-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Biogasherstellung. Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die Erfindung eine Biogasanlage mit einem Anaerob-Gärbehälter, in dem organisches Material zumindest zeitweise anaerob zu Biogas und einem Primärfaulprodukt vergoren wird.
-
Zur Erzeugung von Brennstoffen und zur Beseitigung von Abfallstoffen werden Biogasanlagen verwendet, in denen organisches Ausgangsmaterial mit Hilfe von Mirkoorganismen in Biogas umgesetzt wird. Zurzeit wird der anaerobe Abbau von organischen Substanzen und damit die Biogasbildung im Wesentlichen über die Verweilzeit und die Temperatur im Gärbehälter gesteuert. Es wird aber in Kauf genommen, dass einige Substanzen, wie beispielsweise Hemiz-Zellulose und Ligno-Zellulose sowie einige andere organische Verbindungen nicht oder nur unzureichend abgebaut werden. Die Gasausbeute ist daher suboptimal.
-
Es ist zudem bekannt, die Abbaurate von Zellulose dadurch zu erhöhen, dass das Ausgangsmaterial zunächst oxidiert wird, bevor es der Vergärung zugeführt wird.
-
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, bei einer hohen Gaserzeugungsrate die Verweilzeit im Gärbehälter zu verringern.
-
Die Erfindung löst das Problem durch ein Verfahren zur Biogasherstellung, mit den Schritten: (a) anaerobes Vergären von organischem Ausgangsmaterial, so dass Biogas und ein Primärfaulprodukt entstehen, (b) danach Zuführen eines Oxidationsmittels zum Primärfaulprodukt, so dass ein Hydrolysat entsteht, und (c) danach anaerobes Vergären des Hydrolysats.
-
Gemäß einem zweiten Aspekt löst die Erfindung das Problem durch eine gattungsgemäße Biogasanlage, die eine Oxidationsmittel-Zuführvorrichtung aufweist, die ausgebildet ist zum Zuführen eines Oxidationsmittels zum Primärfaulprodukt.
-
Vorteilhaft an der Erfindung ist, dass anaerob leicht abbaubare Substanzen im ersten Schritt in Biogas umgesetzt werden, so dass eine hohe Gasausbeute erhalten wird. Das nachfolgende Zufügen des Oxidationsmittels führt dann dazu, dass schwer anaerob abbaubare Substanzen in leicht anaerob abbaubare Substanzen überführt werden, die im nachfolgenden anaeroben Vergärschritt in Biogas überführt werden. Man erhält dadurch eine kleine Verweilzeit, ohne dass die Gasausbeute signifikant sinkt.
-
Anaerobe Bakterien haben gegenüber aerob stoffwechselnden Bakterien einen großen evolutionären Nachteil. Sobald einer Mischung aus organischem Material und anaeroben Mikroorganismen Sauerstoff zugefügt wird, werden die anaeroben Mikroorganismen durch aerob stoffwechselnde Mikroorganismen verdrängt. Hinzu kommt, dass anaerob stoffwechselnde Mikroorganismen deutlich langsamer wachsen als aerob stoffwechselnde Mikroorganismen. Aus diesem Grund wird bislang vermieden, einem Anaerob-Gärbehälter ein Oxidationsmittel zuzuführen, da das zum Zusammenbruch der langsam wachsenden anaeroben Mikroorganismen führt. Es wurde jedoch erkannt, dass dieser Nachteil durch den Vorteil überkompensiert wird, dass schlecht anaerob abbaubare Substanzen durch Zugabe des Oxidationsmittels in leichter anaerob abbaubare Substanzen überführt werden.
-
Je nach Auslegung des Biogasherstellungsverfahrens führt die Erfindung zu einer Erhöhung der Gasausbeute, zu einer Steigerung der Raum-Zeit-Ausbeute, zu einer deutlichen Steigerung der Energieeffizienz der Biogasanlage, einem geringeren Bedarf an Fermentervolumen, einer Verringerung der Betriebskosten, und/oder einer Verkürzung der Nachbehandlungszeiten insbesondere bei der anaeroben Restabfallbehandlung.
-
Vorteilhaft ist zudem, dass bestehende Biogasanlagen leicht nachrüstbar sind.
-
Im Rahmen der vorliegenden Beschreibung wird unter dem organischen Ausgangsmaterial insbesondere ein Stoff oder Stoffgemisch verstanden, bei dem der Anteil an organischem Material an der Trockenmasse zumindest 50% beträgt. Es kann sich bei dem organischen Ausgangsmaterial beispielsweise um Biomüll, Klärschlamm, Prozessabwasser, nachwachsende Rohstoffe und/oder biologisch abbaubare Polymere, insbesondere biologisch abbaubare Kunststoffe handeln.
-
Unter dem Hydrolysat wird das Produkt verstanden, das beim Oxidationsprozess aus dem Primärfaulprodukt entsteht. Es ist möglich, dass es beim Oxidationsprozess zu keinerlei Hydrolyse kommt. Daher kann statt des Namens Hydrolysat auch der Begriff Sekundärprodukt verwendet werden.
-
Das anaerobe Vergären und/oder die aerobe Behandlung kann im Rahmen einer Nassfermentation oder einer Trockenfermentation erfolgen.
-
Unter dem Zuführen des Oxidationsmittels wird insbesondere ein Zuführen eines Stoffes verstanden, so dass zumindest ein Teil der Substanzen im Primärfaulprodukt oxidiert. Grundsätzlich wird hierunter eine Oxidation im elektrochemischen Sinne verstanden. Insbesondere wird ein Oxidationsmittel zugeführt, das Sauerstoff enthält, so dass Substanzen im Primärfaulprodukt unter Aufnahme von Sauerstoffatomen reagieren. Es ist möglich, nicht aber zwingend notwendig, dass dabei Kohlendioxid entsteht. Unter der Oxidationsmittel-Zuführvorrichtung wird insbesondere eine Vorrichtung verstanden, die dazu ausgebildet ist, um das Oxidationsmittel unter Aufwendung von Energie zum Primärfaulprodukt hinzuzufügen.
-
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist das Oxidationsmittel ein sauerstoffhaltiges Gas, insbesondere Luft, und/oder es setzt Sauerstoff frei. Beispielsweise enthält oder ist das Oxidationsmittel Ozon. Es ist aber auch möglich, dass das Oxidationsmittel flüssige oder feste Substanzen enthält, die radikalen beziehungsweise elementaren Sauerstoff abspalten können, beispielsweise Wasserstoffperoxid.
-
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird nach dem anaeroben Vergären gemäß Schritt (a) und vor dem anaeroben Vergären gemäß Schritt (c) das Primärfaulprodukt mittels Mikroorganismen aerob hydrolysiert beziehungsweise umgesetzt. Es ist möglich, dass das Oxidationsmittel kontinuierlich zugegeben wird. Denkbar ist aber auch, dass das Oxidationsmittel einmalig oder in mehreren Schüben zugegeben wird.
-
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird das anaerobe Vergären mittels anaerober Mikroorganismen durchgeführt, wobei die anaeroben Mikroorganismen eine Verdoppelungszeit haben, und wobei das Oxidationsmittel nach einer Verweilzeit von zumindest dem 0,3-fachen der Verdoppelungszeit zugeben wird. Unter der Verdoppelungszeit wird diejenige Zeit verstanden, innerhalb derer die anaeroben Mikroorganismen ihre Zahl unter den gegebenen Umgebungsbedingungen verdoppelt haben.
-
Das Merkmal, dass das Oxidationsmittel nach einer Verweilzeit von zumindest dem 0,3-fachen der Verdoppelungszeit zugegeben wird, bezieht sich auf eine mittlere Verweilzeit, sofern das Verfahren kontinuierlich oder teil-kontinuierlich durchgeführt wird. Die mittlere Verweilzeit ist der Erwartungswert der Verweilzeit für ein infinitesimal kleines Volumen an Ausgangsmaterial. Wird das Verfahren diskontinuierlich durchgeführt (Batchbetrieb), so ist die Verweilzeit diejenige Zeit, die zwischen dem Beginn des anaeroben Vergärens gemäß Schritt (a) und dem Zuführen des Oxidationsmittels verstreicht. Vorteilhaft daran ist, dass die durch das Oxidationsmittel getöteten anaeroben Mikroorganismen hinreichend Zeit haben, um die Verluste auszugleichen.
-
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird das Oxidationsmittel nach einer Verweilzeit von höchstens dem Doppelten der kleinsten Verdoppelungszeit der Mikroorganismen zugegeben. Es ergibt sich so eine hohe Gasausbeute bei geringerer Prozessdauer. In dem Anaerob-Gärbehälter lebt in der Regel eine Vielzahl an verschiedenen Mikroorganismen, die jeweils unterschiedliche Verdoppelungszeiten haben. Maßgeblich ist die kleinste Verdopplungszeit der Mikroorganismen, die an der Biogasproduktion zumindest mittelbar beteiligt sind.
-
Vorzugsweise ist eine Aerob-Verweilzeit, während der das Oxidationsmittel zugeführt wird, kürzer als vier Tage, insbesondere kürzer als zwei Tage. Unter der Aerob-Verweilzeit wird insbesondere die Zeit verstanden, während der das Oxidationsmittel zugeführt wird. Gemäß einer alternativen Definition kann unter der Aerob-Verweilzeit auch diejenige Zeit verstanden werden, während der die Population an aeroben Mikroorganismen größer ist als die an anaeroben Mikroorganismen. Es hat sich gezeigt, dass längere Aerob-Verweilzeiten die Gasausbeute nicht weiter steigern oder sogar senken.
-
Vorzugsweise wird das Zuführen des Oxidationsmittels so durchgeführt, dass ein Sauerstoffgehalt im Primärfaulprodukt unterhalb von 5 Milligramm pro Liter liegt. Ein höherer Sauerstoffgehalt ist zwar möglich, führt aber zu erhöhtem Aufwand beim Einbringen des Sauerstoffs, ohne dass dem ein signifikanter Vorteil entgegensteht.
-
Im Anaerob-Gärbehälter herrscht bevorzugt, wie in der Regel in allen vorhandenen Gärbehältern, ein pH-Wert im schwach saueren bis schwach alkalischen Milieu, der also zwischen 4, insbesondere 6, und 8 liegen kann. Die Biogasanlage besitzt vorzugsweise eine Temperatursteuervorrichtung, die so ausgebildet ist, dass dann, wenn Oxidationsmittel zugegeben wird, die aerobe Behandlung im mesophilen bzw. thermophilen Bereich stattfindet.
-
Im Folgenden wird die Erfindung anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Dabei zeigt
-
1 schematisch eine erfindungsgemäße Biogasanlage gemäß einer ersten Ausführungsform,
-
2 eine erfindungsgemäße Biogasanlage gemäß einer zweiten Ausführungsform,
-
3 eine erfindungsgemäße Biogasanlage gemäß einer dritten Ausführungsform und
-
4 eine erfindungsgemäße Biogasanlage gemäß einer vierten Ausführungsform.
-
1 zeigt ein Schema einer erfindungsgemäßen Biogasanlage 10, die einen Anaerob-Gärbehälter 12 besitzt, in dem schematisch eingezeichnetes organisches Ausgangsmaterial 14, beispielsweise in Form von Biomüll, aufgenommen ist. Der Anaerob-Gärbehälter 12 umfasst zudem Wasser 16. Das Wasser 16 wird als Perkolat bezeichnet, wenn es sich bei der Biogasanlage 10 um eine Trockenfermentationsanlage handelt.
-
In der Ausführungsform gemäß 1 umfasst die Biogasanlage 10 einen Aerob-Gärbehälter 18, der mittels einer Leitung 20 mit dem Anaerob-Gärbehälter 12 verbunden ist. Die Biogasanlage 10 besitzt zudem eine Oxidationsmittel-Zuführvorrichtung 22, im vorliegenden Fall in Form einer Luft-Zuführvorrichtung. Mittels der Oxidationsmittel-Zuführvorrichtung 22 wird Oxidationsmittel 24, im vorliegenden Fall Luft, in den Aerob-Gärbehälter 18 eingebracht.
-
Die Biogasanlage 10 umfasst zudem einen zweiten Anaerob-Gärbehälter 26, der über eine zweite Leitung 28 mit dem Aerob-Gärbehälter 18 in Verbindung steht. Die Biogasanlage 10 gemäß 1 wird so betrieben, dass das Ausgangsmaterial 14 zusammen mit Wasser 16 in den ersten Anaerob-Gärbehälter 12 eingefüllt wird. Das kann kontinuierlich oder diskontinuierlich geschehen. Der Anaerob-Gärbehälter 12 ist sauerstoffdicht verschlossen und wird gegebenenfalls mit anaeroben Mikroorganismen geimpft, so dass ein anaerobes Vergären des organischen Ausgangsmaterials 14 beginnt. Es entsteht Biogas 30, das beispielsweise aufgereinigt und dem Erdgasnetz zugeführt oder verstromt wird.
-
Beim Vergären des Ausgangsmaterials 14 entsteht ein Primärfaulprodukt 32, das kontinuierlich, beispielsweise mit einer Pumpe, über die Leitung 20 in den Aerob-Gärbehälter 18 gefördert wird. Dort wird das Oxidationsmittel 24 zugeführt, so dass durch aerobe mikrobielle Behandlung, beispielsweise Hydrolyse, ein Hydrolysat 34 entsteht. Das Hydrolysat 34 wird ebenfalls kontinuierlich, beispielsweise mit einer Pumpe, durch die zweite Leitung 28 in den zweiten Anaerob-Gärbehälter 26 gepumpt, wo erneut eine anaerobe Gärung stattfindet. Die Mengen an Material, die durch die Leitungen 20, 28 gepumpt werden, sind so gewählt, dass der Bestand an Mikroorganismen in keinem der drei Behälter 16, 18, 28 zu gering wird.
-
2 zeigt eine Biogasanlage 10 gemäß einer zweiten Ausführungsform, bei der die Oxidationsmittel-Zuführvorrichtung 22 in den Anaerob-Gärbehälter 12 einmündet. Nach einer vorgegebenen Verweilzeit Δt wird das Oxidationsmittel 24 in den Anaerob-Gärbehälter gefüllt, so dass die anaerobe Gärung zusammenbricht und eine aerobe Vergärung beginnt. Nach einer Aerob-Verweilzeit Δtaerob, die beispielsweise bei 12 Stunden liegt, wird die Zuführung von Oxidationsmittel 24 unterbrochen und der Anaerob-Gärbehälter 12 wenn notwendig mit aneroben Mikroorganismen angeimpft, so dass sich aufgrund der sich einstellenden aneroben Bedingungen die anaeroben Organismen vermehren und es zu einem anaeroben Vergären des entstandenen Hydrolysats 34 kommt.
-
3 zeigt eine dritte Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Biogasanlage 10, bei der neben dem Anaerob-Gärbehälter 12 ein Aerob-Gärbehälter 18 vorhanden ist. Nach anaerobem Vergären des organischen Ausgangsmaterials 14 wird das entstehende Primärfaulprodukt 32, bei Trockenfermentation ein entsprechendes Perkolat, in den Aerob-Gärbehälter 18 gepumpt und dort mit Oxidationsmittel 24 beaufschlagt, so dass Hydrolysat 34 entsteht. Das Hydrolysat wird nach der Aerob-Verweilzeit Δtaerob zurück in den Anaerob-Gärbehälter 12 gepumpt. Es findet damit ein ständiger Strom an Material aus dem Anaerob-Gärbehälter 12 in den Aerob-Gärbehälter 18 und zurück statt. Der Anaerob-Gärbehälter 12 besitzt eine nicht eingezeichnete Ausgangsmaterial-Zuführvorrichtung, mittels der beständig organisches Ausgangsmaterial zugeführt werden kann. Die Biogasanlage 10 besitzt zudem eine Reststoff-Abziehvorrichtung, mittels der beständig aus dem Anaerob-Gärbehälter 12 vergorenes Material abgezogen werden kann. Bei diskontinuierlichen Verfahren wird der Anaerob-Gärbehälter satzweise befüllt und entleert.
-
4 zeigt eine weitere Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Biogasanlage 10, bei der der Anaerob-Gärbehälter 12 drei Zonen aufweist, nämlich eine erste anaerobe Zone 36, eine aerobe Zone 38 und eine zweite aerobe Zone 40. Das Ausgangsmaterial 14 wird mittels einer Fördervorrichtung, beispielsweise einer Schnecke, von der ersten anaeroben Zone 36, in der anaerob vergoren wird, zur aeroben Zone 38 gebracht, in die die Oxidationsmittel-Zuführvorrichtung 22 einmündet. Bezüglich einer in Förderrichtung F hinter der aeroben Zone 38 angeordneten zweiten aeroben Zone 40 ist das Oxidationsmittel verbraucht, so dass es erneut zu einer anaeroben Vergärung kommt.
-
Bezugszeichenliste
-
- 10
- Biogasanlage
- 12
- Anaerob-Gärbehälter
- 14
- Ausgangsmaterial
- 16
- Wasser
- 18
- Aerob-Gärbehälter
- 20
- Leitung
- 22
- Oxidationsmittel-Zuführvorrichtung
- 24
- Oxidationsmittel
- 26
- zweiter Anaerob-Gärbehälter
- 28
- zweite Leitung
- 30
- Biogas
- 32
- Primärfaulprodukt
- 34
- Hydrolysat
- 36
- erste anaerobe Zone
- 38
- aerobe Zone
- 40
- zweite anaerobe Zone
- Δtanaerob
- Verweilzeit
- Δtaerob
- Aerob-Verweilzeit