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Die vorliegende Erfindung betrifft neuartige Multikomponentenkristallen aus ([2-Amino-6-(4-fluoro-benzylamino)-pyridin-3-yl]-carbamidsäureethylester und einer Arylpropionsäure, deren Herstellung sowie deren Verwendung für pharmazeutische Zubereitungen. Die erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zubereitungen eignen sich zur Behandlung von Schmerzzuständen, insbesondere unklarer Genese, durch eine gleichzeitige Wirkung auf Schmerzen, die durch Muskelverspannung oder degenerative Gelenkerkrankungen verursacht werden, als auch auf solche, die durch entzündliche Prozesse verursacht werden.
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([2-Amino-6-(4-fluoro-benzylamino)-pyridin-3-yl]-carbamidsäureethylester, auch als Flupirtin bekannt, ist ein zentral wirkendes Nichtopioid-Analgetikum, welches frei von den typischen Nebenwirkungen natürlicher oder synthetischer Opioide ist, wie beispielsweise Atemdepression, Verstopfung, Toleranzentwicklung, physische oder psychische Abhängigkeit oder Suchtgefahr. Flupirtin ist ein Wirkstoff der einen erhöhten Muskeltonus normalisieren kann.
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Flupirtin ist der Prototyp einer neuen Klasse von Analgetika mit neuen spezifischen und therapeutisch relevanten Eigenschaften. Der Wirkmechanismus von Flupirtin beruht dabei auf keinem direkten, sondern einem indirekten funktionellen NMDA-antagonistischen Effekt. Dieser Mechanismus resultiert in drei unterschiedlichen Wirkungsbildern: analgetisch, muskeltonusreduzierend und neuroprotektiv. Die verschiedenen Wirkungen von Flupirtin sind die Folge eines einzigen molekularen Wirkmechanismus, nämlich der Wirkung von Flupirtin als selektivem neuronalen Kaliumkanalöffner (selective neuronal potassium channel opener = SNEPCO) (Kornhuber J et al. (1999); Kornhuber J et al. (1999a); Zieglgänsberger W. Neuronale Kaliumkanal-Öffnung und das besondere Wirkspektrum von Flupirtin. Schmerz 14 Suppl. 1 (1999) S13), die ein neues Prinzip in der Schmerztherapie darstellt.
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Als Folge dieser vielfältigen Wirkungen verfügt Flupirtin über ein einzigartiges und breites pharmakologisches Wirkspektrum. Flupirtin eignet sich zur Behandlung und Vorbeugung von akuten und chronischen Schmerzen, einschließlich neuropathischen Schmerzen, Nervenschmerzen, durch Krebserkrankungen verursachte Schmerzen, vasomotorische und Migräne-Kopfschmerzen, Schmerzzuständen nach Operationen, nach Verletzungen, Verbrennungen, bei Dysmenorrhoe, Zahnschmerzen und arthritischen Schmerzen. Antiinflammatorische Effekte des Flupirtins sind bei den üblichen analgetischen Dosierungen in nur geringem Ausmaß zu erwarten, da im Tierversuch erst bei hohen Dosen (> 30 mg/kg Körpergewicht) eine ausreichende antiinflammatorische Wirkung beobachtet wurde. Flupirtin ist vor allem wirksam bei der Behandlung und Vorbeugung von Schmerzen, die insbesondere durch Muskelverspannungen, Muskelspasmen und Muskelsteifheit bedingt sind. Es ist wirkt besonders gut bei der Behandlung von Rückenschmerzen, wobei die klare Differentialdiagnose zur Genese dieser spannungsbedingten Rückenschmerzen im Sinne von entzündlicher und oder nicht-entzündlicher Ursache im Einzelfall nicht immer eindeutig zu stellen ist
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Flupirtinmaleat lässt sich mit verschiedenen Schmerzmitteln kombinieren wie z. B. mit Morphin (
EP 0977736 ), mit NK(Neurokinin)-Antagonisten (
WO 2007/1128056 ), mit Tramadol (
EP 1697005 ) oder auch Paracetamol (
EP 207193 ).
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(RS)-2-[4-(2-Methylpropyl)-phenyl]-propansäure (Ibuprofen) und sein Enantiomer Dexibuprofen, auch als (+)-(2S)-2-[4-(2-Methylpropyl)-phenyl]-propansäure oder (S)-Ibuprofen bekannt, gehören zur Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika/Antiphlogistika (NSAIDS). Sie hemmen nichtselektiv die Cyclooxygenasen (COX) I und II, die im Organismus für die Bildung von entzündungsvermittelnden Prostaglandinen verantwortlich sind.
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Ibuprofen ist ein Arzneistoff, der zur Behandlung von Schmerzen, Entzündungen und Fieber eingesetzt wird. Chemisch gehört es in die Gruppe der Arylpropionsäuren. Es wirkt schmerzstillend (analgetisch), entzündungshemmend (antiphlogistisch) und fiebersenkend (antipyretisch).
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Dexibuprofen wurde in
EP 158913 beschrieben und ist ein wirksames nicht-steroidales, entzündungshemmendes Arzneimittel für Patienten mit schmerzhafter Hüft-Osteoarthritis. Verglichen mit razemischem Ibuprofen zeigt die Hälfte der täglichen Dosis von Dexibuprofen eine mindestens gleichwertige Wirksamkeit (
F. Singer, et al., Int. J. Clin. Pharm. Ther., 38(1), 25–29 (2000);
V. W. Rahlfs, J. Clin. Pharmacol 36, S33–40, (1996)). Deshalb kommt man mit einer geringeren Arzneistoffmenge pro Dosiereinheit aus. Außerdem setzt die Wirkung etwas schneller ein als beim Racemat Ibuprofen (
L. Lötsch, et al, Br. J. Clin Pharmacol 52, 387–398, 2001). Während eine Reduktion von Schmerzen und Fieber in der Regel innerhalb von 1 Stunde nach Einnahme der ersten Dosis eintritt, dauert es im Allgemeinen mehrere Tage bis Wochen, bis die entzündungshemmende Wirkung dieser Mittel einsetzt (
Physician's Desk Reference, 53rd ed., 1667–76 (1999)).
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Arylpropionsäuren wie. Ketoprofen, Naproxen, Ibuprofen und besonders Dexibuprofen gelten unter den NSAIDS als besonders nebenwirkungsarm (P. F. White (2003): Anesth Analg. 97(2): S. 309–310).
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Die gleichzeitige Verabreichung von Flupirtinmaleat und verschiedenen NSAIDS ist in einer wissenschaftlichen Publikation erörtert (Diamantis, W; Gordon, R. Postgrad Med J 1987, 63 Suppl 3 (29–34). Schon in einer niedrigen Dosis (15 mg/kg, Mäuse, 35 mg/kg, Ratte) verstärkte Flupirtinmaleat in Kombination mit verschiedenen Dosierungen von NSAIDS Analgetika die antinociceptive (d. h. die Schmerzwahrnehmung hemmende) Aktivität von Paracetamol, Acetylsalicylsäure und Diclofenac.
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Die synergistische Kombination von Flupirtin mit verschiedenen nicht-steroidalen Antiphlogistika ist in
DE 36 65 538.4 beschrieben. Hier wurde gefunden, dass die Wirkung von Flupirtinmaleat überraschenderweise durch Kombination mit bestimmten nichtsteroidalen Antiphlogistika synergistisch gesteigert wird, wobei gleichzeitig die Wirkung der Antiphlogistika ebenfalls eine synergistische Steigerung erfährt. Hierbei wird Flupirtin als Maleat, Gluconat oder Hydrochlorid eingesetzt. Besonders bevorzugt ist die Kombination mit Diclofenac Kaliumsalz.
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Die Patentanmeldung
WO 2005/058319 A1 offenbart die Verwendung von Flupirtinmaleat zur Behandlung von neuropathischen oder mit einer Entzündung verbundenen Schmerzen, wobei gegebenenfalls zusätzlich ein weiteres Analgetikum, beispielsweise ein nichtsteroidales Antirheumatikum, verabreicht wird.
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Viele der beschriebenen NSAIDS verursachen jedoch ein breites Spektrum von Nebenwirkungen. Für Diclofenac beispielsweise sind folgende typische Nebenwirkungen beschrieben: Magen- und Darmbeschwerden, die durch eine Hemmung der unter anderem in der Magenschleimhaut vorkommenden Cyclooxygenase I hervorgerufen werden. Des Weiteren können Störungen bei der Blutbildung und Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten, z. B. Überempfindlichkeit der Haut gegen Sonnenlicht. Zusätzlich kann es zu Erhöhungen der Leberwerte (z. B. Transaminasen) kommen. Da Schwindel und Müdigkeit auftreten können, ist bei der Bedienung von Maschinen und Teilnahme im Straßenverkehr Vorsicht geboten (Fachinformation Diclofenac). Die ebenfalls beschriebenen Wirkstoffe Isoxicam und Sulindac sind in Deutschland unter anderem aufgrund ihrer Nebenwirkungen nicht zugelassen. Auch Acetylsalicylsäure hat ein großes Nebenwirkungspotential auf den Magen und kann zudem das Reye-Syndrom auslösen. Paracetamol ist an sich bereits problematisch für die Leber und sollte deshalb keinesfalls mit Flupirtin kombiniert werden.
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Die oben genannten Nebenwirkungen haben zur Folge, dass sich neben den günstigen antinociceptiven und antiinflammatorischen Effekten auch die Nebenwirkungen des Flupirtins wie Müdigkeit, oder eine eventuelle Erhöhung der Transaminasen bei einer physikalischen Kombination von Flupirtin mit NSAIDs verstärken können. Zudem ist bei einer rein physikalischen Mischung der Einzelkomponenten, wie in
DE 36 65 538.4 beschrieben, durch unterschiedliche Löslichkeit und verschiedene Auflösungsgeschwindigkeit eine gleichmäßige Absorption aus dem Magen-Darm Trakt sehr schwer zu erreichen. Des Weiteren kommt es durch die unterschiedlichen Kristallformen und verschieden Dichten der Wirkstoffe zu Entmischungen. Eine stabile Formulierung der Komponenten mit befriedigender Bioverfügbarkeit ist daher von diesen Mischungen nicht zu erwarten.
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Durch die Bildung eines Multikomponentenkristalls aus einem Wirkstoff mit einem geeigneten zweiten Wirkstoff wird ein neuer Feststoff gebildet, dessen physikalische Eigenschaften sich von denen der Einzelkomponenten erheblich unterscheiden. Beeinflusste Parameter sind hier unter anderem: Löslichkeit, Auflösungsgeschwindigkeit, Schmelzpunkt sowie Teilchenform und -größe.
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Derartige Multikomponentenkristalle unterscheiden sich von der rein physikalischen Mischung der beiden Partner auch hinsichtlich der kristallographischen und spektroskopischen Eigenschaften. Geeignete Messmethoden zum Nachweis der Festkörpereigenschaften dieser neuen Verbindungen sind unter anderem: Röntgenkristallstrukturanalyse am Pulver (XRPD) oder am Einkristall, Festkörper NMR (ssNMR), Ramanspektroskopie oder auch Differenzkalorimetrie (DSC).
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine neue Verbindung bereitzustellen, welche sowohl über die einmalige analgetische Wirkung des selektiven Kaliumkanalöffners (SNEPCO) Flupirtin als auch über das pharmakologisch bekannte Wirkungsspektrum, wie entzündungshemmende und analgetische Aktivität, einer Arylpropionsäure wie Ibuprofen oder Dexibuprofen verfügt, die arm ist an Nebenwirkungen und sich leicht als pharmazeutische, feste Zubereitungsform formulieren lässt, ohne die typischen Probleme von physikalischen Mischungen wie unterschiedliche Bioverfügbarkeit oder Entmischung während des Produktionsprozesses zu zeigen.
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Zudem soll die neue Verbindung sowohl effektiv gegen Schmerzen, welche unter anderem durch Spannungen verursacht werden, als auch gegen solche, die durch entzündliche Prozesse verursacht werden, wirken, so dass ein behandelnder Arzt das Mittel auch bei Schmerzen unklarer Genese verabreichen kann und den Patienten dabei nicht zusätzlichen unakzeptablen Nebenwirkungen aussetzt.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch neuartige Multikomponentenkristalle aus Flupirtin (([2-Amino-6-(4-fluoro-benzylamino)-pyridin-3-yl]-carbamidsäureethylester) und einer Arylpropionsäure ausgewählt aus Ibuprofen und Dexibuprofen gelöst.
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Unter Multikomponentenkristall im Sinne der Erfindung wird ein Kristall verstanden, der entweder aus neutralen oder aus ionischen Komponenten besteht, wobei neutrale Komponenten für die Kristallisation eingesetzt werden, aber während der Kristallisation zum Multikomponentenkristall auch ionische Komponenten entstehen können. Ein Multikomponentenkristall ist also entweder ein Cokristall, ein Salz, ein Solvat oder auch eine Mischform, die sowohl Cokristall- als auch Salzanteile aufweist.
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Ein Cokristall im Sinne der Erfindung ist eine kristalline Struktur, welche aus zwei oder mehr neutralen Verbindungen aufgebaut ist.
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Im Unterschied zur rein physikalischen Mischung der Ausgangsstoffe zeichnet sich ein erfindungsgemäßer Multikomponentenkristall vorteilhaft durch veränderte physikalischchemische Eigenschaften aus, welche beispielsweise die Löslichkeit, Stabilität, Hygroskopizität, Handhabung und Tablettierbarkeit beeinflussen, und die seine eindeutige Charakterisierung ermöglichen.
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Überraschend fanden die Erfinder, dass sich aus Flupirtin und Arylpropionsäuren wie Ibuprofen und Dexibuprofen durch gemeinsames Erhitzen, Lösen oder Verreiben Multikomponentenkristalle erhalten lassen. Dies ist überraschend, da sich bisher unter den Carbonsäuren lediglich mit den unverzweigten Alkan (bzw. Alken-)carbonsäuren Flupirtinsalze erhalten ließen.
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Der erfindungsgemäße Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Ibuprofen ist vorzugsweise gekennzeichnet durch ein Röntgenpulverdiffraktogramm gemessen unter Verwendung von Cu-Kα1-Strahlung und eines Johansson-Germanium-Einkristall-Monochromators mit einer Schrittweite von 0,00922° im Beugungswinkelbereich von 2θ = 3 – 80°C mit einem charakteristischen Peak bei 2θ = 4,7 ± 0,2°. Bevorzugt ist der Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Ibuprofen zusätzlich gekennzeichnet durch weitere charakteristische Peaks bei 2θ = 5,1 ± 0,2°, 7,7 ± 0,2°, 9,3 ± 0,2° und 10,4 ± 0,2°. Besonders bevorzugt weist er weitere charakteristische Peaks bei 2θ = 18,0 ± 0,2°, 20,6 ± 0,2°, und 27,3 ± 0,2° auf.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist der erfindungsgemäße Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Ibuprofen durch ein Röntgenpulverdiffraktogramm im Wesentlichen wie in 1 dargestellt gekennzeichnet.
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Der erfindungsgemäße Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Ibuprofen ist desweiteren vorzugsweise gekennzeichnet durch ein DSC(Differential scanning calorimetry)-Thermogramm wie in 3 gezeigt. Sie besitzt eine charakteristische Schmelzendotherme im Bereich von 56 bis 70°C mit einer Onset-Temperatur bei 56,9 ± 2°C und einem Signalmaximum bei 64,7°C ± 3°C.
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Der erfindungsgemäße Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Dexibuprofen ist vorzugsweise gekennzeichnet durch ein Röntgenpulverdiffraktogramm gemessen unter Verwendung von Cu-Kα1-Strahlung und eines Johansson-Germanium-Einkristall-Monochromators mit einer Schrittweite von 0,00922° im Beugungswinkelbereich von 2θ = 3 – 80°C mit einem charakteristischen Peak bei 2θ = 3,4 ± 0,2°. Bevorzugt ist der Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Dexibuprofen zusätzlich gekennzeichnet durch weitere charakteristische Peaks bei 2θ = 8,3 ± 0,2°, 10,1 ± 0,2°, 16,7 ± 0,2°, 17,5 ± 0,2° und 20,7 ± 0,2°. Bevorzugt ist er zusätzlich durch weitere charakteristische Peaks bei 2θ = 12,5 ± 0,2°, 14,4 ± 0,2°, und 24,2 ± 0,2° gekennzeichnet. In einer weiteren Ausführungsform ist der erfindungsgemäße Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Dexibuprofen durch ein Röntgenpulverdiffraktogramm im Wesentlichen wie in 2 dargestellt gekennzeichnet.
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Der erfindungsgemäße Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Dexibuprofen ist vorzugsweise gekennzeichnet durch ein DSC(Differential scanning calorimetry)-Thermogramm wie in 4 gezeigt. Sie besitzt eine charakteristische Schmelzendotherme im Bereich von 73 bis 85°C mit einer Onset-Temperatur bei 75,9°C und einem Signalmaximum bei 81,4 ± 3°C.
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Vorzugsweise sind die erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle aus Flupirtin und einer Arylpropionsäure ausgewählt aus Ibuprofen und Dexibuprofen aus äquimolaren Mengen der beiden Komponenten zusammengesetzt, wobei auch geringfügige Abweichungen von bis zu 10%, vorzugsweise 5%, besonders bevorzugt 2%, des molaren Verhältnisses noch von der Erfindung umfasst sind, soweit sie makroskopisch eine einheitliche Verbindung ergeben. Das molare Verhältnis der Komponenten liegt also vorzugsweise im Bereich von 1:0,9 bis 1:1,1, bevorzugt von 1:0,95 bis 1:1,05, besonders bevorzug von 1:0,98 bis 1:1,02. Ganz besonders bevorzugt beträgt das molare Verhältnis der Komponenten 1:1.
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Die erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle lassen sich unter anderem in einer Schmelzreaktion herstellen, bei der die Edukte Flupirtin und Ibuprofen bzw. Dexibuprofen zusammen geschmolzen und abgekühlt werden, wobei die Produkte teilweise als amorphe glasartige Schmelzen anfallen, die durch weitere Behandlung wie Zermahlen unter Kühlung, variable Temperaturgradienten oder Ultraschallbehandlung in körnige, zum Teil auch kristalline Formen überführt werden können.
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Desweiteren sind die erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle auch durch gemeinsames Lösen in einem geeigneten Lösungsmittel und anschließendes Auskristallisieren erhältlich. Körnige Produkte werden auch durch Verreiben einer äquimolaren Mengen von Flupirtin mit den Arylpropionsäuren oder durch Herstellung in Lösung erhalten.
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Gegenstand der Erfindung ist daher auch ein Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Ibuprofen, wobei Flupirtin und Ibuprofen in einem geeigneten inerten organischen, bevorzugt aprotischen, Lösungsmittel, vorzugsweise 2-Propanol, gemeinsam gelöst werden. Vorzugsweise geschieht dies unter Erwärmen der Mischung, bevorzugt bei einer Temperatur zwischen 50 und 80°C, besonders bevorzugt zwischen 60 und 70°C. Anschließend lässt man den erfindungsgemäßen Multikomponentenkristall aus der Lösung auskristallisieren. Dies geschieht vorzugsweise unter Abkühlen der Lösung auf Raumtemperatur und/oder durch Einengen der Lösung. Der erhältliche Multikomponentenkristall wird anschließend in bekannter Weise gereinigt und/oder getrocknet.
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Gegenstand der Erfindung ist desweiteren auch ein Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen, wobei Flupirtin und Dexibuprofen in einem geeigneten inerten organischen, bevorzugt aprotischen, Lösungsmittel, vorzugsweise Aceton, gemeinsam gelöst werden. Vorzugsweise geschieht dies unter Erwärmen der Mischung, bevorzugt bei einer Temperatur zwischen 30 und 70°C, besonders bevorzugt zwischen 40 und 60°C. Anschließend kristallisiert der erfindungsgemäße Multikomponentenkristall aus der Lösung aus. Dies geschieht vorzugsweise unter Abkühlen der Lösung auf Raumtemperatur und/oder durch Einengen der Lösung. Der erhältliche Multikomponentenkristall wird anschließend in bekannter Weise gereinigt und/oder getrocknet.
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Die erfindungsgemäße pharmazeutische Zubereitung enthält die erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle aus Flupirtin und Arylpropionsäuren gegebenenfalls in Mischung mit anderen pharmakologisch beziehungsweise pharmazeutisch wirksamen Stoffen. Die Herstellung der Arzneimittel erfolgt in bekannter Weise, wobei die bekannten und üblichen pharmazeutischen Hilfsstoffe sowie sonstige übliche Träger- und Verdünnungsmittel verwendet werden können.
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Gegenstand der Erfindung ist desweiteren eine pharmazeutische Zubereitung, welche die erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle aus Flupirtin und einer Arylpropionsäure ausgewählt aus Ibuprofen und Dexibuprofen enthält.
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Verfahren zur Bestimmung einer wirksamen Verabreichungsmenge der erfindungsgemäßen Zubereitung für therapeutische und prophylaktische Zwecke sind dem Fachmann geläufig. Um sowohl die analgetische Wirkung (unter anderem durch Beeinflussung des Muskelspannungsschmerzes) als auch die antiinflammatorische Wirkung der erfindungsgemäßen Zubereitung anwenden zu können, wird eine Tagesdosis von 50 mg bis 1000 mg, bevorzugt 200 mg bis 800 mg verabreicht.
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Durch die neuen erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle aus Flupirtin und einer Arylpropionsäure ausgewählt aus Ibuprofen und Dexibuprofen werden die arzneilich inaktiven Bestandteile der Basenkomponente (wie Maleat, Hydrochlorid, Mesilat, etc.) sowie der Säurekomponente (wie Natrium, Kalium, Ammonium etc.) vermieden, was bei fest oralen Darreichungsformen vorteilhaft zu einer Verringerung der zu verabreichenden Masse und des nötigen Volumens der Darreichungsform führt. Die einheitliche Form des Multikomponentenkristalls verhindert zudem vorteilhaft die Entmischung der Bestandteile während der Verarbeitung und erleichert so deren exakte Dosierung.
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Eine Verabreichungseinheit kann beispielsweise 1- bis 5-mal, bevorzugt 1- bis 3-mal, vorzugsweise 2-mal täglich verabreicht werden.
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Die erfindungsgemäße pharmazeutische Zubereitung kann auf verschiedenen, aus der Pharmazie oder der Medizin bekannten Wegen verabreicht werden, beispielsweise oral, parenteral, intraperitoneal, intravenös, sublingual, intramuskulär, rektal, transdermal, lokal über einen Katheter oder Stent, subkutan, intraadiposal, intraartikulär oder intrathekal. Bevorzugt ist die orale oder rektale Verabreichung der pharmazeutischen Zubereitung.
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Für die orale Verabreichung geeignete feste Verabreichungsformen umfassen Tabletten, Brausetabletten, Kapseln, Weichkapseln, Pillen, Pulver, Granulate, Pellets und dergleichen.
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Die Freisetzung der Wirkstoffe aus der erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zubereitung kann schnell oder verzögert erfolgen.
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Als pharmazeutisch annehmbarer Carrier bzw. Füllstoff sind verschiedene gebräuchliche Hilfsstoffe wie zum Beispiel Cellulosederivate, Stärkederivate, Laktose, Mannitol, Dextrose, Saccharose, Calciumcarbonat, Magnesiumoxid, Magnesiumstearat, Talk, Stärke, Gelatine, Gummi arabicum oder dergleichen, oder gebräuchliche inerte Lösungsmittel einsetzbar.
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Feste Verabreichungsformen umfassen gegebenenfalls weitere gebräuchliche Hilfsstoffe wie Fließmittel, Bindemittel, Füllmittel (wie z. B. Siliziumdioxid, insbesondere poröses amorphes Siliciumdioxid ”Syloid”, Carbomer, Guaran, Cellulose, mikrokristalline Cellulose, die Celluloseether, Celluloseester, Polyvinylpyrrolidon sowie Copovidone), Trennmittel, Gleitmittel, Sprengmittel (wie z. B. quervernetztes Polyvinylpyrrolidon, Natriumcarboxymethylstärke, Natriumcarboxy-methylcellulose, Maisstärke, Kartoffelstärke, Croscarmellose-Natrium, Crospovidon, Guaran, Primogel), Antioxidantien, Stabilisatoren, Süßstoffe, Geschmacksstoffe, Farbstoffe, Lösungsvermittler (wie z. B. Cyclodextrine und Cyclodextrinderivate) und/oder Emulgatoren (wie z. B. Lecithin, Pektin).
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Weitere Hilfsstoffe sind z. B. Trockenbindemittel, wie Stärke und Stärkederivate, mikrokristalline Zellulose, hochdisperses Siliciumdioxid, Mannit, Lactose, ferner Polyethylenglykol, insbesondere mit einer Molmasse von 4000 bis 6000, vernetztes Polyvinylpyrrolidon® (Polyplasdone®XL oder Kollidon®L), quervernetzte Carboxy methylcellulose (Acdisol®RCMC-XL), oder Dicalciumphosphat.
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Als Hilfsstoffe sind ferner Fließhilfsmittel, Schmiermittel oder Gegenklebemittel, z. B. siliconisierter Talk, Aluminiumstearat, Magnesiumstearat, Stearinsäure, Palmitinsäure, Stearyl-, Cetyl- und Myristylalkohol, Paraffin oder hydrierte Fette vorteilhaft.
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Die festen Verabreichungsformen können mit Sucrose, mit einem Cellulosederivat, Polyacrylatderivat, Phthalatderivat oder anderen geeigneten Substanzen überzogen sein, oder sie können so behandelt sein, dass sie eine verlängerte oder verzögerte Wirkung haben, und so, dass sie eine vorbestimmte Menge eines aktiven Wirkstoffs kontinuierlich freisetzen. Die Erfindung umfasst daher auch eine pharmazeutische Zubereitung, die gekennzeichnet ist durch einen Polymerfilmüberzug, der als Retardkomponente wirkt und gegebenenfalls Trennmittel, Bindemittel, Pigmente oder andere pharmazeutische Hilfsstoffe enthält. Vorzugsweise enthält der Polymerfilmüberzug mindestens ein Polymer ausgewählt aus Methacrylsäure, Methacrylester (wie Eudragit®L und/oder Eudragit®S), Copolymerisate aus Acryl- und Methacrylsäureestern, vorzugsweise mit einem niedrigen Gehalt an Trimethylammoniummethacrylat (wie Eudragit®RL und/oder Eudragit®RS), Copolymerisate aus Acrylsäure und Methacrylsäure sowie auch deren Estern (Verhältnis der freien Carboxylgruppen zu den Estergruppen z. B. 1:1) wie Eudragit®L30D, Copolymerisat von Ethylacrylat und Methylmethacrylat (wie Eudragit®NE 30 D), oder Mischungen davon.
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Durch Auflösung oder Suspendieren können auch flüssige Formulierungen erhalten werden, die zur Infusion oder Injektion geeignet sind.
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Als nichtwässrige Lösungsmittel sind beispielsweise Propylenglycol, Polyethylenglycol und/oder organische Ester wie Ethyloleat einsetzbar. Beispiele für Öle sind Petroleum sowie tierische, pflanzliche oder synthetische Öle wie z. B. Erdnussöl. Rizinusöl, Sesamöl, Baumwollsaatöl, Maisöl, Weizenkeimöl, Sojaöl, Mineralöl. Olivenöl, Sonnenblumenöl oder Lebertran, insbesondere Kabeljau-Leberöl.
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Durch Vermischen mit nicht wässrigen Lösungsmitteln oder Ölen lassen sich viskose bis halbfeste Formulierungen erzielen, die besonders gut in Weichkapseln abgefüllt werden können. Diese Kapseln sind trotz ihres relativ hohen Wirkstoffgehaltes von 50 bis 600 mg aufgrund ihrer elastischen Hülle und Konsistenz des Inhaltes leicht zu schlucken.
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Für die erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle aus Flupirtin und einer Arylpropionsäure ausgewählt aus Ibuprofen und Dexibuprofen erwies sich eine Mischung Glykolderivaten wie z. B. Diethylenglycolmonoethylether oder Polyethylenglykol, Tensiden wie z. B. Glycerinderivate sowie Verdickern wie z. B. Polyvinylpyrrolidon als geeigneter Trägerstoff für eine Weichkapselformulierung. Neutrale Lösungsvermittler (Detergentien und Tenside) wie Glyceride (auch Polyoxylglyceride), Polyalkylenglykolether, Caprylocaproyl oder Zuckerester stabilisieren und homogenisieren die Mischungen mit den erfindungsgemäßen Wirkstoffen.
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Durch die geringe Polarität des erfindungsgemäßen neuen Multikomponentenkristalls eignen sich flüssige und halbfeste Formulierungen auch für die transdermale Applikation, ganz im Gegensatz zu einer rein physikalischen Mischung der Komponenten. Besonders geeignet als Träger für den erfindungsgemäßen Multikomponentenkristall ist eine Mischung umfassend ein Carbomer, ein oder mehrere Fettsäureester, einem Polyethylenglykol und einen oder mehrere niedermolekulare Alkohole.
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Alle erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle aus Flupirtin und einer Arylpropionsäure ausgewählt aus Ibuprofen und Dexibuprofen zeichnen sich durch niedrige Schmelzpunkte (< 70°C) aus, was eine besondere Herausforderung für feste orale Darreichungsformen in Form von Tabletten darstellt. Überraschenderweise kann nach dem in
DE 19705555 A1 offenbarten. Verfahren durch Vermischen des Wirkstoffes mit porösem amorphen Siliciumdioxid ein Granulat erhalten werden, das sich problemlos zu Tabletten mit bis zu 600 mg Wirkstoff verpressen lässt. Bevorzugt sind in einer Tablette 0,5 bis 8% poröses amorphes Siliciumdioxid enthalten, gerechnet auf das Gesamtgewicht.
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Die synergistische Wirkung der beiden Komponenten Flupirtin und Arylpropionsäure lässt sich mit den in
DE 36 65 538 verwendeten Methoden am Tiermodell zeigen. Die dort offenbarten Methoden werden hiermit als Referenz einbezogen. Es konnte darüber hinaus gezeigt werden, daß es zu einer eindeutig stärkeren Beeinflussung des Schmerzes durch die Gabe eines erfindungsgemäßen Komponentenkristalls aus Flupirtin-Dexibuprofen kommt (Writhing Test mit 0,8% Essigsäure). Ferner konnte in einem Entzündungsmodell an der Ratte (Carrageenan-Ödem) eine schwache Entzündungshemmung in der untersuchten Dosis beobachtet werden.
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Besonders vorteilhaft sind Multikomponentenkristalle aus ([2-Amino-6-(4-fluorobenzylamino)-pyridin-3-yl]-carbamidsäureethylester und eine Arylpropionsäure, wenn die Arylpropionsäure (+)-(2S)-2-[4-(2-Methylpropyl)-phenyl]-propansäure (Dexibuprofen) ist. Hier lässt sich im Vergleich zur Kombination aus ([2-Amino-6-(4-fluoro-benzylamino)-pyridin-3-yl]-carbamidsäureethylester und dem Enantiomerengemisch (RS)-2-[4-(2-Methylpropyl)-phenyl]-propansäure (Ibuprofen) ein schnellerer Wirkungseintritt feststellen und der gleiche Wirkeffekt lässt sich mit einer geringeren Dosis erreichen. Dadurch lässt sich vorteilhaft die zu verabreichende Menge an Wirkstoff und damit auch die Masse der pharmazeutischen Formulierung bei gleicher Wirkstärke verringern.
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Bestandteil der Erfindung ist auch die Verwendung der erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle aus Flupirtin und einer Arylpropionsäure ausgewählt aus Ibuprofen und Dexibuprofen zur Behandlung und Vorbeugung von akuten und chronischen Schmerzen, einschließlich neuropathischer Schmerzen, Rückenschmerzen, Nervenschmerzen, Schmerzen bei Fibromyalgie, durch Krebserkrankungen verursachte Schmerzen, vasomotorische und/oder Migräne- oder spannungsbedingte Kopfschmerzen, Schmerzzuständen nach Operationen, nach Verletzungen, Verbrennungen, Verätzungen, bei Dysmenorrhoe, Vorbeugung von Muskelverspannung, Zahnschmerzen, arthritischen Schmerzen sowie für die Behandlung von Entzündungsschmerz oder Schmerzen unklarer Genese, soweit eine inflammatorische Komponente des Schmerzes nicht ausgeschlossen ist.
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Die bevorzugte Anwendungsdauer reicht von 1 bis 2 Tagen bis zu 6 Wochen. Durch die vorteilhafte kombinierte Wirkung der erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle aus Flupirtin und einer Arylpropionsäure ausgewählt aus Ibuprofen und Dexibuprofen gegen nicht entzündungsbedingten Schmerz (wie z. B. muskelspannungsbedingten Schmerz) und Entzündungsschmerz ist der neue Wirkstoff besonders gut für Behandlung. von Schmerzen unklarer Genese des Bewegungsapparates, einschließlich des Rückens, da hier bekanntermaßen besonders häufig entzündliche Prozesse und Muskelverspannungen auftreten.
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Gegenstand der Erfindung ist daher auch die Verwendung eines erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalls zur gleichzeitigen Behandlung von Schmerzen verschiedener Ursachen, insbesondere von entzündlichen Schmerzen, besonders bevorzugt von entzündlich rheumatischen Schmerzen der Wirbelsäule und der Weichteile, und von Schmerzen bedingt durch Muskelverspannungen
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Es können beispielsweise Tabletten verschiedener Größe hergestellt werden, beispielsweise mit einem Gesamtgewicht von etwa 50–800 mg. Sie enthalten den erfindungsgemäßen Multikomponentenkristall in den vorgenannten Mengen sowie übliche Trägerstoffe und/oder Verdünnungsmittel und/oder Hilfsstoffe. Diese Tabletten können auch zur Verabreichung von Teildosen vorgesehen sein. In entsprechender Weise können beispielsweise auch andere Zubereitungen, wie zum Beispiel Gelatinekapseln oder Retardformen formuliert werden.
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Für eine schnelle Auflösung und bessere Bio-Verfügbarkeit können die erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalle auch als Weichkapseln verabreicht werden. Die Wirkstoffe sind hier homogen in einer Softgel-Matrix verteilt, d. h. suspendiert, gelöst oder teilweise gelöst. Trotz zusätzlicher Inhaltsstoffe sind diese Kapseln aufgrund ihrer weichen Hülle gut zu schlucken.
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Anhand nachfolgender Figuren und Ausführungsbeispiele wird die Erfindung näher erläutert, ohne diese einzuschränken. Dabei zeigen
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1 ein Röntgenpulverdiffraktogramm des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Ibuprofen im Bereich von 3°–40°2θ,
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2 einen Vergleich der Röntgenpulverdiffraktogramme des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Ibuprofen und seiner Ausgangskomponenten Flupirtin bzw. Ibuprofen.
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3 ein Röntgenpulverdiffraktogramm des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen im Bereich von 1,5°–40°2θ,
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4 einen Vergleich der Röntgenpulverdiffraktogramme des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen und seiner Ausgangskomponenten Flupirtin bzw. Dexibuprofen.
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5 ein DSC(Differential Scanning Calometry)-Thermogramm des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Ibuprofen im Temperaturbereich von –40–300°C,
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6 ein DSC(Differential Scanning Calometry)-Thermogramm des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen im Temperaturbereich von 20–300°C,
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7 ein IR(Infrarot)-Spektrum des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Ibuprofen,
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8 ein IR(Infrarot)-Spektrum des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen,
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9 ein 1H-NMR-Spektrum (DMSO-d6, 400 MHz) des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Ibuprofen,
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10 ein 1H-NMR-Spektrum (DMSO-d6, 400 MHz) des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen,
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11 ein 13C-CPMAS-NMR-Spektrum des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Ibuprofen (A) und einen Vergleich mit den 13C-CPMAS-NMR-Spektren der Ausgangsstoffe (B),
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12 ein 13C-CPMAS-NMR-Spektrum des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen (A) und einen Vergleich mit den 13C-CPMAS-NMR-Spektren der Ausgangsstoffe (B), und
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13 den analgetischen Effekt von Kontrolle (= Null), Flupirtin (= F), Dexibuprofen (= D) sowie des Multikomponentenkristalls aus F und D (= F/D) am Writhing-Modell der Maus (jeweils 10 mg/kg bzw. je 5 mg/kg für F/D) (13A) und den antiphlogistischer Effekt von Flupirtin (= F), Dexibuprofen (= D) sowie des Multikomponentenkristalls aus F und D (= F/D) am Carrageenan-Modell der Rattenpfote (jeweils 10 mg/kg) bzw. je 5 mg/kg für F/D (13B).
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Ausführungsbeispiele
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Beispiel 1: Herstellung eines Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Ibuprofen
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Ein erfindungsgemäßer Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Ibuprofen wurde wie folgt hergestellt:
Unter Argonatmosphäre wurden 12,0 h Flupirtin (([2-Amino-6-(4-fluoro-benzylamino)-pyridin-3-yl]-carbamidsäureethylester) und 8,24 g Ibuprofen ((RS)-2-[4-(2-Methylpropyl)-phenyl]-propansäure) zu 100 ml 2-Propanol gegeben. Die Mischung wurde auf 60°C erwärmt. Es bildete sich eine klare Lösung, welche 30 Minuten bei 60°C gehalten wurde. Anschließend wurde die Lösung auf 20°C abgekühlt und das Lösung smittel langsam unter Vakuum (12 mmHg) bei Raumtemperatur abgezogen. Das verbleibende Produkt wurde 12 h bei 4 mmHg getrocknet, um Lösungsmittelreste zu entfernen. Es wurden 19,8 g (98%) eines viskosen gelben Harzes gebildet.
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Die Glasübergangstemperatur des Produkts liegt zwischen –10 und 0°C. Ein IR-Spektrum (KBr) ist in 7, ein 1H-NMR-Spektrum (DMSO-d6, 400 MHz) des Produkts ist in 9 und ein 13C-CPMAS-NMR ist in 11 gezeigt.
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Beispiel 2: Herstellung eines Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen
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Ein erfindungsgemäßer Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Dexibuprofen wurde wie folgt hergestellt:
Unter Argonatmosphäre wurden 12,0 g Flupirtin (([2-Amino-6-(4-fluoro-benzylamino)-pyridin-3-yl]-carbamidsäureethylester) und 8,24 g Dexibuprofen ((+)-(2S)-2-[4-(2-Methylpropyl)-phenyl]-propansäure) zu 100 ml Aceton gegeben. Die Mischung wurde auf 50°C erwärmt, wobei sich eine klare Lösung bildete, welche 30 Minuten bei 50°C gehalten wurde.
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Anschließend wurde die Lösung auf 20°C abgekühlt und 24 h unter Vakuum (12 mmHg) getrocknet. Dabei wurden 20,1 g (99%) eines viskosen gelben Harzes erhalten.
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Die Glasübergangstemperatur des Produkts liegt zwischen –10 und 0°C. Ein IR-Spektrum (KBr) des Produkts ist in 8, ein 1H-NMR-Spektrum (DMSO-d6, 400 MHz) in 10 und ein 13C-CPMAS-NMR in 12 gezeigt.
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Beispiel 3: Analyse der Multikomponentenkristalle mittels Röntgen-Pulverdiffraktometrie
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Die röntgen-pulverdiffraktometrische Analyse der gemäß Beispiel 1 bzw. 2 erhaltenen Verbindungen wurde mit einem D8 Advance Pulverdiffraktometer der Firma Bruker AXS durchgeführt, dessen Spezifikationen zusammen mit den Messparametern in der folgenden Tabelle zusammengefasst sind: Tab. 1: Gerätespezifikationen und Messparameter für die Röntgen-Pulverdiffraktometrie
Gerätespezifikationen |
Monochromator | Johansson-Germanium-Einkristall |
Detektor | PSD-LynxEye Datenerfassungsbericht 4°2 θ |
Probenträger | Kapillarprobenträger mit einem Kapillardurchmesser von 0,5 mm |
Messparameter |
Strahlung | CuKα1 |
Generator | 40 kV, 40 mA |
Winkelbereich | 3° bis 80°2θ |
Schrittweite | 0,00922°2θ |
Messzeit | 3 Sek./Schritt |
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Die auf diese Weise ermittelten Röntgen-Pulverdiffraktogramme sind in
1 bis
4 dargestellt. Die Signallagen des Röntgen-Pulverdiffraktogramms für den gemäß Beispiel 1 erhaltenen Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Ibuprofen sind in Tab. 2 zusammengefasst. Tab. 2: Signallagen des Röntgen-Pulver-Diffraktometrie-Spektrums für Flupirtin-Ibuprofen aus Beispiel 1
°2θ | Intensität/Cps | relative Intensität/% |
3,43 ± 0,2 | 69 | 100 |
8,29 ± 0,2 | 35 | 51 |
10,06 ± 0,2 | 29 | 42 |
12,46 ± 0,2 | 11 | 16 |
14,41 ± 0,2 | 8 | 12 |
16,73 ± 0,2 | 19 | 28 |
17,47 ± 0,2 | 37 | 55 |
20,71 ± 0,2 | 18 | 26 |
24,22 ± 0,2 | 16 | 23 |
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Die Signallagen des Röntgen-Pulverdiffraktogramms für den gemäß Beispiel 2 erhaltenen Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Dexibuprofen sind in Tab. 3 zusammengefasst. Tab. 3: Signallagen des Röntgen-Pulver-Diffraktometrie-Spektrums für Flupirtin-Dexibuprofen aus Beispiel 2
°2θ | Intensität/Cps | relative Intensität/% |
4,66 ± 0,2 | 235 | 100 |
5,08 ± 0,2 | 34 | 14 |
7,69 ± 0,2 | 17 | 7 |
9,30 ± 0,2 | 20 | 9 |
10,44 ± 0,2 | 21 | 9 |
18,00 ± 0,2 | 34 | 15 |
20,63 ± 0,2 | 33 | 14 |
27,28 ± 0,2 | 20 | 8 |
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Beispiel 4: Analyse des Multikomponentenkristalls mittels DSC (Differential Scanning Calorimetry; Dynamische Differenzkalorimetrie)
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Die Thermogramme der gemäß Beispiel 1 bzw. 2 erhaltenen Verbindungen wurde mit einem NETZSCH DSC 204 F1 Phönix gemessen. Eine Angabe über die Spezifikationen wird in Tab. 4 gegeben: Tab. 4: Gerätespezifikationen und Messparameter für die DSC (Dynamische Differenzkalorimetrie)
Gerätespezifikationen |
Messfühler | τ-Sensor |
Ofen | Silberblock mit Miniatur-Mantelheizleiter |
Kühlsystem | Mechanische Kühlung (Intracooler) |
Probenträger | Aluminiumprobentiegel (pierced lid), Tiegeldurchmesser 6 mm |
Messparameter |
Heizrate | 5°C/min |
Temperaturprogramm | 20°C–300°C |
Schutzgas | Stickstoff |
Gasdurchflussrate | 20 mL/min |
Probenmasse | 11,242 mg |
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Die Auswertung der Thermogramme wurde mit dem Programm Proteus (Vers. 4.8.5) der Firma NETZSCH durchgeführt. Die erhaltenen Thermogramme sind in 5 und 6 gezeigt.
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Beispiel 6: Analyse des Multikomponentenkristalls mittels 13C-CP/MAS-NMR
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Alle Spektren wurden an einem Avance 400 (Firma BRUKER, Rheinstetten) bei einer 130 Resonanzfrequenz von 100,62 MHz gemessen. Dabei rotierten die Proben in einem 4 mm-Doppelresonanz-Probenkopf mit einer Rotationsfrequenz von 10.0 kHz („magic angle spinning”, MAS). Für das CP-Experiment (”cross polarization”, CP) wurde ein 1H 90° Puls von 5.23 μs und ein Kontaktpuls von 10 ms Dauer verwendet. Die spektrale Weite betrug 250 ppm (25252 Hz).
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Es wurden 13000 FIDs mit einer Wiederholzeit von 5.0 s akkumuliert. Dabei wurden 1600 Datenpunkte aufgenommen und mit einer Gesamtpunktzahl von 16384 („zero-filling”) Fourier-transformiert.
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Die chemische Verschiebung bezieht sich auf Tetramethylsilan (TMS, s
TMS = 0.0 ppm). Als Referenz wurde nach jedem Experiment Adamantan als sekundärer, externen Standard gemessen (s
Adamantan = 28.72, 37.77 ppm). Die Signallagen des
13C-CP/MAS-NMR-Spektrums für den gemäß Beispiel 1 erhaltenen Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Ibuprofen sind in Tab. 5 zusammengefasst. Tab. 5: Signallagen des
13CCP/MAS-NMR-Spektrums für Flupirtin-Ibuprofen aus Beispiel 1
[ppm] |
181,0 |
180,2 |
148,8 |
146,7 |
140,7 |
94,7 |
30,3 |
23,8 |
22,0 |
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Die Signallagen des 13C-CP/MAS-NMR-Spektrums für den gemäß Beispiel 2 erhaltenen Multikomponentenkristall aus Flupirtin und Dexibuprofen sind in Tab. 6 zusammengefasst. Tab. 6: Signallagen des
13C-CP/MAS-NMR-Spektrums für Flupirtin-Dexibuprofen aus Beispiel 2
[ppm] |
179,8 |
156,8 |
155,1 |
105,4 |
91,6 |
23,0 |
22,2 |
20,1 |
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Beispiel 7: Tabletten enthaltend 300 mg des erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und einer Arylpropionsäure ausgewählt aus Ibuprofen und Dexibuprofen
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Die gemäß Beispiel 1 oder 2 erhaltenen Multikomponentenkristalle wurden mittels Luftstrahlmahlung (Jet-Mill) zerkleinert. Hierzu wurde der Wirkstoff vor dem Mahlprozess auf ca. 150 Kelvin mit der Hilfe flüssigen Stickstoffs abgekühlt. Der gesamte Mahlvorgang fand unter Stickstoffatmosphäre statt. Vor der Granulation wurde die Partikelgrößenverteilung des Wirkstoffes bestimmt. In dem angestrebten Größenbereich (mindestens 90 Gew.-% kleiner als 200 flm) eignet sich die Bestimmung durch Luftstrahlsiebung (z. B. Alpine-Luftstrahlsieb) besonders gut. Falls die angestrebte Partikelgrößenverteilung nicht nach einmaliger Mahlung erreicht wurde, wurde der Mahlvorgang entsprechend wiederholt. Der gemahlene Wirkstoff wurde durch ein 0,5 mm Sieb geliebt (Zerstörung von Agglomeraten) und in einen Kubusmischer gefüllt. Zu 100 Teilen gesiebten Wirkstoffs wurden 1 bis 10 Teile Hydroxypropylcellulose (HPC) und 1 bis 10 Teile amorphes Siliciumdioxid gegeben. Die Pulver wurden 5 Minuten miteinander vermischt. Danach wurden 4 Teile gesiebtes Magnesiumstearat zugefügt und die gesamte Pulvermischung nochmals 15 Minuten gemischt. Die Pulvermischung wurde anschließend mittels Rundläufertablettenpresse zu Oblongtabletten verpresst.
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Beispiel 8: Weichkapseln enthaltend 300 mg eines erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen
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300 mg des Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen hergestellt nach Beispiel 2 wurden gegebenenfalls unter leichter Erwärmung mit 300 mg Diethylenglycolmonoethylether, 100 mg Polyethylenglycol und 15 mg Polyvinylpyrrolidon und 10 mg Labrasol® gemischt und in Weichgelatinekapseln (Größe 8 minims) abgefüllt.
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Beispiel 9: Analgetischer Effekt und entzündungshemmender Effekt eines erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalls aus Flupirtin und Dexibuprofen
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a) Analgetischer Effekt am Writhing-Test der Maus
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Der analgetische Effekt wurde an einem tierexperimentellen Standard Modell der Maus untersucht. Beim sogenannten „Writhing-Test” wird eine 0,8% Essigsäurelösung intraperitoneal 30 Minuten nach Applikation der Prüfsubstanzen appliziert. Die Anzahl der Körperverkrampfungen wird gezählt, deren Abnahme gilt als Ausdruck einer analgetischen Wirkung.
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Die Prüfsubstanzen (Kontrolle = Null, Flupirtin = F, Dexibuprofen = D, Multikomponentenkristall aus F und D = F/D) wurden in einer Dosis von 10 mg/kg Körpergewicht oral verabreicht.
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In 13A ist eine eindeutige und signifikante Abnahme der Anzahl der Körperverkrampfungen zu erkennen, die am ausgeprägtesten nach Gabe des erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalls nachweisbar ist.
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b) Antiphlogistischer Test am Carrageenan-Test der Ratte
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Die entzündungsauslösende Substanz Carrageenan wird in die Fußsohle der Rattenpfote als 1% Lösung (0,1 ml) appliziert 60 Minuten nach oraler Gabe der Prüfsubstanzen. Die Entwicklung des entstehenden Pfotenödems wird über einen Zeitraum von 5 Stunden nach der Applikation von Carrageenan gemessen. Als Ausdruck eines antiphlogistischen Effekts wird eine geringere Ausprägung des Ödems erwartet. Der erfindungsgemäße Multikomponentenkristall (Multikomponentenkristall aus F und D = F/D) sowie die Einzelkomponenten (Flupirtin =F, Dexibuprofen =D, Kontrolle = Null) wurden in einer Einzeldosis von 10 mg/kg verabreicht, wobei die Einzeldosierung des erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalls je 5 mg/kg betrug.
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Wie in 13B zu erkennen ist, wird nach Gabe einer Einzeldosis des erfindungsgemäßen Multikomponentenkristalls eine im Trend geringere Entwicklung des Rattenpfotenödems als bei der Gabe von Dexibuprofen bzw. Flupirtin beobachtet.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2007/1128056 [0005]
- EP 1697005 [0005]
- EP 207193 [0005]
- EP 158913 [0008]
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- WO 2005/058319 A1 [0013]
- DE 19705555 A1 [0053]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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