Lenkmoments mittels einer Erzeugung eines zusätzlichen Lenkmomentanteils T kann im Fehlerfall, beispielsweise wenn die Kamerasysteme bzw. die Umfeldsensorik ausfallen oder wenn ein fahrdynamischer Grenzbereich vorliegt, insbesondere durch eine weitere nicht dargestellte Rampenfunktion zu null reduziert werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann in Form eines Computerprogramms realisiert sein, welches auf dem Steuergerät 11 und insbesondere auf einem Mikroprozessor des Steuergeräts 11 ablauffähig ist, welches zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens programmiert ist. Das Computerprogramm ist vorzugsweise auf einem Speicherelement abgespeichert. Als Speicherelement kann insbesondere ein optisches, elektrisches oder magnetisches Speichermedium zur Anwendung kommen, beispielsweise ein Random-Access-Speicher, ein Read-Only-Speicher, ein Flashspeicher, eine Festplatte oder eine Digital Versatile Disk (DVD).
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Bezugszeichenliste
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- 1
- elektrisches Servolenksystem
- 2
- Lenkrad
- 3
- Gelenkwelle/Lenksäule
- 4
- Lenkgetriebe
- 5a, 5b
- lenkbare Räder
- 6
- Zahnstange
- 7
- Ritzel
- 8
- elektrischer Servoantrieb
- 9
- Elektromotor
- 10
- Leistungsteil
- 11
- elektronisches Steuergerät
- 12
- Sensor zur Erfassung des Lenkmoments
- 20
- Klothoidenmodell
- 21
- Filter
- 22
- Fahrzeugmodell
- 23
- Funktionsblock
- δFm
- Radlenkwinkel bzw. Lenkwinkel
- δG
- Ritzelwinkel
- δS
- Lenkradwinkel
- vx
- Fahrzeuggeschwindigkeit
- Fz
- Zahnstangenkraft
- cMess
- gemessene Kurvenkrümmung
- cKlothoide
- mittels des Klothoidenmodells modifizierte Kurvenkrümmung
- cFahrzeug
- mittels des Fahrzeugmodells bestimmte Kurvenkrümmung
- cOptimiert
- optimierte Kurvenkrümmung
- ML
- Lenkmoment
- MS
- Lenk- und Haltemoment
- MEPS Off
- Arbeitspunktverschiebung
- T
- zusätzlicher Lenkmomentanteil
- R1, R2
- Rampenfunktionen
- t1–t3
- Zeitpunkte
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102009000638 A1 [0003, 0025]